Protokoll der Sitzung vom 01.02.2018

Mal dafür und mal dagegen – so genau weiß man es nicht –,

(Michael Boddenberg (CDU): Die sollen mal zu Ende denken!)

das ist weiterhin der Kurs der SPD. Ich erkläre Ihnen jetzt, dass wir die FSC-Zertifizierung im Staatswald bis zum Sommer durchführen werden und dass das sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich sinnvoll ist.

Insofern ist die von der FDP gewählte Überschrift für diese Aktuelle Stunde völlig falsch. Die ökologisch positiven Wirkungen können Sie dem Gutachten entnehmen. Der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel ermöglicht einen größeren Schutz von Grund- und Trinkwasser. Die Baumartenwahl bringt eine größere Naturnähe und Artenvielfalt, die Ausweisung von Naturwaldentwicklungsflächen eine deutliche ökologische Verbesserung im Hinblick auf Alt- und Totholz für Arten, die dort ihre Nahrung und ihren Lebensraum finden. Die größeren Rückegassenabstände sind gut für den Bodenschutz und damit auch wieder für das Trinkwasser und den Grundwasserschutz.

Ich sage Ihnen ganz klar: Aus wirtschaftlichen Gründen ist es sinnvoll, dass wir uns mit der FSC-Zertifizierung weiter auf den Weg machen, weil Unternehmen wie Otto Group, Bauhaus, OBI, Hornbach, IKEA, aber auch die Papierindustrie wie beispielsweise Tetra Pak inzwischen vollständig auf FSC-zertifiziertes Holz aus Deutschland setzen. Wir kommen sonst ins Hintertreffen bei der Vermarktung. Deswegen setzen wir auch aus wirtschaftlichen Gründen auf die FSC-Zertifizierung.

Ich sage Ihnen ganz klar: Unsere Försterinnen und Förster haben kein Problem damit. Die Hälfte der Forstämter ist bereits zertifiziert, und das machen sie gut.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es gab keine Probleme bei der Zertifizierung und der Auditierung. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass das auch für die weitere Hälfte der Forstamtsbezirke gilt.

Natürlich ist es wichtig, dass wir auch die weiteren 2 % Waldfläche für die unbeeinflusste Waldentwicklung ausweisen. Das steht nicht nur im Einklang mit dem FSCStandard 3.0, sondern auch mit der Biodiversitätsstrategie des Bundes. Diese ist entwickelt worden, als die FDP noch in der Bundesregierung war.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Komisch, dass Sie damals gar nicht dagegen waren. Die FDP ist in Sachen Naturschutz und Waldschutz so unglaubwürdig, dass man der FDP gar nicht mehr abnehmen kann, wo sie eigentlich steht.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Immer aufseiten des Waldes!)

Sie können versichert sein, dass sich die Hessische Landesregierung darum kümmert, dass der Wald als Erholungsraum und für den Klimaschutz zur Verfügung steht, aber auch, dass weiterhin Holz geerntet wird, weil wir natürlich auch Holzmöbel wollen und nicht nur in Beton und Stahl leben wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch wirtschaftlich sinnvoll, bessere Mischbestände zu haben. Frau Knell hat darauf hingewiesen, dass der Sturm Friederike zahlreiche Schäden verursacht hat. Umgefallen sind beispielsweise Fichten, also Flachwurzler. Es ist wichtig, eine Vielfalt von Baumarten zu haben – und dies vor allen Dingen standortgemäß. Auch darauf achten die Gutachter bei der FSC-Zertifizierung. Wir brauchen klimaresiliente Wälder. Das ist der Wald der Zukunft. Den wollen wir haben, dafür die FSC-Zertifizierung. Für dieses Siegel gibt es eine hohe Glaubwürdigkeit. Die Bürgerinnen und Bürger Hessens wissen das auch zu schätzen, weil sie immer mehr nachfragen, wie ihr Wald eigentlich bewirtschaftet wird. Der Staatswald ist ein Bürgerinnen- und Bürgerwald. Auch dem kommen wir nach. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jeder Fraktion sind noch einmal 32 Sekunden Redezeit zugewandert.

(Ministerin Priska Hinz: Wie viel?)

32 Sekunden. Das war schon ganz gut getimt, keine Frage. – Insofern will nun niemand mehr reden. Dann bleibt es dabei.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung.

(Zuruf: Ausschuss!)

Alle beide in den Ausschuss?

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Es besteht also Konsens. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 55 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Solidarität mit den Streikenden in Hessen: IG Metall setzt wichtiges Thema Arbeitszeitverkürzung auf die Tagesordnung) – Drucks. 19/5977 –

Die Redezeit ist fünf Minuten. Wir beginnen mit Frau Kollegin Wissler. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Landtag wird gerne die gute wirtschaftliche Situation in Hessen gelobt. Wenn irgendwo neue Arbeitsplätze entstehen, heftet sich die Landesregierung das auch gerne ans Revers.

Wir finden es wichtig, dass sich der Landtag auch mit der Situation der Beschäftigten auseinandersetzt. Gestern sind Tausende Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie in einen 24-stündigen Warnstreik getreten. Ich freue mich, dass heute Vertreterinnen und Vertreter der IG Metall auf der Tribüne sind. Ich begrüße Sie ganz herzlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich grüße auch die Streikenden bei Bombardier in Kassel, bei AVO in Frankfurt, bei VW in Baunatal, bei der VAC in Hanau und bei all den anderen Betrieben, die heute bestreikt werden.

