Erstens sind Salafisten nicht per se militant, geschweige denn alle terroristisch. Unter Muslimen ist nur eine verschwindende Minderheit salafistisch und von denen wiederum nur eine Minderheit gewaltbereit. Woher nehmen Sie also Ihre Behauptungen, vielmehr Ihre Unterstellung, das seien alles Terroristen? Woher nehmen Sie die Behauptung, der Staat sei in Gefahr, und wir stünden vor der Errichtung eines Gottesstaates? – Das ist doch absurd.
Auf der letzten Großkundgebung, angesprochen von Herrn Greilich, von Pierre Vogel waren gerade einmal 200 Anhänger, aber doppelt so viele Gegendemonstranten. An dieser Stelle bin ich sehr dankbar dafür, dass die Gegendemonstranten da waren. Dort habe ich im Übrigen die FDP nicht erlebt. Die Salafisten haben im Moment offenbar eben nicht den großen Zulauf.
Zur Vermeidung von Missverständnissen: Auch ein paar Hundert Salafisten im Rhein-Main-Gebiet sind ein Grund, sich besorgt und entschieden damit auseinanderzusetzen.
Auch Sympathisanten oder Verbindungen von wenigen zu militanten Organisationen oder die Teilnahme an Kämpfen sind ein Grund zur Sorge. Das will und werde ich nicht relativieren.
Aber ich sehe dadurch nicht den Rechtsstaat und unsere demokratische Grundordnung gefährdet, geschweige denn Hessen kurz vor der Errichtung eines Kalifats. Das ist doch eine völlig absurde Überhöhung.
Die FDP stellt in ihrem Antrag keine Fragen, sondern sie beschwört Ängste und Ablehnung. Das macht mir wiederum Angst, weil doch gerade das Schüren von Ängsten und Ablehnung genau das ist, woraus Salafisten ihre wichtigste Nahrung beziehen. Dem geben Sie seit Wochen eine Bühne – in der plumpen Hoffnung, sich selbst als große Salafistenbekämpfer aufzuführen. Das schadet der Sache mehr, als es nutzt.
Sie sprechen in Ihrem Antrag auch von dem Übergriff radikalislamischer Salafisten in Frankfurt. Ich weiß bislang nichts von Übergriffen, Herr Greilich. Ich weiß von einer Strafanzeige, die übrigens die FDP, ohne mit den Betroffenen gesprochen zu haben, selbst gestellt hat. Der Vorfall selbst war aus Sicht der Betroffenen unterhalb der Schwelle des Übergriffs. Sie wollten ihn deshalb auch selbst gar nicht anzeigen. Das hat dann die FDP für sie übernommen.
Gewiss, die Vorgänge um die vorübergehende Schließung des Jugendhauses in Frankfurt dürfen nicht bagatellisiert werden. Aber sie dürfen auch nicht hochgespielt werden, um sie parteipolitisch auszuschlachten. Das findet hier statt.
Wenn man die soziale Frage in Deutschland und den Zusammenhang zwischen immer weiterer Eskalation, Aufrüstung und Krieg im Nahen und Fernen Osten und die Rolle, die der Westen dabei leider spielt, ausblendet, dann fehlt eben leider eine wesentliche Erklärung dafür, warum sich einzelne Jugendliche radikalisieren.
DIE LINKE wird deshalb in der Anhörung die Fragen stellen, die die FDP von vornherein ausgeklammert hat.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Regelfall melde ich mich sicherlich nicht zu Kurzinterventionen, nachdem Vertreter der LINKEN gesprochen haben. Das ist im Regelfall nicht sonderlich sinnvoll und nicht notwendig. Hier geht es aber um etwas mehr als die Frage, was im Diskurs erforderlich ist. Hier geht es darum, einmal klarzustellen, was in diesem Hause mehrheitsfähig ist und was nicht.
