Protokoll der Sitzung vom 01.02.2018

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil genau dies durch Hessen-Forst und auch durch private Waldwirtschaftsunternehmen auf der Grundlage eines modernen Waldgesetzes bereits passiert, haben wir als Union der Entscheidung, ob wir den Staatswald nach FSCStandards zertifizieren wollen, eine intensive Diskussion und eine breite Abwägung vorangestellt. Wir wollten ebenso Informationen über einen zusätzlichen Nutzen wie über entstehende neue Kosten erhalten.

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der neue FSCStandard, auf den es dann hinausläuft, nämlich FSC 3.0, eben nicht vorschreibt, sofort und vollständig alle FSCStandards erfüllen zu müssen, sondern dass wir uns hier in einen kontinuierlichen Prozess begeben. Deshalb haben wir in der Koalition festgestellt, dass wir schrittweise vorgehen wollen und uns die Folgen von FSC ganz genau anschauen.

Ich bin dankbar, dass das Umweltministerium dem gefolgt ist und wir sehr detaillierte und sorgfältig aufbereitete Informationen sowie eine wissenschaftliche Bewertung vorgelegt bekommen haben. Wir haben auf der einen Seite gesehen, dass der Landesbetrieb Hessen-Forst mit seinen gut ausgebildeten und leistungsfähigen Mitarbeitern problemlos in der Lage war, die probeweise Zertifizierung ausgesuchter Forstämter nach FSC ohne Friktionen umzusetzen. Dafür gebührt den Mitarbeitern ein großes Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Auf der anderen Seite kostet die FSC-Zertifizierung des Staatswaldes uns als Land zusätzliches Geld und wird die Einnahmen des Landesbetriebes verringern. Das ist unbestritten. Die Höhe ist nicht an jeder Stelle abschätzbar. Ich füge hinzu, der Schutz und Erhalt unserer Staatswälder und die Erhöhung der Artenvielfalt sind primär keine Fragen des monetären Gewinnes, wie es anscheinend die FDP sieht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen auch, dass wir auf der einen Seite jährliche Zertifizierungskosten haben, die, um nur einmal eine Zahl zu nennen, ungefähr bei 2 % sämtlicher Kosten von Hessen-Forst liegen. Ich denke, das ist an der Stelle eine überschaubare Größenordnung. Das kann man so sagen.

Auf der anderen Seite wird die umweltschonende Bewirtschaftung des Waldes eine positive Wirkung auf Natur, Arten und Bodenschutz haben. Manches davon ist sichtbar und spürbar. Eine größere Naturnähe wird neue Lebensräume durch unbewirtschaftete Flächen und den Verzicht ei

ner Derbholznutzung und damit eine Verbesserung der Nährstoffversorgung des Bodens mit sich bringen.

Anderes wird für den Bürger vielleicht nicht so auffallen, wie ein Mehr an Bodenschutz durch weniger Rückegassen oder ein positiver Effekt auf den Wasserhaushalt, wenn der Landesbetrieb fast gänzlich auf Pflanzenschutzmittel in seinem Bereich verzichtet.

Wir wissen nicht, wie sich die Preise für FSC-zertifiziertes Holz sowie für nicht FSC-zertifiziertes Holz langfristig entwickeln werden. Derzeit sind die wenigsten Holzeinkäufer bereit, für FSC-zertifiziertes Holz einen Mehrpreis zu zahlen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Nachhaltigkeitsansprüche der Endverbraucher in den kommenden Jahren zu einer erhöhten Nachfrage nach ökologischen Endprodukten – in diesem Falle Holz – führen werden, weshalb übrigens Einkäufer wie IKEA, Otto, OBI und Teile der Papierindustrie bereits verstärkt auf FSC-zertifiziertes Holz setzen. Wir sind davon überzeugt, dass sich dieser Trend verstärken und fortsetzen wird, und er wird uns bei diesem Vorhaben zugutekommen.

