Es geht halt nur nicht alles auf einmal. Darauf muss man als Regierung, wenn man Verantwortung trägt, immer hinweisen. Wir haben uns in dieser Legislaturperiode zunächst darauf konzentriert, zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen,
vor allem für zusätzliche Aufgaben wie die Deutschförderung, die Inklusion und den Ganztag. Deswegen haben wir diese Rekordzahl an Lehrkräften eingestellt.
Als Zweites haben wir uns darauf fokussiert, für die Schulen sozialpädagogische Unterstützung bereitzustellen, nachdem wir aus unseren Schulen das Signal bekommen haben, etwa über unseren Praxisbeirat Grundschule, dass dies etwas ist, was die Schulen am allernötigsten und drin
gendsten brauchen. Nun überlegen wir uns, wie wir noch weitere Professionen hinzufügen können. All das geschieht immer mit dem Gedanken, Lehrerinnen und Lehrern so viel Zeit wie möglich für den Unterricht und die individuelle Förderung ihrer Schülerinnen und Schüler zu geben.
Meine Damen und Herren, zur Frage der Vakanzen habe ich Ihnen erst im Sommer eine Kleine Anfrage beantwortet. Das lasse ich daher einmal beiseite. Ich möchte aber gern noch etwas zu dem Umgang mit den sogenannten Überlastungsanzeigen sagen:
Erstens. Ich lese sie alle. Zweitens. Ich nehme sie sehr ernst, solange auch ich mich ernst genommen fühle. Was ich damit meine, will ich gleich noch etwas näher ausführen. Daher spielt es auch keine Rolle, dass dies im rechtlichen Sinne keine Überlastungsanzeigen sind. Das interessiert mich an dieser Stelle gar nicht. Wir bitten unsere Staatlichen Schulämter, in jedem einzelnen Fall vor Ort gemeinsam mit der Schule nach Abhilfe zu suchen, und begleiten das Ganze vonseiten des Ministeriums schriftlich und, wenn es um übergreifende Fragestellungen geht, persönlich.
Jetzt will ich einmal eine persönliche Anekdote erzählen. Ich war erst kürzlich in einer Schule, und dort sprach mich die Personalratsvorsitzende an. Sie bedankte sich für die Hilfestellung, für die gute Arbeit mit dem Schulamt und erklärte mir, drei Viertel ihrer Anliegen hätten zur allseitigen Zufriedenheit erledigt werden können. Jetzt sei noch ein Viertel übrig, und dazu habe das Schulamt gesagt: „Da müsste man wahrscheinlich etwas übergreifend ändern“, und darüber wolle sie mit dem Ministerium gern reden. Das sind Hinweise, für die ich dankbar bin. Natürlich führe ich dieses Gespräch; und ich bin schon gespannt auf die Ideen, die man dabei vielleicht entwickeln kann. Das ist die eine Seite.
Ich will an dieser Stelle aber auch hinterlegen, wo ich mich als Gesprächspartner nicht mehr ernst genommen fühle. Ich fühle mich als Gesprächspartner nicht mehr ernst genommen, wenn der Begriff der Überlastungsanzeige nur noch als Instrument und plakatives Vehikel benutzt wird, um in Wahrheit erst eine tarifpolitische Auseinandersetzung zu führen und darüber hinaus knallharten Wahlkampf im Dienste einer bestimmten bildungspolitischen Ideologie zu betreiben.
Ich habe einen sehr konkreten Grund, hierauf hinzuweisen; denn wir wissen – weil das im Netz unterwegs ist, – dass die Funktionäre der GEW schon heute für die letzten Tage des Wahlkampfs eine entsprechende Aktion vorbereiten.
Sie lassen einen Aufruf kursieren, der wörtlich dazu aufruft, an möglichst vielen Schulen Überlastungsanzeigen anzufertigen.
(Beifall bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Unerhört, die GEW! – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Sehr demokratisch ist das jetzt aber nicht, Herr Kollege!)
Dabei geht es nicht um die Überlastung einzelner Lehrkräfte, dabei geht es nicht um eine konkrete Schulsituation, sondern es geht ausschließlich darum, Zahlen und Stimmung zu machen.
Damit das auch ja funktioniert – da traut man wohl den eigenen Truppen nicht so ganz –, wird ein Textbaustein zur Verfügung gestellt, der ebenfalls elektronisch zugänglich ist. Es steht ausdrücklich dabei, man solle sich doch bitte bedienen, man solle dieses vorgefertigte Formular nehmen. Es sei auch nicht aufwendig; man brauche sich auch gar keine große Mühe zu geben, dort irgendetwas Schulspezifisches hineinzuschreiben, Hauptsache, man füllt es irgendwie aus und unterschreibt es.
