Ich gebe nur wieder, was in den Zeitungen stand und was in Hintergrundgesprächen von Ihrer Seite angeblich gesagt worden ist. Ich war nicht dabei; aber so wurde es verkauft, und so stand es in den Zeitungen. Ich bin Zeitungsleser und gebe das nur wieder.
Das wäre eine Mogelpackung. Es ist der Versuch, über ein technisches Verfahren, je nach Wetterlage und Flugbewegungen und nach vielen anderen Varianten, von der Deutschen Flugsicherung beurteilen zu lassen, ob man auf einzelnen Landebahnen häufiger landen und dafür andere Bahnen entlasten kann. Es ist eine Möglichkeit; es ist nicht mehr, und es ist nicht weniger.
Kollege Arnold, es ist eine Möglichkeit, aber mehr ist es nicht. – Es ist nicht so, dass sich die Leute darauf verlassen können, sondern es wird von der Deutschen Flugsicherung jeden Tag neu beurteilt. Das wollen wir auch einmal gemeinsam feststellen. Daran geht kein Weg vorbei. Daher ist es zum Schluss – Kollege Rock hat es gesagt – ein Verschiebebahnhof in der Region.
Ich will einmal einen Punkt herausgreifen, der mich wirklich stört. Natürlich kann man – das finde ich nicht falsch – mit fünf Varianten in die Region gehen und der Region sagen: „Das sind meine Varianten; diese haben wir gemeinsam erarbeitet“. Natürlich haben Sie dazu auch etwas beigetragen. Das stimmt. Wenn man im Hintergrund ein bisschen damit droht, man müsse möglicherweise an den Planfeststellungsbeschluss ran und die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern, sind viele schnell gefügiger. Das ist gar keine Frage. Diese Leistung würde ich Ihnen auf jeden Fall aktiv in Ihr Pflichtenheft schreiben, Herr Staatsminister.
Fakt ist aber: Wenn man das so macht, wenn man der Region fünf Varianten vorschlägt, dann kann man sich mit den Vertretern dieser Region gern an einen Tisch setzen und über diese Varianten diskutieren. Man kann auch gern eine Anhörung machen, aber zum Schluss muss man den Mut – man könnte es auch mit einem spanischen Begriff sagen – haben, etwas zu entscheiden, und nicht von einer Region eine Entscheidung verlangen, die zum Schluss so viele Wiedersprüche hat, dass sie diese Entscheidung gar nicht treffen kann.
Das ist das Letzte, was diese Region braucht: dass man von politischer Seite nicht den Mut hat. Ich erinnere mich an Zeiten, als diese Landespolitik in den letzten zehn Jahren viel Mut hatte, nach Diskussionen auch Entscheidungen zu treffen. Dann muss man auch diese Entscheidung treffen. Ich frage Sie – das würde mich heute interessieren, im Obleutegespräch haben Sie dies dem Kollegen Rock beantwortet –: Was machen Sie denn, an dem Tag, an dem die Region sagt, aufgrund der widerstreitenden Interessen sei sie nicht in der Lage, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. – Herr Kollege Al-Wazir, dann werden Sie die Entscheidung treffen. Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass Sie dann diese Entscheidung treffen, dass Sie so viel Mut haben, die Region nicht im Regen stehen zu lassen, wenn Sie so kluge Vorschläge gemacht haben.
Ich komme zu einem zweiten Punkt. Das Terminal 3 ist die Achillesferse der grünen Landespolitik. Dort sind die Beschlusslagen, dort sind die Äußerungen am klarsten. Jetzt sieht es so aus, dass das Terminal 3 gebaut wird. Ich sage hier klar und offen: Ich, meine Partei und meine Fraktion und das durch uns verantwortete Ministerium haben alles
dafür getan, dass dieses Terminal gebaut wird. Auch das war Herrn Kollegen Al-Wazir bekannt. Es ist ja nicht so gewesen, dass er die Arbeit der letzten Landesregierung nicht aufmerksam verfolgt hätte. Das Terminal 3 ist für Fraport ein Zukunftsprojekt, und es fällt mir in dieser Debatte wirklich schwer, auch von dieser Landesregierung zu hören, was denn endlich an Rahmenbedingungen positiver Art geschaffen wird, um den Flughafen weiter nach vorne zu bringen. Darauf hätte ich gern einmal Antworten.
Es ist eben so, dass es eine Koalition mit den GRÜNEN nicht zum Nulltarif gibt. „Nicht zum Nulltarif“ bedeutet auf der anderen Seite auch, dass man den Flughafengegnern die Verantwortung gibt, nicht nur im operativen Bereich – Umwelt- und Wirtschaftsministerium und zuständigem RP –, sondern vor allen Dingen auch durch ein Aufsichtsratsmitglied, damit dann dort möglicherweise Entscheidungen hinterfragt werden.
