Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

(Beifall bei der LINKEN)

Da Wiederholungen offensichtlich zu keinem Lernerfolg im Kultusministerium führen, freue ich mich, dass Lehrerinnen und Lehrer Aktionen vorbereitet haben und trotz des Streikverbots für Beamte auf die Straßen gehen, weil sie so nicht mehr weitermachen können und wollen.

(Armin Schwarz (CDU): Wollen Sie das Berufsbeamtentum abschaffen? Sagen Sie das doch!)

Darüber sprechen wir heute nicht. Sie haben bei Ihrer Rede das Thema verfehlt.

(Beifall bei der LINKEN – Armin Schwarz (CDU): Würden Sie das Berufsbeamtentum abschaffen?)

Ich würde es machen.

(Armin Schwarz (CDU): Das steht jetzt im Protokoll!)

Das tun die Lehrerinnen und Lehrer trotz der Gefahr, dass jedem Einzelnen ein Disziplinarverfahren droht, da der Kultusminister zwar die Streikgründe ignoriert, nicht aber die Streiks selbst. Das hat uns die Vergangenheit gelehrt: 2015 streikten über 4.000 verbeamtete Lehrkräfte, weil ihre Arbeit mit einer tariflichen Nullrunde „belohnt“ wurde, statt ihnen Wertschätzung entgegenzubringen. Daraufhin wurden Juristen eingestellt, aber keine Lehrkräfte. Schon das sagt doch alles über diese Bildungspolitik. Dieses traurige Kapitel Ihrer Amtszeit, Herr Lorz, ist beispielhaft dafür, wie Sie in der Bildungspolitik Prioritäten setzen.

DIE LINKE steht jedenfalls solidarisch an der Seite der Kolleginnen und Kollegen, die sich heute und morgen Gehör verschaffen werden. Sie haben die Aktionen unter den Titel „Bildung braucht bessere Bedingungen“ gestellt.

Wie recht die Lehrerinnen und Lehrer mit diesem Slogan haben, zeigt eine kurze Bilanz Ihrer Politik, Herr Lorz. Ganztagsschulausbau? – Gescheitert. Inklusion? – Wird wieder zurückgefahren. Lehrermangel? – Erst geleugnet, jetzt ein Dauerproblem. Gerechte Bezahlung der Grundschullehrkräfte? – Bestenfalls Hohn aus dem Kultusministerium. Pakt für den Nachmittag? – Hochgejubelt, aber wenig Resonanz, nur etwa 20 % der Schulen beteiligen sich. Zufriedenheit mit der hessischen Bildungspolitik? – Bei den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften kaum vorhanden. Unterrichtsausfall? – Wird ignoriert. Herr Lorz, in Ihrem Zeugnis würde stehen: Klassenziel verfehlt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus aktuellem Anlass zum Schluss noch ein paar Worte zu dieser Bundeswehr, die Herr Schwarz hier noch anbringen musste.

(René Rock (FDP): Unserer Bundeswehr!)

Die Bundeswehr ist kein normaler Arbeitgeber. Deshalb kann man nicht so tun, als ob man dort ein Praktikum machen oder Schüler dort einfach hinschicken könnte.

(René Rock (FDP): Die Bundeswehr ist ein Teil unserer Gesellschaft!)

Soldaten werden für das Austragen bewaffneter Konflikte ausgebildet. Das nennt man landläufig Krieg. Darüber hinaus schafften wir auf der Welt Elend und Fluchtursachen, keinen Frieden und keine Stabilität.

(Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Würden Sie das Geld, das Sie für die Bundeswehr ausgeben – auch am Hessentag –, in die Bildung stecken, dann hätten wir alle mehr davon.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Opposition macht zum wiederholten Mal die Bildungspolitik zum Thema im Plenum. Sie setzt dabei offensichtlich auf das pädagogische Prinzip der Wiederholung. Was verbirgt sich hinter dem pädagogischen Prinzip der Wiederholung? – Man hat die Hoffnung, dass sich dadurch, dass man Sachverhalte – oder das, was man für Sachverhalte hält – wiederholt, die Erinnerung an diese im Kopf verfestigt. Das ist das pädagogische Prinzip der Wiederholung. Es funktioniert aber nur dann, wenn das Gesagte tatsächlich richtig ist. Hier sind bei dem, was die Opposition heute vorgetragen hat, erhebliche Zweifel angesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir brauchen in diesem Hause doch nicht darüber zu streiten, dass unsere Schulen vielfältig herausgefordert sind, dass wir eine Reihe von gesellschaftlichen Veränderungsprozessen haben, die sich natürlich auch in unseren Schulen widerspiegeln. Unsere Schulen wandeln sich von Halbtagsschulen zu Ganztagsschulen. Das geht nicht „von selbst“. Das erfordert sehr viel Arbeit. Unsere Schulen sind vielfältig herausgefordert durch eine Schülerschaft, die immer bunter, immer vielfältiger, immer heterogener wird, die aus Schülerinnen und Schülern besteht, die aus immer mehr Ländern in unser Schulsystem kommen. All das sind Aufgaben, die die Schulen bewältigen müssen. An der Bewältigung dieser Aufgaben arbeiten die Lehrerinnen und Lehrer jeden Tag hart.

