Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Es ist besser, wenn wir schon einmal die 100 % haben, als weniger. Aber die 105 %

(Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))

Herr Kollege Schwarz, das hören Sie überall, wenn Sie in die Schulen gehen – hat schon lange keiner mehr, von Ausnahmefällen, von besonderen Problemschulen abgesehen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich darf die Grafik einmal zeigen; ich habe sie hier schon einmal gezeigt:

(Der Redner hält ein Schaubild hoch.)

Es ist relativ eindeutig; das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat einmal Zahlen ermittelt. Was Sie dort sehen, ist eine sehr erfreuliche Geschichte: Der Anteil der öffentlichen Ausgaben in Deutschland für Bildung steigt.

(Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))

Toll, Herr Kollege Schwarz. – Sie müssen einmal genau hinschauen; es gibt auch einen rot eingekästelten Bereich. Sie kennen die Grafik, Sie haben sie schon gesehen. Dort sieht man nämlich, was in Hessen passiert ist. Im Jahr 2014, als Sie die Regierung übernommen haben, betrug der Anteil der öffentlichen Ausgaben für den Bildungshaushalt über 27 %. Was haben wir heute, Herr Kollege Schwarz? – Heute haben wir gut 25 %. Sie sind von 27 auf 25 % zurückgefallen. Das ist die Realität, und die schlägt sich dann auch nieder.

(Beifall bei der FDP)

Sie können jeden Tag die Zeitungen aufschlagen und werden Schlagzeilen wie diese finden: „Alarm an den Grundschulen“. – Das ist die tatsächliche Situation. Ich habe mir noch eine andere Schlagzeile notiert, Zitat einer Schulleiterin: „Das System fährt gerade an die Wand“.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wirft doch Fragen auf, auch hinsichtlich der Stellenschwankungen, die sich in den Jahren 2018/2019 in den Haushaltsberechnungen niederschlagen. Das wurde in der kursorischen Lesung angesprochen; und wir durften – Herr Kollege Degen hat schon darauf hingewiesen – dann bis heute Morgen warten. Es war nicht 9:43 Uhr, sondern 9:13 Uhr, als das Kultusministerium geliefert hat; die anderen 30 Minuten sind letztlich hier im Hause gebraucht worden, um das weiterzuleiten. Aber das ist nicht der entscheidende Faktor: Heute früh um 9:13 Uhr bequemt sich das Hessische Kultusministerium, zur Vorbereitung der Einzelplanberatung die Fragen der kursorischen Lesung zu beantworten.

(Beifall bei der FDP)

Daher drängt sich die Frage auf: Was haben Sie eigentlich zu verbergen? Was haben Sie zu verschleiern? – Es kann doch nicht sein, dass wir bis zur Beratung des Einzelplans notwendige Informationen bezüglich der besetzten Stellen mit Sozialpädagogen, der Digitalisierung, der Gütesiegelschulen, der Streichung von kw-Vermerken oder bezüglich der Betreuung von Kindern, die Vorklassen besuchen, oder der Teilnahmequoten am Pakt für den Nachmittag vom Kultusministerium nicht bekommen; denn diese müssten doch eigentlich vorhanden und Grundlage der strategischen und kurzfristigen Planungen im Kultusministerium sein. Oder sollen wir daraus schließen – aber das kann ich mir nicht vorstellen –, dass im Kultusministerium planlos gearbeitet wird?

Meine Damen und Herren, ähnlich ausweichende Antworten gab es gestern in der Fragestunde in Bezug auf die Krankheitstage von Lehrkräften oder auf die Frage, wie man denn die 700 angekündigten sozialpädagogischen Fachkraftstellen besetzen wolle. Ich frage mich in der Tat, ob das die geeignete Art und Weise ist, mit dem Parlament umzugehen, gerade in dem Jahr, das diese Koalition so groß als „Jahr des Respekts“ ausgerufen hat.

(Beifall bei der FDP)

Auch hierbei zeigt sich die Schwachstelle dieser Landesregierung. Wenn es um Problembewusstsein und Tatendrang geht: Fehlanzeige. Lieber wird ausgesessen und abgewartet. Mit Blick auf den Einzelplan 04 sind altbekannte Themenschwerpunkte vorzufinden, die richtig und notwendig sind. Was aber fehlt, ist der Blick in die Zukunft, ein engagierter und motivierter Blick in die Zukunft. Das ist der Unterschied.

