Protokoll der Sitzung vom 15.07.2014

Ich kann mich noch daran erinnern – an diesem Platz hat er gesessen –, dass Ministerpräsident Roland Koch immer wieder gesagt hat: Wir müssen den Wettbewerb aufnehmen, um ein Südland zu werden. – Viele ältere Kollegen werden sich daran erinnern, dass ich gesagt habe: Das Wort „Südland“ finde ich falsch, aber wir wollen in den Wettbewerb mit Bayern und Baden-Württemberg eintreten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da sind die Sätze jedenfalls nicht so hoch, in Baden-Württemberg bei den jetzigen bei 5,0 % und in Bayern bei 3,5 %. Da wollen wir Liberale wieder hin.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen den Wettbewerb auch im steuerlichen Bereich suchen, und wir wollen es uns nicht so einfach machen, nach dem Motto: „Wir müssen jetzt aber …“ Dieser Argumentation sind wir als FDP auf den Leim gegangen. Daran kann man doch merken, wie einfach das ist. Wenn ein bisschen mehr Kohle im Portemonnaie ist, dann gibt man auch ein bisschen mehr aus. Wenn ein bisschen weniger Kohle im Portemonnaie ist, dann muss man sich überlegen, wie man sparsamer mit dem bisschen weniger Kohle umgeht. Um in dem Bild zu bleiben: Wenn Sie sich das Volumen unseres Haushalts anschauen, dann sehen Sie, es ist ein bisschen weniger Kohle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, lassen Sie bitte diese Steuererhöhung sein. Wir Hessen wollen beim Grunderwerbsteuersatz nicht spitze sein, sondern wir wollen den Wettbewerb suchen, weiterhin finden und erfolgreich bestreiten mit den Ländern, die wirtschaftlich erfolgreich sind. Das sind insbe

sondere Bayern und Baden-Württemberg. Die Bayern haben einen Steuersatz von 3,5 %, und den müssen auch wir Hessen wieder haben. So lautet die Initiative der FDPFraktion im Hessischen Landtag.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich ein Letztes sagen. Mich beschleicht ein wenig der Gedanke, dass unser ehemaliger Koalitionspartner auf dem Weg ist, eine Steuererhöhungspartei zu werden. Es geht ja nicht nur um die Grunderwerbsteuer, die Sie hier und heute nochmals erhöhen wollen, sondern es geht auch um den Erlass – ich nenne ihn einmal den BeuthErlass, denn wir wollen nicht darüber streiten, ob das ein Rosenmontagserlass oder ein Herbsterlass ist, der am Rosenmontag veröffentlicht wurde –, mit dem die hessischen Kommunen durch die Dynamik, die Peter Beuth hineingeschrieben hat, dass nämlich der Prozentsatz immer über dem Durchschnittsprozentsatz liegen muss, in eine Steuererhöhungsspirale gezwungen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, Sie als Landtagsabgeordnete sind dafür verantwortlich, dass die Grunderwerbsteuer unverantwortlicherweise erhöht wird, und der CDU-Innenminister ist dafür verantwortlich, dass die Kommunen unverständlicherweise gezwungen werden, die Grundsteuer und die Gewerbesteuer zu erhöhen. Warum tut die hessische CDU das den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes eigentlich an?

Wir von der FDP werden diesem Vorhaben jedenfalls nicht nur nicht zustimmen, sondern ihm schnell eine klare Alternative entgegensetzen. Ich weiß, dass jetzt irgendjemand sagen wird: Wie wollt ihr das finanzieren? – Diese Diskussion führe ich gerne, aber nicht unter der Vorgabe, die Sie gerade meinen einführen zu müssen, dass erst einmal das Portemonnaie vollgemacht werden muss. Wenn überhaupt, dann fangen wir bei null an; dann können wir schauen, wo wir noch einsparen können. Aus meiner Erfahrung als Kabinettsmitglied aus fünf Jahren wüsste ich schon genug Beispiele, wo gespart werden könnte. Ich habe als Justizminister einige Einsparungen umgesetzt. Sind auch andere Kollegen so mutig? Das sollten sie erst einmal sein. Der Steuerzahler muss nicht ausgequetscht werden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Als Nächster hat sich der Abg. Willi van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Land Hessen hat die Grunderwerbsteuer zuletzt am 1. Januar 2013 erhöht. In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs betreffend die jetzt erneut vorgeschlagene Erhöhung der Grunderwerbsteuer habe ich zugesichert, dass meine Fraktion diesen Vorschlag prüfen wird. Ich muss Ihnen heute sagen, dass wir es uns nicht leicht gemacht haben, dem Gesetzentwurf letztlich aber nicht zustimmen werden.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt sind wir aber erleichtert!)

