Ich war sehr froh, als das Atomkraftwerk Cattenom endlich aus dem Sichtfeld geriet und am Horizont die Windkraftanlagen auftauchten. Ich habe mich besser und sicherer gefühlt. Die Verspargelung der Landschaft zu thematisieren und gleichzeitig an den fossilen Energieträgern festhalten zu wollen, die Landschaftszerstörung bedeuten, die Risi
ken bedeuten, die unkalkulierbare Folgeschäden bedeuten – das ist einfach absurd, was Sie da erzählen.
Ich will noch eines sagen. Ich glaube, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht, müssen wir natürlich auch Bedenken ernst nehmen. Ich hätte mir gewünscht – ich gebe dem Wirtschaftsminister vollkommen recht –, die FDP hätte einmal die vielen Einwendungen und die vielen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger beim Ausbau des Frankfurter Flughafens so ernst genommen.
Wir müssen diese Bedenken auch ernst nehmen. Aber wir brauchen ein Austarieren von Umweltschutz und Ausbau erneuerbarer Energien. Ich warne davor, das gegeneinander auszuspielen. Die Energiewende ist Umweltschutz. Die Energiewende ist grundsätzlich überhaupt eine Grundlage für Umweltschutz. Deswegen will ich das nicht gegeneinander ausspielen.
Ich bin der Meinung, die FDP schiebt Argumente vor. Es geht Ihnen nicht um den roten Milan. Es geht Ihnen auch nicht um die Bürgerinnen und Bürger. Es geht Ihnen darum, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verhindern. Sagen Sie das einfach so, aber bedienen Sie sich nicht dieser Argumente, und tun Sie nicht so, als sei die FDP die neue Ökologiebewegung in diesem Land.
Danke schön. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Punkt 53, die Aktuelle Stunde, abgehalten.
Inzwischen sind einige neue Anträge auf Ihren Plätzen verteilt worden. Eingegangen ist noch ein Dringlicher Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN für ein 15. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Hessischen Landtags, Drucks. 19/440.
Ich frage, ob gegen die Dringlichkeit Einwände bestehen? – Die gibt es nicht. Dann wird dieser Dringliche Gesetzentwurf Tagesordnungspunkt 65 und erhält eine Redezeit von siebeneinhalb Minuten. Wann soll er aufgerufen werden? Haben sich die Geschäftsführer verständigt?
Wir nehmen das Ganze entspannt und ganz normal auf die Tagesordnung. Auch der parlamentarische Geschäftsführer
Rudolph wusste, dass dieser Gesetzentwurf kommt. Er ist jetzt gekommen. Er kommt auf die Tagesordnung. Wir werden uns nachher in aller Ruhe verständigen, ob wir es erreichen, dass wir ihn noch in dieser Plenarwoche in erster Lesung zur Kenntnis nehmen. Ob siebeneinhalb Minuten benötigt werden, wage ich zu bezweifeln. Aber wir sollten ihn in den Geschäftsgang geben.
Frau Präsidentin, wenn ein Gesetzentwurf dringlich ist, dann ergibt sich für mich die Konsequenz, ihn auch zu beraten. Dann gelten die Zeiten der Geschäftsordnung. Zu dem mehr als merkwürdigen Verfahren der Koalitionsfraktionen werden wir später inhaltliche Ausführungen machen.
Zunächst stelle ich einmal fest, der Dringliche Gesetzentwurf steht als Punkt 65 auf der Tagesordnung. Die parlamentarischen Geschäftsführer werden sich über den Zeitpunkt des Aufrufs verständigen.
Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend Steuerhinterziehung konsequent bekämpfen – hessische Finanzverwaltung weiter stärken, Drucks. 19/441. Ich frage auch hier, ob die Dringlichkeit bejaht wird. – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 66 und kann, wenn es kein Widerspruch gibt, mit Tagesordnungspunkt 13 aufgerufen werden.
Weiter eingegangen und verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Flüchtlinge in Europa und Hessen gerecht behandeln, Drucks. 19/442. – Auch hierzu stelle ich fest, dass es keine Einwände gegen die Dringlichkeit gibt. Dann ist dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 67 und kann mit den Tagesordnungspunkten 15 und 28 aufgerufen werden. Auch dazu gibt es Einverständnis.
