Ursprünglich waren für die Antiisrael-Demonstration, wie ich es einmal nenne, 50 Teilnehmer angemeldet. Einen Tag vor der Demo wurde es auf 300 Personen aufgestockt. Im Vorfeld wurde über Facebook massiv mobilisiert. Es gab erste Zeichen, dass mit mehr Teilnehmern zu rechnen ist. Ich finde, darauf muss die Polizei auch vorbereitet sein, so wie sie es bei anderen Veranstaltungen ist wie etwa im vergangenen Jahr bei Blockupy.
Herr Innenminister, es stellen sich auch folgende Fragen: Was wusste etwa der Verfassungsschutz? Was wussten andere Sicherheitsorgane? Wie konnte es kommen, dass an diesem 12.07. dort 2.000 Demonstranten waren? Es war ein buntes Spektrum, um es freundlich zu formulieren – es ist angesprochen worden –: Anhänger der Salafistenszene, darunter gewaltbereite junge Islamisten, einige Neonazis der Nationalen Sozialisten Rhein-Main, Mitglieder der Linke.SDS, der Studentenorganisation; es wurden Hamasfahnen getragen; und es erhallten „Kindermörder Israel“-Rufe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Demonstration ist eskaliert. Wenn es der Versuch war, der dort verantwortlichen Polizeiführung mittels Lautsprecher die Möglichkeit zu geben, mäßigend einzuwirken, dann ist er gründlich danebengegangen. Es ist eine völlige Fehleinschätzung der Situation, die noch aufzuklären ist.
Der Präsident des Zentralrats der Juden hat in einer Reaktion darauf gesagt: Dass es so viel Hass und Hetze auf deutschen Straßen gibt, ist für mich ein Schock.
Damit auch das sehr deutlich ist: Hetzparolen über einen Polizeilautsprecher darf es nie wieder geben. Auch das muss eine Erfahrung des vergangenen Samstags sein.
Herr Innenminister, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie zu der offensichtlichen Fehleinschätzung der Polizei klare Worte gesagt haben. Wir haben auch für Polizeibeamte eine Verantwortung, die getreten, beleidigt und tätlich angegriffen wurden. Das ist relativ klar und leuchtet jedem ein: Mit 50 Polizeibeamten kann sich die Polizei nicht vor zum Teil gewaltbereiten Demonstranten schützen. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist in diesem Land ein hohes Gut. Aber Gewalt darf niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, und wir müssen auch die Polizei in die Lage versetzen, dieses Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit zu schützen. Insofern gab es offensichtlich eine völlige Fehleinschätzung der Situation.
Herr Innenminister, Sie haben sich dafür entschuldigt. Dafür bekommen Sie aus unserer Sicht Respekt, weil es in Hessen bisher nicht üblich war, dass ein Innenminister auch einmal die politische Verantwortung übernommen hat.
Die Beiträge der Kollegen haben überwiegend deutlich gemacht, dass wir es in Palästina natürlich mit einer extrem schwierigen Situation zu tun haben – mit einer aufgeladenen politischen Situation und mit viel Gewalt. Gestern haben wir des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren gedacht. Dazu gab es eine Gedenkstunde im Landtag. Wenn das eine Lehre aus der Geschichte ist, dass Gewalt niemals die Lösung von Problemen sein darf und wozu Gewalt führen kann, dann muss das Gedenken an den
Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren auch eine Erkenntnis sein. Meine sehr verehren Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen darf es keinen Zweifel geben, dass wir denjenigen, die das Demonstrationsrecht missbrauchen, keine Möglichkeit eröffnen, in Deutschland Parolen wie „Kindermörder Israel“ zu verbreiten. Damit wird die Spirale der Gewalt weiter angeheizt.
