Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt sagen Sie schon eine Entschuldigung an unsere Nordhessin!)

Es gibt einen großen Wunsch, dass dieser Flughafen in Betrieb bleibt. Es gibt auch den Wunsch der nordhessischen Unternehmen, dass dieser Flughafen erhalten bleibt. Es gibt auch ganz viele Tendenzen, die ganz klar sagen, dieser Flughafen sei auf einem richtigen Weg. Als er damals eröffnet wurde, steckte die Luftwirtschaft in einer großen Krise. Das hat bedeutet, dass man in den ersten Jahren unter sehr schwierigen Bedingungen ins Geschäft gekommen ist. Liebe Linkspartei, Sie werden wahrscheinlich nie in die Lage kommen, ein Unternehmen zu eröffnen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Frau Schott ist Unternehmerin, und sie kommt aus Nordhessen!)

Bei jedem zu eröffnenden Unternehmen ist es so, dass Sie erst einmal investieren müssen und nicht gleich von Anfang an große Profite erwirtschaften. Der Gewinn tritt erst dann ein, wenn man sich am Markt etabliert hat.

(Anhaltende Zurufe der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

In Nordhessen wird man Ihr Amüsement zur Kenntnis nehmen, man wird das auch zu beurteilen wissen.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Ich nehme Ihre Unkenntnis zur Kenntnis!)

Wir werden es so machen, wie wir es mit den GRÜNEN vereinbart haben: Wir schauen uns jeden einzelnen Bereich an, nicht nur das Betriebswirtschaftliche, sondern auch das Volkswirtschaftliche. Wir werden dann auch zu einem Ergebnis kommen. Das werden wir dann auch mit Ihnen zu diskutieren haben.

Wie wir mit dem Evaluationsbericht umzugehen haben, das wird Ihnen die Landesregierung noch im Einzelnen mitteilen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das wissen wir jetzt schon!)

Wir haben gute Argumente für unsere Diskussion. Wir haben mit den GRÜNEN eine gute Vereinbarung. Das will ich zum Abschluss noch einmal anführen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Landau. – Als Nächster spricht für die Fraktion der Freien Demokraten Herr Abg. Lenders.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt kommt die Rede zum Zwischenruf! – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Jetzt kommt der betriebswirtschaftliche Sachverstand!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man etwas über die Entstehungsgeschichte des Airports KasselCalden wissen möchte, dann brauchte man heute eine Zeitmaschine, dann müssten wir uns ein paar Jahre zurückversetzen. Dann wären viele Fragen, die einem heute nicht ganz schlüssig erscheinen, doch sehr logisch.

Meine Damen und Herren, es geht überhaupt nicht darum, zurückzublicken und zu beurteilen, ob diese Investitionen,

die damals Millionenbeträge verschlungen haben, richtig oder falsch waren. Mit der Erkenntnis, die wir heute haben, lautet die Frage, wie wir damit umgehen. Diese Investitionen sind getätigt worden.

Wenn ich mir die Prognosen anschaue, die auch aus dem Finanzministerium gekommen sind, müssen wir in den nächsten neun Jahren mit einem Defizit zwischen 62 Millionen und 84 Millionen € rechnen. Das ist keine kleine Hausnummer. Das, was immer im Raum steht, ist eine Frage, wie sich das bei einer Herabstufung zu einem Verkehrslandeplatz – denn das sind vielfach die Ansätze – verändert.

In einem solchen Fall müsste man mit einem Defizit von rund 54 Millionen € in neun Jahren rechnen. Das heißt, heruntergebrochen auf ein Jahr reden wir bei dieser Lösung von einem Einsparvolumen von 1 Million bis 3 Millionen €, wenn wir von einem Flughafen auf einen Verkehrslandeplatz zurückstufen.

Meine Damen und Herren, um diese Zahlen einmal einzusortieren und dieses sogenannte Millionengrab, über das man sich immer lustig macht, beurteilen zu können, sollte man sie in Relation zu anderen Zahlen setzen. Wenn wir uns den S-Bahn-Anschluss Gateway Gardens anschauen – Frau Wissler, da sind wir uns bestimmt einig, dass das eine sinnvolle Investition ist –: Da handelt es sich um eine Station. Da haben wir eine Kostensteigerung von 50 Millionen €. Diese Station kostet 260 Millionen €. Bei der Verlängerung der U-Bahn Frankfurt-Europaviertel: Dabei handelt es sich um vier Stationen. Da belaufen sich die Mehrkosten heute schon auf 64 Millionen €. Insgesamt wird das Projekt 281 Millionen € kosten.

(Michael Boddenberg (CDU): Müssen Sie immer auf Frankfurt rumhacken?)

Ausbau der S 6 Frankfurt – Friedberg: Da belaufen sich die Mehrkosten auf 249 Millionen €.

Meine Damen und Herren, alleine mit der Kostensteigerung für Gateway Gardens könnten Sie das Defizit am Flughafen Kassel-Calden 50 Jahre lang begleichen. Das habe ich vorgetragen, um einmal in Relation zu setzen, was Infrastruktur kosten kann, was auch richtig und wichtig ist.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die S-Bahn benutzt aber auch jemand!)

Meine Damen und Herren, man muss Kassel-Calden auch einmal in eine solche Relation setzen.

(Beifall bei der FDP)

Warum ist das immer ein solcher Kritikpunkt? Natürlich, es werden Menschen transportiert, es gibt Passagiere, Gateway Gardens etc. sind alles stark nachgefragte Strecken, deswegen machen wir das auch, und das ist auch richtig so.

