Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

und muss Belege für Bewertungen haben. Wenn wir die Belege nicht haben, sondern nur Sowohl-als-auch-Aussagen, dann können wir dazu keine Feststellung treffen. Das ist für uns unbefriedigend, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist in einem rechtsstaatlichen Verfahren so. Deswegen haben wir es auch so in den Bericht hineingeschrieben.

Was uns bei der Beschäftigung mit diesem Thema aufgefallen ist – das hat uns, glaube ich, alle gleichermaßen betroffen –, ist die Art und Weise, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu der Zeit mit Sprache umgegangen sind. Ich will das einmal zurückhaltend ausdrücken.

Ein Beispiel: „Wenn er weiß, dass irgendwo so etwas passiert, bitte nicht vorbeifahren“, das war die Aussage in einem Gespräch, das aufgezeichnet worden ist, des Geheimschutzbeauftragten mit Herrn Temme.

Ein anderes Beispiel: „Man muss nur eine Leiche in der Nähe eines V-Manns positionieren, dann ist die Arbeit des Verfassungsschutzes diskreditiert“. Ein weiteres Beispiel: „Das ist der Typ in dem Café, der umgedaddelt worden ist.“

Das sind Aussprüche, das sind Verhaltensweisen, die dulden wir für Beamte unseres Landesamts für Verfassungsschutz nicht. Ich glaube, da sind wir uns alle einig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hätte das Parlament zeitiger über den Umstand unterrichtet werden müssen, dass sich ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz an einem Tatort einer Mordserie aufhält und sich nicht als Zeuge gemeldet hat? – Wir meinen: Ja. Auf jeden Fall hätte die Parlamentarische Kontrollkommission informiert werden müssen. Dafür gibt es diese geheim tagende Kommission. Eine Unterrichtung der Obleute des Innenausschusses hätte man auch vornehmen können.

Herr Kollege Frömmrich, ich muss Sie an die Redezeit erinnern.

Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss. – Wir sagen in unserem Bericht dazu:

Wegen der herausgehobenen Bedeutung wäre eine Unterrichtung der vertraulich tagenden Parlamentarischen Kontrollkommission frühzeitig, nämlich schon am 3. Mai 2006, notwendig gewesen. Bezogen auf den Innenausschuss hätte dem Informationsinteresse des Parlaments mindestens durch die Unterrichtung der Obleute des Innenausschusses Rechnung getragen werden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Herr Präsident, wenn Sie es gestatten, will ich am Ende noch zwei Bemerkungen machen.

Eine Bemerkung geht in Richtung der Linkspartei. Ich will mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen dafür bedanken, dass sie den Bericht im Bereich rechtsextreme Szene, Vernetzung der rechtsextremen Szene sehr intensiv

bearbeitet und ein sehr fundiertes Papier vorgelegt haben, das wir zu 80 % in unseren Bericht übernommen haben. Dafür herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die diese Arbeit geleistet haben.

Am Ende will ich sagen: Es ist eben kein Ausschuss wie jeder andere gewesen. Ich möchte damit schließen, dass wir den Eltern und den Angehörigen von Halit Yozgat nicht sagen können, warum gerade ihr Sohn von diesen kaltblütigen Mördern als Opfer ausgesucht worden ist. Ich glaube, das ist eine Frage, die die Familie sehr beschäftigt. Wir können darauf keine Antwort geben. Das betrübt mich, das betrübt uns sehr. Kein Untersuchungsausschuss der Welt kann dieses Leid wieder ungeschehen machen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir diese Arbeit geleistet haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU, bei Abgeordneten der FDP sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank, Kollege Frömmrich. – Es gibt eine Kurzintervention des Kollegen Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu den Ausführungen des Kollegen Frömmrich nur an drei Stellen Anmerkungen machen.

Die erste Aussage war, jeder Abgeordnete hätte die Möglichkeit gehabt, die ungeschwärzten Akten einzusehen. – Das ist formal korrekt, real ist das aber nicht möglich. Ich will das nur einmal skizzieren. Dadurch, dass wir in Hessen kein Untersuchungsausschussgesetz haben – wir sind eines der wenigen Bundesländer, die kein Untersuchungsausschussgesetz haben –, mussten hier im Einzelfall, immer wenn neue Probleme aufgetaucht sind, eigenständige Regelungen getroffen werden. Diese Regelung hat die Mehrheit dann jeweils so festgelegt.