Deswegen ist dieser Vorgang in Frankfurt ein sehr ernster. Herr Innenminister, Sie merken das auch an den Beiträgen im Hessischen Landtag. Das ist kein Versuch der parteipolitischen Profilierung, denn das wäre dem Thema in der Tat nicht angemessen. Aber wir nehmen Ihr Angebot ernst, dass Sie die Vorkommnisse in Frankfurt aufarbeiten und fragen: Wie konnte es zu der völligen Fehleinschätzung der Polizeiführung kommen, dass die Demonstration so ablaufen konnte? – Deswegen müssen wir gewappnet sein.
Ich erinnere an einen Vorgang aus dem Jahre 1993, der bundesweit ein Skandal war, wo Neonazis in Fulda auflaufen konnten, ohne dass damals die Polizei und die politische Führung entsprechend reagiert haben. Im Übrigen hat damals ein Staatssekretär des Innern die politische Verantwortung übernommen und musste zurücktreten.
Aus solchen Vorkommnissen müssen wir lernen, und deswegen ist der Vorgang in Frankfurt ein sehr ernster. Ich glaube, das muss das gemeinsame Ziel dieses Landtags sein: Gewalt darf niemals mehr ein Mittel für die Lösung politischer Konflikte sein. Den Polizeibeamten, die sich auch für die Demokratie einsetzen, gebührt Respekt. Wir müssen auch Sie schützen, und deswegen darf es solche Vorkommnisse wie in Frankfurt nie wieder geben. Herr Innenminister, wir nehmen Sie beim Wort, dass wir diesen Vorfall sehr ernst nehmen und im Innenausschuss noch einmal aufarbeiten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass die Kolleginnen und Kollegen der FDP heute diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Ich glaube, man kann über diesen Sachverhalt nicht reden, ohne die besondere Freundschaft, das besondere Verhältnis Deutschlands mit dem Staat, aber auch mit den Menschen in Israel zu betonen. Ich glaube, dass wir hier noch einmal deutlich sagen müssen – Herr Kollege Rentsch hat es getan –: An dem Existenzrecht Israels kann und darf es keine Zweifel geben.
Wir haben eine besondere Verantwortung, eine besondere Beziehung zu Israel. Deshalb betreffen uns die derzeitigen Auseinandersetzungen in einer ganz besonderen Art. Wenn wir die Meldungen lesen, wenn wir die Bilder sehen, sind unsere Gedanken bei den Menschen in der Region.
Der Raketenbeschuss der Hamas gegen Israel hat eine Spirale der Gewalt in Gang gesetzt, die kaum noch aufzuhalten scheint. Auf beiden Seiten leben die Menschen in ständiger Angst vor dem nächsten Angriff. Die Bilder der vielen unschuldigen Opfer sind schwer zu ertragen.
Der Abschuss von Raketen auf Israel aus Gaza muss enden, und zwar sofort. … Wir stehen fest zur deutsch-israelischen Freundschaft, gerade in diesen schweren Stunden.
Dies sei auch „im Interesse der Menschen, die im Gazastreifen leben“. Ich glaube, hinter diesen Worten des Bundesaußenministers können wir uns zumindest zum Großteil versammeln; das können wir nur unterstreichen.
Meine Damen und Herren, warum sage ich das? – Damit kein Zweifel daran aufkommen kann, dass Antiisraelismus und Antisemitismus in Hessen keinen Platz haben können.
Wir stellen uns gegen diejenigen, die das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit dafür ausnutzen, um israelfeindliche und antisemitische Parolen zu skandieren. Dass diese Parolen über Lautsprecher der Polizei verbreitet werden konnten, ist für uns nicht akzeptabel. Wir bedauern das außerordentlich. Der Sachverhalt bedarf einer gründlichen Aufarbeitung. Dies wurde vom Innenminister und dem Frankfurter Polizeipräsidenten zugesichert. Ich bin dem Innenminister sehr dankbar, dass er dies auch im Telefongespräch gegenüber dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Herrn Dr. Graumann, zum Ausdruck gebracht hat. Der Minister hat zugesichert, dass der Sachverhalt intensiv nachbearbeitet wird, damit so etwas in Zukunft nicht wieder passieren kann. Der Innenminister und der Inspekteur der Polizei haben im Innenausschuss zu den Vorgängen Stellung genommen und Einzelheiten des Ablaufs, der Lageeinschätzung und der Polizeipräsenz erläutert.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass die Lageeinschätzung, egal aus welchen Gründen auch immer, fehlerhaft war, und der Versuch, die Lage zu entspannen, schiefgegangen ist. Es wurden Fehler gemacht, das müssen wir feststellen.