Eines sage ich sehr klar. Ich sage das deswegen so klar, weil Herrn Schaus das nicht etwa nur rausgerutscht ist, sondern weil er es offensichtlich vorgelesen hat. In der Tat, Herr Schaus: Man muss Salafisten nicht mögen. Im Gegenteil: Wir müssen hier dagegen aufstehen, wenn es Menschen gibt, die erklären, dass sie hier den Gottesstaat errichten wollen und dass sie hier der Scharia zum Durchbruch verhelfen wollen. Das heißt nicht, dass sie das können. Aber wir müssen uns dagegen stellen. Ansonsten bringen wir unseren Rechtsstaat in Gefahr.
(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Das ist die eine sehr klare Botschaft, die von dieser Debatte hier ausgehen muss – auch an Frau Wissler, vor allem aber auch an die Bürger in unserem Lande. Wenn in Hessen radikale Extremisten ihr Gesicht zeigen und gegen den Rechtsstaat aufstehen, dann steht dieses Parlament dagegen – egal, ob das Salafisten sind, ob dort Rechtsextremisten mit marschieren, oder ob dort Linksextremisten mit marschieren.
Für uns ist jede Art des Extremismus, die unseren Rechtsstaat bedroht, eine, der wir uns entgegenstellen, und zwar mit aller Entschlossenheit.
Ich sage als Letztes ganz klar dazu – und das war ein Punkt, warum ich mich überhaupt gemeldet habe: Wir haben das heute schon einmal erlebt. Vorhin war es der Kollege van Ooyen, der in einer Art und Weise hier zu der Problematik der Demonstrationen
ich komme zum Ende – und zu der Situation in Israel gesprochen hat, die – ich sage das einmal vorsichtig – hart daran vorbeiging, dass sich der Ältestenrat damit beschäftigen musste.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Herr Greilich, ich finde, wir sollten uns der Mühe unterziehen, mit kühlem Kopf an dieses, wie ich finde, bedenkenswerte und schwierige Problem heranzugehen. Deshalb wende ich mich auch dagegen – weil Ihre Diktion eine andere ist –, dass die Federführung einer solchen Anhörung im Innenausschuss erfolgt. Das heißt doch letztendlich, dass polizeiliche Maßnahmen und Verfassungsschutzmaßnahmen im Vordergrund stehen. Das führt in der Tat nicht dazu, dass man den Zulauf zu einer solchen, wie ich finde, völlig falschen Bewegung und Entwicklung verhindert. Ich finde es auch bedrohlich und bedenklich, wenn Kinder in den Krieg ziehen und dafür geworben wird. Das ist doch selbstverständlich.
Wie aber gehen wir an diese Frage heran: mit polizeistaatlichen Maßnahmen oder mit sozialstaatlichen Maßnahmen? Das ist hier die Frage.
Herr Greilich, was Sie wollen, ist sehr vordergründig, sehr klar, und das hat sehr viel mit der Situation Ihrer Partei zu tun, mit der Profilierung in dieser Frage durch polizeistaatliche Maßnahmen.
Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen. Wir lehnen diese Diktion ab, die Sie hier vorgetragen haben. Der Koalitionsantrag ist wesentlich differenzierter als das, was Sie hier vorgelegt haben. Ich hätte es selbst nie für möglich gehalten, so etwas zu sagen. Dem Koalitionsantrag werden wir zustimmen, in der Hoffnung und mit dem Appell daran, dass der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss
mit der Vorbereitung dieser Anhörung befasst wird. Nur dann haben wir die Chance, die Jugendlichen daran zu hindern, dorthin abzuwandern.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines vorweg: Herr Schaus, der Innenausschuss und die Innenpolitiker sind auch für Prävention zuständig, auch für Information, gerade wenn es um Extremismus und andere Gewaltdelikte geht. Insofern ist der Antrag dort mit Sicherheit gut aufgehoben.
Wenn Ihnen zur Erwiderung auf das, was der Kollege der FDP Ihnen gesagt hat, nicht mehr einfällt, dann ist dies bedauerlich.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, eines möchte ich gleich zu Beginn betonen: Die CDU verurteilt jedwede Form des Extremismus. Ob Links- oder Rechtsextremisten, islamistische Fundamentalisten oder andere – alle müssen mit Nachdruck und Konsequenz an ihrem Wirken gehindert werden. Wie ich bereits sagte, machen wir dabei keinen Unterschied.