Ob die Kommunikationswege funktioniert haben und wer wann wen informiert hat, ist trotzdem noch zu klären. Das wird in den nächsten Wochen sicherlich noch erheblichen Diskussionsstoff bieten.
Natürlich ist Aufklärung rund um die Aufklärer der Geheimdienste sehr schwer. Nachfragen zu den genannten Anlagen werden nicht beantwortet und bleiben unkommentiert. Maximal werden Zusagen gemacht, man werde sich bei vorgesetzter Stelle für diese Bedenken einsetzen. Vonseiten der Bundesregierung werden erklärende Formulierungen gewählt, die meines Erachtens alles offen lassen.
Dass sich Herr Wintermeyer nun bemüßigt sieht, den Kollegen Altmaier in Berlin um Auskunft zu bitten, zeigt, wie niedrig der Informationsstand der Landesregierung bei diesem Thema ist.
Immerhin bezieht er sich nicht nur auf einzelne Anlagen, sondern fragt schon einmal die Gesamtsituation ab, um auch nicht diejenigen zu vergessen, die bislang nicht bekannt sind. Wenn aber ein Brief mit einem Auskunftsersuchen alles ist, was die Landesregierung bisher dazu unternommen hat, und sie dies mit einer kleinen Pressenotiz versieht, die suggerieren soll „Wir kümmern uns“, dann wird das dem Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nicht gerecht.
Der Druck und damit die Kontrolle seitens der Politik muss hochgehalten werden. Die Nachrichtendienste sind zum Schutz unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger da. Sie dürfen kein unkontrolliertes Eigenleben führen.
Die Vereinigten Staaten haben bei der Sammlung und Verwendung von Daten einen völlig anderen Blick auf die Bürgerrechte als wir in Deutschland. Die aktuelle Berichterstattung zeigt, dass viele Fragen immer noch offen sind: Wie viel und nach welchem Muster überwachen Geheimdienste deutsche Bürgerinnen und Bürger? Wer hat davon
gewusst? Waren deutsche Geheimdienste involviert? Wie wurden die parlamentarischen Kontrollgremien informiert?
Ich bin gespannt, was die Arbeit des Untersuchungsausschusses auf Bundesebene dazu noch zutage fördert.
Wenn staatliche Nachrichtendienste, ohne dass man darüber informiert wird bzw. die Kontrolle darüber behalten kann, millionenfach Daten abschöpfen, ist dies auf jeden Fall auch hier keine Standardsituation. Mag sein, dass es in der Denkart der Amerikaner auch um Aufklärung geht. In erster Linie aber steht nun das Recht auf Privatheit zur Disposition.
Nur ein Obrigkeitsstaat misstraut seinen Bürgerinnen und Bürgern. Für ihn ist Kontrolle das einzige Mittel, die Angst vor Freiheit zu befriedigen. Alle Menschen werden ihm zu potenziellen Feinden, und damit wird jegliches staatliches Handeln gerechtfertigt.
Der Kern eines Rechtsstaats muss aber die Unschuldsvermutung sein. Was seit dem Sommer 2013 öffentlich wurde und jetzt immer mehr herauskommt, ist die Umkehr der Unschuldsvermutung zu einem Generalverdacht. Meine Damen und Herren, das bedroht die Demokratie.
Wir sind unserem Partner USA für seine Leistungen für unser Land dankbar. Gerade deshalb müssen wir aber auch klarstellen: Für uns ist eine Gesellschaft mit einem hohen Schutz der Bürgerrechte ein unverhandelbares Gut, denn Bürgerrechte sind Grundrechte. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich mich auch erst einmal gefragt: Was gibt es da eigentlich Neues? Wir haben uns mit dieser Frage doch schon mehrfach im Landtag beschäftigt.
Ich bin dann der Rede vom Kollegen Wilken gefolgt, habe mich aber eigentlich immer noch gefragt, was es denn Neues zu berichten gibt.
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wenigstens der Kollege Holschuh den Bezug zur Aktualität hergestellt hat, nämlich zu den Berichten von gestern Abend und auch zu dem Bericht in der „Süddeutschen Zeitung“ von Herrn Leyendecker heute Morgen. Das ist im Prinzip das Aktuelle. Was die LINKEN aber beantragt haben, ist Schnee von gestern, das ist ziemlich alter, abgestandener Kaffee.
Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, dass wir diesen Themenkomplex auch hier schon ausgiebig diskutiert haben. Eigentlich waren wir uns hier im Landtag einig, und das ist auch gut so, dass diese Verhaltensweisen der Geheimdienste, der Amerikaner,
aber auch der Geheimdienste befreundeter Staaten wie der Briten, die sie hier in Deutschland an den Tag legen, für uns auf keinen Fall akzeptabel sind und man ganz deutlich in Richtung der Amerikaner und der Briten sagen muss: So geht man mit Freunden, mit Verbündeten nicht um; das ist inakzeptabel, was ihr da tut.
Ein zweiter Punkt, den wir beim letzten Mal hier in großer Einigkeit festgestellt haben, ist, dass das Abhören, das Sammeln von Metadaten, das Scannen von E-Mails und vor allen Dingen das Abhören von Regierungsvertreterinnen und -vertretern, der Bundeskanzlerin, von Vertreterinnen und Vertretern der EU-Kommission überhaupt nicht geht. Beim letzten Mal haben wir schon sehr deutlich in Richtung der Amerikaner und der Engländer festgestellt, dass das auf keinen Fall geht, schon gar nicht mit Verbündeten.
