Protokoll der Sitzung vom 11.09.2018

Damit mache ich mir jetzt auf der Regierungsbank wahrscheinlich keine Freunde: Mir war nicht klar, dass der Ministerpräsident bzw. die Staatskanzlei bisher für die Digitalisierung zuständig war. Das habe ich erst gemerkt, als im Landtag bekannt gegeben wurde, dass nun der Finanzminister zuständig sein soll. Entschuldigung, dass ich das so sagen muss, aber so war es leider.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin schließlich ein ehrlicher Typ. Insofern muss man sich das auch eingestehen und sagen können.

(Beifall bei der FDP – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sensation!)

Das Thema Digitalisierung ist eigentlich viel zu ernst, als dass man hier einen Spaß darüber machen kann. Die Digitalisierung ist ein Zukunftsthema für unser Land. Die Digitalisierung ist ein Zukunftsthema für die Wirtschaft, aber auch für die Menschen in unserem Land. Dieses Thema ist in den vergangenen fünf Jahren nicht wirklich auf der Agenda dieser Landesregierung gewesen. Ich kann auch nicht erkennen, ob es in Zukunft auf die Agenda gesetzt wird. Bei uns wird die Digitalisierung ganz oben auf der Agenda stehen. Das können wir den Wählerinnen und Wählern in diesem Land versprechen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rock, bitte werfen Sie einen Blick auf die Uhr.

Dann komme ich zu meinem Lieblingsthema: Bildung. Darüber müssten wir eigentlich noch viel mehr reden. Aufgrund der Ausflüge zur Erhaltung der Demokratie in unserem Land komme ich nun nicht mehr ausführlich zum Thema Bildung. Morgen werden wir aber noch Gelegenheit haben, ausführlich darüber zu diskutieren. Da will ich das dann nachholen.

Herr Ministerpräsident, ich finde, symbolhafte Feiertage für die Demokratie sind nicht die richtige Antwort. Stärken Sie diese Institution als Regierung, und machen Sie unseren Rechtsstaat stark. Dann werden wir erfolgreich sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Rock. – Für die CDU-Fraktion hat sich deren Vorsitzender, Herr Boddenberg, zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Vorsitzenden der stärksten Fraktion obliegt es – das ist gängige Praxis in diesem Hause –, bei solchen Debatten zum Schluss das Wort zu ergreifen. Manche bedauern mich hin und wieder deswegen. Ich füge mich an dieser Stelle natürlich gerne, weil mir so die Gelegenheit gegeben ist, das alles, was gesagt worden ist, zusammenzufassen. Ich habe einmal gelernt, der erste Eindruck ist der wichtigste und der letzte Eindruck der nachhaltigste. Insofern gehe ich fest davon aus, dass das, was zum Schluss gesagt wird, am Ende auch Wirkung zeigt.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, eigentlich hätte ich Lust, mich aufzuregen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Machen Sie doch!)

Ich habe mir fest vorgenommen, das nicht zu tun. Deshalb will ich ganz sachlich nur zwei Punkte ansprechen, die Sie Ihrerseits thematisiert haben.

Das Erste klingt fast ein bisschen banal. Es geht um die Redezeit in einer Aussprache zur Regierungserklärung. Ich denke, das sollten schon alle wissen, und es ist nicht banal, weil Sie die Strategie Ihrer Rede darauf aufgebaut haben. Sie haben gesagt: Ich will nicht länger als 20 Minuten diskutieren. – Ich hatte Ihnen hingegen vorgeschlagen, dass wir gerne auch sehr viel länger diskutieren können. Sie wollten also nicht länger als 20 Minuten diskutieren, um dann dem Ministerpräsidenten – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hat er ja auch!)

Ja, er hat 22 Minuten lang gesprochen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): 26!)

Daraufhin haben Sie dem Ministerpräsidenten vorgeworfen, was er alles nicht gesagt habe. Sie haben aber selbst zu keinem dieser Punkte ein Wort gesagt. Das finde ich merkwürdig.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ich komme gleich noch auf Punkte zu sprechen, die Sie als Beispiele genannt haben.

Ich möchte einen zweiten Punkt aufrufen, der schon sehr grundsätzlich ist. Jetzt ist Kollege Rock gerade nicht da.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Da kommt er schon!)

Ich wollte ihm sagen, dass ich einem Teil seiner Rede durchaus zustimmen kann. Herr Rock hat angesprochen, dass vorgeworfen wird, mit wem man sich auf der Straße zu welchem Thema wie äußert. Da sage ich zunächst einmal: Für mich gehört es zur Freiheit eines jeden Demokraten dazu, selbst zu entscheiden, mit wem er welchen Protest formuliert oder mit wem er es eben unterlässt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Jetzt muss ich noch einmal, da ich zugegebenermaßen sehr ärgerlich bin, dass Sie, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, das angesprochen haben, auf Sie zurückkommen: Ich weiß nicht, ob Sie es bestreiten werden, aber ich meine mich zu erinnern, dass bei der Frage, was man hier in Wiesbaden auf der Straße macht – das war eine Veranstaltung, die der Deutsche Gewerkschaftsbund Hessen initiiert hat –, wir beide darüber gesprochen haben, dass das nicht so ganz unproblematisch ist, weil wir auch in Kauf nehmen müssen, dass es Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die dauernd erklären, dass alle Etablierten gegen sie sind.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Darüber haben wir beide gesprochen. Und ich hatte den Eindruck – bitte korrigieren Sie mich, Herr Kollege Schäfer-Gümbel –, dass Sie zunächst der Meinung waren, dass man eine solche Veranstaltung sehr kritisch zu bewerten hat.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Dann sind Sie hingegangen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber es ist mein und unser gutes Recht, es anders zu entscheiden.