Unser Schwerpunkt – das machen unsere Haushaltsanträge auch deutlich – ist die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler und der Bürger unseres Landes Hessen.

(Beifall bei der FDP)

Exemplarisch dafür – da bin ich Herrn May für die Vorlage sehr dankbar – ist das Thema „Digitale Bildung“. Das verschwindet in Hessen geradezu in der insgesamt nicht stattfindenden Digitalisierungsoffensive des Landes. Sie wird viel beschworen, findet aber nicht statt. Gerade im Bildungsbereich bewegt sich die Landesregierung im Schneckentempo, wenngleich der eine oder andere Schulträger vor Ort durchaus gemerkt hat, wie die Zeichen der Zeit sind, und an der einen oder anderen Schule die Ausstattung vorhanden ist.

Dort, wo die Ausstattung vorhanden ist, fehlen die Lehrer, die in der Lage sind, damit auch sinnvoll im Unterricht zu arbeiten. Das sind Fehlinvestitionen, solange das Land nicht seiner Verantwortung gerecht wird und dafür sorgt, dass Lehrerinnen und Lehrer diese Medien auch sinnvoll nutzen können.

(Beifall bei der FDP)

Die „Kraftanstrengungen“ zur Umsetzung der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ entpuppen sich in Hessen als gemächliches Vorgehen. Der Verweis auf den geplanten Digitalpakt – da nähere ich mich Herrn May –, der bis heute nicht auf den Weg gebracht wurde, befreit die Landesregierung doch nicht von ihrer Pflicht, selbst zu investieren, und zwar in deutlich höherem Rahmen, als es im Einzelplan 04 vorgesehen ist.

Herr Kollege May, der wohlfeile Blick nach Berlin kann Sie nicht retten. Eine Schlussfolgerung sollten Sie als Lehre aus dem, was in Berlin geschehen ist, ziehen: Wer so verhandelt, wie Schwarz-Grün in Berlin verhandelt hat, wird das Problem haben, dass er keine Mehrheiten zustande bringt. Das sollte die Lehre für Hessen sein, das sollten Sie sich merken.

(Beifall bei der FDP)

Den Digitalpakt hatte Frau Wanka schon in der letzten Wahlperiode angekündigt. Auch da blieb es bei Ankündigungspolitik. Wenn es ums Zahlen geht, dann können Sie nicht, und dann bleibt nur der wohlfeile Blick: Ach, es ist wie immer, die FDP ist daran schuld, Herr Lindner ist daran schuld. – Meine Damen und Herren, das will keiner mehr von Ihnen hören. Da hört Ihnen auch keiner mehr zu.

(Beifall bei der FDP)

Es ist genau die Situation: Sie verstecken sich lieber hinter anderen, anstatt voranzugehen. Vielleicht steckt dahinter auch die Uneinigkeit innerhalb der Koalition über den Umgang mit dem Thema „Schule und Digitalisierung“. Wahrscheinlich existiert diese Uneinigkeit innerhalb der Regierungsfraktionen. Diese Uneinigkeit baut zusätzliche Hürden auf. Ich darf nur an die Diskussionen, von denen man immer hört, zwischen dem fortschrittlichen Teil der Union, der sich im Bereich der Digitalisierung im C-Netz organisiert hat, und den konservativen Teilen der Union, erinnern. Diese Auseinandersetzungen finden statt und blockieren. Wer sich den Herausforderungen nicht stellen möchte und das Thema als Teufelszeug abtut, kann sich auch nicht mit den notwendigen und unaufhaltsamen Entwicklungen auseinandersetzen. Ich stelle fest: Sie wollen einfach nicht.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das ist doch Unsinn!)