Es hat auch nichts mit Antiamerikanismus zu tun, wenn man dies feststellt. Das hat einfach damit etwas zu tun, dass wir darauf hinweisen, dass in Deutschland deutsche Gesetze gelten, dass wir einen hohen Standard beim Datenschutz haben und es uns nicht gefallen lassen, dass in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik Deutschland eingegriffen wird. Das kann man auch zu Freunden, zu Verbündeten sehr deutlich sagen.
Als wir das beim letzten Mal diskutiert haben, waren wir uns eigentlich alle einig. Die Faktenlage ist – leider, muss man sagen – relativ dünn.
Nun wird von verschiedenen Medien immer wieder der gleiche Sachverhalt in unterschiedlicher Weise erzählt, aber trotzdem ist die Faktenlage sehr dünn. Das bedauern wir ausdrücklich. Auch für ein Parlament, für Regierungen ist das eine vollkommen unbefriedigende Situation. Ich erinnere daran: Auch im Jahr 2013 haben wir das schon mit der damaligen Regierung diskutiert.
Der Kollege Hahn war damals als Justizminister beteiligt. Wir haben den Innenminister angeschrieben und versucht, Klarheit zu bekommen. Leider hat die Landesregierung keine weiteren Erkenntnisse. Aber ich frage auch in Richtung der LINKEN: Was soll denn eine Landesregierung tun, außer Briefe zu schreiben und von den zuständigen Behörden des Bundes, dem Innenminister, dem BND, den Nachrichtendiensten Informationen einzufordern? Was sol
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Manfred Pentz (CDU): Ganz genau!)
Wir haben – das haben wir auch beim letzten Mal einhellig begrüßt – das getan, was man in diesen Fällen tun muss. Der Deutsche Bundestag hat einstimmig einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, der sich genau mit diesem Themenkomplex befassen soll. Genau dieser Untersuchungsausschuss hat die Kompetenzen, sich mit BND, Verfassungsschutz, mit militärischem Abschirmdienst und sich mit dem Verhalten des Innenministers und des Kanzleramtes zu beschäftigen. Wir von meiner Fraktion zumindest haben ein hohes Zutrauen zu den Kolleginnen und Kollegen unserer Fraktion im Deutschen Bundestag, dass sie die Arbeit im Untersuchungsausschuss, der die NSAVorgänge aufklären soll, auch ordentlich und anständig machen werden. Wenn Sie dieses Zutrauen nicht haben, dann tut es uns leid.
Unterm Strich: Die Situation ist unbefriedigend. Wir würden uns auch wünschen, dass man endlich weiß, was passiert. Insbesondere die Berichterstattung heute Morgen, was die Frage des Internetknotens in Frankfurt angeht, ist besorgniserregend. Aber wir müssen da Zutrauen zum Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages haben. Das ist die zuständige Stelle. Sie haben die nötigen Kompetenzen und die nötigen Möglichkeiten, auf Bundesebene die zuständigen Stellen zu befragen. Man kann bedauern, dass die Landesregierung keine zusätzlichen Informationen hat. Aber ich hätte gern einmal die Frage von denjenigen beantwortet, was denn eine Hessische Landesregierung in diesem Bereich tun soll. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Manfred Pentz (CDU): Ganz genau! – Zurufe von der LINKEN) )
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es gibt niemanden hier im Haus, der nicht dann doch immer wieder, auch wenn man mit vielem rechnet, überrascht und frappiert ist, wenn Neuigkeiten auf den Tisch kommen, wie z.B. durch den Bericht von „SPIEGEL online“ vom 18. Juni oder das, was heute bzw. gestern Abend auf „tagesschau.de“ und in der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet worden ist. Das hat mich noch viel mehr vom Hocker gehauen. Da sehe ich, dass eine deutsche Bundesregierung von 2004 bis 2007, die letzte rot-grüne Bundesregierung – soweit zu Ihrem großen Zutrauen zu Ihren Kollegen, Herr Kollege Frömmrich – freiwillig eingeräumt hat: Greift doch einmal zu auf unseren Internetknoten in Frankfurt. Greift euch ab, was ihr denn so braucht.
Das ist erst 2007 gestoppt worden. Das ist in der Tat eine erschütternde Botschaft, wie teilweise in Deutschland von deutschen Geheimdiensten selbst und deutschen Regierungen mit dieser Frage umgegangen wurde.
Wir halten es durchaus für richtig, wenn die Landesregierung jetzt beim Bundeskanzleramt bezüglich der Erkenntnisse aus den Snowden-Dokumenten nachgefragt hat. Die Aufklärung, was von deutschen Einrichtungen getan wird und was von ausländischen Einrichtungen in Deutschland und in Hessen getan wird, ist in der Tat eine Frage, die uns auch zu interessieren hat. Die Frage hat auch die Landesregierung zu interessieren. Nur zweifeln wir auch nicht daran, dass die Erkenntnisse der Landesregierung überschaubar sind und überschaubar bleiben werden. Das liegt in der Natur der Sache. Es geht hier nicht um hessische Zuständigkeiten und hessische Angelegenheiten, sondern es geht um Bundesangelegenheiten.
Vor diesem Gesamthintergrund und der Entwicklung der NSA-Spähaffäre ist es in der Tat an der Zeit, auch einmal ein bisschen mehr Ehrlichkeit in die Debatte hineinzubringen. Das Erheben von Daten – legal oder illegal – ist letztlich aufgrund des technischen Fortschritts nicht mehr zu verhindern. Das ist ein Eingeständnis, das man sich machen muss, ob man das gut findet oder nicht. Man kann bestenfalls den Zugriff erschweren. Aber vor allem müssen wir uns in Zukunft etwas intensiver mit der Frage befassen, wie wir die Daten, die ohnehin anfallen, und zwar in vielfacher Hinsicht, so schützen, dass unzulässige Zugriffe soweit wie möglich eingeschränkt werden.