Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Wir haben große Herausforderungen in Bereich Sicherheit zu bewältigen. Wir hatten in Deutschland und in Europa in den letzten drei Jahren Hunderte von Toten infolge terro

ristischer Anschläge zu beklagen. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass wir alles daransetzen, Gefahren von ihnen abzuwenden und Straftäter und Terroristen festzusetzen.

Dazu dient das beschaffte Analysetool – die „Analysesoftware“, wie sie im Antrag genannt wird –, mit dem wir z. B. am 1. Februar 2016 ein salafistisches Netzwerk ausgehoben haben, zu dem Haikel S. gehörte, der, Sie erinnern sich, vor wenigen Wochen abgeschoben wurde. Zu dem Netzwerk gehörte auch ein 17-jähriger IS-Terrorverdächtiger aus Eschwege, den wir vor wenigen Wochen inhaftiert haben. Das sind nennenswerte Erfolge, die wir mithilfe dieser Analyseplattform erreichen konnten.

Im hessischen Innenministerium wird nach Recht und Gesetz gehandelt. Dieser Grundsatz gilt für die hessische Polizei genauso wie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus meinem Geschäftsbereich. Das schließt nicht aus, dass Fehler passieren. Es ist aber noch nicht einmal konkret behauptet worden, dass Fehler passiert seien. Der Vorwurf der Landtagsfraktionen der SPD und der FDP, bei der Polizei seien Aufträge nicht nach bestem Wissen und Gewissen vergeben worden, entbehrt jeder Grundlage.

Die Fragen, die Sie dazu hatten, wurden in der Antwort auf eine Kleine Anfrage, in der Korrektur zu der Antwort auf die Kleine Anfrage und in den Antworten auf Dringliche Berichtsanträge in zwei Innenausschusssitzungen beantwortet. Es waren keine Fragen mehr übrig. Es wäre aber möglich gewesen, weitere Fragen zu stellen, die wir selbstverständlich beantwortet hätten.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das machen wir jetzt!)

Wir haben alle Fragen beantwortet, die die Opposition an uns im Zusammenhang mit den Abschleppvorgängen und der Beschaffung der Analysesoftware gestellt haben; und wir haben die Abgeordneten persönlich in das Innenministerium eingeladen und ihnen die Möglichkeit gegeben, Einsicht in alle Vorgänge um Palantir zu nehmen. Darum hatten die Fraktionen der SPD und der FDP gebeten. Die Forderung von SPD und FDP wurde am 6. dieses Monats gestellt. Wir haben innerhalb weniger Tage, am 13. oder 14. dieses Monats, also nicht einmal eine Woche später, die Akten aus mehreren Behörden zusammengestellt und den Abgeordneten völlig transparent Einsicht gewährt.

Die Abg. Greilich und Faeser waren am Donnerstag letzter Woche im Ministerium und haben sich die zehn Ordner in ungefähr einer Stunde angeschaut. Sie hatten genau zwei Nachfragen. Diese beiden Nachfragen bezogen sich unter anderem auf die Schwärzung der Namen von Mitarbeitern von Unternehmen, die beteiligt waren. Die Nachfragen sind beantwortet worden.

Da die Fraktionen von SPD und FDP aber immer noch offene Fragen hatten – sie haben am Freitagmorgen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in Aussicht gestellt –, habe ich ihnen erneut angeboten, dass sie sich die Akten anschauen können. Dies wurde durch Herrn Schäfer-Gümbel abgelehnt.

Das Innenministerium hat zu keinem Zeitpunkt Transparenz vermissen lassen. Wir haben alle parlamentarischen Fragen der Opposition vollumfänglich und nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein!)

Wenn es Ihnen tatsächlich um Aufklärung ginge, dann hätten Sie die Möglichkeit gehabt, genau die Fragen, die Sie noch haben, an uns zu stellen und sich die Akten, die Sie sich anschauen wollen, anzuschauen.

