Frau Kollegin Schott, danke. – Herr Kollege Bocklet, Sie haben die Möglichkeit, zu erwidern. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir GRÜNE unternehmen in der Koalition mit dem Partner eine Fülle an Maßnahmen zur Sicherstellung der medizinischen und gesundheitlichen Versorgung im ländlichen Raum. Das wird bei dem Thema Landarztmangel, ich glaube, der Aktuellen Stunde der FDP, noch einmal explizit das Thema sein. Deswegen spare ich mir das für morgen auf.
Ich komme zu der anderen Frage. Ja, es ist in der Tat so, dass der Gemeinsame Bundesausschuss, G-BA, die Regeln dafür festlegt, wann es einen Sicherstellungszuschlag gibt und wann nicht. Frau Schott, da haben Sie recht. Das sind zwei Parameter. Der eine ist die Erreichbarkeit. Es müssen mindestens 5.000 Menschen innerhalb von 30 Minuten dieses Krankenhaus oder ein anderes Krankenhaus erreichen können. Oder aber es gibt einen zu geringen Bedarf. Das heißt, es sind unter 100 Einwohner pro Quadratkilometer.
Das sind zwei Parameter, die wir nicht festgelegt haben. Da müssen wir in die Richtung derjenigen schauen, die das Land regieren. Die SPD stellt viele Gesundheitsminister. Die CDU stellt viele Gesundheitsminister. Das ist Bundesgesetzgebung. Danach entscheidet sich, ob es Sicherheitszuschläge gibt. So wird es beispielsweise auch bei dem künftig geschlossenen Krankenhaus in Bad Schwalbach sein.
Das sind Regularien, an die wir uns zu halten haben. Da haben wir als Land keinerlei Spielräume. Damit habe ich Ihre Frage beantwortet.
Wir haben die Investitionskostenzuschüsse. Die können wir den Krankenhäusern geben. Wir können sie dabei unterstützen, Verbünde einzugehen. Damit können Synergien genutzt werden. Die Patientenströme können gemeinsam genutzt werden. Es kann gemeinsam eingekauft werden. Es kann gemeinsam das Know-how genutzt werden. Die Qualität kann gesteigert werden. Das können wir als Land machen. Aber das, was der Gemeinsame Bundesausschuss macht, ist Bundesangelegenheit. Die Kritik an der Bundesregierung verstehe ich. Aber ich habe das nicht zu verantworten. Die CDU und die GRÜNEN im Lande Hessen haben das auch nicht zu verantworten. – Danke.
(Beifall der Abg. Martina Feldmayer und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)
Herr Kollege Bocklet, vielen Dank. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Hahn für die FDP-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden überrascht sein, den haushaltspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion zum Thema Krankenhäuser sprechen zu hören.
Unser für diesen Fachbereich zuständiger Fraktionsvorsitzender hat derzeit eine andere terminliche Verpflichtung. Da hat Herr Kollege Rudolph recht: Erstens kann ein Jurist alles. Zweitens kann das auch ein Haushälter.
Das sind also zwei Voraussetzungen, mit denen ich hoffe, Ihnen jetzt deutlich machen zu können, dass ich aufgrund meiner kommunalpolitischen Erfahrung auch ein bisschen etwas über Krankenhäuser weiß. Ich habe mich heute noch von einem führenden Professor der Rechtsmedizin aus Mittelhessen beraten lassen.
Lassen Sie mich mit etwas anderem anfangen als die Kollegen. Wir sollten zur Kenntnis nehmen – und darauf auch stolz sein –, dass Hessen über Krankenhäuser mit einer Topqualität verfügt. Die letzte Klinikliste des „Focus“ aus dem Jahr 2018 weist für Hessen sieben Topkliniken aus, die über das ganze Land verteilt sind, nämlich von Kassel über Marburg und Fulda nach Frankfurt und Wiesbaden. Diese Liste macht auch deutlich, dass die Frankfurter Universitätsklinik derzeit zu den Top 10 in Deutschland zählt.
Mit dem „Krankenhaus Rating Report 2018“ sehen wir aber auch, welche Probleme es auch in unserer hessischen Krankenhauslandschaft gibt. Die wirtschaftliche Situation unserer Krankenhäuser ist noch immer schwierig. Der Grund liegt in den zum Teil ungünstigen Krankenhausstrukturen, in der hohen Standortdichte – das ist nicht überall der Fall, aber in manchen Gegenden – und in einer geringen Spezialisierung.
