Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, eines möchte ich gleich zu Beginn betonen: Die CDU verurteilt jedwede Form des Extremismus. Ob Links- oder Rechtsextremisten, islamistische Fundamentalisten oder andere – alle müssen mit Nachdruck und Konsequenz an ihrem Wirken gehindert werden. Wie ich bereits sagte, machen wir dabei keinen Unterschied.
Das verdienen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und unsere Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen, egal woher sie kommen oder wo sie wohnen.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung und zunehmender Aktivitäten haben wir heute über den Islamismus und insbesondere über den Salafismus zu sprechen. Der Verfassungsschutz geht von 43.000 Islamisten in Deutschland aus, und schlimmer noch: Es gibt eine steigende Tendenz. Allein von 2012 bis 2013 ist die Zahl der Salafisten von
Hier geht es oft, und das ist besonders bedauerlich, um Jugendliche, darunter auch um Konvertiten ohne Migrationshintergrund, die sich von ihren Elternhäusern abwenden und sich häufig über das Internet und dort verfügbare Hassvideos bzw. Internetseiten radikalisieren.
Ich habe immer wieder gesagt, und das gilt auch heute: Meine Damen und Herren, in unserem Land ist Platz für vieles, aber es gibt keinen Platz für Gewalt gegen Andersdenkende, Andersabstammende, Andersgläubige.
Dies galt in den Debatten um den Rechtsextremismus vor wenigen Wochen, und das gilt auch heute, wenn es inhaltlich um den Salafismus geht. Wir sind uns doch hoffentlich alle einig, dass Salafisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, die in Deutschland zur Gewalt aufrufen, die einen Gottesstaat auf deutschem Boden errichten wollen, ihr Aufenthaltsrecht in unserem Land verwirkt haben bzw. gar nicht erst einreisen dürfen.
Nach Auffassung der Salafisten sind Frauen Geschöpfe zweiter Klasse, die sich der strengen Führung durch Brüder, Ehemänner oder Familienpatriarchen zu unterwerfen haben, für die das Tragen des Gesichtsschleiers Niqab in Deutschland Pflicht sein soll. Ihr Ziel ist, und da hat der Vorvorredner recht, eine islamistische, undemokratische und frauenfeindliche Gesellschaft auf deutschem Boden. Sie wollen einen Gottesstaat, in dem weder Meinungsnoch Glaubensfreiheit oder andere Grundwerte unserer Verfassung gelten. Dies ist rückwärtsgewandt und in hohem Maße besorgniserregend.
Meine Damen und Herren, hinzu kommt, dass sie Mitstreiter für ihren Kampf gegen Andersdenkende und Andersgläubige suchen. Junge Salafisten reisen ins Ausland und werden in den als Dschihad verklärten blutigen Krieg geschickt.
Hinzu kommt, dass nie zuvor der Missionierungseifer der deutschen Islamistenszene derartige Dimensionen angenommen hat wie in der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise durch das Verteilen kostenloser Korane, durch das aggressive Auftreten und durch die Gewalt gegen Andersgläubige.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nicht jeder, der einen Koran mit nach Hause nimmt, wird zum Islam konvertieren oder gar ein Extremist werden. Das wissen wir. Jedoch wächst durch das aggressive Auftreten der Salafisten der Nährboden für verfassungsfeindliches Gedankengut. Damit aber schaden diese Leute nicht nur unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern auch allen friedliebenden Muslimen. Auch deshalb gilt es, diesem entschieden entgegenzutreten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sind wir nicht tatenlos. Islamismus wurde und wird in Hessen von den Sicherheitsbehörden mit Nachdruck bekämpft. In der
Tat kommt dem Verfassungsschutz hier eine besondere Bedeutung zu. Deshalb wurde und wird er auch von uns gestärkt. Wir haben die zunehmende Radikalisierung, gerade unter jungen Muslimen, gesehen und deshalb, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, schon in dem heute von der Opposition zum „Vier-Sterne-plus-Koalitionsvertrag“ beförderten Koalitionsvertrag vereinbart, noch mehr zu tun, um speziell islamischem Extremismus noch besser vorzubeugen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um es deutlich zu sagen: Zusätzlich zu den bereits existierenden Aufklärungs- und Bekämpfungsmaßnahmen werden spezielle Programme aufgelegt. Geplant ist beispielsweise, das Netzwerk zur Prävention und Intervention auszubauen und ein eigenes, ein zusätzliches Aussteigerprogramm zu schaffen. Der Innenminister ist dabei, dies gründlich umzusetzen. Das ist auch notwendig, denn es gilt, klare Zeichen zu setzen. Bereits heute ist Hessen mit dem von Innenminister Beuth initiierten Netzwerk zur Prävention und Intervention gegen islamistischen Fundamentalismus ein Vorreiter in Deutschland.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, islamistischer Fundamentalismus gehört nicht zu Deutschland. Versuchen von Islamisten, unsere Gesellschaft im islamistischen Sinne zu beeinflussen, zu verändern, gilt es entgegenzutreten: auf dem Schulhof, im Vereinsleben, in der Jugendarbeit, wenn verdeckt oder unverhohlen Drohungen ausgesprochen werden, wenn die Meinungs- und Kunstfreiheit angegriffen werden, bei antisemitischen Attacken, wenn islamische Extremisten Einzelne oder die Gesellschaft insgesamt einzuschüchtern versuchen und auch bei Aggressionen, die Deutschen wegen ihrer Kultur oder wegen ihrer Andersgläubigkeit widerfährt.