Die endgültige Auftragsvergabe an Palantir ist nach einer Markterkundung und begleitet von einer Vergabekanzlei nach dem Vergaberecht erfolgt. Die hessische Polizei setzt die Palantir-Software einzig und allein zu dem Zweck ein, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu schützen. Es geht darum, Anschläge zu verhindern und schwerste Kriminalität effektiv zu bekämpfen.

Es ist ein eher absurder Vorwurf, der Polizei vorzuhalten, sie kümmere sich schnellstmöglich oder gar zu schnell um Technik, die die Menschen vor terroristischen Anschlägen schützen soll.

Die in den Raum gestellten Behauptungen, die Polizei wisse nicht, was der Softwareanbieter mit den polizeilichen Daten anstelle und ob diese womöglich auch von den USA oder anderen Staaten genutzt werden, ist schlichtweg falsch. Die Daten stehen niemandem zur Verfügung, außer der hessischen Polizei. Sie finden sich auf Polizeirechnern in einem mehrfach abgesicherten Netzwerk. Die Server stehen bei der HZD und nicht in den USA. Ein unbeobachteter Zugriff von außen ist bestmöglich, vertraglich und technisch ausgeschlossen.

Ich muss Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Der Hessische Datenschutzbeauftragte war von Anfang an in das Projekt eingebunden. Es ist keineswegs so, dass Hessen bei der Beschaffung einen Sonderweg gegangen ist. Mehrere Bundesländer planen zurzeit die Anschaffung dieser oder einer entsprechenden Analysesoftware. Sie können mir also lediglich vorwerfen, dass wir schneller als andere waren. Das würde ich aber eher als ein Kompliment ansehen.

Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um eine konstruierte Vorwurfslage

(Günter Rudolph (SPD): Falsch!)

ohne konkreten Anhaltspunkt

(Günter Rudolph (SPD): Falsch!)

und ohne ein erkennbares Motiv, warum wir hier irgendetwas hätten verbergen wollen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Falsch!)

Vielen Dank, Herr Minister Beuth. – Kollegin Faeser von der SPD-Fraktion hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Innenminister, ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie in Ihrem ersten Satz gesagt haben, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordnungsgemäß gearbeitet hätten, weil Sie auf diese Weise so tun, als ob Sie mit dem ganzen Verfahren nichts zu tun hätten. Sie müssen in diesem Hause endlich einmal Verantwortung für Ihre Arbeit übernehmen.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Das kennt er nicht!)

Herr Innenminister, vielleicht sollte es Ihnen zu denken geben, dass der Kollege Greilich und ich uns nur eine Stunde lang die zehn Aktenordner angeschaut haben. Vielleicht haben wir ja mehr gefunden, als Sie denken, können darüber aber nicht öffentlich berichten und fordern gerade deshalb die Einberufung eines Untersuchungsausschusses. Es wäre schön gewesen, wenn Sie diese Möglichkeit in Erwägung gezogen hätten. Sie haben eben nicht alle Fragen beantwortet. Aus welchem Grund hätten wir sonst Akteneinsicht beantragen müssen?

(Beifall bei der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Eine Frage haben Sie immer noch nicht beantwortet, die steht nach wie vor im Raum: Warum geht Hessen einen Sonderweg? – Kein anderes Bundesland hat ein PalantirProdukt für eine Analyseplattform in Erwägung gezogen. Der Bund hat das ebenfalls nicht getan. Darauf habe ich hingewiesen. Die GRÜNEN haben im Deutschen Bundestag in ähnlicher Weise nachgefragt, wie wir es hier getan haben. Die GRÜNEN haben gefragt, ob das Bundesverteidigungsministerium Kontakte zu Palantir hatte. Das Ministerium hatte in der Tat Kontakt. Die Bundesregierung hat sich nach Durchführung einer Marktanalyse aber dagegen entschieden, etwas mit Palantir gemeinsam zu tun.

