Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Sache, der keine Träne nachgeweint wird. Von daher gesehen, wäre es aber interessant, zu hören, was die FDP machen würde, wenn sie wieder regieren würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir GRÜNE haben unsere Konzepte für die Bildungspolitik frühzeitig bekannt gemacht. Wir haben schon die letzte Plenarsitzung dazu genutzt, einmal darzustellen, was unserer Meinung nach im Bereich der Bildungspolitik zu machen ist. Das ist auch eine stilistische Frage. Ich glaube, dass die Wählerinnen und Wähler einen Eindruck davon haben sollten, wofür die Parteien vor der Wahl stehen. Von daher gesehen, wäre es auch Aufgabe der Oppositionsfraktionen, hier deutlich zu machen, was sie machen würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein ganz dringendes Thema ist, glaube ich, wie wir diejenigen, die es in unserem Bildungssystem schwerer haben, zum Bildungserfolg bringen wollen. Wir haben als Koalition den Anspruch verfolgt, die Anzahl der Abbrecherinnen und Abbrecher ohne Schulabschluss zu reduzieren. Ich sage, dass wir dort weitergehen müssen. Bei der sozial indizierten Lehrerzuweisung haben wir einiges geschafft, aber unser Ziel ist es, in der nächsten Wahlperiode denjenigen Schulen mit den schwersten Grundvoraussetzungen eine Grundlehrerversorgung von 110 % zuzubilligen und den Ausbau multiprofessioneller Teams weiter zu stärken.

Bei der Bildung haben wir eine weitere Herausforderung, die hier schon angesprochen worden ist; das ist gewissermaßen der Fluch der guten Tat. Wenn man nämlich sehr viele neue Lehrerstellen schafft, sorgt das für einen Engpass auf dem Lehrerarbeitsmarkt. Das ist übrigens ein Problem, das bundesweit zu beobachten ist. Auch dort haben wir Maßnahmen ergriffen, z. B. bei der grundständigen Ausbildung. Wir haben aber auch die Weiterbildung gestärkt.

An dieser Stelle wäre es interessant, zu erfahren, was die Opposition dort anders machen würde. Dass das auffällt, wenn man das eben nicht sagt, habe ich erst am Montag bei einer Veranstaltung der GEW, die bei mir im Wahlkreis stattgefunden hat, erfahren. Es war nämlich so, dass wieder gesagt wurde: Das geht so alles nicht. – Aber es wurde vonseiten der Oppositionsredner kein eigenes Konzept vorgestellt. Es gab gezielte Nachfragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Veranstaltung, auf die es keine Antwort gab.

Das sollte Ihnen ganz deutlich zeigen, dass Sie mit großer Lautstärke und mit noch so raffinierten rhetorischen Wendungen, mit denen Sie die Landesregierung angreifen, nicht darüber hinwegtäuschen können, dass es Ihnen an Konzepten fehlt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir hatten in der letzten Wahlperiode an uns als Oppositionsfraktion den Anspruch, dass wir mit Konzepten deutlich machen, was wir konkret anders machen würden. Das haben wir gemacht. Die Opposition in dieser Wahlperiode hat diesen Anspruch offensichtlich nicht gehabt. Wir mussten feststellen, dass wir zwar eine große Lautstärke in den bildungspolitischen Debatten hatten, aber dass der Tiefgang, die konzeptionelle Arbeit von der Opposition versäumt wurden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat Kollege Degen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege May, ich habe mich nur kurz gemeldet, weil ich es doch bezeichnend fand, dass Sie das, was Sie anderen vorwerfen, selbst machen. Sie arbeiten sich nämlich die meiste Zeit an den anderen ab und dreschen auf andere ein, anstatt wirklich etwas zu sagen. Sie sagen nicht, ob es den Lehrermangel in Hessen nun gibt oder nicht, was Ihre Maßnahmen für die nächste Wahlperiode sind,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

wie Sie Unterrichtsausfall bekämpfen wollen oder was Sie endlich gegen den Sanierungsstau an den Schulen tun wollen.

Kollege May, was mich am meisten geärgert hat, ist, dass Sie versucht haben, die gestrige Rede des Kollegen Wagner zu kopieren, ohne dass es richtig funktioniert hat. Ich sage Ihnen zum Pakt für den Nachmittag eines: Die Sozialdemokraten werden niemals ein Programm unterstützen, das die Eltern am Ende mit 90 € bis zu 200 € pro Monat für Ganztagsunterricht belastet und damit ein Schulgeld durch die Hintertür einführt.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch nicht redlich, so zu tun, nur weil die Sozialdemokraten es richtig finden, dass es einen Rechtsanspruch auf Betreuung und Bildung gibt. Das alles ist doch ein fließender Bereich. Aber daraus zu konstruieren, wir würden den Pakt unterstützen, ist nicht redlich; denn man kann den Pakt – oder wie auch immer er heißen mag – neu konzipieren und auch so gestalten, dass eine gebundene Komponente drin ist und irgendwann noch ein anderer Träger die Betreuung organisiert.