Deshalb basiert der Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Überzeugung von der Unantastbarkeit der Würde des Menschen, der Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, der Gleichberechtigung von Männern und Frauen und auf der Überzeugung von der Überlegenheit unserer Rechts- und Werteordnung als Kontrapunkt zur Engstirnigkeit und Verbohrtheit der Fundamentalisten – einer Überlegenheit, die wir uns über Jahrhunderte erarbeitet haben. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Wenn wir es so sehen, dann gehört zu diesem Engagement nicht nur das Tätigwerden von staatlichen Stellen, sondern nach Möglichkeit der ganzen Gesellschaft.
Damit wir uns richtig verstehen: In unserer freiheitlichen Demokratie darf für jede Religion eingetreten und geworben werden. Darauf können wir stolz sein, und darauf sind wir stolz. Doch die Hassprediger und Islamisten suchen Mitstreiter für ihren blutigen Kampf gegen Andersdenkende und Andersgläubige. Dem Ziel einer islamistischen, undemokratischen und frauenfeindlichen Gesellschaft auf deutschem Boden müssen wir entgegentreten.
Wie ich bereits sagte, ist die Landesregierung schon genügend sensibilisiert und engagiert unterwegs. Das ist auch richtig so. Wenn wir durch eine zusätzliche Anhörung wei
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung muss geschützt werden – auch, damit sie in Zukunft ein Garant für viele Freiheitsund Menschenrechte, auch das Recht auf Religionsfreiheit für Christen, Juden, Moslems und Andersgläubige, ist. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer darauf hinweist, dass Anhörungen dazu dienen, dass man als Abgeordneter dieses Hauses das eine oder andere dazulernt, dem empfehle ich, sich einmal die Anhörung aus dem Jahr 2010 im Hessischen Landtag zu Gewalt und Extremismus anzuschauen.
Bei dieser Anhörung haben wir uns mit genau diesem Phänomen beschäftigt, Herr Kollege Schaus. Es wäre gut, wenn Sie das eine oder andere davon lesen würden. Das, was Sie hier vorgetragen haben, kann – zumindest von meiner Seite – nur als unterirdisch bezeichnet werden. Herr Kollege Schaus, Sie müssen irgendwann einmal die Frage beantworten, wo Sie beim Sammeln von Stimmen, um über die 5-%-Hürde zu kommen, einen Trennstrich zu Extremisten ziehen.
Es ist gut, dass wir heute Gelegenheit haben, über Islamismus, über Salafismus und über die Problematik zu diskutieren, warum junge Menschen für diese Ideologien anfällig sind. Warum wenden sich junge Menschen, die in Deutschland geboren sind, die hier aufgewachsen sind, die aus unterschiedlichen Schichten mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen kommen, solchen Gruppen zu? Liebe Kolleginnen und Kollegen, Jugendliche werden ja nicht als Salafisten oder Extremisten geboren. Jugendliche suchen Identität, sie suchen Halt, sie suchen Orientierung. Offensichtlich ist es so, dass diese Gruppen ihnen genau das geben – Halt in der Gruppe, das dazugehörige Gruppenerlebnis, Orientierung bei der Auslegung des Glaubens, vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen.