Herr Innenminister, auf einer Innenministerkonferenz im letzten Jahr wurde entschieden, dass man keine Sonderwege mehr geht, sondern sich bemüht, die polizeilichen Informationssysteme einheitlich zu gestalten. Deswegen verstehen wir diesen Sonderweg gerade an der Stelle nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abge- ordneten der LINKEN)

Zum Schluss will ich noch einmal sagen: Gerade Sie, Herr Innenminister, müssen sich fragen lassen, warum es ausgerechnet Palantir werden musste. Warum haben Sie ein solches Unternehmen genommen, obwohl Niedersachsen eine ähnliche Software unter dem Namen KNIME selbst entwickelt hat? Was hatten Sie für ein Interesse daran, dieses Unternehmen auszuwählen?

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Kollegin Faeser. – Herr Kollege Greilich, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Der Minister hat uns erklärt, er habe alle Fragen beantwortet, und er habe aufgeklärt. Ich kann nur wiederholen, was unwidersprochen im Raum steht und dem man auch nicht

widersprechen kann, wenn man die Akten gesehen hat: Die Akten waren unvollständig.

(Nancy Faeser (SPD): Ja!)

Deswegen lautet Frage 16 unseres Antrags betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses:

Ob die durch den hessischen Innenminister am 14. Juni 2018 den Obleuten der Fraktionen im Innenausschuss zur Einsicht vorgelegten Akten … bis auf solche Unterlagen, die aufgrund des zu wahrenden vergaberechtlichen und grundrechtlichen Schutzes entfernt wurden, vollständig waren.

Wir wollen nämlich festhalten, wie man mit uns umzugehen versucht – was aber nicht gelingt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ein weiteres Thema ist die durch nichts begründete Geheimniskrämerei. Wir wissen aus der nicht öffentlichen Sitzung mittlerweile, was die Software kostet. Das kann ich aber, weil die Sitzung nicht öffentlich war, nicht zitieren. Bekannt gegeben wurde: 0,01 €. Nicht einmal der Herr Minister hat behauptet, dass das zutreffe.

Uns interessiert aber die spannende Begründung, dass Sicherheitsinteressen der Bekanntgabe des Auftragswerts entgegenstehen würden. Wir wollen konkret erforschen, ob und, wenn ja, welche konkret begründbaren Auswirkungen auf die Sicherheitsinteressen des Landes die Bekanntgabe des tatsächlich vereinbarten Auftragswerts hat. Darauf bezieht sich Frage 13 unseres Einsetzungsantrags. Ich bin sehr gespannt auf die Erkenntnisse, die wir dort gewinnen werden: dass deutlich wird, man will Geheimniskrämerei betreiben. Wer aber Geheimniskrämerei betreibt, muss sich auch Fragen gefallen lassen.

Dann hieß es – lieber Kollege Wagner, ich glaube, Sie haben das gesagt –, in unserem Antrag sei eine Vorverurteilung enthalten, weil wir, so die Begründung, den Schaden ermitteln wollen und nach der Verantwortlichkeit fragen.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine verehrten Damen und Herren, mindestens in einem Bereich ist es doch völlig unstreitig, dass es Verstöße gegen das Vergaberecht gegeben hat. Jedenfalls entnehme ich das den Auskünften des Innenministers. Das sind die Abschleppaufträge. Es gab dort – bis auf eines, das ergebnislos geblieben ist – keine Vergabeverfahren. Der Herr Minister hat uns auf unsere Frage mitgeteilt:

Wie zuvor erläutert, wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 neben der Ausschreibung für das Polizeipräsidium Südosthessen

das ist das Verfahren, das ergebnislos blieb –

keine weiteren Verfahren durch das PTLV durchgeführt.

Es wurden keine Verfahren durchgeführt. Die Pflicht zur Vergabe solcher Aufträge im Rahmen eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens ist – ich glaube, das ist unstreitig – ab einer Auftragssumme von 221.000 € gegeben. Sie haben uns in der korrigierten Fassung Ihrer Antwort mitgeteilt, 2015 seien es 1.731.962,15 € gewesen, also über 1,7 Millionen €.

(Nancy Faeser (SPD): Aha!)