Das hört sich gut an – „Ihr könnt ja in alle Akten schauen“ –, wobei wir dies zweimal praktiziert haben. Um nur eine oder zwei Seiten einer Akte überhaupt ungeschwärzt lesen zu können, musste erst einmal ein formaler Antrag gestellt werden, dann mussten die genauen Dokumente bezeichnet werden, dann haben wir gewartet, bis das Landesamt für Verfassungsschutz seine Mitarbeiter – es waren immer mehrere, einer war dabei, der genau jede Frage, die wir gestellt haben, notiert hat, wobei ich mich frage, warum – geschickt hat. Der entscheidende Punkt ist aber der – und das wussten Sie von Anfang an, das war sozusagen der Kern der Behinderung dieser Akteneinsicht –, dass nur die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses und nicht einmal die sicherheitsüberprüften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ja das Gros der Arbeit geleistet haben und die die Akten viel besser kennen als wir Abgeordnete, in diese Beratungen hinein durften. Wir durften keine Notizen machen, und wir kamen raus, hatten etwas im Kopf und konnten nichts damit anfangen. Das ist es, was sich formal super anhört, realiter – und ich behaupte, Sie wussten genau, was Sie da beschließen – aber zum genauen Gegenteil geführt hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Mit Blick auf die Parlamentarische Kontrollkommission und die von Herrn Eisvogel erlassene Regelung, Akten in Hessen für 120 Jahre zu sperren, während es in anderen Bundesländern nur 30 Jahre sind, entzieht sich das meiner Kenntnis, weil wir keinen Vertreter in der Parlamentarischen Kontrollkommission haben. Aber dass dies bisher sozusagen von allen unkritisch hingenommen wurde, wirft auch kein gutes Licht sowohl auf die parlamentarische Kontrolle generell als auch auf die Kritikfähigkeit der Regierungsfraktionen.

Herr Kollege Schaus, ich muss Sie herzlich bitten, zum Ende zu kommen.

Ein letzter Satz, Herr Präsident. – Vielleicht stellen Sie einmal selbst einen Antrag, wenn Sie es schon von anderen Fraktionen fordern, dass diese Regelung wieder rückgängig gemacht wird. Das wäre doch auch eine Möglichkeit, oder?

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Herr Kollege Frömmrich, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Herr Kollege Schaus, genau das habe ich gesagt: Wir haben ein transparentes Verfahren gewählt. Wir haben auf die von Ihnen im Ausschuss vorgetragene Kritik reagiert, dass es zu viele Schwärzungen gebe und zum Teil Schwärzungen über Seiten, während nicht nachzuvollziehen sei, warum diese Schwärzungen erfolgt seien. Wir haben gesagt: Dann finden wir ein Verfahren, bei dem in die offene Akte geschaut werden kann. – Das Verfahren haben wir gewählt.

Im Übrigen gab es das auch im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages in Berlin. Dort ist es von Ihnen goutiert worden, und Ihre Fraktion hat es mitgetragen, dort hieß es Treptow-Verfahren. Nur war es viel umständlicher als unser Verfahren: Bei uns sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes mit der geheimen Akte hier ins Haus gekommen, haben sie Ihnen auf den Tisch gelegt und haben gesagt „Schauen Sie“, während man beim Treptow-Verfahren in Berlin nach Treptow fahren musste, in eine abhörsichere Geheimschutzstelle, und was alles dazugehörte. Das von uns gewählte Verfahren war also deutlich transparent.

Herr Kollege Schaus, dass man in einem Untersuchungsausschuss arbeiten muss, manchmal sogar viel arbeiten muss, ist mir bekannt. Genau wie Sie waren wir mit einem Abgeordneten in diesem Ausschuss vertreten. Ich habe mir mehrere dieser Akten angeschaut – der Kollege Honka nickt – und habe dieses Verfahren gewählt. Es wäre Ihnen also auch zumutbar gewesen. Mehr Transparenz als die offene Akte gibt es nicht, Herr Kollege Schaus. – So viel dazu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der zweite Punkt, die 120 Jahre. Ja, das sage ich: Ich halte diese Sperrfrist von 120 Jahren für vollkommen unangemessen. Das ist aber auch in der Diskussion hier im Zusammenhang mit diesem Ausschuss und mit diesen Akten zum ersten Mal öffentlich diskutiert worden. Es hat vorher keiner irgendeinen Vorschlag unterbreitet, etwas daran zu ändern. Ich habe Ihnen gesagt – vielleicht haben Sie es nicht gehört, ich sage es aber gerne noch mal –: Wir haben es deswegen auch in die Handlungsempfehlungen hineingeschrieben und gesagt, dass dies auf jeden Fall geändert werden muss, weil es unangemessene Fristen sind. Also, es steht auch in den Handlungsempfehlungen. Daher empfehle ich noch einmal, dass Sie den Bericht lesen. Ich glaube, dort steht sehr viel Gutes und Richtiges drin. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind der Bericht des Untersuchungsausschusses 19/2, der Abweichende Bericht der Mitglieder der Fraktion der SPD zu dem Bericht des Untersuchungsausschusses, der Abweichende Bericht des Mitglieds der Fraktion DIE LINKE zu dem Bericht des Untersuchungsausschusses sowie der Abweichende Bericht des Mitglieds der Fraktion der FDP zu dem Bericht des Untersuchungsausschusses gegeben und besprochen.

Verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesregierung muss Kritik an Ultranet ernst nehmen, Drucks. 19/6710. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Das wird Tagesordnungspunkt 82. Wir können dies mit den Tagesordnungspunkten 46 und 51 aufrufen.

Außerdem eingegangen und verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/6712. – Die Dringlichkeit wird ebenfalls bejaht. Dann wird dies Tagesordnungspunkt 83 und kann ebenfalls mit den Tagesordnungspunkten 46 und 51 aufgerufen werden. – Allgemeine Zustimmung.

Dann darf ich auf der Besuchertribüne unseren langjährigen Kollegen und Freund Dr. Norbert Herr aus Fulda begrüßen. Herzlich willkommen, Norbert.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main – Drucks. 19/6650 zu Drucks. 19/6164 –

Berichterstatter ist Kollege Jürgen Frömmrich.

Beschlussempfehlung: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN bei Enthaltung von SPD, LINKEN und FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/6640 in zweiter Lesung anzunehmen.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. – Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Heiko Kasseckert, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einem so wichtigen und tief gehenden Tagesordnungspunkt ist es schwer, wieder zur Tagesordnung überzugehen und über das Metropolgesetz zu sprechen. Auch mit Blick auf die Uhr will ich mich auf die wesentlichen Punkte beschränken.

Wir haben eine Anhörung durchgeführt und wenige wirkliche Änderungsvorschläge vonseiten der Anzuhörenden erhalten. Ich glaube, insoweit ist das Gesetz bestätigt worden. Es ist nunmehr seit 2001 in der praktischen Umsetzung in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main.

In dieser Zeit haben sich Aufgaben ergeben, die wir neu in das Gesetz aufgenommen haben. Dazu zählt der Wohnungsbau, der in diesen Tagen schon mehrfach besprochen wurde, dazu zählen das Thema Trinkwassergewinnung in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main genauso wie die Themen Klima, Energie und Digitalisierung. Sie merken an den Überschriften: Das sind die Megathemen, die wir in fast jeder Runde hier diskutieren und die gerade für eine Metropolregion wie Frankfurt/Rhein-Main auch im Zusammenwirken der größeren und kleineren Kommunen von großer Bedeutung sind. Von daher – das hat sich in der Anhörung bestätigt – war es wichtig und richtig, diese Punkte als neue Aufgaben für die Akteure der Metropolregion aufzunehmen.

Der Kern ist und bleibt die Erstellung des Regionalen Flächennutzungsplans. Hier haben wir eine, wie ich aus meiner alten Tätigkeit meine, sehr sinnvolle Regelung im Gesetz aufgenommen, nämlich dass das Land die Kostenübernahme für die ohnehin vorhandenen Geodaten übernimmt. In der Vergangenheit musste der Regionalverband in sechsstelliger Höhe diese beim Land vorhandenen Daten erwerben. Wir haben zugunsten der Metropolregion eine Änderung vorgenommen, und es wird von dort begrüßt.

Ich habe gestern den Regionalen Flächennutzungsplan angesprochen, weil er als Kernaufgabe des Regionalverbandes im Metropolgesetz verankert ist. Eine der Anregungen, die in diesem Zusammenhang kamen, war die Änderung des Maßstabs. Der Regionale Flächennutzungsplan ist derzeit in einer Maßstabsgröße von 1 : 50.000 dargestellt. Das war ein Kompromiss, den wir seinerzeit mit dem Regierungspräsidium gefunden haben.

Man muss wissen, der eigentliche Maßstab für einen Flächennutzungsplan ist 1 : 10.000. Das bedeutet, dass wir in einer Maßstabsgröße 1 : 50.000 eine gröbere Darstellung haben, was dazu führt, dass in den einzelnen Verfahren und Gesprächen mit den Kommunen häufig Unklarheit darüber herrscht, was in einem Plan mit dem Maßstab 1 : 50.000 tatsächlich Entwicklungsfläche, Wohnen, Gewerbe und andere Nutzung ist, was davon tatsächlich umfasst ist.

Die Anregung des Regionalverbandes haben wir aufgegriffen. Es ging darum, einen Kompromiss zu finden zwischen den Darstellungsgrößen 1 : 50.000 und 1 : 10.000. Sie können sich vorstellen, dass in einem Plan, der 75 Kommunen umfasst, eine Darstellungsgröße von 1 : 10.000 eine Megaaufgabe ist. Der Vorschlag vom Regionalverband war der Maßstab 1 : 25.000. In Rücksprache auch mit dem Regierungspräsidium haben wir gesehen, es ist eine Darstellungsgröße, die wir mittragen können.