Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Danke, Frau Kollegin Faulhaber. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit können wir in die Abstimmung eintreten. Ich lasse über Tagesordnungspunkt 26 abstimmen, Antrag der Fraktion der FDP betreffend Realitätsverweigerung im Kultusministerium gefährdet Bildungschancen, Drucks. 19/6588. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von FDP, SPD und LINKEN. Wer stimmt dagegen? – CDU und GRÜNE. Somit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Wir sind vorerst am Ende, können nun in die Mittagspause eintreten und sehen uns wieder um 14:30 Uhr. Guten Appetit.

(Unterbrechung von 13:27 bis 14:30 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde gerne mit der Sitzung fortfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Nachrüstung von Dieselautos auf Kosten der Hersteller zügig voranbringen – Drucks. 19/6751 –

Er wird aufgerufen mit Punkt 64:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Fahrverbote verhindern, Hersteller in die Pflicht nehmen – Verbraucher sind nicht für Handlungsunfähigkeit der Landesregierung verantwortlich – Drucks. 19/6784 –

und Punkt 65:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Fahrverbote verhindern – Schaden für hessische Bürger abwenden – Drucks. 19/6785 –

Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Dorn von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Kollegin, Sie haben das Wort. Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben gerade zwei Gruppen in Hessen, die seit dem Dieselskandal und dem Urteil für Fahrverbote in Frankfurt erheblich verunsichert sind.

Die erste Gruppe sind die Dieselfahrer. Sie haben sich teilweise vor wenigen Jahren einen neuen Diesel gekauft. Jetzt mussten sie erfahren, dass ihr Diesel viel mehr Schadstoffe ausstößt, als auf dem Papier steht. Das gilt übrigens auch für einige der angeblich ökologischen Modelle. Nun hören sie, dass ihre Autos in einige Innenstädte möglicherweise nicht mehr fahren können, dass jetzt auch Fahrverbote für Frankfurt drohen. Diese Dieselfahrer fühlen sich nicht nur völlig enttäuscht von der Automobilindustrie – sie wurden völlig getäuscht von der Automobilindustrie, und dafür muss die Automobilindustrie endlich Verantwortung übernehmen.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU)

Die zweite Gruppe sind die Anwohnerinnen und Anwohner der hoch belasteten Straßen. Die Grenzwerte für die Luftreinhaltung gelten jetzt schon seit einigen Jahren, und diese Grenzwerte dienen dem Gesundheitsschutz. Davon sind gerade ältere Menschen betroffen, kleine Kinder, Menschen, die schon Lungenerkrankungen haben. Sie sind erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Dazu gehört auch die Wahrheit, dass gerade Menschen mit niedrigen Einkommen an diesen belasteten Straßen leben. Deswegen ist es auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

An dieser Stelle möchte ich die FDP erinnern, was ihre Lösung vor einem Jahr war. Sie haben im Sommer letzten Jahres – Herr Kollege Lenders, nicht Sie persönlich, son

dern Frau Beer – die Grenzwerte angezweifelt. Sie hatten die Lösung, man könnte die Grenzwerte einfach anpassen – also gleiches Gesundheitsrisiko, weiterhin schmutzige Diesel. Das war auch die Forderung von Herrn Kollegen Lindner. Das hätte man dem Gericht als Lösung vortragen sollen. Damit helfen Sie keinem einzigen Dieselfahrer und keiner einzigen Dieselfahrerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Uns geht es darum, dass wir zum einen die Gesundheit der Menschen schützen und dass wir zum anderen Fahrverbote für Dieselfahrer vermeiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dafür gibt es eine Lösung, eine schnelle Lösung, eine wirksame Lösung und eine, die endlich mehr Gerechtigkeit für die getäuschten Verbraucherinnen und Verbraucher bringen würde. Das wäre eine Hardwarenachrüstung von Dieselfahrzeugen auf Kosten der Automobilhersteller, und genau das fordern wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dafür muss sich die Bundesregierung endlich konsequent einsetzen. Seit zweieinhalb Jahren arbeiten Umweltministerium und Verkehrsministerium auf Bundesebene dafür, dass wir als Land endlich geholfen bekommen, dass es endlich eine Nachrüstung gibt. Die Bundesregierung hätte längst handeln können. Es ist viel kostbare Zeit verloren gegangen, und ich will es ganz deutlich sagen: Politik darf nicht zum Büttel der Automobilindustrie verkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt muss man sich das Muster überlegen, das wir seit den Achtzigerjahren von der Automobilindustrie kennen. In den Achtzigerjahren gab es die Einführung des Katalysators und des bleifreien Benzins. Wir kennen von Anfang 2000 die Einrichtung der Umweltzonen. Damals ging es um den Rußpartikelfilter beim Feinstaub. Jetzt geht es um die Stickoxide. Wir haben immer das gleiche Muster: Am Anfang heißt es vonseiten der Automobilindustrie: Das ist alles gar nicht nötig. – Danach heißt es, es ist technisch nicht möglich. Erinnern Sie sich an den Dieselgipfel. Es war genauso. Es hieß, Hardwarenachrüstungen sind nicht möglich, nur Softwarenachrüstungen.