Wir werden nämlich noch eine Zeit erleben – wir haben Supermärkte, die bis 22 Uhr offen haben –, in der wir darüber reden müssen, ob eine Betreuungszeit bis 17 Uhr überhaupt noch ausreicht oder ob man auch für Schulkinder in der Grundschule weiterdenken muss. Natürlich muss man dann schauen, wie man diese Betreuungszeiten für Schulkinder organisiert. Aber das ist doch kein Widerspruch dazu, dass man gebundene und teilgebundene Ganztagsgrundschulen, die bis 14:30 Uhr gebunden oder teilgebunden arbeiten, unterstützt und haben will. Das ist kein Widerspruch. Es ist nicht redlich, wenn Sie das immer wieder unterstellen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege May, zur Erwiderung.

Lieber Kollege Degen, der konzeptionelle Ansatz „man muss einmal schauen“, wie Sie das gerade ausgedrückt haben, ist nicht besonders tiefgründig. Ich will aber eines dazu sagen: Sie haben in der Bildungspolitik über lange Zeit immer allen alles versprochen. Gestern haben Sie den Versuch unternommen, von dem Abstand zu nehmen, was Sie immer versprochen haben – nämlich allen alles –, was aber nicht funktioniert hat. Das ist aufgefallen. Das ist so sehr aufgefallen, dass Sie kurz nach der Debatte auch noch Ihren Hessenplan neu gefasst haben; denn wir haben Ihnen aufgezeigt,

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen mal die Platte wechseln! – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

dass die dortige Vorstellung mit dem, was Sie hier vertreten, nicht zusammenpasst. Ich glaube, Sie haben den richtigen Zeitpunkt verpasst, und Sie haben es auch bei der Kurzintervention wieder versäumt, klar zu sagen, wohin Sie eigentlich wollen. Lieber Kollege Degen, da kommen Sie nicht raus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Sie haben es versäumt, klarzumachen, was Sie konkret wollen. Da kommen Sie nicht raus.

Während wir als Fraktion und anschließend als Partei umfangreiche Papiere vorgelegt – im Übrigen war es in der letzten Plenardebatte der Setzpunkt der LINKEN – und zehn Punkte vorgestellt haben, wie wir das machen sollten, kam von Ihrer Seite damals nichts. Gut, man kann einen Auftritt verschlafen. Aber auch heute haben Sie die Gelegenheit nicht genutzt und mal wieder nicht dargelegt, was Sie eigentlich machen würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe der Abg. Gabriele Faulhaber (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Staatsminister Lorz.

(Günter Rudolph (SPD): Hessen ist wie im Paradies unter Schwarz-Grün! – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir das im Protokoll? – Heiterkeit)

Ja, das ist ein guter Anfangston. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ausweislich unserer Tagesordnung ist das wohl die letzte schulpolitische Plenardebatte dieser Legislaturperiode. Insofern passt es, dass die FDP zu diesem Abschluss noch einmal einen ihrer Dauerbrenner aufruft. Es ist natürlich auch der mehr oder weniger verzweifelte Versuch, das Thema zu Wahlkampfzwecken noch einmal ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren, nachdem die Anhörung vom Juni völlig ohne jedes öffentliche Echo geblieben ist. Deswegen vermarkten Sie das jetzt auch in entsprechenden Broschüren.

Es passt auch – wenn ich das sagen darf – zur schulpolitischen Abschiedsrede des Abg. Greilich. Lieber Herr Greilich, ich habe nur die drei Affen vermisst, das Bild, mit dem Sie uns normalerweise so gerne karikieren. Vielleicht

liegt es daran, dass sie heute schon in einer anderen Debatte gebraucht worden sind.

(Wolfgang Greilich (FDP): Sie stehen in der Pressemeldung!)

Sie stehen in der Pressemeldung, gut, das ist auch eine Aufteilung, die man machen kann. – Wenn Sie mir das gestatten: Ich will die Gelegenheit nutzen, um auch in Bezug auf unser Verhältnis zueinander das aufzugreifen, was der Finanzminister im Zusammenhang mit Herrn Schmitt vorhin gesagt hat. Wir haben in den vergangenen Jahren so manche scharfe Klinge gefochten, die heutige Debatte durchaus eingeschlossen. Ich glaube, ich darf sagen, dass wir danach trotzdem immer die Möglichkeit hatten, uns beim parlamentarischen Abend oder woanders auf ein Glas Bier oder ein Glas Wein zu treffen und alles noch einmal – bei allen Diskrepanzen in der Sache – mit einem Augenzwinkern freundschaftlich Revue passieren zu lassen. Das finde ich gut, dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt zur Sache. Uns ist allen bewusst, dass unsere Schulen, ihre Leitungen und damit auch unsere Lehrerinnen und Lehrer aktuell vor großen Aufgaben und Herausforderungen stehen. Das hat vielfältige Ursachen, die aber alle nicht in der Verantwortung oder im Einflussbereich des Kultusministeriums liegen, sondern die das Resultat gesellschaftlicher Großentwicklungen sind, die natürlich und unvermeidlich – weil die Schule nun einmal das Spiegelbild der Gesellschaft ist – auf die Schulen durchschlagen oder in sie hineingetragen werden.