Wir erwarten eine gründliche Aufarbeitung und einen Bericht im Innenausschuss darüber, was die Aufarbeitung ergeben hat. Gewaltfreie Demonstrationen – darin sind wir uns einig, das haben wir auch immer wieder betont – sind ein wesentlicher Teil unserer politischen Debattenkultur. Das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit genießen einen hohen Schutz durch unser Grundgesetz.
Wenn man aber betrachtet, wer dort demonstriert hat und welche Parolen skandiert wurden, muss das den erbitterten Widerstand aller Demokraten hervorrufen.
Islamisten, Salafisten, Rechtsextreme, aber auch Vertreter der Linke.SDS machen Front gegen Israel. Das ist unglaublich, das ist unfassbar.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das stimmt nicht!)
Wir sind jedenfalls an der Seite Israels und an der Seite der Menschen, die in der Region von diesem Leid betroffen sind. – Herzlichen Dank.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Mehr Hortplätze in Hessen – Betreuung für Grundschülerinnen und -schüler sicherstellen) – Drucks. 19/673 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute ist die letzte Landtagssitzung vor den Sommerferien. Nach den Ferien steht in Hessen für ca. 50.000 Kinder die Einschulung an. Das ist eigentlich ein schönes Ereignis und ein Grund zum Feiern. In vielen Familien löst die bevorstehende Einschulung aber eher Unsicherheit und Stress aus.
Jahr für Jahr um diese Zeit erreichen uns verzweifelte Hilferufe von Eltern, die berufstätig sind und plötzlich vor der Situation stehen, dass sie ab 11:30 Uhr keine Betreuung mehr für ihre Kinder haben und oftmals auch vor Unterrichtsbeginn nicht. Viele dieser Eltern haben bereits vor einigen Jahren verzweifelt nach einem Kitaplatz gesucht, von denen es auch zu wenige gibt. Nun stehen sie vor einem neuen, oft noch schwierigeren Problem.
Ein fehlender Betreuungsplatz kann die ganze Lebensplanung über den Haufen werfen. Ein Elternteil, meist sind es die Mütter, ist gezwungen, den Job aufzugeben oder unfreiwillig in Teilzeit zu gehen. Und selbst ein Teilzeitjob ist bei Schulzeiten von 8:00 Uhr bis 11:30 Uhr kaum möglich. Für Alleinerziehende ist es noch schwieriger.
Wenn ein Elternteil den Job aufgegeben hat, dann stellt sich die Frage, ob das Geld noch für die Miete reicht, für den Sportverein und für den Musikunterricht. Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, diese Eltern dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden.
Die Situation ist leider nicht neu. Der Grund dafür ist vor allem das Versagen verschiedener hessischer Landesregierungen, den Ganztagsschulausbau voranzutreiben. Ganztagsschulen haben nicht nur den Vorteil, pädagogisch besser auf die Kinder eingehen und Nachteile ausgleichen zu können, sie garantieren den Eltern auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, von der immer so gerne geredet wird.
Von einem flächendeckenden Ganztagsangebot sind wir in Hessen meilenweit entfernt. Von den über 1.000 Grundschulen sind es gerade einmal sechs, die echte und gebundene Ganztagsschulen nach dem sogenannten Profil 3 sind. Andere Angebote gehen oft nur bis 14:30 Uhr oder werden nur an bestimmten Tagen oder nur für bestimmte Jahrgänge angeboten. Sie sind nicht mehr als eine Übermittagsbetreuung.