Es entsteht das Bild, dass in Kassel-Calden nichts passiert. Herr Schalauske hat es eben auch wieder so darzustellen versucht, dass dort überhaupt nichts passieren und sozusagen die Steppenläufer über die Landebahn hinwegfegen würden. – Meine Damen und Herren, das stimmt eben nicht. Direkt am Flughafen sind rund 20 Unternehmen ansässig, rund 1.000 Arbeitsplätze, viele im Bereich der Industrie und industrienahen Dienstleistungen. Der Flughafen selbst beschäftigt 130 Menschen.

Wir haben entgegen allen Erwartungen sogar eine positive Steigerung bei den Passagieren hinbekommen. Das ist alles

sehr hoffnungsvoll, auch die Stationierung von Sundair. Das ist etwas, was man erst einmal positiv begleiten muss, und zwar mittels geeigneter Rahmenbedingungen. Wir diskutieren permanent, ob Kassel-Calden eine Zukunft hat, gleichzeitig sollen sich aber Unternehmen ansiedeln. Das ist doch quasi ein Widerspruch in sich: So können Sie kein Vertrauen in den Standort gewinnen. Deswegen bin ich einigermaßen positiv über die Entwicklung überrascht, vor allem im Frachtbereich. Das ist erst einmal positiv zu sehen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man in die Zeitmaschine steigen wollte, könnte man sagen, man hat einen Flughafen in eine Region gesetzt, und dieser Flughafen hat keine direkte Anbindung: Das stimmt. Wenn man Kassel-Calden wirklich nach vorne bringen wollte, müsste man sozusagen erst einmal einen Bypass zu den Autobahnen legen, am liebsten zur A 44. Das würde nicht nur dem Flughafen und unseren Investitionen dort helfen, sondern es würde auch viele Menschen von Durchgangsverkehren befreien und eine deutliche Verbesserung für die gesamte Region mit sich bringen.

(Beifall bei der FDP)

Es wird mit Sicherheit zu diskutieren sein, was zu tun ist. Zumindest würde ich erwarten, dass eine Evaluierung es mit sich bringt, dass man fragt: Was müsste eigentlich getan werden, damit dieser Flughafen für Passagierflüge interessant wird?

Es gibt auch andere Entwicklungen in Kassel-Calden. Wer dann schon einmal dorthin fährt, z. B. beim Sommerfest,

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

der kann sich davon überzeugen, dass dort sehr innovative Unternehmen ansässig sind. Dort wird beispielsweise ein Hubschrauber gebaut, der so neu ist, dass das Bundesministerium überhaupt erst einmal feststellen musste, um welches Fluggerät es sich eigentlich handelt. Dort hat sich ein kleines Start-up-Unternehmen mit einer großen Zukunft angesiedelt und einen kleinen innovativen Leichtbauhubschrauber gebaut, es ist viel Geld in dieses Unternehmen geflossen. Das hängt direkt mit Kassel-Calden zusammen.

Wenn wir uns einmal anschauen, was wir im Bereich der Fliegerei zu erwarten haben: Wir wissen alle, dass Drohnen zukünftig ein erhebliches Potenzial bieten werden. Das ganze Geschäft mit Drohnen, im wirtschaftlichen wie auch im privaten Einsatz, ist ein Riesenthema. Ich erwarte von einem Wirtschaftsminister, dass er im Rahmen einer Evaluierung prüft, wie auch solche neuen Geschäftsmodelle in Kassel-Calden angesiedelt werden könnten, um dort wirklich auch ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen. Dann sind wir nämlich raus aus dem Wettbewerb mit Paderborn oder mit Leipzig.

Letztere sind übrigens auch alles Flughäfen, die hoch defizitär sind. Wenn Sie sich einmal anschauen, was Landesregierungen in Ostdeutschland in ihre Flughafenstrukturen stecken, sehen Sie, das ist ein Zehn-, ein Zwanzigfaches von dem, was wir hier als Land Hessen in Kassel-Calden investieren, um nachhaltig Investitionen zu sichern.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind in der glücklichen Situation, mit dem Flughafen Frankfurt Main und der Fraport einen der wenigen Flughäfen zu haben, der überhaupt schwarze Zahlen in einer be

stimmten Größenordnung schreibt. Es wäre notwendig, über ein nationales Flugverkehrskonzept nachzudenken. Wir müssten uns darüber Gedanken machen, welche Flughäfen wo Sinn ergeben. Wenn wir uns einmal die Lage im europäischen Ausland anschauen: Dort haben Städte wie Mailand um sich herum vier regionale Flughäfen – und wir sind noch nicht einmal in der Lage, einen der zentralsten und logistisch hervorragend angeschlossenen Standorte mitten in Deutschland mit einem Flughafen zu versehen und diesem eine Perspektive zu geben. Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, haben wir von der Infrastruktur und der Wirtschaftspolitik in Hessen nichts verstanden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächste spricht Frau Abg. Müller für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu uns.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe gedacht: Kassel-Calden – warum diskutieren wir das heute? Es gibt doch noch nichts Neues, der Evaluationsbericht liegt noch nicht vor.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wann liegt er denn vor?)

Wir haben bald den 15. Dezember, das Jahr ist noch nicht rum, ein bisschen Geduld. Vielleicht hätten Sie den Antrag im Januar mit etwas Neuigkeitswert stellen können.

Aber ich muss sagen, ich habe in der letzten Dreiviertelstunde viel gelernt. Zum einen über die FDP – anscheinend ist die Fraktion gespalten, Herr Hahn geht gerade raus –,

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

da hörte ich kritische Stimmen zu Kassel-Calden; Herr Lenders hat den Flughafen wie eh und je gelobt, ist dabei aber auch nicht so ganz auf dem aktuellen Faktenstand, weil Sie sagten, der Frachtbereich nehme zu. Die neuesten Zahlen sprechen aber eine andere Sprache.

(Jürgen Lenders (FDP): Von wann? Von dieser Woche?)