Das erleichtert auch mich. – Dafür sprechen im Wesentlichen zwei Gründe: zum einen der Termin der geplanten Änderung, zum anderen aber auch, dass wir nicht sehen,

dass die Landesregierung seit der letzten Erhöhung der Grunderwerbsteuer Anstrengungen unternommen hat, den Wohnungsmarkt zu entlasten. Genau das wäre für uns aber entscheidend gewesen. Wenn wir mit der Grunderwerbsteuer den Erwerb von Wohnungen für einige teurer machen, dann wollen wir auch, dass die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt wenigstens abgefedert werden. Davon ist aber nichts zu sehen.

In unseren Überlegungen hat natürlich auch eine Rolle gespielt, dass erst vor relativ kurzer Zeit auf der Bundesebene versucht wurde, die Umgehungstatbestände zu bekämpfen, die große Investoren – z. B. durch die Möglichkeiten der RETT-Blocker – eingesetzt haben. Hier würden wir erst einmal sehen wollen, ob diese Maßnahmen den gewünschten Erfolg haben oder ob nicht doch weitere Änderungen auf der Bundesebene erforderlich bleiben.

Es macht für uns dabei einen Unterschied, ob man die Grunderwerbsteuer in Hessen auf das Niveau anhebt, das in anderen Bundesländern seit Jahren üblich ist – auch im Saarland sind wir übrigens bei 6,5 %, was ich zur Ergänzung der Darstellung der bundesrepublikanischen Lage nachtragen möchte –, oder ob man, wie jetzt in Hessen, vorangeht und so tut, als könne man mit der Grunderwerbsteuer den Landeshaushalt tatsächlich entscheidend sanieren.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, es ist richtig, für höhere Einnahmen zu sorgen, und in gewissem Umfang kann man das auch mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer erreichen. Aber die Häuslebauer in Hessen sind nicht diejenigen, die die Haushaltskonsolidierung auf der Einnahmeseite alleine erwirtschaften können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie als Landesregierung etwas für die nachhaltige Verbesserung der Einnahmen des Landes tun wollen, dann sorgen Sie im Bundesrat dafür, dass die Vermögensteuer kommt. Meine Damen und Herren von der SPD, tun Sie das endlich auch im Bundestag. Immerhin ist Herr Schäuble jetzt auch Ihr Finanzminister.

(Beifall bei der LINKEN)

Um noch einmal deutlich zu machen, welche Probleme wir mit dem Zeitpunkt dieser Erhöhung der Grunderwerbsteuer haben, möchte ich noch einmal auf das hinweisen, was wir in der Anhörung zur vorangegangenen Grunderwerbsteuererhöhung zur Kenntnis nehmen durften. Bereits in der Anhörung zu unserem damaligen Gesetzentwurf, Drucks. 18/5540, wurde deutlich, dass der Zeitpunkt der Anhebung der Grunderwerbsteuer sensibel ist. So erklärte das von der SPD geführte Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz in der schriftlichen Stellungnahme:

Angesichts der oftmals langwierigen Planungs- und Gestaltungsfragen sowie wegen der Finanzierungsprobleme im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften stellt die Gewährung einer angemessenen Vorlaufzeit eine Rücksichtnahme dar, die der Gesetzgeber gegenüber dem Rechtsverkehr üben sollte. Das ist auch deshalb geboten, weil gegebenenfalls erforderliche Genehmigungen gemäß § 14 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz nicht auf den Beurkundungstermin zurückwirken, sodass die höhere Steuer entsteht, wenn erst nach Inkrafttreten des Gesetzes die Genehmigung erteilt wird.

Das war eines der Probleme, das bei der kurzfristigen Vorziehung der Erhöhung der Grunderwerbsteuer eine Rolle gespielt hat.

Bereits im schwarz-grünen Koalitionsvertrag wird die Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Hessen angekündigt, wenn auch kein konkreter Zeitpunkt dafür genannt wird. Diesen hat der hessische Finanzminister am 28. Januar 2014 dann aber genannt. Er erklärte gegenüber dpa auf die Frage, wann die im Koalitionsvertrag angekündigte Erhöhung der Grunderwerbsteuer geplant sei, wörtlich: „Das kommt mit der Aufstellung des Haushalts 2015“.