In der dritten Phase wird dann zugegeben: Na ja, technisch ist es schon möglich, aber es ist so wahnsinnig teuer, dass die Automobilindustrie in Deutschland enorm gefährdet wäre. – Jetzt schauen wir uns die Kosten an. Am Anfang hieß es, es sind Kosten von 5.000 € für die Nachrüstung. Jetzt gibt es längst Gutachten. Das Umweltbundesamt hat angefangen, es gab bestätigende Gutachten. Wir reden von Kosten zwischen 1.000 € und 3.000 € für solch eine Nachrüstung.

Schauen wir uns einmal die Umsatzentwicklung der Automobilindustrie in den letzten Jahren an. Ist die Automobilindustrie in Deutschland wirklich gefährdet? Wir haben 2017 einen Rekordumsatz der deutschen Automobilindustrie gehabt, eine weitere Steigerung von 4 % zum Vorjahr. – Wir haben gerade keine Gefährdung in diesem Bereich. Deswegen ist es endlich notwendig, dass diese Nachrüstung kommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es wird deswegen Zeit, dass wir zur vierten Stufe vorrücken. Die gab es bisher auch: das Einlenken, eine Lösung. Ganz oft wurde dann vonseiten der Automobilindustrie gesagt: Wir haben technische Innovationen.

Ich finde, wir haben uns die ersten drei Stufen bei den Stickoxiden lange genug angehört. Es wird endlich Zeit, dass sie einlenken, dass es eine Lösung gibt. Das wäre übrigens auch für Frankfurt die schnellste und effektivste Maßnahme neben den Maßnahmen, die bereits geplant sind.

Sie können in den Luftreinhalteplan schauen. Er ist öffentlich. Dort ist dargestellt, wie eine Nachrüstung im Vergleich zu den bisher geplanten Maßnahmen wirken würde. Ohne die Nachrüstung wären wir bei einer Grenzwertüberschreitung an über 60 Straßen. Da würden wir tatsächlich über zonale Fahrverbote reden. Wenn wir aber eine Nachrüstung machen, wäre es keine ganze Zone mehr. Dann wären es einzelne Straßen, und das auch nur für ein bis zwei Jahre.

Meine Damen und Herren, wenn es um einzelne Straßen für eine kurze Zeit geht, dann finden wir gemeinsam mit Frankfurt eine Lösung. Aber dafür brauchen wir endlich die Nachrüstung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich habe mich heute ganz bewusst entschieden: Ich fange nicht an mit der Frage, ob Frankfurt genug für die Verkehrswende getan hat oder Wiesbaden möglicherweise besser ist. Das kann man alles fragen. Aber wir müssen ehrlich sein. Im Gesamtergebnis ist es nicht entscheidend. Im Gesamtergebnis wissen wir, dass wir als Länder und die Kommunen ohne eine wirkungsvolle Hilfe von Bundesseite nicht vorankommen. Wir brauchen den Bund und die Nachrüstung. Nur dann können wir es schaffen, die Grenzwerte einzuhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber selbstverständlich müssen wir und die Landesregierung nachweisen, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird. Das tun wir. Wir haben die ewige Blockade der FDP bei den Umweltzonen endlich aufgehoben. Es war so, dass Umweltministerin Puttrich in der letzten Legislaturperiode – –

(Lachen des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Hahn, das war leider nicht zum Lachen.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ihre Argumente sind zum Lachen!)

In der letzten Legislaturperiode wurde jede einzelne Umweltzone von Ihnen blockiert. Wir haben jetzt sechs Umweltzonen in Hessen eingerichtet. Wir haben die Luftreinhaltepläne gemeinsam mit den Kommunen vorangebracht. Wir haben teilweise erst Programme möglich gemacht; schauen Sie nach Wiesbaden und auf die Flottenumrüstung der Busse auf E-Mobilität. Wir haben ein bundesweit einmaliges Schülerticket. Wir haben ein bundesweit einmaliges landesweites Jobticket. Wir haben eine Rekordfinanzierung beim ÖPNV. Wir haben in Fuß- und Radwege in

vestiert. Wir haben die Verkehrswende in Hessen eingeleitet.

Gerne können wir darüber reden, was an zusätzlichen Maßnahmen nötig ist. Wir haben noch eine Menge vor. Aber eines ist klar: Kurzfristig brauchen wir für die Luftreinhaltung die Unterstützung der Bundesebene. Wir brauchen endlich eine Nachrüstung der Dieselfahrzeuge auf Kosten der Hersteller.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich freue mich sehr, dass die ganze Koalition, dass die ganze Regierung auf Landesebene diesen Druck auf Bundesebene weiter verstärkt. Wie man sehen kann, hat es entsprechend Wirkung entfaltet. Die CDU fängt an, umzudenken. Ich finde es auch gut, dass uns die SPD bei dieser Forderung unterstützt; denn wir brauchen diesen Druck.

(Marius Weiß (SPD): Ach Gott!)

Sie brauchen sich nicht zu freuen, aber ich fand es gut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir brauchen diesen Druck. Das meine ich ganz ernst, liebe Kollegen der SPD. Im Moment ist es so, dass Bundesverkehrsminister Scheuer dadurch auffällt, Gründe zu erfinden, warum die Nachrüstung nicht geht. Angeblich ist es im Moment so, dass er meint, Softwarenachrüstungen wären effektiver als Hardwarenachrüstungen.

(Nancy Faeser (SPD): CDU!)