Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

Sie regieren hier seit fast 20 Jahren. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten vorher einmal Maßnahmen in diese Richtung ergriffen, statt das Gegenteil zu bewirken und dafür zu sorgen, dass Stadt und Land immer weiter auseinanderdriften, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Dann komme ich auch noch zur Krankenhausversorgung im ländlichen Raum. Sie haben das ebenfalls kurz angesprochen. Es gibt ja die Regelung, ein Krankenhaus muss in 30 Minuten erreichbar sein. Aber wenn es kritisch ist, dann gilt eben, ein Krankenhaus muss bei gutem Wetter und ungestörter Verkehrssituation in 30 Minuten erreichbar sein. Wenn nämlich Schnee liegt – beispielsweise im Taunus –, kann das ein bisschen anders aussehen.

Dann reden Sie doch einmal mit den Leuten in Bad Schwalbach, und reden Sie doch einmal über die Frage des Erhalts des Krankenhauses dort. Oder sagen Sie, Herr Grüttner, doch einmal, wie viele Kreißsäle im ländlichen Raum in den letzten Jahren geschlossen wurden.

Wer die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum aufrechterhalten will, der muss sich doch als Erstes für den Erhalt der Krankenhäuser einsetzen. Ja, es wäre doch einmal etwas, wenn Herr Beuth sich in Bad Schwalbach einmal darum kümmern würde.

(Beifall bei der LINKEN)

Ihre Politik hat die Probleme überhaupt erst verschärft.

Dann reden Sie davon, Herr Ministerpräsident, wir hätten Busse im ländlichen Raum, mit denen keiner fährt. – Ja, oh

Wunder. Wenn Buslinien im ländlichen Raum so aussehen, dass der Bus einmal morgens und einmal abends fährt, dann ist es doch kein Wunder, dass die Menschen mit dem Bus nicht fahren. Klar, die sind da sowieso auf ein Auto angewiesen und können sich doch nicht an der Taktung eines Busses, der zweimal am Tag fährt, ausrichten. Das ist doch kein Wunder.

Der Bürgerbus ist doch auch kein Ersatz für ein Nahverkehrsangebot. Also, ich bitte Sie, Busfahrer ist ein verantwortungsvoller Beruf, für den man eine Ausbildung braucht. Bürgerbusse oder am Ende noch Mitnahmebänke, das ist doch kein Ersatz für ein ÖPNV-Angebot. Das ist Aufgabe der öffentlichen Hand, und da kann man nicht sagen: „Sollen die das doch einmal in ihrer Freizeit ehrenamtlich machen“, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn der Ministerpräsident, der seit fast 20 Jahren dieser Landesregierung angehört, sagt, ja, da müssten halt einmal neue Ideen entwickelt werden,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, das ist großartig!)

dann ist das schon ein bisschen komisch.

Aber ich habe jetzt im „Spiegel“ gelesen, dass der Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Neuerungen in der CDU fordert. Da habe ich mir vor Verwunderung auch ein bisschen die Augen gerieben, als ich das gelesen habe. Als der Innovativste und Fortschrittlichste sind Sie mir in den letzten Jahren nicht aufgefallen, Herr Ministerpräsident.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Ab- geordneten der SPD)

Zum Schluss: Wir müssen die Infrastruktur im ländlichen Raum stärken. Dazu gehört ÖPNV, dazu gehört Gesundheitsversorgung, dazu gehört natürlich der Erhalt kleiner Schulen, Herr Kultusminister, dazu gehört die Breitbandversorgung, und dazu gehört natürlich auch, dass durch den „Schutzschirm“, durch die Kürzungen in den Kommunen, freiwillige Leistungen in den Kommunen weggefallen sind, die das Leben im ländlichen Raum attraktiver gemacht haben, und dazu gehört, dass wir für Jugendliche im ländlichen Raum Angebote brauchen, die über den Spielplatz hinausreichen. Auch das brauchen wir.

Deshalb: Sie beklagen hier die Probleme, die Sie selbst geschaffen und verschärft haben. Was wir brauchten, wäre eine echte Initiative für eine gute Regionalentwicklung, damit Stadt und Land nicht weiter auseinanderdriften, sondern wir gute Lebensbedingungen im ganzen Land flächendeckend haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Boddenberg, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einmal feststellen, dass ich alle Redebei

träge der Opposition nur unter einer Überschrift zusammenfassen kann:

(Günter Rudolph (SPD): Gut!)

Sie ärgern sich ein Loch in den Bauch, dass es der Landesregierung gelungen ist, erneut einen solchen Akzent für den ländlichen Raum zu setzen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der SPD)

Herr Schäfer-Gümbel, weil Sie den 28. Oktober genannt haben: Ja, das ist ein wichtiges Datum. Das ist ein Datum, an dem die Menschen in Hessen entscheiden werden, wer denn die besseren Antworten für dieses Land hat. Und ich bin ziemlich sicher, wie das ausgehen wird, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es bleibt dabei; ich will mich nur mit dem auseinandersetzen, Herr Schäfer-Gümbel, was Sie hier vorgetragen haben.

Sie haben – völlig berechtigt – einen Blick deutlich zurück geworfen, Sie haben den Titel „Operation sichere Zukunft“ ein bisschen im Wortlaut verhunzt, aber so hieß das einmal.