(Holger Bellino (CDU): Was für ein Demokratieverständnis! Da müssen Sie gleich eine Anhörung durchführen!)
Das werden wir dann zehn Tage vor der Wahl als spontane Hilferufe gepeinigter Lehrkräfte überreicht bekommen. Aber das ist eine reine Wahlkampfaktion.
(Beifall bei der CDU – Michael Boddenberg (CDU): Das sind die Funktionäre der GEW; die Lehrer sind in Ordnung! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Die Funktionäre der GEW wollen diese Regierung weg haben. Sie wollen uns weg haben, weil wir ihrem Traum von der Einheitsschule im Wege stehen. Sie wollen uns weg haben, weil wir ihrem Traum von der zwangsweisen Totalinklusion im Wege stehen. Sie wollen uns weg haben, weil wir ihrem Traum von der zwangsweisen Ganztagsschule für alle im Wege stehen. Das ist der wahre Hintergrund dieser Aktion.
Und ich sage: Gut, lasst uns darüber streiten. – Wir können uns gern über Schulformen und das Schulsystem allgemein unterhalten. Wir können uns auch gern weiterhin über Inklusion streiten. Wir können auch über die Ausgestaltung von Ganztagsangeboten debattieren; das haben wir gestern übrigens in einer sehr konstruktiven Form getan. Das geht alles in Ordnung – dies aber hinter einem Instrument zu tarnen, das dem individuellen Arbeitsschutz dient, empfinde ich nicht nur als einen Missbrauch des gewerkschaftlichen Auftrags, sondern ich halte es politisch auch einfach für feige. Und über dieses Stöckchen werde ich nicht mehr springen, meine Damen und Herren.
(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Holger Bellino (CDU): Das ist unmoralisch!)
Vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Kollege Degen, SPD-Fraktion. Sie haben fünf Minuten Redezeit.
(Holger Bellino (CDU): Deren Funktionäre können auch gleich zur LINKEN gehen! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Respektvolle Haltung heute wieder, Herr Kollege!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man kann sich die Redezeit ja auch ein bisschen so einteilen, dass man einkalkuliert, dass es so hergeht, sodass man noch etwas sagen kann.
Na ja, Ihr Verhältnis zur GEW kennen wir. – Herr Kultusminister, ich glaube, dass Ihr Ausblick oder Ihre Angst vor dem, was da kommen mag,
(Holger Bellino (CDU): Wovor sollten wir denn Angst haben? – Günter Rudolph (SPD): So ist es, das ist die Arroganz der Macht!)
keine Antwort darauf war, warum Sie gefühlt auf 95 % der Überlastungsanzeigen überhaupt nicht geantwortet haben. Das, was Sie beschrieben haben, liegt in der Zukunft. Die Realität liegt aber in der Vergangenheit, und hierauf haben Sie keine Antworten gegeben.
Im Übrigen haben Sie bei der Aufzählung Ihrer vielen Wohltaten noch eines vergessen; das sind die Konrektoren an den Grundschulen. Das ist auch so eine große Wohltat. Das habe ich gar nicht aufgezählt, als ich vorhin von meinen Besuchen berichtet habe. Es gibt Grundschulen, die diese Stellen gar nicht haben wollen, obwohl Sie sich hinstellen und nach draußen verkaufen wollen, Sie schafften an den Grundschulen neue Konrektorenstellen.
Ich weiß, das wissen manche von Ihnen vielleicht gar nicht, die in der Schulpolitik nicht so drin sind: Die erbringen für die Schulen keine einzige Stunde. Das Gegenteil ist der Fall. Das, was eine Schulleitung bisher an Deputat hatte, müssen sie durch zwei teilen, sodass beide mehr in den Unterricht gehen müssen. Das ist alles eine Täuschung der Öffentlichkeit. Sie streuen der Öffentlichkeit Sand in die Augen.
(Günter Rudolph (SPD): Schwarz-grüne Trickserei! – Michael Boddenberg (CDU): Sagen Sie doch etwas zu Ihren 4 Milliarden €!)
Wenn wir schon beim Thema Schulleitung sind, dann will ich auch dem Kollegen May noch einmal antworten; denn das sagen wir auch nicht zum ersten Mal: Wir glauben schon, dass wir gerade für Schulleitungen mehr Deputate und mehr Entlastungen brauchen.
Auf der einen Seite Förderschulen zu schließen, aber gleichzeitig den Regelschulen zu sagen, sie sollten das noch on top machen, das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren. Man muss auch Regelschulen für die Inklusion entsprechend ausstatten.
Das Gleiche gilt für den Ganztag. Wenn Schule länger dauert und länger geleitet werden muss, muss man auch