Private und kommunale Waldbesitzer haben Sorgen vorgetragen – das ist richtig –, dass sich ein FSC-zertifizierter Staatswald negativ auf ihr Eigentum auswirken könnte. Das möchten wir in jedem Fall verhindern. An der Stelle haben wir es uns als CDU ein Stück weit schwer gemacht und uns mit dem Koalitionspartner auf einige Rahmenbedingungen verständigt.

Wir wollen mit den Ökopunkten aus den stillgelegten Waldflächen nicht den Markt überschwemmen und anderen an dieser Stelle das Leben schwer machen. Wir wollen über die Mitgliedschaft des Landesbetriebs in den Steuerungskreisen von FSC darauf hinwirken, dass die Standards dort praxisgerecht und sinnvoll entwickelt werden. Wir wollen die vorhandenen Spielräume, die uns FSC durchaus an die Hand gibt, nutzen, damit die Forstwirtschaft weiterhin gut und effizient stattfindet – das gilt insbesondere für die Baumartenwahl, bei der wir auch unter FSC-Standards flexibel und wirtschaftlich vernünftig arbeiten können.

Wir machen den privaten und kommunalen Waldbesitzern keine Vorschriften, uns zu folgen und ebenfalls diese Zertifizierung vorzusehen. Manche Kommunen tun das bereits, andere nicht. Beides ist – das will ich hier auch deutlich sagen – gleichermaßen in Ordnung.

Wir stärken den privaten Waldbesitz durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für den Vertragsnaturschutz im Wald über die Natura-2000-Stiftung. Dadurch können wir den privaten Waldbesitzern mehr und bessere Angebote in diesem Bereich machen.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Ein letzter Satz. – Dem Landesbetrieb stellen wir einen finanziellen Ausgleich für das, was er an Verlusten zu tragen hat, zur Verfügung. Insofern ist es für uns auch ein gutes Vorhaben; denn viele Dinge, die wir jetzt hier umsetzen, müssten wir ohnehin durch andere Maßnahmen umsetzen, nämlich aufgrund einer neuen Richtlinie für die Bewirt

schaftung im Staatsforst oder der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung.

Alles in allem waren das Gründe, warum wir gesagt haben, die FSC-Zertifizierung mittragen zu wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Wortmeldung, Herr Abg. Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion.

Norbert, ich bin forstpolitischer Sprecher. Ja, ich sehe schlecht, aber ich höre gut. Das ist in der Fraktion schon gelegentlich ein Problem.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will vielleicht einmal ein bisschen anders beginnen – auch mit Blick auf die Besucher. Sie werden wohl nicht so richtig verstanden haben, um was es hier geht. Es geht darum, dass der hessische Wald eine ziemliche Bedeutung in diesem Bundesland hat und wir über die Frage reden: Wie wird er eigentlich in Zukunft bewirtschaftet, und welche Rolle soll er spielen?

Um das einmal aus unserer Sicht zu erläutern: Der Wald ist für uns nicht nur Rohstofflieferant, sondern er ist auch Naturschutzraum, und er ist Bildungs- und Erholungsraum. Im Rahmen der Diskussion um FSC – das ist ein bestimmtes Siegel – geht es schlicht und einfach darum, zu überprüfen, ob bestimmte Kriterien eingehalten werden. Das ist der wesentliche Punkt dabei: Es wird anschließend kontrolliert. Damit wird die Selbstverpflichtung, Selbstbindung überwunden. Das führt gelegentlich zu Konflikten, über die wir jetzt gerade reden.

(Holger Bellino (CDU): Das hatten wir schon!)

Herr Bellino, ich erkläre manchmal Leuten, was wir gerade machen, wenn ich den Eindruck habe, das sie nicht ganz nachvollziehen können, über was hier geredet wird.

(Beifall bei der SPD)

Herr Bellino, meine Vermutung ist, dass das möglicherweise auch für den einen oder anderen Abgeordneten gelten könnte.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Also, ich finde das gut!)