Das gilt für den Ganztagsausbau, über den wir gestern debattiert haben. Das ist zwar eine politische Entscheidung, aber damit reagieren wir auf eine gesellschaftliche Entwicklung, auf einen gesellschaftlichen Bedarf. Das Gleiche gilt für die Herausforderung der Inklusion sowie für die Integration von Flüchtlingen und von Zuwanderern mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen. Vor allem gilt es aber für die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft, egal ob in ethnischer, religiöser, sozialer, sprachlicher oder kognitiver Hinsicht.

Lehrkräfte müssen immer mehr Erziehungsaufgaben übernehmen, die früher selbstverständlich in der Familie angesiedelt waren. Verändertes Sozialverhalten, Aufmerksamkeits- und Disziplinprobleme – auch wenn unsere Gäste eine löbliche Ausnahme dargestellt haben; schade, dass ich ihnen das nicht mehr persönlich sagen kann – sind an der Schule allgemeine Phänomene. Diese Phänomene fordern unsere Lehrerinnen und Lehrer tagtäglich und leider auch sehr viel mehr als früher.

Das alles wissen wir sehr wohl. Es ist teilweise nicht einfach, mit dem Wachstum dieser Herausforderungen Schritt zu halten, sowohl was die Entwicklung pädagogischer Konzepte als auch was die Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen angeht. Damit ist und bleibt das eine zentrale Herausforderung für die Bildungspolitik und für die Bildungsverwaltung.

Meine Damen und Herren, wir stellen uns dieser Herausforderung. Wir haben über all die Jahre hinweg schon jede Menge Maßnahmen ergriffen, um unsere Schulen und Lehrkräfte nachdrücklich zu unterstützen und zu entlasten – ob das die Reduzierung der Klassengröße war, der fünf

prozentige Zuschlag zur Grundunterrichtsversorgung, die sozial indizierte Lehrerzuweisung, die mobile Vertretungsreserve oder, wie zuletzt in diesem Jahr, die Einstellung der 700 sozialpädagogischen Fachkräfte. Wir haben auch – dieses Thema hatten wir in diesem Hause erst kürzlich – die Deputate erhöht, an den Gymnasien im Schnitt um 50 %.

Ich behaupte keineswegs, dass es damit getan sei. Deswegen sprach ich vorhin auch von der beständigen Zunahme der von außen an die Schule herangetragenen Herausforderungen.

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

Aber es waren gute, sinnvolle und wirksame Maßnahmen; und als Essenz dieser Debatte darf ich feststellen: Alles, was der Opposition in diesem Hause dazu einfällt, ist das übliche „mehr, mehr, mehr“. Das haben wir etwa vonseiten der FDP gehört. Sie haben in der Legislaturperiode, die Sie mit uns zusammen bestritten haben, 2.500 zusätzliche Lehrkräfte an die Schulen gebracht. Das war eine tolle Leistung. Aber wir haben fast 4.500 Lehrkräfte zusätzlich an die Schulen gebracht, und Sie sagen jetzt: „Es war halt einfach zu wenig.“

Die Alternative ist – das haben wir in der Rede des Abg. Degen gehört –: Es kommt einfach gar nichts. Sie haben – das hat auch Kollege May entsprechend herausgearbeitet – wortreich und mit vielen Einzelfällen, die man natürlich alle mangels Namensnennung nie nachvollziehen kann – das macht die Sache für Sie natürlich einfacher –,

(Günter Rudolph (SPD): Ach Gottchen!)

Probleme beschrieben, Sie haben aber keinen einzigen Vorschlag gebracht, wie diese Probleme, wenn sie denn tatsächlich existieren würden, auch gelöst werden könnten.

(Holger Bellino (CDU): Das wäre angemessen!)

Dabei gibt es – das will ich jetzt der FDP ausdrücklich konzedieren – Ideen, die man aufgreifen kann und wo ich sogar eine gewisse Einigkeit feststelle, beispielsweise hinsichtlich der Einstellung von Schulverwaltungskräften. Ja, auch ich glaube, dass wir so etwas zur weiteren Entlastung der Schulen brauchen. Deswegen steht diese Forderung nicht nur im Wahlprogramm der FDP, sondern auch in den Programmen der Regierungsparteien – für die CDU druckfrisch in unseren Parteitagsbeschlüssen vom letzten Samstag nachzulesen.

(Jürgen Lenders (FDP): Ihr Best-of zur Landtagswahl! Wenn man sonst keine Ideen hat!)