Außerdem eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Beibehaltung der Haushaltssperre im Landesstraßenbau, Drucks. 19/443. Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 68 und kann, wenn es keinen Widerspruch gibt, mit Punkt 14 zusammen behandelt werden.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Hessen fördert Akzep- tanz und Vielfalt – Homo- und Transphobie entgegen- treten) – Drucks. 19/428 –
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am vergangenen Samstag, dem 17. Mai, haben Menschen in aller Welt den Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie begangen. Der Tag erinnert an den 17. Mai 1990, an dem die Weltgesundheitsorganisation beschlossen hat, Homosexualität aus ihrem Katalog der Erkrankungen zu streichen. Für uns GRÜNE ist dieser Tag Anlass für diese Aktuelle Stunde, denn Feindlichkeit und Stigmatisierung gegenüber Menschen mit anderen sexuellen und geschlechtlichen Identitäten sind leider nach wie vor Alltag.
Dieser Tag macht auf all jene aufmerksam, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung anderswo schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Ihnen gebührt unsere Solidarität und Unterstützung – sei es in Uganda, Marokko oder in Putins Russland.
Dieser Tag ist aber auch ein Tag des Gedenkens an diejenigen, die in unserem eigenen Land insbesondere zwischen 1933 und 1945 aufgrund ihrer sexuellen Identität verfolgt und ermordet wurden.
Es ist ein Tag des Gedenkens an die, die durch den Fortbestand des Naziparagrafen 175 bis 1969 ihrer bürgerlichen Existenz beraubt und fortwährend drangsaliert wurden. Wir haben uns als Hessischer Landtag bei ihnen entschuldigt und beschlossen, ihre Geschichte aufzuarbeiten. Ihre Rehabilitierung durch den Bund steht aber leider noch aus.
Jenseits der Vergangenheit mahnt dieser Tag, auch wachsam zu sein. Die Ressentiments und dumpfen Vorurteile gegenüber Homosexuellen werden weiter bedient. Die völlig unwissenschaftliche Pathologisierung von Homosexualität, die Ausgrenzung von Menschen, die irgendwie anders sind, bis hin zur Gleichsetzung von Homosexualität mit Pädophilie sind leider auch heute noch zu finden.
Schauen Sie sich einfach einmal die Kommentare an, die Sie unter den Artikeln über das Comingout beispielsweise von Thomas Hitzlsperger oder über die Auftritte von Conchita Wurst finden, und Sie werden sofort verstehen, wie weit diese Feindseligkeit in die Gegenwart hineinragt.
Leider ist es auch bei uns hier in Hessen der Fall. Am kommenden Samstag werden Frau Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugendliche und Gesellschaft in Reichelsheim und Herr Hoffmann vom Verein Wüstenstrom in Kassel zwei Seminare anbieten, in denen sie sich mit sexuellen Identitätsstörungen beschäftigen.
Was Frau Vonholdt darunter versteht, das muss ich Ihnen heute leider zumuten, weil ich glaube, es ist wichtig, um zu verstehen, wie weit das in die Gegenwart hineinragt. Ich zitiere:
Eine homosexuelle Identität ist keine natürliche oder gegebene Identität. Sie widerspricht dem Leib des Menschen. …
Jungen Menschen, die uns um Rat bitten, sollten wir deshalb sagen: Du bist kein „Homosexueller“. Das ist eine Ideologie.
Vielleicht haben Sie eine Vorstellung davon, was eine solche Herangehensweise in einem Jugendlichen auslösen
kann, der sich in einer Phase der Orientierung und Unsicherheit befindet. Alle anerkannten wissenschaftlichen Fachverbände bis hin zur Bundesärztekammer und zum Weltärztebund haben diese Art von Therapien als gesundheitsgefährdend gebrandmarkt und jegliche Stigmatisierung, Pathologisierung oder Benachteiligung von Menschen solch anderer sexuellen Orientierung verurteilt. Das darf auch in Hessen keinen Platz haben.
Ich freue mich deshalb ausdrücklich, dass die hessische Diakonie in der vergangenen Woche ebenfalls zum Ausdruck gebracht hat, dass die Positionen der genannten Referenten mit ihrer eigenen Haltung nicht in Einklang zu bringen sind. Denn eingeladen wurden diese beiden Referenten von einem Verein, der sich mit dem Titel „Fachverband der Diakonie“ schmückt.