(Unruhe bei der SPD)

Ich sage bis heute – bei aller Kritik, die man an der einen oder anderen Maßnahme seinerzeit haben konnte; bei aller berechtigten Kritik, die Sie durchaus bis heute auch noch äußern dürfen –:

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist aber lieb von Ihnen, dass wir das äußern dürfen!)

Wir haben damals die Grundlage dafür geschaffen, dass wir heute bei all dem, was wir für die Menschen in unserem Land machen, einen ausgeglichenen Haushalt haben. Davon haben Sie geträumt, wir haben es realisiert, und wir machen damit auch für die Jugendlichen in unserem Land die Zukunft zukunftsfest.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich werde es Ihnen weiterhin nicht ersparen: Es bleibt bei der SPD-Politik dabei – bei den LINKEN will ich gar nicht darüber reden; das kennen wir nicht anders; es macht auch keinen Sinn, darüber zu reden –,

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Bleiben Sie nur weiter so überheblich!)

es darf leider da und dort immer noch ein bisschen mehr sein. Mehr habe ich inhaltlich von Ihnen heute nicht gehört.

Ich wiederhole es bis zum 28. Oktober und gern auch darüber hinaus: Ihre wortreichen Erklärungen vor Ort, egal, um was es geht, ob es um Versorgung mit Kindergartenplätzen geht, ob es um die Versorgung mit Lehrern geht, ob es um den Landesstraßenbau geht, ob es um die Digitalisierung geht, bedeuten in der Summe ein Mehrausgabenvolumen von 3,2 Milliarden €. Diese Forderungen haben Sie immer wieder unters Volk gestreut.

Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne, damit Sie das einschätzen können: Sie haben Haushaltsanträge nicht für 3,2 Milliarden € pro Jahr gestellt, sondern

für 400 Millionen € pro Jahr. Dann haben Sie für zweimal 400 Millionen € im Doppelhaushalt 2018/2019 noch als Finanzierung vorgeschlagen, 360 Millionen € aus allgemeinen Rücklagen zu nehmen. Wenn das solide ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Ich bin sicher, dass die Menschen in unserem Land sehr schnell und auch und gerade im Zuge des Landtagswahlkampfes spüren werden, was leere Versprechungen auf der Seite der SPD sind und was auf der anderen Seite tatkräftiges Handeln durch diese Regierung und durch diese Regierungsfraktionen ist.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will dann noch einen Punkt aufgreifen: Sie haben das Thema Digitalisierung und Versorgung in einigen hessischen Landkreisen angesprochen. – Ja, es ist doch in Ordnung: Der Landrat Schnur im Landkreis Odenwald hat damals einen ordentlichen Job gemacht, und es gehört auch dazu, dass wir das weiterhin feststellen und nach dem rheinischen Motto „Man muss auch jönne könne“ durchaus in einer solchen Debatte anführen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Danke!)

Aber Sie haben möglicherweise übersehen, dass das Land es seinerzeit erst durch Landesbürgschaften möglich gemacht hat, dass wir dort eine solche Beschleunigung hatten. Also auch damals schon eine gute Zusammenarbeit zwischen der von uns geführten Landesregierung und – in dem Fall – einem SPD-Landrat. Das gehört zur Vollständigkeit der Debatte gern dazu. Herrn Schnur hier noch einmal herzlich zu danken, dazu bin ich gern bereit.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser und Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD))

Dann ein Letztes, liebe Kolleginnen und Kollegen. Beim Kollegen Rock bin ich mir nicht ganz sicher, wenn er auf den amüsanten oder – ich weiß nicht – kabarettistischen Vortrag der Kollegin noch einmal eingegangen ist, wenn es um Fragen des ÖPNV und der verkehrlichen Versorgung im ländlichen Raum geht. Ich weiß nicht, wollen Sie jetzt im ländlichen Raum eine U-Bahn bauen, Herr Kollege Rentsch?

(Wolfgang Greilich (FDP): Rock!)

Nein, nicht Herr Rentsch; das war der, der vorher auf dem Platz gesessen hat.

Also, Kollege Rock: Wollen Sie dort eine U-Bahn bauen? – Wir reden natürlich über die Taktung des U-Bahn-Verkehrs im Ballungsraum Frankfurt am Main und über die ÖPNV-Versorgung in Ballungsräumen. Das ist eine wahnsinnig wichtige Aufgabe.

Wir setzen alles daran, das zu erreichen, indem wir so viel Geld für den öffentlichen Personennahverkehr ausgeben, wie es unter dieser Landesregierung noch nie der Fall war. Wir setzen aber auch darauf, auf Verständnis zu stoßen – Frau Wissler hat das hämisch diskreditiert –, dass wir bei Gemeindeteilen mit 200 oder 300 Einwohnern keine Rundumversorgung im ÖPNV sicherstellen können, weil dafür das Geld nicht reicht, obwohl wir Rekordsummen investieren. Was ist falsch daran, dass wir an der Stelle auf bürgerschaftliches Engagement setzen? – Die 100 Bürgerbusse sind da ein Anfang. Wir sollten uns darüber freuen, dass es vor Ort Leute gibt, die mit Unterstützung des Landes bereitwillig Beförderungsangebote machen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Staat wird definitiv auch in Zukunft nicht alle Probleme des Landes lösen können. Wir gehen hinsichtlich der Größe der Grundschulen und Kindertagesstätten auf das gerade noch vertretbare Maß hinunter. Wir werden aber beispielsweise darüber reden müssen, wie lange man jede Schule vor Ort aufrechterhalten und gleichzeitig einen hohen Qualitätsstandard sichern kann.