Wir sind dabei, unsere Schulen zu verändern – von einem exkludierenden Schulsystem, in dem Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen an den Regelschulen nicht selbstverständlich dazugehören, hin zu einem inklusiven Schulsystem. Das ist eine gigantische Aufgabe, die unsere Schulen fordert. Darüber brauchen wir nicht zu streiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Falsch ist aber die Behauptung der Opposition, unsere Schulen würden mit diesen Herausforderungen alleingelassen. Diese Aussage ist falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich will nur einige der Maßnahmen in Erinnerung rufen, die wir in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht haben, um unsere Schulen bei der Bewältigung dieser Herausforderung zu unterstützen. In der vergangenen Legislaturperiode wurden die Klassengrößen durch die Abschaffung der Sternchenregelung verkleinert. In der vergangenen Legislaturperiode wurde eine 105-prozentige Lehrerversorgung auf den Weg gebracht. Wir sind diesen Weg in dieser Legislaturperiode weitergegangen. Während andere Bundesländer Lehrerstellen abgebaut haben, haben wir diese 105 % gehalten und weitere Lehrerstellen ausgewiesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir haben, weil wir wissen, dass die Schulen vielfältig gefordert sind, den Sozialindex auf den Weg gebracht und seit seiner Einführung Schuljahr für Schuljahr die Lehrerzuweisung nach dem Sozialindex ausgeweitet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Als viele, auch Kinder, ihre Heimatländer verließen, weil sie vor Krieg, vor Gewalt oder vor Terror fliehen mussten, haben wir unsere Schulen mit der Bereitstellung zusätzlicher Lehrerstellen unterstützt, damit diese Schülerinnen und Schüler einen Einstieg in unser Bildungssystem haben und die deutsche Sprache lernen können. Wir haben unsere Schulen auch bei der Integration dieser Schülerinnen und Schüler in Regelklassen unterstützt. Es ist nicht so, dass wir unsere Schulen mit den Herausforderungen alleinlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Den Wandel von der Halbtagsschule zur Ganztagsschule unterstützen wir durch eine Verdoppelung beim Tempo des Ganztagsschulausbaus. Wir haben zwei Kommunalinvestitionsprogramme aufgelegt, die ganz wesentlich auch der

baulichen Ausstattung unserer Schulen zugutekommen. Obwohl es eigentlich nicht eine Sache des Landes ist, sondern die Kommunen hierfür zuständig sind, haben wir gesagt: Wir engagieren uns auch in diesem Bereich, weil wir die Schulen nicht alleinlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In diesem Jahr kommen 700 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen an unsere Schulen. Zum ersten Mal engagiert sich das Land systematisch und landesweit in der Schulsozialarbeit; denn wir wissen, neben dem Bildungsauftrag wird der Erziehungsauftrag unserer Schulen immer wichtiger. Unsere Lehrerinnen und Lehrer können viel, aber sie können nicht alles. Sie sollen nicht alles leisten müssen, sondern sie brauchen Unterstützung, auch durch Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Auch diese Unterstützung für unsere Schulen bringen wir noch in diesem Jahr auf den Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sind dadurch alle Probleme an den Schulen gelöst? – Selbstverständlich nicht. Die Herausforderungen sind groß, und es gibt auch immer wieder neue Herausforderungen.

Wir haben ein Problem, dem sich alle Bundesländer stellen müssen. Dieses Problem geht auch an Hessen nicht vorbei: Wir haben bundesweit eine Lehrerknappheit. Wir haben bundesweit zu wenige Lehrerinnen und Lehrer.

Aber wenn wir uns anschauen, wie Hessen bei der Bewältigung dieser Herausforderung im Bundesländervergleich dasteht, müssen wir feststellen, Hessen steht bei der Bewältigung dieser Aufgabe vergleichsweise gut da. In Hessen kann es passieren, dass nicht für jede Stelle sofort die passende Person gefunden wird. Das ist für die Schulen vor Ort mit einer riesengroßen Arbeit verbunden. Da gibt es auch nichts zu beschönigen. Es kann sein, dass für die Stelle nicht immer gleich die richtige Person gefunden wird. Aber, meine Damen und Herren, im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es in Hessen Stellen für Lehrerinnen und Lehrer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn wir über Herausforderungen reden, lassen Sie uns doch darüber streiten, wie wir diese Herausforderungen bewältigen. Was ist da die Antwort der Opposition? – Die Antwort der Opposition ist, dass sie bei jedem Problem, das es gibt, erklärt: Machen wir, wir stellen zusätzliche Mittel zur Verfügung, alles kein Problem. – Die Beträge, die mit den Versprechen verbunden sind, die allein die Sozialdemokratie in diesem Haus der Bevölkerung im Hinblick auf die verschiedenen Bereiche der Landespolitik gibt

(Zurufe von der SPD: Oh!)

ja, das hören Sie nicht so gern –, belaufen sich mittlerweile auf 3,19 Milliarden €.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD – Glockenzeichen der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, jede Bürgerin und jeder Bürger muss wissen: Der SPD ist klar, dass sie diese Versprechen nicht wird halten können; denn wer

allen alles verspricht, verspricht in Wahrheit niemandem etwas.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Wie lautet die zweite Antwort der SPD? – Das steht noch einmal wunderbar in Ihrem Antrag: Sie wollen zur Bewältigung der Herausforderungen an unseren Schulen mehr Berichte, mehr Statistiken und mehr Bürokratie. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das Allerletzte, was unsere Schulen brauchen, sind mehr Berichte, mehr Bürokratie und mehr Statistiken. Das ist das Allerallerletzte, was unsere Schulen brauchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir müssen weiter daran arbeiten, dass unsere Schulen die Herausforderungen bewältigen können. Wir haben schon eine ganze Menge auf den Weg gebracht, aber natürlich müssen weitere Maßnahmen folgen. Wir haben mit der Einstellung von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen den Einstieg in die Bildung von multiprofessionellen Teams an unseren Schulen geschaffen.