Herr Kollege Dr. Arnold, wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte: Wir hatten eine Enquetekommission „Bildung“, die sich einen ganzen Tag lang Sachverständige zum Thema Digitalisierung angehört hat. Wenn diese Koalition nichts Besseres hat, als als Kronzeugen den altbekannten Prof. Spitzer aufzurufen, wenn es um Digitalisierung in Schulen geht, dann wird doch deutlich, wohin Sie wollen, nämlich zurück und nicht nach vorn.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir sind der Ansicht, dass die Digitalisierung des Bildungssystems eine Zukunftsaufgabe darstellt. Deswegen haben wir in Hessen eine Digitalisierungsoffensive in Höhe von 25 Millionen € im Jahr 2018 und den doppelten Betrag im Jahr 2019 beantragt. Denn – das ist die Botschaft, die hinter diesen Anträgen steckt – wir müssen endlich stur durchstarten. Wir dürfen nicht weiter zuschauen und erstaunt wahrnehmen, dass draußen die Zukunft stattfindet und wir mit unseren Schulen, unserer Kultusbürokratie und mit unserem Kultusministerium in der Kreidezeit verharren. Das ist nicht die Botschaft für die Zukunft.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Wir haben 50 Millionen € für Digitalisierung vorgesehen!)

Meine Damen und Herren, das nur, um den leicht seltsamen Argumenten, die immer wieder auftauchen, vorzubeugen und zu sagen: Es geht in keiner Weise darum, Lehrer durch Computer zu ersetzen oder das gesamte Schulsystem auf den Kopf zu stellen. Es geht einfach darum, sich den

Zukunftsaufgaben nicht zu verweigern und den Bildungsund Erziehungsauftrag umzusetzen.

Ich habe die Redezeit im Blick und komme langsam zum Ende. Wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die hessischen Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler bestmöglich qualifiziert werden, um die Herausforderungen zu meistern. Die bisherigen Bemühungen im Bereich der Digitalisierung, insbesondere wenn es um die Weiterentwicklung des Bildungs- und Schulservers geht, sind alles andere als ausreichend, um den Anforderungen gerecht zu werden.

Wir haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgeschlagen, von der Ausstattung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte mit Tablets über die Bereitstellung sonstiger digitaler Unterrichtsmedien, die Qualifizierung der Lehrkräfte als grundlegende Aufgabe, über die Notwendigkeit der technischen Betreuung der Infrastruktur usw. usf. Vieles davon kommt in Ansätzen auch im Einzelplan 04 in dem Produkt Nr. 18 vor. Aber die Landesregierung fährt hier – das ist das eigentliche Problem – mit angezogener Handbremse und nicht mit der notwendigen Geschwindigkeit.

(Beifall bei der FDP)

Hier dürfen weder die hessischen Schülerinnen und Schüler noch die hessischen Lehrkräfte abgehängt werden. Herr Kultusminister, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, geben Sie Gas, gehen Sie runter von der Bremse, gehen Sie einmal aufs Gaspedal, schieben Sie nicht alles weg in irgendwelche Beiräte, evaluieren Sie nicht jahrelang, sondern gehen Sie einmal voran. Herr Kultusminister, setzen Sie sich den Hut auf, nehmen Sie die Fahne, tragen Sie die Fahne, tragen Sie die Fahne nach vorne und nicht zurück.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Das Wort hat der Kultusminister. Er kommt jetzt mit der Fahne. Bitte sehr.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Mit der roten Fahne! – Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Machen Sie sich keine Hoffnungen. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat es gestern schon in der Generaldebatte gesagt: Dieser Haushalt ist historisch. Historisch vor allem deshalb, weil er ohne Schulden auskommt und trotzdem jede Menge Investitionen in die Zukunft unseres Landes enthält.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Historisch aber auch deshalb, weil er eine nie gekannte Prioritätensetzung in der Bildungspolitik vornimmt. Diese politischen und finanziellen Schwerpunktsetzungen finden sich im Entwurf des Haushaltsplans 2018/2019 in Form einer höheren personellen Ausstattung, in Form einer besseren Vergütung von Leitungsämtern und in Form von Beiträgen zur Steigerung der Qualität wieder.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Schauen wir uns zunächst einmal die nackten Zahlen an. Gegenüber dem Haushaltsjahr 2017, also diesem Haushaltsjahr, wird der Bildungsetat für das Haushaltsjahr 2019 um über 250 Millionen € steigen. Damit wächst der Bildungsetat 2019 erstmals auf über 4 Milliarden € an. Nur bezogen auf das Haushaltsjahr 2016 wird der Bildungsetat im Jahr 2019 um mehr als 10 % gestiegen sein.

Meine Damen und Herren, ja, das ist historisch. Zeigen Sie mir eine vergleichbare Periode von drei Jahren in der Geschichte dieses Landes, in der es einen vergleichbaren Aufwuchs der Investitionen im Bildungsbereich gegeben hat. Sie werden keine finden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Uiuiui!)