Aber trotz Bodycams und moderner Schutzausstattung gab es 2017 mehr als 3.500 Übergriffe auf Polizeivollzugsbeamte – ein trauriger Höchststand.
Meine Damen und Herren, wir dürfen niemals dulden, dass diejenigen, die uns schützen, die für uns tagtäglich den Kopf hinhalten, Gegenstand von tätlichen Angriffen werden. Der Staat muss eine klare Grenze ziehen. Wer Polizeibeamte oder unsere Einsatzkräfte angreift, muss dafür hart bestraft werden.
Daher halte ich nach wie vor eine Mindeststrafe von sechs Monaten für Angriffe auf Einsatzkräfte für notwendig. Das
zeigt den besonderen Unwert eines solchen Angriffs, und die Täter können nicht mehr mit einer Geldstrafe davonkommen. Wir haben bereits mit unserer Bundesratsinitiative eine Debatte und eine Verbesserung in Deutschland erreicht. Die Landesregierung wird aber auch gegenüber der neuen Bundesregierung nicht in ihren Bemühungen nachlassen.
Die Bedrohung durch den Terrorismus ist die größte Herausforderung, vor der die hessischen Sicherheitsbehörden jemals gestanden haben. Auch wenn der sogenannte Islamische Staat immer weiter an Boden verliert, wird durch den militärischen Misserfolg in Syrien und im Irak keineswegs die Wahrscheinlichkeit für einen Anschlag in Europa oder der Bundesrepublik gesenkt. Ein islamistisch motivierter Anschlag ist jederzeit möglich, und wir alle leben mit einer anhaltenden Bedrohungslage. Auch wenn für den einzelnen Bürger das Risiko gering ist, Opfer eines Anschlags zu werden, ist diese Gefahr da. Sie wird auch noch lange bleiben.
Die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ist sich dieser Tatsache allerdings bewusst. Die überwältigende Mehrheit hat sich entschieden, mit dieser sogenannten latenten Bedrohung zu leben und sich nicht von Gefühlen der Angst oder vom Terror die Lebensweise diktieren zu lassen. Sie entscheiden sich für die Wahrnehmung ihrer Freiheit in Deutschland und Europa.
Die Sicherheitsbehörden werden auch in Zukunft die Risiken so niedrig wie möglich halten. Deshalb stärken wir auch gezielt das Landesamt für Verfassungsschutz. Bis 2019 wird die Zahl der Planstellen im LfV auf 370 angewachsen sein – eine Verdopplung der Stellen seit dem Jahr 2000.
Wir wollen vor allem Anschläge verhindern und die Menschen bestmöglich vor Terror und Extremismus schützen. Dafür müssen wir dem Verfassungsschutz die notwendigen Instrumente in die Hand geben und den Einsatz unter eine wirksame parlamentarische Kontrolle stellen. Dies erreichen wir durch unser neues LfV-Gesetz, das wir zurzeit in den Gremien des Landtags beraten.
Wir dürfen keine Radikalisierungsräume akzeptieren. Wir dulden keine verblendeten Hassprediger, die jungen Menschen in Hinterhofmoscheen weismachen, der schnellste Weg ins Paradies führe über einen Selbstmordanschlag. Wir müssen aber auch hirnlose Parolen grölenden Rechtsextremisten klarmachen, dass sie für ihre Konzerte oder Haudrauf-Veranstaltungen einen weiten Bogen um Hessen machen müssen. Im gleichen Zuge muss es ein gesamtgesellschaftlicher Konsens sein, dass Linksextremisten keine Rückzugsräume besetzen können, um sich dort darauf vorbereiten zu können, wie sie Repräsentanten des Staates vorführen oder ihnen im schlimmsten Fall gezielt Verletzungen zufügen können.
Meine Damen und Herren, es gibt keinen guten Extremismus, und deshalb werden wir auch das herausragende Engagement und die Vorreiterrolle, die Hessen zu Recht bun
Hessen hat seit 2015 ein humanitäres Gesicht in der Flüchtlingskrise gezeigt. Um aber die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Aufnahme von Flüchtlingen zu erhalten, müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass Nichtbleibeberechtigte unser Land wieder verlassen. Der Staat muss vor allem seine Ressourcen nutzen, um ausländische Kriminelle konsequent zurückzuführen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zum einen für die Sicherheit, zum anderen aber auch für den gesellschaftlichen Frieden.
