Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist auch der Markenkern unserer hessischen Finanzpolitik.

Erster Punkt. Wir halten Wort. Wir versprechen niemandem etwas, was wir nicht halten können. Das ist Markenkern dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweiter Punkt. Wir planen im besten Sinne des Wortes konservativ, um am Ende des Jahres in aller Regel besser abzuschneiden, als es zum Zeitpunkt der Vorlage des Haushalts geplant war.

Dritter Punkt. Wir nutzen die vorhandenen finanziellen Spielräume zum Abbau der Altschulden des Landes auf der einen Seite, aber gleichzeitig zum signifikanten Aufbau von Risikovorsorge und zweckgebundenen Rücklagen zur Absicherung der finanziellen Risiken für die Zukunft.

Wir machen noch ein Weiteres. Wir haben in ganz erheblichem Umfang beispielsweise bei den Investitionen die Globalpositionen der Finanzplanung so vorgesehen, dass eine neue Landesregierung – die Bürgerinnen und Bürger sind am 28. Oktober aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen – ihre politischen Schwerpunkte neu setzen kann. Wir haben Abstand davon genommen, die Finanzplanung dafür zu nutzen, sozusagen neue Projekte ins Schaufenster zu stellen, sondern wir finanzieren sauber das durch, was wir in den Haushalten haben. Aber es gibt eine ausreichen

de Perspektive für eine neue Regierung. Wir haben natürlich eine gewisse Vorstellung, wie sie möglicherweise aussehen könnte; aber ich weiß, diese Vorstellung wird nicht von jedem in diesem Hause restlos geteilt. Jedenfalls hat eine neue Landesregierung eine Perspektive, neu darüber zu befinden. Das ist auch Ausdruck von Solidität in der Finanzpolitik.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich haben wir von günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen profitiert; wir profitieren bis heute davon. Aber, meine Damen und Herren, diese günstigen Rahmenbedingungen haben etwas damit zu tun, dass das Gesamtzusammenspiel der gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land funktioniert hat. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die Politik – alle gemeinschaftlich haben Grundlagenentscheidungen in den letzten Jahren getroffen, die es uns ermöglicht haben, den am längsten anhaltenden kontinuierlichen Aufschwung in den letzten 20 bis 25 Jahren in diesem Land zu haben.

Ab und zu hat man in öffentlichen Debatten den Eindruck: Alle haben etwas damit zu tun, wenn es gut läuft, nur die Politik hat nichts damit zu tun. Wenn es schlecht läuft, hat niemand etwas damit zu tun, und die Politiker sind die einzig Verantwortlichen. – Gelegentlich sollten wir uns das Selbstbewusstsein erlauben und sagen: Auch mit guten Rahmenbedingungen hat Politik am Ende etwas zu tun.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer verantwortlichen Finanzpolitik kann eines aber nicht gehören: eine Strategie, eine Politik, die jedem alles verspricht und nie Vorschläge macht, woher das Geld, das zusätzlich ausgegeben werden soll, denn möglicherweise kommen soll.

(Holger Bellino (CDU): Die SPD kann das!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns unserer Verantwortung gestellt und eine ganze Reihe von unangenehmen Entscheidungen getroffen. Strukturell konsolidiert die Landesregierung diesen Landeshaushalt mit mehr als 600 Millionen € jährlich. Das waren allesamt keine einfachen Entscheidungen. Die Bremsung des Anstiegs bei der Besoldung, das Streichen von Stellen, die Erhöhung der Grunderwerbsteuer – das alles waren keine einfachen Entscheidungen. Das alles ist im Landtag kontrovers diskutiert und schließlich entschieden worden. Das ist gut so. Das ist richtig so.

Eine Regierung hat Verantwortung, etwas notfalls auch gegen Widerstände durchzusetzen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer an anderer Stelle gern mehr ausgeben möchte, muss auch die Verantwortung tragen, Vorschläge dafür zu machen, wie das sein wird.

Heute ist eine gute Gelegenheit dazu. Ich bin sicher, Herr Kollege Schäfer-Gümbel wird nachher ans Rednerpult treten und zu den von Herrn Kollegen Wagner sehr akribisch mitgeschriebenen Mehrausgabenvorschlägen der Sozialdemokratie in Höhe von etwas über 3 Milliarden € präzise vortragen: Welche der 3 Milliarden € waren nicht so richtig ernst gemeint; die streichen wir? Was ist wirklich ernst gemeint? Und vor allem: Wie wird das wirklich ernst Gemeinte gegenfinanziert? – Das kann man in einer politischen Debatte erwarten. Sie können zu Recht von der Lan

desregierung erwarten, dass ihre Vorschläge sauber finanziert sind. Das kann man aber auch von Gruppierungen in diesem Land erwarten, die sich selbst unterstellen, sie seien regierungsfähig. Denn zur Regierungsfähigkeit gehören am Ende immer Verantwortung und die Bereitschaft, dieser Verantwortung auch Zahlen folgen zu lassen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Warnecke (SPD): Wie sieht denn Ihre Rechnung aus? – Weitere Zurufe von der SPD)

Durch das frühe Verzichten auf Neuverschuldung und durch das Zurückzahlen von Altschulden entstehen bereits jetzt neue Spielräume.

(Zuruf von der SPD: Ausquetschen!)

50 Millionen € Zinsen konnten trotz Niedrigzinsphase dadurch eingespart werden, dass wir alte Schulden zurückzahlen und keine neuen Schulden mehr machen.