Herr Kollege Boddenberg, um es einmal rechtlich zu sagen: Wenn Sie Probleme mit dem Vorstand dieser Aktiengesellschaft haben, dann haben Sie aktienrechtliche Möglichkeiten, damit umzugehen. Außer im Falle des § 84 Aktiengesetz, „Abberufung des Vorstands“, leitet der Vorstand sonst nach § 76 Aktiengesetz die Geschäfte in eigenem Ermessen, und nach § 93 Abs. 1 muss er die erforderliche Sorgfalt an den Tag legen.
Wenn Sie daran Zweifel haben, dann sollten Sie die aktienrechtlichen Verfahren einleiten. Wenn Sie daran keinen Zweifel haben, dann lassen Sie die Geschichten mit teuren Gutachten; die haben Sie überhaupt nicht in Auftrag zu geben, meine Damen und Herren. Das rechtliche Geschäft macht der Schulte mit seinen Leuten, und zwar ziemlich gut. Wenn Sie daran Zweifel haben, dann diskutieren Sie es mit Herrn Kaufmann im Aufsichtsrat, aber machen Sie kein großes Bohei mit irgendwelchen Gutachten, und versuchen Sie nicht, die Leute in diesem Lande für dumm zu verkaufen.
Ich frage mich abschließend wirklich – abgesehen von den Kosten, die das alles letztendlich noch aufwerfen wird –: Was glauben Sie denn eigentlich, wie das auf ausländische Mitbewerber wirkt, was hier passiert? – Der zuständige Wirtschafts- und Verkehrsminister hinterfragt die Entscheidung einer Aktiengesellschaft, wo das Land unbestritten Gesellschafter ist.
Nur, Herr Kollege Boddenberg, die Gesellschafterfunktion ist keine politische; andere Gesellschafter haben nicht die Möglichkeit, öffentliche Gutachten, die vom Steuerzahler bezahlt werden, in Auftrag zu geben, sondern die wenden die aktienrechtlichen Vorschriften an.
Frau Präsidentin, deshalb mein letzter Satz. – Ich frage einmal: Was ist das eigentlich für ein armseliges Bild, das unser Bundesland im Vergleich zu Mitbewerbern im Middle East, in Istanbul, in Europa, abgibt, wenn es darum geht, dass dieser Flughafen unsere Wirtschafts- und Jobmaschine ist? – Das muss alle anderen zum Lächeln bewegen, wenn die sehen, wie wir mittlerweile mit unserem größten Asset, mit unserem größten Trumpf, umgehen; die werden sich sicherlich freuen, wenn das so weitergeht, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, dies kann ich mir jetzt nicht verkneifen, weil Sie gerade eine lange Rede darüber gehalten haben, dass sich die Landesregierung raushalten und quasi den Flughafen Flughafen sein lassen solle: Zum einen bin ich der Meinung, dass sich dieser Flughafen noch immer mehrheitlich in öffentlichem Besitz befindet. Von daher bin ich schon der Meinung, dass man da auch mitreden kann. Zum anderen geht es um die Gesundheit der Menschen in der Region.
Und ich will noch einmal sagen: Wenn Sie diesen Grundsatz als Wirtschaftsminister beim Flughafen Kassel-Calden hätten walten lassen, dann hätten wir hier sehr viel Geld sparen können. Dort haben Sie es für nötig gehalten, mit vielen Steuergeldern sozusagen einen Staatsflughafen aufzubauen, für den es nicht einmal eine Nachfrage gibt. Von daher finde ich es interessant, wie Sie sich hier als jemand gerieren, der sich aus der Wirtschaft immer heraushält. Die FDP hält sich dort aus der Wirtschaft raus, wo es ihr passt, und woanders versenken Sie Millionen in einen Flughafen, den kein Mensch braucht. So viel dazu.
Ich will aber zu einem anderen Flughafen zurückkommen und zunächst einmal klarstellen: Meine Partei hat mit Blick auf den Flughafen immer eine klare Position vertreten. Das muss man nicht teilen, aber man kann es anerkennen. Bei uns hängt die Meinung innerhalb der Partei nicht davon ab, in welchem Landkreis man gerade ist. Wir haben eine einheitliche Position – im Land und in Frankfurt. Deshalb kann man uns nicht vorwerfen, dass wir hierzu an allen Stellen verschiedene Positionen vertreten würden. Auch das unterscheidet uns von anderen Parteien. Das kann und muss man nicht richtig finden, aber das sollte man zur Kenntnis nehmen. Wir haben es immer abgelehnt. Natürlich haben wir auch immer konkrete Vorschläge gemacht, was man verändern kann.