Um Mehrfach- und Intensivtätern ohne deutsche Staatsangehörigkeit wirksam entgegentreten zu können, setzt die hessische Polizei daher seit Juli 2016 auf das sogenannte BasA-Konzept. Ausländerbehörden, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Staatsanwaltschaften und Polizei arbeiten dabei noch enger zusammen, um beschleunigte Rückführungen zu forcieren. Im Jahr 2017 konnten damit gegen mehr als 100 besonders auf- und straffällige Ausländer aufenthaltsbeendende Maßnahmen umgesetzt werden.
Insgesamt über 500 besonders auffällige Straftäter stehen derzeit noch im Fokus der Ermittler. Die erfolgte Rückführung von ausländischen Straftätern verbessert die Sicherheitslage in unserem Land. Dies gilt auch für islamistische Gefährder.
Herkunftsstaaten, die ihre eigenen Staatsbürger verleugnen, muss die Bundesregierung unmissverständlich verdeutlichen, dass so ein Verhalten Konsequenzen in der Entwicklungshilfe, der wirtschaftlichen Unterstützung oder der Visapolitik hat.
Sicherheit braucht Entschlossenheit. Wie wahr dieser Satz ist, hat die Entwicklung der letzten knapp eineinhalb Jahre rund um den Frankfurter Hauptbahnhof gezeigt. Wir haben mit der Besonderen Aufbauorganisation erhebliche Kraftanstrengungen – mit ca. 300.000 Einsatzstunden – unternommen, um dort die Drogen- und Straßenkriminalität gezielt zu bekämpfen und die Situation für Anwohner, Gewerbetreibende und Gäste zu verbessern. Wir haben dort Erfolg. Dieser Erfolg ist übrigens für das Sicherheitsgefühl in ganz Hessen wichtig. Bürger erkennen, dass die Sicherheitsbehörden hier keinen rechtsfreien Raum zulassen.
Das Land hat mit der neuen Regionalen Einsatz- und Ermittlungseinheit einen wichtigen Beitrag geleistet. Fast 150 zusätzliche Polizeivollzugsbeamte sorgen täglich für Sicherheit. Mit dieser starken Präsenz und gezielten verdeckten Maßnahmen machen wir Dealern und anderen Kriminellen klar, dass der Staat keine rechtsfreien Räume duldet.
Die Verantwortung für die Sicherheit im Bahnhofsviertel geht mit diesem Engagement aber nicht ausschließlich auf die hessische Polizei über. Das haben wir unseren Sicherheitspartnern von der Stadt Frankfurt von Anfang an klargemacht. Wir sind entschlossen vorangegangen. Die Sicherheitspartner vor Ort ziehen jetzt nach.
Ich bin nach dem Gespräch mit Vertretern der Stadt, der Deutschen Bahn und der Bundespolizei zuversichtlich, dass auch unsere Partner ihren Einsatz für die Menschen vor Ort weiter intensivieren werden. Die Sicherheitsexperten der hessischen Polizei stehen dabei der Stadt Frankfurt, wie auch allen anderen Kommunen in Hessen, mit Rat und Tat zur Seite. Dieser Erfolg hängt eben nicht allein von unseren tüchtigen Polizeivollzugsbeamten ab.
Sicherheit braucht Partner. Mit KOMPASS haben wir ein neues Kapitel in der Sicherheitsstrategie des Landes Hessen aufgeschlagen. Unsere Modellkommunen Hanau, Bad Homburg, Maintal und Schwalbach am Taunus leisten zurzeit Pionierarbeit für die kommunale Familie in ganz Hessen. Wir wollen mit KOMPASS die Sicherheitsarchitektur in den Kommunen individuell weiterentwickeln und gemeinsam passgenauere Lösungen für Probleme vor Ort finden. Dabei werden wir unseren Schwerpunkt auf die Prävention setzen. Wir wollen damit die Erfolge, die wir bei der Sicherheit in Hessen in den vergangenen Jahrzehnten erzielen konnten, verstetigen.
