Protokoll der Sitzung vom 15.07.2014

(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das sagen die Richtigen!)

Dieser Wortbruch führt in unserem Land zu mehr Politikverdrossenheit, dieser Wortbruch führt in unserem Land zu mehr Vertrauensverlust, und dieser Wortbruch führt dazu, dass die Menschen in unserem Land erklären, man kann dem, was ein Minister sagt, eben nicht trauen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es! – Horst Klee (CDU): Ei, ei, ei!)

Dies führt zu einem Verlust von Glaubwürdigkeit in der Politik.

(Beifall bei der SPD)

Das Schlimme daran ist, dass dieser Verlust an Glaubwürdigkeit letztendlich alle in der Politik trifft; denn es wird oft nicht unterschieden.

Ich frage: Warum machen Sie das? Wenn man in der Begründung des Gesetzentwurfs nachliest, muss man feststellen, Sie haben plötzlich entdeckt, dass es Art. 141 Abs. 1 der Hessischen Verfassung zu beachten gilt. In Art. 141 Abs. 1 der Hessischen Verfassung steht:

Der Haushalt ist … grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen.

Ich frage insbesondere die CDU: Was machen Sie eigentlich seit 15 Jahren?

(Beifall bei der SPD – Horst Klee (CDU): Wahlen gewinnen!)

Sie verweisen in der Gesetzesbegründung zudem auf die Schuldenbremse. Herr Dr. Schäfer, ich frage Sie: Haben Sie am 28. Januar 2014 nicht gewusst, dass es die Schuldenbremse gibt? Ganz abenteuerlich wird es – das muss ich erwähnen, liebe Kolleginnen und Kollegen –, wenn die Regierungskoalition in der Begründung ausführt:

Durch die zusätzlichen Erträge verbessert sich das Eigenkapital des Landes …

Ich habe mich gefragt, wie man etwas verbessern kann, was es gar nicht gibt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die CDU-geführte Landesregierungen seit 1999 haben es zu verantworten – auch das sage ich ganz deutlich –, dass sich die Landesschulden seitdem mehr als verdoppelt haben und jetzt bei über 44 Milliarden € angelangt sind.

(Peter Stephan (CDU): Die wären noch viel höher, wenn Ihre Anträge durchgegangen wären! – Weitere Zurufe von der CDU)

Warum erhöhen Sie die Grunderwerbsteuer zum 01.08.2014? Warum machen Sie das? Sie machen das, weil Ihnen das Wasser finanzpolitisch bis zum Hals steht bzw. weil Sie – so könnte man es auch sagen – finanzpolitisch aus dem letzten Loch pfeifen.

Bei dieser Problemlage wäre zu erwarten, dass man nach intelligenten Lösungen sucht. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer Mitte des Jahres ist keine intelligente Lösung. Indessen freut mich eines daran: Insbesondere die CDU gesteht mit diesem Gesetzentwurf ein, dass Haushaltskonsolidierungen auch in Zukunft nur mit Steuererhöhungen erreichbar sein werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Deswegen stimmen Sie dagegen! – Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Ich sage das schon immer. Herr Schork, Sie wissen das. Aber es war gerade die CDU, die das immer bestritten hat.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man bei Steuererhöhungen von „Sparen“ redet, verwendet man allerdings im Grunde genommen den falschen Begriff. Mit den Einnahmeerhöhungen spart man nicht, sondern man greift den Bürgerinnen und Bürgern zusätzlich in die Tasche.

Die SPD hat, als es um die Schuldenbremse ging, ebenfalls gesagt: Eine Haushaltskonsolidierung geht nur mit Einnah

meverbesserungen – das haben wir nicht unerwähnt gelassen – und Steuererhöhungen.

Herr Schork, da war ich vielleicht nicht im Landtag;

(Günter Schork (CDU): Das haben wir hier gemeinsam beschlossen!)

aber ich lese gern Protokolle, und ich habe eben auch bestätigt, dass es so gewesen ist. Ich sage das deshalb, weil es etwas ganz Wichtiges gibt, was uns unterscheidet. Wir sagen: Ja, es muss Einnahmeverbesserungen geben, aber sie müssen sozial und gerecht sein.

(Beifall bei der SPD)

Die seinerzeitige Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 % haben wir zähneknirschend mitgetragen. Aber ich sage – um den Bundespräsidenten zu zitieren, zugegebenermaßen in einem anderen Zusammenhang –: Jetzt reichts aber auch mal. – Mit einer Erhöhung auf 6 % schießen Sie jedenfalls über das Ziel hinaus. Sie belasten damit überproportional untere und mittlere Einkommensgruppen, die sich eine Immobilie vielleicht gerade noch leisten können. Das ist eben schon angedeutet worden. Die, die die Grunderwerbsteuer aus der Portokasse zahlen, werden geschont. Die trifft es nicht wirklich.

Wir, die SPD, treten für gerechte Steuern ein und deshalb beispielsweise – auch das sage ich ganz deutlich – für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer und für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Sie von der Koalition dagegen schonen Einkommens- und Vermögensmillionäre, denen das nichts ausmachen würde, und belasten die, die sowieso schon übermäßig belastet sind.

Wir wollen dies nicht, und wir machen dies nicht. Wir wollen die Lasten sozial und gerecht verteilen. Das machen Sie nicht nur mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer nicht. Mit uns wird es keine Sonderopfer geben, wie Sie es in nächster Zukunft für den öffentlichen Dienst geplant haben, beispielsweise bei den Beamten, also bei denen, die sich am wenigsten wehren können. Dies ist nicht sozial.

