Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Ich habe überhaupt nichts dagegen, langfristige Ziele zu haben, auch Träume zu haben. Aber, liebe Kollegin Wissler, wer den letzten Schritt vor dem ersten tut, der kommt in aller Regel nicht voran,
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Deshalb wollen wir erst einmal eine Anhörung!)
Wissen Sie, ich kann mich erinnern, wir haben hier vor einem Jahr gestanden, als der Busfahrerstreik war. Alle haben da gesagt, die sollen ordentlich bezahlt werden.
Das haben wir übrigens jetzt gemacht. Wir sind in Verhandlungen über eine Preisgleitklausel, damit am Ende eine ordentliche Bezahlung von Busfahrern auch über die Finanzierung des ÖPNV sichergestellt werden kann.
Auch das muss jemand bezahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Immer nur zu sagen: „Im Himmel ist Jahrmarkt, wir machen alles gleichzeitig“, das funktioniert nicht.
Deswegen muss man sich sehr genau überlegen, warum die Bundesregierung einen solchen Brief an die EU geschrieben hat. Die Bundesregierung hatte, als sie ihren Brief nach Brüssel schrieb, weder Busse noch Bahnen vor Augen, sondern das Auto.
Es ging eher darum, Fahrverbote und eine Klage der EUKommission wegen dauerhafter Nichteinhaltung der Vorgaben zur Luftqualität irgendwie abzuwenden. Es war also eher ein Ablenkungsmanöver.
Ich will das zum Anlass nehmen, zu sagen: Wenn wir jetzt gesamtgesellschaftlich über diese Frage reden, dann schauen wir doch auch einmal darauf, wie der Bund in den letzten Jahrzehnten mit Bussen und Bahnen umgegangen ist. Da ist die Bilanz ziemlich traurig. Seit 30 Jahren ist rund um den zentralen Bahnknoten Frankfurt nichts vorangekommen, was den Infrastrukturausbau angeht. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Druck gemacht. Wir haben in etliche Projekte Schwung gebracht: Homburger Damm, Verkehrsknoten Frankfurt Stadion, S-Bahn-Anbindung Gateway Gardens, Ausbau der S 6, Wallauer Spange. Das hatte aber immer auch etwas damit zu tun, dass die Landesregierung gesagt hat: Jetzt macht endlich etwas.
Wenn eine solche Diskussion am Ende dazu führt, dass der Bund bereit ist, Mittel zur Verfügung zu stellen, damit es beim Infrastrukturausbau vorangeht, dann soll es mir recht sein. Das ist nämlich dringend nötig.
Deswegen sage ich sehr deutlich: Wir haben für die Verbünde mehr Geld bereitgestellt, nämlich 800 Millionen € im Jahr. Das sind 24 % mehr als in der vorangegangenen Finanzierungsperiode. Diese Mittel werden jetzt in zusätzliche Angebote investiert, in zusätzliche Züge, in zusätzliche Busse, z. B. in die X-Bus-Linien des RMV. Aber wenn die Infrastruktur nicht mithält, dann funktioniert das Ganze nicht. Deshalb habe ich eine klare Priorität. Wir müssen besser werden. Das bedeutet: Infrastrukturausbau, zusätzliche Angebote, zusätzliche Qualität. Das ist die richtige Reihenfolge.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn wir nur über die Reihenfolge reden, dann ist das okay!)
Wir haben uns auch Gedanken gemacht, wie man bei Tickets – und allem, was dazugehört – attraktiv werden kann. Das Schülerticket ist ein Beispiel dafür, wie man mit einem zwar nicht kostenlosen, aber attraktiven und bezahlbaren Angebot am Ende mehr Kunden gewinnt. Es sind schon über 100.000 Schülertickets mehr verkauft worden als im Jahr davor. Ich will an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen: An manchen Punkten sind die Fahrpreise zu teuer. Übrigens haben die Erfahrungen mit dem Schülerticket den NVV dazu gebracht, dass er die beiden höchsten Tarifstufen abschafft. Man hat nämlich gemerkt, entgegen dem, was zuvor vermutet wurde, dass die höchsten Zuwächse im freien Verkauf von Schülertickets ausgerechnet in Waldeck-Frankenberg und Hersfeld-Rotenburg zu verzeichnen waren, also dort, wo man am weitesten von Kassel weg ist. Offensichtlich war dort der Preis vorher zu hoch.
Man sieht: Wenn der Preis attraktiv und angemessen ist, dann sind die Leute bereit, für ein ordentliches Angebot diesen Preis zu bezahlen. Wir werden uns auch weiterhin
Gedanken über die Tickets machen. Ich will an dieser Stelle nur noch sagen: Inzwischen haben wir 30.000 Nutzer von RMVsmart, wo entfernungsabhängig und nicht mehr über Waben abgerechnet wird. An dieser Stelle müssen wir weitermachen; denn man kann natürlich niemandem erklären, warum er für eine Fahrt von Offenbach-Kaiserlei nach Frankfurt-Höchst – also 22 Minuten in der S 1 – 2,75 € zahlt, wenn er aber eine Station früher einsteigt und vier Minuten von Offenbach-Ledermuseum bis FrankfurtMühlberg fährt, 4,90 € zahlen muss. Daran müssen wir arbeiten.
Genau daran arbeitet der RMV. Ich weiß nicht, ob Sie es wahrgenommen haben: Die Tageskarte kostet im gesamten RMV-Gebiet inzwischen weniger als zwei Einzelfahrscheine. Das gibt es in keinem anderen großen Verkehrsverbund.
Ich weiß, dass Peter Feldmann denkt, er sei es gewesen. Ich war allerdings bei den Verhandlungen dabei. Mehr sage ich dazu nicht.