Sicherheit braucht Verantwortung. Erfolge im Kampf gegen die Kriminalität rund um den Frankfurter Hauptbahnhof oder die gerade wachsenden Kooperationen im Rahmen von KOMPASS sind beste Beispiele dafür, dass sich durch eine bessere Zusammenarbeit vor Ort auch die Sicherheitslage Schritt für Schritt verbessern kann. Die hessische Polizei ist dabei zu Recht der erste Ansprechpartner, wenn es um Fragen der Sicherheit in unserem Land geht.
Hessen nimmt die Verantwortung für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst. Wir nehmen sie gewissenhaft wahr. Unsere Leitplanken für die verantwortungsvolle Sicherheitspolitik der Gegenwart und Zukunft sind klar:
Sicherheit braucht Verantwortung. Die Hessische Landesregierung hat sich in einer Zeit besonderer sicherheitspolitischer Herausforderungen dieser Verantwortung für die Sicherheit gestellt. Wir haben verantwortungsvoll gehandelt, indem wir in Personal, Ausrüstung und Ausstattung investiert und die notwendigen Anpassungen des Rechtsrahmens auf den Weg gebracht haben.
Sicherheit braucht Entschlossenheit. Die Hessische Landesregierung hat durch ihre zukunftsweisenden Investitionen in die Sicherheitsbehörden bewiesen, dass sie mutig vorangeht, wenn es darum geht, die Sicherheitsbehörden für die Herausforderungen von morgen fit zu machen. Mit der Verlagerung von Ressourcen der hessischen Polizei ins Frankfurter Bahnhofsgebiet haben wir verdeutlicht, dass wir entschlossen vorangehen, um für Sicherheit zu sorgen.
Sicherheit braucht Partner. Der Erfolg der Sicherheitsbehörden hängt auch von vielerlei Unterstützung ab. Nicht nur im Frankfurter Bahnhofsviertel haben wir mit dem Engagement der Polizei die Sicherheitspartner vor Ort ermutigt, ihrerseits einen Beitrag für mehr Sicherheit zu leisten. Mit dem kommunalen Sicherheitsprogramm KOMPASS setzen wir gezielt auf die Kraft der Sicherheitspartnerschaft mit Städten und Gemeinden, um lokal für mehr Sicherheit zu sorgen.
Mit dem partnerschaftlichen Sicherheitsengagement werden wir auch langfristig das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger weiter stärken. Wir brauchen die Bürger
Sicherheit braucht Innovation. Mit den Sicherheitsmaßnahmen der letzten Jahre haben wir immer gezielt auf Innovationen gesetzt. Nicht nur, dass wir neue Wege mit neuen Partnerschaften eingeschlagen haben, um die Sicherheit zu verbessern. Sensibilisierung vor extremistischen Gefahren in Landratsämtern, technische Verbesserungen und Neuerungen wie die Bodycam, digitale Innovationen wie die Prognosesoftware KLB-operativ stehen als Beispiele für eine moderne, sich weiterentwickelnde Polizei. Dafür steht sie heute und auch morgen.
Wir stellen uns der Verantwortung für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger mit allen erforderlichen Partnern entschlossen, innovativ und am Ende erfolgreich. – Vielen Dank.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das Schönste an der Regierungserklärung war der Applaus eben! – Gegenrufe von der CDU)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Weniger Straftaten und eine noch bessere Aufklärungsquote sind für uns Anlass, für die großartigen Leistungen der hessischen Polizeibeamtinnen und -beamten zu danken. Ihnen gilt unsere große Wertschätzung.
Ich möchte allerdings an dieser Stelle auch die Kommentierung der Gewerkschaft der Polizei vom 15.02., vom Tag der Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistik, hier zitieren, die gesagt hat:
Diese ganzen Erfolge sind umso höher zu bewerten, weil in vielen Organisationseinheiten der hessischen Polizei personell am Limit gearbeitet … wird...
Das ist eine etwas andere Ausrichtung als das, was wir eben hier vom Innenminister gehört haben. Ich möchte noch einmal sehr betonen, dass diese großartige Leistung trotz schwerer Rahmenbedingungen in Hessen erfolgt ist. Das ist aus unserer Sicht umso höher zu bewerten.
Ich will hinzufügen, Herr Bauer: Das ist sicherlich kein Verdienst des hessischen Innenministers. Ich werde im Folgenden auch aufzeigen, warum das so ist. Wie jedes Jahr lohnt sich nämlich der Blick auf die Zahlen, um einige Entwicklungen der inneren Sicherheit in Hessen aufzuzeigen.