Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Ich finde, die schwarz-grüne Regierung müsste sich langsam einmal fragen, ob sie der Meinung ist, dass man für jährlich 9 Millionen € gerade einmal 70.000 Passagiere befördern will.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor, und machen Sie auch sich selbst nichts vor: Dieser Flughafen ist ein Millionengrab. Das Geld, das dort verschleudert wird, könnte in Nordhessen sehr viel besser eingesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zentrale Argument für den Flughafenausbau war immer, dass die Entwicklung am Flughafen eine besondere regionalökonomische Bedeutung habe. Sprich: Selbst wenn der Flughafen die öffentliche Hand eine Menge Geld kosten würde, wäre es richtig, in Nordhessen gezielt Strukturpolitik zu betreiben. – Aber wie soll man das messen? Die Landesregierung war im Rahmen eines Berichtsantrags nicht in der Lage, die regionalökonomischen Effekte des Flughafens auch nur annähernd zu beziffern oder auch nur zu begründen, warum diese jährlichen Millionenzahlungen gerechtfertigt werden können. Ihnen blieb nichts anderes – das haben wir gehört –, als auf ein Gutachten aus dem Jahr 2013 zu verweisen. Dieses Gutachten geht für das Jahr 2018 von 540.000 Passagieren ab Kassel-Calden aus. Das wären in etwa achtmal so viele wie die 70.000 Passagiere, die Sie für dieses Jahr erwartet haben. Mit der harten Realität haben diese Prognose und somit die Rückschlüsse des Gutachtens jedenfalls nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Finanzminister Dr. Schäfer hat sich auch diese Zahlen zu eigen gemacht. Er hat 2013 erklärt:

Entscheidend ist, dass wir am Ende bei annähernd 660.000 Fluggästen landen. Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass wir den Flughafen dauerhaft wirtschaftlich betreiben können.

Herr Finanzminister, Schwarz-Grün, von diesem Ziel sind Sie meilenweit entfernt. Wann gestehen Sie sich das endlich ein? Wann gestehen Sie das zu; und wann gestehen Sie das der Öffentlichkeit endlich zu?

(Beifall bei der LINKEN)

Der Flughafen Kassel-Calden ist eine verkehrsberuhigte Zone, und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Das einzig Gute, das man daran erkennen kann, ist: Fluglärm scheint in Nordhessen kein besonders großes Problem zu sein. Das weiß die Landesregierung so gut wie wir. Die Trendwende bleibt aus. Nur die CDU findet keinen Weg, um gesichtswahrend aus dieser Subventionsruine herauszukommen. Deshalb fordern wir ein transparentes Evaluierungsverfahren, das auch nachvollziehbar ist; denn wir sind uns ziemlich sicher, dass das einzig sinnvolle Ergebnis einer ergebnisoffenen Evaluierung sein kann, den Flughafen herabzustufen. Das ist sinnvoller, als jedes Jahr weitere Millionen für einen Flughafen zu verschwenden, den kein Mensch braucht. Die Herabstufung und eine sinnvolle Gewichtsbegrenzung von 15,7 t für die Maschinen, die in Kassel-Calden landen dürfen, sind sinnvolle Schritte, um Kosten zu senken und den Verkehrslandeplatz als öffentliche Infrastruktur weiter zu erhalten.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir teilen ausdrücklich das Ziel, in wirtschaftlich schwächeren Regionen sinnvolle Strukturpolitik zu betreiben, und das darf auch öffentliches Geld kosten. Das heißt aber gerade nicht, irgendwie möglichst schnell und möglichst viel öffentliches Geld zu verbrennen. Für uns heißt das, die Mittel, die man durch eine Herabstufung einsparen kann, in Nordhessen zukünftig für sinnvolle Wirtschaftsförderung einzusetzen. Gut vorstellen könnte ich mir etwa den weiteren Ausbau des ÖPNV, die Förderung innovativer Energieversorgungskonzepte, den Ausbau von Breitbandinfrastruktur oder anderen Infrastrukturen, die im 21. Jahrhundert mehr Zukunft haben als Regionalflughäfen. Im Übrigen würden auch diese Maßnahmen Arbeitsplätze schaffen, die natürlich auch gebraucht werden.

Ich kann die Landesregierung daher nur eindringlich auffordern: Hören Sie auf, den bereits verschwendeten Mitteln immer mehr Geld hinterherzuwerfen. Kommen Sie zur Vernunft, und gestehen Sie ein, dass der Bau des Flughafens Kassel-Calden vor allem denjenigen gedient hat, die Bauaufträge bekommen haben.

Besonders den Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN kann ich nur raten: Überlegen Sie sich sehr gut, ob Sie der CDU ein Evaluationsverfahren ohne jede Öffentlichkeit und ohne jede Transparenz durchgehen lassen. Überlegen Sie sich gut, ob Sie diese Verschwendung öffentlicher Mittel, die Sie bis 2013 scharf kritisiert haben, weiterhin für ein verkehrs- und wirtschaftspolitisches Irrsinnsprojekt mittragen wollen. Wir jedenfalls sind der Auffassung, statt Roland Koch die Wilhelm-Leuschner-Medaille zu verleihen, eine Ehrung, die er in keinster Weise verdient hat,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

sollte man den zukünftigen Verkehrslandeplatz KasselCalden nach dem ehemaligen Hessischen Ministerpräsidenten benennen und ihm und seiner Politik damit das Denkmal setzen,

(Michael Boddenberg (CDU): Nur gut, dass Sie das nicht zu entscheiden haben! Zeppeline am Flughafen Kassel-Calden!)

das er sich redlich verdient hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Während Herr Landau, Herr Bouffier, Herr Schäfer und andere von „Nordhessens Tor zur Welt“ gesprochen haben, müssen wir heute, vier Jahre später, konstatieren: Aus dem „Nordhessischen Tor zur Welt“ ist letztlich nur ein Tor nach Nordrhein-Westfalen, nämlich zum Flughafen Paderborn geworden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Eine Katzenklappe!)