Jetzt will ich auch noch Folgendes sagen, weil Sie auch Chemnitz und anderes angesprochen haben: Hier geht es nicht um das Aufwiegen des einen schrecklichen Ereignisses mit anderen. Aber es gehört zur Debatte dazu.

Auch wenn es der Parteitag der hessischen CDU war und Parteitage hier im Plenum nicht die zentrale Rolle spielen sollten, will ich es trotzdem anführen und hoffe auf Ihr Einverständnis. Ich zitiere die Generalsekretärin der CDU Deutschlands auf diesem Parteitag, die, wie ich finde, völlig zu Recht gesagt hat, dass es für den Polizisten, der mit Steinen beworfen wird, völlig unerheblich ist, aus welchem Lager diese Steine fliegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Deswegen wird es weiter so sein, dass ich jedenfalls auch darüber rede, dass linksautonome Kräfte in diesem Land in Hamburg 30 kg schwere Betonplatten aus dem 6. Stockwerk auf Polizisten geworfen haben, die unser aller Leben und unsere Gesundheit schützen wollen.

Der Tiefpunkt der Legislaturperiode – daran will ich schon noch einmal erinnern – war ein Streit in diesem Hause,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

in dem eine Partei, nämlich die Fraktion DIE LINKE

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

ich komme gleich dazu –, bis heute, aber erst recht damals nach den schlimmen Ereignissen an der EZB in Frankfurt am Main nicht bereit war, sich absolut eindeutig und einhundertprozentig von dem zu distanzieren, was dort passiert ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): So ein Unsinn! So ein Quatsch! Das war auch nicht der Tiefpunkt der Legislaturperiode! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie wissen, dass das Quatsch ist! – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Die Debatten können Sie alle im Protokoll nachlesen. Das ist nicht allein die Meinung des Fraktionsvorsitzenden der CDU, also meine Meinung. Das können Sie alles im Protokoll nachlesen. Sie können Herrn Schäfer-Gümbel, Herrn Kollegen Wagner und auch Kollegen der FDP hören.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Tiefpunkt war der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses! Das war der Tiefpunkt!)

Das war, wie ich fand, damals vonseiten der übrigen Parteien eine sehr glasklare und völlig unzweideutige Haltung zu dem, was dort passiert ist.

Jetzt will ich ein Letztes sagen, und dann würde ich gern über Hessen reden. Auch das kann ich Ihnen nicht ersparen, weil die Großveranstaltung mit 65.000 Zuhörerinnen und Zuhörern und teilweise begeisterten Musikfans angesprochen worden ist. Ich habe mich gefreut über den großen Teil dieser jungen Menschen. Es waren hauptsächlich junge Menschen, aber auch Menschen jeden Alters, die dort waren und ein deutliches Signal gesendet haben.

Aber ich finde es notwendig, dass man – ich zitiere einmal Kollegen Wagner, der davon gesprochen hat – differenzieren muss. Wenn das so ist, dass wir Demokraten das teilen, dann finde ich, dass es ebenso so sein muss, dass man, wenn dort solche Musikveranstaltungen stattfinden, für sich entscheiden kann, dass man nicht hingeht, weil dort vereinzelte Bands mit Texten auftreten, die völlig inakzeptabel sind.

(Zuruf von der SPD: Das war schon im Saarland!)

Für das Publikum: Dort werden Texte von Bands gesungen, die davon reden – ich zitiere –: „Die Bullenhelme, die sollen fliegen, eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein.“ An anderer Stelle heißt es dort: „Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt.“ Oder es heißt: „Ich ramm dir die Messerklinge in die Journalistenfresse.“

Ich bitte sehr um Verständnis, dass ich dieses Vokabular im Hessischen Landtag zitiere. Dann bleibe ich dabei, dass es mein und unser gutes Recht ist, zu sagen, dass ich dort nicht hingehe, dass ich aber akzeptiere, wenn Sie und andere das anders entscheiden. Das wollte ich vorweg sagen, weil Sie darauf eingegangen sind. Ich glaube, das gehört schon dazu.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Der Ministerpräsident und auch andere haben sehr viel davon gesprochen, dass Menschen unsicher sind und Sorgen und Ängste haben. Das gilt nicht speziell für Hessen, sondern das gilt für unser Land, und das gilt für viele westliche Demokratien.