Nun noch ein Wort zu dem FDP-Gesetzentwurf: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, das, was Sie fordern, bedeutet zunächst einmal jährlich 230 Millionen € weniger für den Landeshaushalt. Auf die Legislaturperiode berechnet heißt das mehr als 1 Milliarde € weniger Einnahmen. Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf völlig unerwähnt gelassen, dass davon etwa 200 Millionen € auf die Städte, die Gemeinden und die Kreise in unserem Land entfallen würden. Das ist ganz einfach nicht zumutbar.

(Beifall bei der SPD)

Die von Ihnen angeführte Begründung, Leerstände im ländlichen Raum und massive Mietsteigerungen im Ballungsraum, finde ich persönlich abenteuerlich. Jeder, der rechnen kann, wird feststellen, dass an dieser Begründung nichts dran ist. Die frühere Erhöhung der Grunderwerbsteuer hat nämlich die Investitionskosten um 1,5 % erhöht. Wie aus einer damaligen Erhöhung der Investitionskosten von 1,5 % massive Mietsteigerungen resultiert haben sollen, vermag nicht nur ich nicht nachzuvollziehen.

An die FDP gerichtet: Ich bin davon überzeugt, dass es einen anderen Grund für Ihren Gesetzentwurf gibt. Ihr Gesetzentwurf – das interpretiere ich so – basiert auf Verärgerung und Beleidigtsein. Beides sind schlechte Ratgeber. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kummer. – Das Wort hat Kollege Schork für die CDU-Fraktion. Bitte sehr.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Jetzt entschuldigt sich Herr Schork! – Norbert Schmitt (SPD): Und er erklärt den Wortbruch!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition aus CDU und GRÜNEN hat in ihrem Koalitionsvertrag die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1 Prozentpunkt für diese Legislaturperiode angekündigt. In dem Koalitionsvertrag ist kein Zeitpunkt genannt. Es ist richtig, dass der Finanzminister im Januar gesagt hat – basierend auf dem Kenntnisstand vom Januar –, dass diese Erhöhung zum 1. Januar 2015 geplant sei. Es ist unbestritten, dass wir uns im Zuge der Aufstellung des Nachtragshaushalts und im Zuge dessen, was mit diesem Nachtrag an Mehrbelastungen auf den Haushalt zugekommen ist, vor dem Hintergrund der Schuldenbremse sowie der erklärten Absicht der Koalition, die Nettoneuverschuldung unter 1 Milliarde € zu drücken, dazu entschieden haben, die Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf den 1. August 2014 vorzuziehen. Das ist der Sachverhalt und die schlichte und einfache Erklärung.

Sie können noch eine Weile mit dem Wortbruch hausieren gehen. Angesichts Ihrer eigenen Geschichte in den vergangenen Jahren rate ich Ihnen aber dringend, äußerst vorsichtig mit diesem Wort umzugehen. – Das war die freundliche Variante.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD)

Wie Sie – das gilt für die FDP und die SPD – mit der Frage der Einnahme- und Ausgabeverantwortung umgehen, haben wir in den letzten Tagen und Wochen erlebt. Wir werden es morgen sicher noch ausführlicher diskutieren. Nur so viel: Die SPD hat Anträge zum Nachtragshaushalt gestellt, die für das laufende Haushaltsjahr 2014 zusätzliche Ausgaben in der Größenordnung von 83 Millionen € gefordert haben, zusätzlich Verpflichtungsermächtigungen zulasten des Haushalts 2015 in der Größenordnung von 27 Millionen €. Sie fordern also 100 Millionen € Mehrausgaben. Sie wollen keine Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 60 Millionen €, für das Finanzierungsdefizit von 160 Millionen € haben Sie keine konkreten Vorschläge in die Haushaltsdebatten eingebracht.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dasselbe gilt für die FDP, die für das Haushaltsjahr 2014 eine Mehrbelastung von 150 Millionen € vorsieht und für das Jahr 2015 – wenn ihr Gesetzentwurf denn beschlossen würde – von 350 Millionen €. Auch dort: Konkrete Einsparvorschläge – Fehlanzeige.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die Methode, wie SPD und FDP mit der Frage der Einnahme- und Ausgabeverantwortung umgehen.

Wir haben auch nach der Anhörung – die das erwartete Ergebnis gebracht hat und im Ergebnis auch keine anderen Stellungnahmen als bei der letzten Erhöhung von 3,5 % auf 5 % – die Risiken und die Stellungnahmen abgewogen. Wir bleiben dabei: Um unser übergeordnetes Ziel der Haushaltskonsolidierung und Einhaltung der Schuldenbremse spätestens im Jahr 2019 zu erreichen, ist es notwendig, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen und weiter einzusparen. Diesen Weg werden CDU und GRÜNE gemeinsam gehen, weil wir der Einnahme- und Ausgabeverantwortung sowie dem Auftrag der Wählerinnen und Wähler, die Schuldenbremse einzuhalten, gerecht werden wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schork. – Das Wort hat Frau Kollegin Erfurth, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zum Salto-mortale-Gesetz der FDP, mit dem die FDP nun wieder an ihrem Ruf arbeitet, Steuersenkungspartei zu werden. Bisher haben wir die Erfahrung gemacht, dass, wenn die FDP in Regierungsverantwortung kommt, es wieder anders aussieht. Ich erinnere mich gern an die Mehrwertsteuer: Seit 1968 ist die Mehrwertsteuer siebenmal erhöht worden, fünfmal war die FDP dabei. – Darunter leiden Sie wohl noch immer. Damit ist aus meiner Sicht alles zur Ernsthaftigkeit des Gesetzentwurfs der FDP gesagt.