Ich glaube, dass wir in diesen Bereichen vorankommen werden. Ich glaube, dass wir das Angebot und die Qualität verbessern müssen. Ich bin dafür, dass uns die Bundesregierung dabei unterstützt. Aber es hilft nichts, Briefe nach Brüssel zu schicken, die schon eine Woche später nicht mehr gelten. Das ist am Ende nicht zielführend. Da ist der hessische Weg, nämlich langfristig an einer Verbesserung zu arbeiten und nichts zu versprechen, was man gar nicht halten kann, aus meiner Sicht das, was den Bürgerinnen und Bürgern und den Bussen und Bahnen am Ende am meisten hilft.
Es besteht die Vereinbarung, über den Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht abzustimmen, sondern ihn an den zuständigen Fachausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann wird der Dringliche Antrag Drucks. 19/6099 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung überwiesen.
Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Wichtiges Zeichen in Frankfurt: Gewalt gegen Einsatzkräfte ist ein Tabu – wer Helfer angreift, greift uns alle an) – Drucks. 19/6094 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen in dieser Aktuellen Stunde mit dem Titel „Gewalt gegen Einsatzkräfte ist ein Tabu – wer Helfer an
greift, greift uns alle an“ ein wichtiges Thema an. Wir sprechen hierbei über sehr viele Menschen in Hessen, über Menschen, die haupt- und/oder ehrenamtlich unterwegs sind, um anderen zu helfen. Wir sprechen über Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, über Polizeibeamtinnen und -beamte, über die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Rettungsdiensten. Anders ausgedrückt: Wir sprechen über Menschen, die dort hineingehen, wo andere herausrennen, die ausrücken, um Menschen in Not zu retten oder zu schützen, und dabei oftmals ihre Gesundheit, wenn nicht sogar ihr Leben riskieren.
Wer diese Menschen bei ihrer Arbeit behindert – ob durch das „Vergessen“ der Bildung einer Rettungsgasse, durch Gaffen oder durch Missachtung von Absperrmaßnahmen –, handelt zumindest fahrlässig. Wer Retter angreift, verhält sich asozial. Für beides haben wir kein Verständnis.
Leider müssen wir an dieser Stelle auch darüber sprechen, dass Polizeibeamte bespuckt werden, dass Feuerwehrleute mit Raketen beschossen werden, dass Rettungssanitäter bei ihrer Arbeit behindert oder beschimpft werden. Bei den Rettungsdiensten kommt erschwerend hinzu – das wird mitunter übersehen –, dass sie, anders als Polizeibeamte oder Feuerwehrkameraden, oftmals nur zu zweit und ohne Schutzkleidung – wenn man von Handschuhen einmal absieht – auftreten und in eigentlich geschützte Bereiche eintreten, in Wohnzimmer, mitunter in Schlafzimmer. Dabei fehlt es oft an Schutzkleidung, aber auch an kurzfristig nutzbaren Fluchtmöglichkeiten. Dies wird oft übersehen. Deshalb bedarf es hin und wieder dieses Hinweises.
Als am Samstag in Frankfurt die Demonstration stattfand, saß ich – in Anwesenheit des Staatssekretärs im Innenministerium – zeitgleich mit etwa 400 Feuerwehrkameraden zusammen, um das wichtige Projekt „Mehr Feuerwehr in die Schulen“ zu besprechen. Auch da wurde mir deutlich, wie wichtig es ist, dass wir diesen ehrenamtlich tätigen Menschen den Rücken stärken – zum einen deshalb, weil das, was sie tun, Respekt verdient, zum anderen aber auch deshalb, weil wir gerade in den Schulen alles tun müssen, damit potenzielle Helferinnen und Helfer, Feuerwehrkameraden, nicht durch diese Missetaten abgeschreckt werden, sondern wissen, dass die Politik und die Gesellschaft hinter ihrem ehrenamtlichen Engagement stehen.
Deshalb sage ich noch einmal: Helfer anzugreifen ist ein absolutes No-Go. Deshalb stärken wir ihnen den Rücken. Wir stärken die Einsatzkräfte personell, hinsichtlich ihrer Ausrüstung, finanziell, rechtlich und symbolisch. Wir reden nicht nur, sondern wir tun auch etwas.
Die Besoldungserhöhungen, Stellenhebungen, das Hessenticket, Überstundenausgleiche, 1.500 zusätzliche Anwärterstellen bei der Polizei sowie die notwendigen Investitio
nen in die Schutzausstattung der Beamten sprechen hier eine deutliche Sprache. Am Dienstag wurde in der Regierungserklärung im Hessischen Landtag ausführlich dazu vorgetragen.
Zu dem Brand- und Katastrophenschutz hat Abg. Meysner gestern kompetent ausgeführt. Unter anderem: Die Garantiesumme aus der Feuerschutzsteuer erst von 30 Millionen € auf 35 Millionen € und im nächsten Jahr auf 40 Millionen € zu erhöhen, spricht eine deutliche Sprache.
Weitere 30 Millionen € kommen im Rahmen der Ausstattungsoffensive hinzu. Das alles sind Maßnahmen für mehr Schutz der Bevölkerung und für mehr Schutz der Helfer.
Durch den sogenannten Schutzparagrafen – bereits 2015 durch unseren Innenminister und die Hessische Landesregierung angestoßen – wurde die Mindeststrafe für die oben beschriebenen Angriffe angehoben. Vor allem: Feuerwehrkameraden, Katastrophenschützer und Rettungsdienste wurden in den Schutzbereich dieser Regelung einbezogen.