Man muss sehen, dass wir mit der Fraktion DIE GRÜNEN in der letzten Legislaturperiode große Überschneidungen hatten; wir hatten eine ganze Menge an gemeinsamen Forderungen. Ich finde es schade, dass Sie sich von diesen
Forderungen verabschieden. Aber deswegen können Sie uns ja schlecht vorwerfen, dass wir diese Forderungen aufrechterhalten und dass für uns unser Wahlprogramm nach wie vor Gültigkeit hat. Deshalb bin ich der Meinung, dass dies nach wie vor die Kernfrage ist: Wollen wir akzeptieren, dass es lauter und immer lauter wird, oder wollen wir, dass es leiser wird? – Wer Lärm reduzieren will, muss bei der Anzahl der Flugbewegungen ansetzen. Es gibt überhaupt keine andere Möglichkeit, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Also Sie wollen die Bahn schließen? Das hatte ich vergessen!)
Herr Boddenberg, vielleicht wäre es bei Ihnen auch einmal an der Zeit für eine Lärmpause, wenn Sie dauernd dazwischenrufen.
Vielleicht können Sie mit gutem Beispiel vorangehen; vielleicht ist die Lärmpause auch für Sie möglich. Es müssen keine sieben Stunden sein, aber ein paar Minuten wären schon einmal ganz schön.
Herr Minister, Sie haben gesagt, es sei ein Wert an sich, wenn man sich sicher sein könne, dass man eine Stunde mehr hat. Das Problem ist aber doch gerade, dass man sich gar nicht sicher sein kann. Sie haben doch auch selbst gesagt, dass die Modelle instabil sind, dass sie insbesondere bei vorherrschendem Westbetrieb instabil sind. Sie haben auch gesagt, dass es natürlich eine freiwillige Vereinbarung sei, die die DFS jederzeit abbrechen können müsse. Das heißt also: Wenn wir ein Gewitter oder einen unvorhersehbaren Wind haben
„einen Vulkanausbruch“, genau, Herr Boddenberg; man kann es auch ins Lächerliche ziehen; ich versuche, mich hier ernsthaft mit Ihren Vorschlägen auseinanderzusetzen –, wenn man beispielsweise irgendwo an einem Flughafen einen Streik hat, kann man heute sagen, auch wenn dort gestreikt werde, landet hier nach 23 Uhr kein Flugzeug mehr, weil wir ein Nachtflugverbot haben; das geht bei den Lärmpausen nicht.
Das Problem ist: Für die Fluggesellschaften gibt es eine Betriebsgenehmigung, die außer von 23 bis 5 Uhr gilt. Das ist ein Modell, das rein auf Freiwilligkeit setzt. Glauben Sie denn im Ernst, wenn die Fluggesellschaften merken, dass es Probleme mit der Kapazität und Einschränkungen im Flugbetrieb gibt, dass sie es hinnehmen werden? Nein, sie werden dagegen klagen und letztlich auch Recht bekommen.
Das ist genau das Problem, das wir beschreiben. Warum gehen Sie nicht den Weg eines Planänderungsverfahrens, um das rechtssicher zu machen? Es steht doch im Koalitionsvertrag. Warum machen Sie das auf dieser freiwilligen Basis, bei der niemand damit rechnen kann, dass er sieben Stunden Ruhe hat; es sei denn, er schaut sich genau an, wie die Windrichtung ist, ob ein Gewitter aufzieht oder ob es sonst irgendetwas auf der Welt gibt, was den Frankfurter Flugverkehr in irgendeiner Weise beeinflussen kann? Das ist das Problem.
Je größer die Zahl der Flugbewegungen, desto instabiler wird das System. Wenn wir an die 133 Flüge in den Nachtrandstunden kommen, dann stellt sich die Frage, wie oft wir die Lärmpausen tatsächlich erleben.
Deswegen sagen wir: Es ist eine Mogelpackung, die Sie hier vorlegen. Die Illusion zu schüren, wenn die Südbahn nicht angeflogen wird, dafür die Centerbahn, oder umgekehrt, dass die Menschen dann mehr Ruhe haben, ist doch wirklich hanebüchen. Die Menschen, die unter diesen Bahnen leben, glauben Ihnen das auch nicht, weil sie es einfach besser wissen.
Ich habe auch die Frage gestellt, ob es die Gefahr gibt, dass wir am Ende mehr Nachtflüge haben. Wenn es nämlich aufgrund der Lärmpausen im Betriebsablauf zu Verzögerungen kommt, wird das Ministerium einer Fluggesellschaft nicht verbieten können, auch nach 23 Uhr zu starten oder zu landen, wenn die Verzögerung vom Flughafen selbst verursacht wurde.
Wir sind der Meinung, weniger Lärm geht nur durch eine Reduzierung der Zahl der Flugbewegungen. Wir reden jetzt hier über die Lärmpausen. Aber was da faktisch passiert, ist doch, dass gerade alle Grundlagen dafür geschaffen werden, dass es in den nächsten Jahren lauter wird.
Davor kann man doch die Augen nicht verschließen. Wir haben einen gültigen Planfeststellungsbeschluss, in dem die Rede von 700.000 Flugbewegungen ist. Das bedeutet – würde das eintreten – eine Zunahme um fast ein Drittel.