(Marius Weiß (SPD): Alles Schulden, die Sie selbst gemacht haben!)

Das ermöglicht 700 zusätzliche Lehrerstellen oder – in Investitionen umgerechnet – über 1.200 neue Polizeifahrzeuge. Gleichzeitig investieren wir in der Finanzplanung weit über 2 Milliarden € jedes Jahr. Dabei haben wir Spielräume, innerhalb der Investitionen neue Schwerpunkte zu setzen.

Wir investieren in besonderer Weise in den Wohnungsbau. In den Jahren 2009 bis 2014 haben wir 400 Millionen € für den sozialen Wohnungsbau gehabt. 2015 bis 2020 haben wir dafür 1,7 Milliarden €.

(Zuruf von der SPD: Darlehen!)

Ich überlasse es Ihnen, Ihrer Fantasie und Ihrer Fähigkeit zum Dreisatz, den Vervielfältiger zu berechnen.

(Norbert Schmitt (SPD): Dazu komme ich nachher! – Weitere Zurufe von der SPD)

Der Einzige, der sich aus dem Wohnungsbau ein Stück weit zurückgezogen hat, ist der Bund. Die Bundesmittel fließen in Hessen durch. Die Landesmittel steigen einschließlich der investiven Städtebauförderung von 35 Millionen € auf 80 Millionen € im Jahr 2019.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie haben die Koalitionsvereinbarung gar nicht eingerechnet!)

Wenn etwas anderes behauptet wird, handelt es sich um Schimären.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das müssen Sie mit Herrn Seehofer ausmachen!)

Alles ist gut, Herr Schmitt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das ist das Schöne: Immer wenn es ernst wird, behaupten die Sozialdemokraten, sie hätten mit der Regierungsbildung in Berlin nichts zu tun. Wir hören immer wieder dieselbe Platte.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit auf der Regierungsbank – Zuruf von der SPD: Wie war das mit der CSU?)

Herr Staatsminister, ich darf an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Eine Minute brauche ich noch, nicht mehr. – Ich will auch darauf hinweisen: Wir haben in dieser Finanzplanung Globalpositionen zur Absicherung von Haushaltsrisiken von 2,5 Milliarden € für die Jahre 2020 bis 2022. Aber wenn es uns nicht gelingen sollte, eine Nachfolgeregelung für die erhöhte Gewerbesteuerumlage zu schaffen, sind von diesen 2,5 Milliarden € bereits 1,3 Milliarden € nicht mehr im Landeshaushalt. Dann sind die zusätzlichen Spielräume, die bei den Bund-Länder-Finanzgesprächen erarbeitet worden sind, jedenfalls nicht mehr im hessischen Landeshaushalt.

Wenn Sie dann die sicherlich nicht kleiner gewordenen Konjunkturrisiken und die Debatte auf der nationalen Ebene hinzuaddieren, was auf nationaler Ebene auf der steuerlichen Seite passieren könnte, sollte oder müsste, wird aus diesen Spielräumen lediglich das, was sie sind, nämlich eine Risikovorsorge.

(Norbert Schmitt (SPD): Sind schon Koalitionsverhandlungen?)

Das entbindet niemanden davon, der eigene neue Vorschläge für weitere Ausgaben in den kommenden fünf Jahren hat, dafür konkrete Finanzierungsvorschläge zu machen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Stimmt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sehe es als ein Stück meiner Aufgabe an, darauf hinzuweisen und eine Diskussion zu führen, wenn nach meinem Eindruck Finanzierungsvorschläge die notwendige Solidität vermissen lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Land Hessen ist finanziell extrem gut aufgestellt. Wir tilgen eigene Schulden, treffen Risikovorsorge für die Zukunft und sorgen dafür, dass mit der Hessenkasse Kassenkredite in hessischen Kommunen demnächst der Vergangenheit angehören. Wer zu Beginn der Legislaturperiode vorhergesehen hätte, dass wir das am Ende der Periode geschafft haben, wäre sicherlich als grenzenloser Optimist beschimpft worden. Ich bin froh, dass dieses Maß an Optimismus eingetreten ist. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Schmitt, SPDFraktion.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein! Herr Boddenberg!)

Wenn Sie möchten. Sicher.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon erklärt worden, warum der Finanzminister darum gebeten hat, die Debatte eröffnen zu dürfen. Ich glau

be, es war notwendig, dass wir von ihm gehört haben, dass die Rahmenbedingungen der mittelfristigen Finanzpolitik der nächsten Jahre großartig sind. Um es mit den Worten des Kollegen Rudolph zu sagen: Man kann von historischen Meilensteinen sprechen, die wir erreicht haben. Darauf sind wir stolz, und das würden wir auch gerne den Menschen in diesem Land sagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch anknüpfen an das, was der Finanzminister gesagt hat. Hin und wieder hat man das Gefühl, dass das alles mit Glück zu tun hat. Ich erkläre bei jeder Gelegenheit, dass immer beides eine Rolle spielt. Natürlich ist es einerseits das Glück des Tüchtigen. Andererseits hat es aber auch mit Politik zu tun, Herr Schmitt, dass wir so glänzend dastehen. Das Wetter in Deutschland bzw. in Hessen ist nicht besser geworden als in unseren Nachbarstaaten bzw. Nachbarländern, sondern wir haben eine ordentliche Arbeit abgeliefert. Ich finde, das müssen wir den Menschen hin und wieder auch sagen.