Für uns ist klar: Wer Nordhessen stärken will, der muss dafür sorgen, dass das Imageproblem des Flughafens KasselCalden endlich ein Ende hat, und der muss dort, wo es sinnvoll ist, um wirtschaftliche, soziale und ökologische Innovationen zu unterstützen, investieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Schalauske. – Als Nächster spricht Herr Abg. Landau für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Oktober dieses Jahres waren in Hessen Herbstferien, da bin ich mit meiner Familie von Kassel-Calden aus in den Urlaub geflogen.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ach, Sie waren das! – Allgemeine Heiterkeit – Marjana Schott (DIE LINKE): Wie viele Menschen saßen denn im Flieger?)

Es war das erste Mal. Ich habe das mit meiner Familie aus einem guten Grund getan: weil sich am Flughafen KasselCalden etwas Entscheidendes verändert hat. Wir haben dort das Engagement eines guten mittelständischen Unternehmens, das Reiseunternehmen Schauinsland, das es geschafft hat, den Reisewilligen Angebote an die Hand zu geben, die in der Tat nachgefragt werden. So ist es uns auch gegangen.

Das war einer der großen Unterschiede zu all dem, was im Bereich der Passage vorher stattgefunden hat. Ich erinnere Sie noch einmal daran, da gab es die Germania, die einige Routen geflogen ist. Dabei hat es sich um ein Angebot gehandelt, das nicht nachgefragt worden ist. Das hat sich jetzt gänzlich geändert. Herr Hahn, ich war nicht der Einzige mit meiner Familie im Flugzeug.

(Jürgen Lenders (FDP): Na, Gott sei Dank! – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Es waren am Ende des Jahres 68.997 weitere Passagiere, die diese Entscheidung getroffen haben. Sie haben alle erkannt, dass es viel Spaß und Freude macht, von Kassel aus zu schönen Destinationen zu reisen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Wie viele sollten es eigentlich sein?)

Warum erwähne ich diese kleine Geschichte? – Weil natürlich auch die Landesregierung erkannt hat, dass sich dort signifikant etwas verändert hat.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Was? Signifikant?)

Ja, es hat sich dort etwas verändert. Wir haben jemanden, der sich dort mächtig engagiert, der integer ist und der ein Angebot geschaffen hat, das nachgefragt wird.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deshalb haben wir auch, um der Legendenbildung vorzubeugen, die Evaluierung, die laut Koalitionsvertrag für Sommer geplant war, auf das Ende des Jahres verschoben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt ist Ende des Jahres!)

Das haben wir gemacht, um diesem Unternehmen, das etwas spät – weil es dann erst so weit war – mit dem Sommerflugplan ins Geschäft eingetreten ist, eine Chance zu geben und dann zu schauen, was der Sommerflugplan bewirkt und welche Perspektiven der Winterfahrplan in sich birgt.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Wenn Sie nach Paderborn schauen, sehen Sie dort einen Rückgang von 2010 bis heute von 1 Million auf 700.000 Passagiere. Wenn Sie in die andere Nachbarschaft schauen, zum Flughafen Erfurt-Weimar, dann sehen Sie dort einen Rückgang von 350.000 auf 240.000 Passagiere. Was passiert in Kassel-Calden? Wir haben einen Zuwachs von 15.000 Passagieren. Das ist jetzt keine Riesenzahl.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wirklich nicht!)

Es zeigt aber, dass dort eine andere Entwicklung stattfindet, über die Sie sich gerne lustig machen können.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Dafür werden jedes Jahr Millionen Euro rausgeschmissen!)

Ihr Verhalten – so, wie die FDP eine besondere Freundschaft zu Windenergieanlagen hat, so haben Sie eine besondere Freundschaft zu diesem Flughafen entwickelt – ist auf jeden Fall nicht förderlich für diese Einrichtung. Das will ich klipp und klar feststellen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich mir die Entwicklung des Defizits von 2013 angefangen anschaue – die Eröffnung war im April 2013 –, dann stelle ich fest, da lagen wir in der Tat bei 9 Millionen €. Wir sind jetzt aktuell bei einem Defizit von 6,18 Millionen €. Auch das zeigt eine deutliche Tendenz, die noch besser werden muss. Das ist auch klar. Wir stellen aber fest, dass die Tendenz der letzten Jahre genau so ist, wie wir gesagt haben. Auch im Koalitionsvertrag haben wir gesagt, dass es so sein sollte.

Wenn Sie sich über den Flughafen so lustig machen, dann kann ich Ihnen von der Linkspartei nur ins Stammbuch schreiben: Kein Einziger von Ihnen kommt aus Nordhessen und weiß, wie die Welt dort oben ist.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Was? Das ist eine Unverschämtheit, ich komme aus Kassel! – Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP))

Dann wissen Sie zumindest nicht, wie die Wirklichkeit dort ist; dann will ich das gerne ändern.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt sagen Sie schon eine Entschuldigung an unsere Nordhessin!)