Die Debatte, die wir hier gerade führen, verwundert mich schon ein bisschen, weil sie am Ende des vierten Regierungsjahres von Schwarz-Grün eher dem Prinzip folgt: Am Abend werden die Faulen fleißig.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Warum? – Weil es offensichtlich ist – zumindest in den Erklärungen von Herrn Dr. Arnold wird das immer wieder spürbar –, dass es einen substanziellen Konflikt in der Koalition gab und gibt über die Frage, ob FSC das richtige Konstrukt ist, ob das, was in den vergangenen Jahren im Wald passiert ist, richtig ist oder ob man es neu aufsetzen muss. Jetzt haben Sie sich offensichtlich nach vier Jahren –

nach unterschiedlichen Gutachten und diversen Auseinandersetzungen – darauf verständigt, dass Sie mit Blick auf den Landtagswahltermin am 28. Oktober bis zum Sommer dieses Jahres endgültig eine Entscheidung treffen wollen.

Jetzt kommt Frau Feldmayer und erklärt: Jetzt wollen wir einmal schauen, ob der Schlingerkurs der Sozialdemokratie vorbei ist und wie sie sich verhält. – Ich will Ihnen klar sagen: Unser möglicher Schlingerkurs, wie Sie ihn beschreiben, hat etwas damit zu tun, dass wir die Dinge zu Ende denken.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Martina Feld- mayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Feldmayer, dazu will ich gerne drei kurze Bemerkungen machen. Die Frage des Siegels selbst löst bestimmte Problemstellungen nicht. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass wir seit vier Jahren auch in dieser Regierungskonstellation darüber streiten, ob der Personalabbau und die Reviervergrößerungen bei Hessen-Forst weitergehen sollen oder nicht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Landau, wenn Sie das Thema FSC und Nachhaltigkeit ernst meinen, wird es nicht alleine reichen, dass man nur die Zertifizierungs- und Kontrollkosten von FSC kompensiert, indem man in Zukunft auf die Ausschüttungen verzichtet – das sind ungefähr dieselben Größenordnungen. Es muss vielmehr darauf geachtet werden, dass der Personalabbau bei Hessen-Forst nicht nur gestoppt wird, sondern dass endlich wieder Personal aufgebaut wird, damit nachhaltiges Wirtschaften möglich wird.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Das ist regelmäßig ein Teil der Debatte in der Landesbetriebskommission, und alle Fachleute beraten Sie genauso in diesem Punkt.

Der zweite Punkt ist – ich finde, die FDP hat zu Recht darauf hingewiesen –: Es ist absurd – deswegen bin ich froh, dass Sie die Mitgliedschaft bei FSC jetzt nach vier Jahren anstreben –, dass wir eine FSC-Zertifizierung in Teilen von Osteuropa haben, deren Kriterien mitnichten vergleichbar sind mit dem, was hier unter FSC läuft. Damit entsteht ein unfairer Wettbewerb zulasten von Beschäftigten in Deutschland.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dazu habe ich bisher nichts gehört. Das gilt am Ende auch für das Thema, das darüber hinausgeht. Es ist nämlich die Frage, wie wir mit den anwachsenden Bewirtschaftungskosten bei Hessen-Forst für die Kommunen umgehen und ob es gelingt, eine gemeinsame Strategie für den hessischen Wald, den Staatswald, den Kommunalwald und den Privatwald, zu finden. Das, was Sie in den letzten vier Jahren in diesem Bereich angerichtet haben, ist nichts anderes, als dass Sie Ihre politischen Auseinandersetzungen miteinander ausgetobt haben. Aber von nachhaltiger Waldbewirtschaftungsstrategie im eigentlichen Sinne habe ich bisher zu wenig gesehen. Wir jedenfalls wollen das ändern. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Hinz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben für die Anwesenden, vor allem wohl für die Schülerinnen und Schüler, gut erklärt, worum der Streit oder die Debatte heute geht.

(Holger Bellino (CDU): Das kann er!)

Sie haben sie aber wohl einigermaßen ratlos dahin gehend zurückgelassen, was eigentlich die Position der SPD zur FSC-Zertifizierung ist. Das hätten Sie doch einmal erklären sollen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Mal dafür und mal dagegen – so genau weiß man es nicht –,