Die IG Metall fordert 6 % mehr Lohn. Noch entscheidender ist, dass die IG Metall Möglichkeiten fordert, die Arbeitszeit vorübergehend auf 28 Stunden in der Woche zu reduzieren, insbesondere für besonders beanspruchte Gruppen wie junge Eltern und Pflegende. Diese Forderungen sind mehr als berechtigt; denn die Konjunkturlage ist gut, gerade in der Metall- und Elektroindustrie. Die Aktionäre und Vorstände bedienen sich bereits großzügig. Dividenden und Managergehälter steigen, aber bei den Beschäftigten kommt bisher nur wenig an.

Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es allen gut – so wird es immer gern behauptet. Aber freiwillig geben die Arbeitgeber meist nichts ab. Für die Arbeitgeber ist es eigentlich immer der falsche Zeitpunkt für eine Lohnerhöhung. In der Krise wird gesagt, man dürfe keine Lohnerhöhung fordern, weil dies die Krise verschärfen würde. Im Aufschwung wird gesagt, man dürfe erst recht keine Lohnerhöhung fordern, weil dies den Aufschwung gefährden würde.

Meine Damen und Herren, bei Siemens und General Electric sollen trotz Milliardengewinnen Tausende Arbeitsplätze abgebaut werden. Viele Beschäftigte unter anderem in Offenbach und Kassel bangen um ihre Arbeitsplätze. Wir wünschen den Beschäftigten alles Gute beim Kampf um ihre Arbeitsplätze und um den Erhalt aller Standorte.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass das wirtschaftliche Wachstum auch in der breiten Masse ankommt, das geht auch den Landtag etwas an, weil es um die Arbeits- und Lebensverhältnisse vieler Menschen in diesem Land geht. Fast noch wichtiger als ein deutliches Lohnplus ist, dass die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung endlich wieder auf die Tagesordnung gesetzt wird.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Seit Beginn der Industrialisierung wird dafür gekämpft, dass technischer Fortschritt zu kürzeren Arbeitszeiten und einer Verbesserung der Lebensbedingungen führt. Die Arbeiterbewegung hat den freien Sonntag erkämpft, später den freien Samstag, den Acht-Stunden-Tag und Arbeitszeitverkürzungen wie die 35-Stunden-Woche.

Neue Entwicklungen wie die Digitalisierung sind aber auch mit großen Ängsten verbunden, gerade bei den Beschäftigten, weil sie Sorge haben, dass Arbeitsplätze weg

fallen. Das muss man sich einmal vorstellen: Wenn man durch technischen Fortschritt in der gleichen Zeit mehr produzieren kann, sollte das doch eigentlich zur Folge haben, dass alle Menschen weniger arbeiten müssen. Im Kapitalismus ist es aber so, dass schnellere Produktionsverfahren dazu führen, dass ein Teil der Arbeitsplätze abgebaut wird und die anderen genauso lange arbeiten wie zuvor.

(René Rock (FDP): Im Sozialismus war alles besser! – Armin Schwarz (CDU): 6.000 neue Arbeitsplätze in Hessen! Haben Sie das mitbekommen?)

Jetzt fangen Sie auch noch mit Siemens an. In der vergangenen Plenarwoche haben wir genau darüber diskutiert. Es ist wirklich eine Sauerei, was Siemens macht, Tausende Arbeitsplätze abzubauen, den Standort Offenbach zu gefährden, obwohl die Leute sogar Überstunden machen. Herr Schwarz, das ist doch lächerlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Von Effizienzsteigerungen durch technischen Fortschritt dürfen nicht nur Konzerne und Aktionäre profitieren. Sie müssen doch allen Beschäftigten zugutekommen; denn sie sind es, die den Wohlstand in diesem Land erarbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Stattdessen wird von den Beschäftigten immer mehr Flexibilität gefordert. Der Arbeitsmarkt wurde immer mehr dereguliert, der Umfang der Leiharbeit ausgeweitet. Werkverträge sind auf dem Vormarsch. Das ist natürlich eine Folge politischer Entscheidungen. Das wollen Sie zwar nicht hören, aber wer über Unsicherheit und Leiharbeit spricht, der darf zur Agenda 2010 und zu Hartz I bis IV nicht schweigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Immer mehr Menschen arbeiten auf Abruf – mal mehr, mal weniger, aber nicht so, wie es den Beschäftigten ins Leben passt, sondern so, wie es dem Unternehmer in die Auftragslage passt. Das bedeutet faktisch die Auslagerung des unternehmerischen Risikos an die Beschäftigten, die ihr Leben nach der Auftragslage ausrichten sollen, statt dass die Unternehmen ausreichende Personalreserven vorhalten. Für uns ist klar: Wenn die Unternehmensverbände sagen, es müssen Überstunden gemacht werden, sie brauchen Arbeiter auf Abruf, weil sie nicht genug Fachkräfte haben, dann sollen sie, bitte schön, endlich mehr Menschen ausbilden. Dann haben wir auch mehr Fachkräfte.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Die Arbeit muss gerechter verteilt werden. Obwohl in diesem Land 1,8 Milliarden Überstunden gemacht werden, arbeiten viele Menschen in erzwungener Teilzeit. Wir müssen die Wochenarbeitszeit und vor allem die Lebensarbeitszeit reduzieren. Die Rente ab 67 muss zurückgenommen werden.