Dabei ist es relativ unerheblich, ob es sich um die Betrachtung des ländlichen oder des städtischen Raums handelt. Denn witzigerweise gibt es auch Konglomerate im ländlichen Raum. Das ist geschichtlich gewachsen oder wie auch immer entstanden.
Für meine Person kann ich sagen: Wenn ich wirklich eine schwierige Operation vor mir hätte, würde ich mich jedenfalls dafür entscheiden, in eine Klinik zu gehen, in der das häufiger gemacht wird. Dieser Eingriff sollte da nicht nur selten gemacht werden. Ich will das Gefühl haben, dass der Arzt oder die Ärztin das nicht nur intellektuell – das können sie –, sondern auch handwerklich versteht. Ich sage das sehr bewusst, weil es immer wieder die Diskussion gibt, man müsse das alles nur nach der Idee der Dezentrali
Ob uns da der Gesetzentwurf, den die Fraktionen der CDU und der GRÜNEN hier eingebracht haben, weiterhelfen wird, werden wir sehen. Wir sind deshalb auf die Anhörung sehr gespannt. Wir sind sehr gespannt, was die Experten zu der Frage sagen, wie wir es gebacken kriegen, auf der einen Seite die Dezentralisierung nicht vollständig aufzugeben, aber auf der anderen Seite die Spezialisierung besser zu organisieren. Wie kriegen wir das hin?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nur die eine Seite der Medaille. Wir unterstellen jetzt einmal, dass wir superklug und supererfolgreich sind. Die Anzuhörenden sind das auch. Wir kriegen da etwas im Rahmen der Verbundsysteme und der Zusammenschlüsse gebacken. So steht es auch in der Begründung des Gesetzentwurfs. Dann haben wir immer noch das Problem des Personalmangels. Wir können das noch so gut organisieren, wir können die Landschaft noch so gut organisieren – wenn wir die Menschen nicht haben, dann wird es ein Problem geben.
Auch da ist der „Krankenhaus Rating Report“ sehr interessant. Denn er weist auf all das hin, was wir bisher so diskutiert haben: Die Anzahl der Berufsrückkehrer muss erhöht werden. Die Wochenarbeitszeit bei Teilzeitkräften muss erhöht werden. Die Attraktivität des Berufsbildes und der Ausbildung muss gesteigert werden. Die Fachleute in diesem Bericht schreiben, das wird nicht reichen. Wir müssen also noch zusätzliche Wege finden.
Ich weiß, dass das nicht die Lösung aller Probleme ist. An dieser Stelle möchte ich als Freier Demokrat darauf hinweisen, dass das wieder einmal ein Beispiel dafür ist, endlich ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz zu machen,
damit die Fachleute, die in anderen Ländern vorhanden sind und die dort möglicherweise nicht gebraucht werden, ein Interesse daran haben, ihr Fachwissen in den Kliniken des Landes Hessen und der Bundesrepublik Deutschland einzubringen.
Neben dem Thema der Mitarbeiter gibt es mit der Ambulantisierung der Medizin eine zweite Lösung. Ich habe vor einigen Wochen ein interessantes Streitgespräch zwischen einem Klinikbetreiber aus der Nähe von Melsungen und einem Fachprofessor erlebt, die ich beide gut kenne. Sie haben sich intellektuell mit guten Argumenten gestritten. Das Thema ländlicher Raum werden wir morgen behandeln. Ich glaube, das geschieht nicht auf Antrag der FDP-Fraktion, wie das eben gesagt wurde, sondern der SPD-Fraktion. Das ist mir aber relativ egal. Wir werden es trotzdem alle morgen gemeinsam behandeln.
Man kann sagen: Ja, es gibt eine Reihe an Krankheiten, die man wirklich mit technischen Möglichkeiten aufarbeiten kann. Die Diagnose kann man über die IT und Verbundnetze stellen. Dann kann man vor Ort die Therapie durchführen.
Ich habe das Gefühl, das hat etwas mit den Krankheiten zu tun. Da hat die aus dem nordhessischen Melsungen kommende Firma eine besondere Spezialisierung. Deswegen glaube ich, dass es bei den Teilen, die B. Braun Melsungen bearbeitet, gehen wird. Bei anderen wird es aber nicht gehen.