Es wäre vielleicht angebracht, dass der hessische Finanzminister erklärt, was ihn denn geritten hat, die Grunderwerbsteuer schon jetzt und eben nicht erst 2015 zu erhöhen. Dazu bisher kein Wort. Da ich auch heute nicht damit rechne, dass Sie, Herr Dr. Schäfer, dazu etwas erklären, kann ich nur vermuten, dass die Häuslebauer in Hessen dafür in Haftung genommen werden, dass diese Landesregierung die symbolische Marke von 1 Milliarde € Nettoneuverschuldung unterschreiten will. Diese schwarz-grüne Symbolpolitik bezahlen Menschen, die sich in Hessen ein Eigenheim leisten wollen, eindeutig mit. Einen anderen vernünftigen Grund, die Grunderwerbsteuer bereits im laufenden Jahr zu erhöhen, gibt es meines Erachtens nicht. Wir werden uns diesem Ansinnen jedenfalls nicht anschließen.

Da wir hier aber auch über den Gesetzentwurf der FDPFraktion beraten, möchte ich dazu noch etwas sagen. Dass Sie von der FDP heute die Senkung der Grunderwerbsteuer fordern, finde ich grotesk. Kaum haben Sie mitgetragen, dass in Hessen die Grunderwerbsteuer auf das Niveau des Bundesdurchschnitts festgesetzt wird, fordern Sie jetzt die Senkung dieser Steuer. Das ist nichts als die alte Leier der FDP, denn es fällt Ihnen nichts anderes ein als das Konzept „Steuersenkung, Steuersenkung, Steuersenkung“.

(Dirk Landau (CDU): Wie sieht Ihr Konzept aus?)

Dabei müssen Sie sich doch selbst fragen, wer Ihnen das noch glauben soll. Was ist mit den Menschen, die durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer bereits mehr Steuern gezahlt haben? Die müssen sich doch komplett veralbert fühlen von einer FDP, die in der Regierung die Steuern erhöht und, kaum dass sie in der Opposition ist, die Erhöhungen wieder zurücknehmen will.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Zuhören!)

Entweder sind Sie heute unredlich, oder Sie haben sich, wie Herr Hahn öffentlich bereits erklärt hat – er hat das auch heute wieder getan –, von Ihrem damaligen Koalitionspartner CDU veralbern lassen. Herr Hahn hat im Wesentlichen ausgeführt, dass er sozusagen in Treu und Glauben gehandelt, aber nicht durchgeblickt hat.

(Zuruf von der CDU: Mach mal Schluss!)

Dann waren Sie aber meines Erachtens in der Regierung unfähig, diese Situation vernünftig einzuschätzen. Kurz gesagt: Mit diesem Gesetzentwurf beweist die FDP, dass sie als Regierungspartei unfähig oder als Oppositionspartei unredlich ist.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Beides!)

Wahrscheinlich stimmt beides. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Kummer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Gesetzesvorlage der Koalition aus CDU und GRÜNEN soll die Grundsteuer in unserem Land

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht die Grundsteuer!)

die Grunderwerbsteuer, Entschuldigung – um 20 % erhöht werden. Das ist zwar nur ein Prozentpunkt, aber es ist eine 20-prozentige Steuererhöhung.

(Beifall bei der SPD)

Dies ist nur ein Argument, warum die SPD-Fraktion dieser Erhöhung nicht zustimmen wird. Es gibt weitere Argumente.

Beginnen möchte ich mit einem Zitat, das ich heute – heute, meine sehr geehrten Damen und Herren – auf der Homepage der Hessischen Staatskanzlei gefunden habe. Dort ist ein Interview veröffentlicht, das Herr Staatsminister Schäfer der dpa gegeben hat – zugegebenermaßen am 28.01.2014,

(Torsten Warnecke (SPD): Das ist fast ein halbes Jahr her!)

also vor rund vier Monaten. Allerdings fand es, und das ist wichtig, vier Wochen nach dem Abschluss des schwarzgrünen Koalitionsvertrags statt. Ich darf daraus zitieren. Dort steht:

Die Sparpläne der neuen schwarz-grünen Regierung sollen ab dem Jahr 2015 greifen. Dann werde auch die Grunderwerbsteuer erhöht, sagte Finanzminister Thomas Schäfer … im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

(Torsten Warnecke (SPD): So kann sich die Staatskanzlei irren!)

Bis dahin gilt der von CDU und FDP beschlossene Doppelhaushalt 2013/2014. Änderungen durch einen Nachtragshaushalt schloss Schäfer nicht aus, dies habe aber eher technische Gründe.

(Norbert Schmitt (SPD): So kann man es auch nennen!)

Für das, was die Regierungskoalition jetzt macht, gibt es nur ein Wort – das sage ich jetzt so deutlich und so drastisch –: Wortbruch.

(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das sagen die Richtigen!)