Es gibt aber auch Jugendliche, die zu Veranstaltungen bekennender Hassprediger gehen, weil diese mittlerweile einen gewissen Kultstatus erlangt haben. Das kann man in der „Hessischen Polizeirundschau“ nachlesen, die zu diesem Komplex berichtet hat. Ich darf zitieren:
Die öffentlichen Auftritte von Prediger Pierre Vogel wirken hierbei wie ein popkulturelles Phänomen. Hunderte junger Zuhörer lauschen den Vorträgen und umringen ihn wie einen Superstar, wenn er den Medien ein Interview gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht jeder, der zu diesen Veranstaltungen geht, ist ein überzeugter Salafist. Wir müssen uns aber vertieft mit der Frage beschäftigen: Wie schaffen wir es, der Anziehungskraft der Salafisten etwas entgegenzusetzen und zu zeigen, dass der von ihnen gesuchte und gegangene Weg der falsche ist?
Die Erkenntnisse zu radikalen Islamisten liegen auf der Hand. Die Berichte der Sicherheitsbehörden liegen vor. Bundesweit gibt es nach diesen Erkenntnissen zwischen 5.000 und 6.000 Salafisten. Im Rhein-Main-Gebiet sind es etwa 1.200 Personen.
Besondere Sorgen bereitet den Sicherheitsbehörden dabei, dass junge Männer nach Syrien ausreisen, um sich an Kampfhandlungen zu beteiligen. Sie kehren radikalisiert und mit Kampferfahrung nach Deutschland zurück.
Mit großer Sorge sehen wir, dass die Radikalislamisten ihren Nachwuchs teilweise an hessischen Schulen suchen. Das muss uns befremden. Dagegen müssen wir vorgehen.
2013 sind rund 300 Personen aus Deutschland nach Syrien ausgereist, 30 davon aus Hessen, 23 Personen aus dem Rhein-Main-Gebiet, darunter vier Minderjährige im Alter von 16 und 17 Jahren. Mehr als 20 Menschen haben bei solchen Einsätzen ihr Leben verloren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Zahlen sind erschreckend und müssen uns dringend zu gemeinsamem Handeln zwingen. Ich betone: zu gemeinsamem Handeln. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, gegen Hass und gegen Intoleranz in diesem Lande vorzugehen.
Unsere freie und offene Gesellschaft muss verteidigt werden. Wir müssen deutliche Stoppschilder aufstellen. Die freie Religionsausübung steht nicht zur Disposition. Die Trennung von Staat und Kirche ist bei uns Prinzip. Wir wollen nicht, dass das politische und gesellschaftliche Leben religiös begründeten Normen unterworfen wird. Die Gleichstellung von Männern und Frauen wird durch Art. 3 des Grundgesetzes geschützt. Die sexuelle Orientierung ist Sache des Einzelnen. Die Meinungsfreiheit, die Grundund die Menschenrechte sind unveräußerliche Bestandteile unseres Zusammenlebens. Das Grundgesetz ist das, was uns leitet, verbindet und zusammenhält. Das müssen wir immer wieder betonen.
Genau das müssen wir denen entgegenhalten, die Hass und Intoleranz predigen. Deshalb müssen wir vielfältige Maßnahmen ergreifen, um diese Form des Extremismus zu bekämpfen.
Ich will nicht verschweigen, dass die vorige Landesregierung in diesem Bereich bereits Maßnahmen ergriffen hat. Ich erinnere an die Initiativen von Boris Rhein – Stichwort: Hessisches Kompetenzzentrum gegen Extremismus und Beratungsnetzwerk. Aber auch die Einführung des islamischen Religionsunterrichts war ein wichtiger Schritt.
Das reicht aber leider noch nicht aus. Wir brauchen eine Mischung aus verschiedenen Maßnahmen, auf der einen Seite repressiver Maßnahmen, auf der anderen Seite eine verstärkte Präventionsarbeit. Wir brauchen Programme zur Deradikalisierung, und wir brauchen Hilfen zum Ausstieg aus dieser gefährlichen extremistischen Szene. Wir müssen den jungen Menschen einen Weg zeigen, wie sie sich aus diesen Kreisen wieder befreien können.