Deshalb müssen wir eine Mischung finden. Auf der einen Seite wird die Ambulantisierung stehen. Damit können wir natürlich die Größe des stationären Sektors senken. Wie werden wir das schaffen? – Wir werden das schaffen, indem wir das Vergütungssystem für den ambulanten Bereich anders organisieren.
Wir haben zu viele Deckel. Wir haben zu geringe Pauschalen. Wir sind bei den Hausärzten nicht nur beim Bezahlen knickerig. Wir sind auch beim Regress hoch effektiv. Es geht nicht nur darum, dass wir weniger abliefern. Vielmehr fordern wir dann auch bei Fehlleistungen. Ja, Fehlleistungen müssen in irgendeiner Art und Weise pönalisiert werden. Aber wir gehen da als Gesellschaft ganz besonders vor.
Deshalb ist unsere Bitte, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass auf Bundesebene die Einschränkung für die niedergelassenen Ärzte relativiert wird. Ich will nicht sagen, dass das aufgehoben werden soll. Aber es sollte relativiert werden.
Aus allen meine Worten erkennen Sie: Wir gehen mit großem Optimismus an die Anhörung heran. Wir werden uns erst nach der Anhörung entscheiden, wie wir zu diesem Gesetzentwurf votieren werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, als Allerletztes empfehle ich den Blick in die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ des heutigen Tages. Auf Seite 19 befindet sich ein sehr interessanter Bericht mit der Überschrift:
„Es gibt zu viele kleine Krankenhäuser“ – Berater des Finanzministers monieren eine Über- und Fehlversorgung in den Kliniken und fordern Reformen
Das betrifft unsere Diskussion voll. Das sollten wir mit aufnehmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. h.c. Hahn. – Ich rufe als nächste Rednerin Frau Kollegin Dr. Sommer auf. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Marjana Schott und auch Kollege Hahn haben schon viel Richtiges gesagt. Ich will trotzdem noch einmal auf ein paar Punkte zu sprechen kommen.
Um Verbünde und um die Förderung von Verbundbildung von Krankenhäusern geht es ja explizit. Sie sind richtig und wichtig. Schwerpunktbildungen und Spezialisierungen können Krankenhäuser stärken, aber – das haben die Kollegen schon angesprochen – es bedarf auch einer besseren Unterstützung. Die Investitionspauschalen in Hessen sind nicht auskömmlich, und Sicherstellungszuschläge werden selten erteilt. Ihr Vorschlag ist also weder eine Krankenhaussteuerung noch eine Krankenhausplanung, meine Damen und Herren.
Das aber wäre so wichtig, um Vorkehrungen zu treffen und gesundheitliche Versorgung flächendeckend sichern zu können. Ein wenig verwundert es uns doch – da muss ich Marjana Schott einfach recht geben –, warum der Gesetzentwurf eilt. – Jetzt ist Kollege Bocklet gerade nicht da; er hat doch gesagt, das sei ein normaler Gesetzentwurf gewesen. – Nein, da steht „eilt“ drauf, Herr Kollege. Aber Sie werden uns sicherlich beantworten, warum dieser Gesetzentwurf eilt – er hat es nicht getan, aber vielleicht kann es jemand anderes tun. Wir sind zumindest sehr gespannt; denn schließlich ist der Krankenhausrahmenplan zum letzten Mal 2009 aufgestellt worden,
und die letzte Fassung des Besonderen Teils stammt aus dem Jahr 2005; also hat das Thema bisher – seit zwölf Jahren – jedenfalls nicht so geeilt.
Spannend ist auch der Verweis auf § 11. Dort geht es um eine Verordnung. Deswegen wüssten wir gerne, was da genau geregelt wird. Frau Schott war noch einmal zu einer Kurzintervention bezüglich der Notfallversorgung hier vorne. Genau darum geht es hier, nämlich um die Neuregelung der Notfallversorgung. Das ist ein wichtiges Thema. Aber was haben Sie denn vor? Warum wollen Sie es denn nicht im Gesetz, sondern in einer Verordnung regeln? – Das braucht eine Erklärung. Die Notfallversorgung dient schließlich der Patientensicherheit.