Die Behauptung, dass die Kommunen an ihrer Lage selbst schuld seien – das ist ja das Bild, das vom Finanzminister und von der Landesregierung an dieser Stelle regelmäßig gestellt wird –,
In vielen Verwaltungen gibt es kaum noch freiwillige Leistungen, die gekürzt, oder Gebühren, die weiter erhöht werden könnten – da ist inzwischen das Ende der Fahnenstange erreicht.
Dem wurde noch der Satz angefügt, eine echte finanzielle Sanierung der Kommunen sei durch einen Sparkurs kaum möglich. Das sagt kein Sozialdemokrat, sondern das war das Ergebnis der Studie von Ernst & Young. Mit Sparen, Sparen, Sparen sind die hessischen Kommunen nicht mehr zu retten. Sie brauchen endlich eine angemessene Finanzausstattung. Sie brauchen mehr Mittel, um ihre Aufgaben zu erfüllen.
Aber die Landesregierung sowie CDU und GRÜNE machen das Gegenteil. Ich finde, es ist wirklich ein Skandal, dass das Land seit Jahren nicht bereit ist, den Kommunen für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die das Land zu erfüllen hat, die das Land aber den Kommunen übertragen hat, nämlich die Unterbringung von Flüchtlingen, die Aufwendungen zu erstatten, die die Kommunen haben.
Das ist und bleibt ein Skandal. – Der Kollege hat eben das Wort „Schwätzer“ dazwischengerufen. Dann prüfen wir doch einmal für diesen schwätzenden Zwischenrufer die Fakten ab.
Meine Damen und Herren, es gibt eine Aufstellung, die vom Hessischen Rechnungshof bestätigt worden ist, die besagt, dass die Kommunen seit Jahren in diesem Bereich viel mehr ausgeben müssen, als die Landesregierung an Mitteln zur Verfügung stellt. Die Summe der aufgelaufenen Defizite bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten beträgt allein für diesen Bereich über 200 Millionen €. Jetzt kündigen Sie an – auch im Gegenantrag von CDU und GRÜNEN –, im Jahre 2015 werde es mehr Mittel geben, nämlich 30 Millionen €. Wissen Sie, was der Landkreistag errechnet hat? Er hat errechnet, dass alleine die Kostensteigerungen im nächsten Jahr 90 Millionen € betragen werden. Das heißt, am Ende wird das Defizit nächstes Jahr um 60 Millionen € höher sein als das Defizit, das dieses Jahr aufgetreten ist. Und da rufen Sie „Schwätzer“ dazwischen. Das ist nicht nur persönlich unangemessen, sondern das ist eine Sauerei gegenüber den Kommunen.
Frau Präsidentin, ich weiß, das war nicht parlamentarisch. Ich nehme das Wort „Sauerei“ zurück. Im Übrigen ist das aber völlig unfair und völlig unangemessen, und ich halte es auch für verfassungswidrig. Meine Damen und Herren, ziehen Sie selbst die Schlussfolgerung, wie Sie diese Situation bezeichnen wollen.
Auch bei der Finanzierung der Kinderbetreuung lässt das Land die hessischen Kommunen seit Jahren im Stich. Es
gibt ein wunderschönes Beispiel für das unterschiedliche Verhalten von Sozialdemokraten und Schwarzen hier im Land. Zu der Zeit, als die Regierung Koch die Regierung Eichel abgelöst hat – das war übrigens eine rot-grüne Regierung –, wurden pro Jahr 100 Millionen DM zusätzliche Landesmittel für die Kinderbetreuung in den Kommunalen Finanzausgleich eingebracht. Wissen Sie, was die erste Aktion im ersten Haushalt von Schwarz-Gelb war? Diese Mittel sind gestrichen worden. Die Philosophie, den Kommunen keine ausreichenden Mittel für die Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen, setzte sich durch. Wir Sozialdemokraten haben in Hessen bewiesen, dass wir das anders machen. Meine Damen und Herren von der CDU, Ihre erste Tat war, die Mittel für die Kinderbetreuung zu kürzen. Diese Philosophie von Schwarz-Gelb setzt sich unter Schwarz-Grün leider fort.
Auch da – das muss ich mit Verlaub sagen – sind anscheinend die Gelben durch die GRÜNEN nur ersetzt worden.
Die anstehende Reform des Kommunalen Finanzausgleichs ist notwendig geworden, weil es ein Urteil des Staatsgerichtshofs gibt, das besagt, der hessische Kommunale Finanzausgleich ist verfassungswidrig. Das Urteil ist auf eine Klage der Stadt Alsfeld ergangen. Die Reform lässt aber kaum Gutes erwarten – im Gegenteil. Ich glaube, am Ende werden die Kommunen von dieser Reform in ihrer Gesamtheit nichts haben. Die Landesregierung ist anscheinend nicht bereit, die Kommunen in Hessen angemessen zu finanzieren. Der Fraktionschef der GRÜNEN, der Kollege Mathias Wagner, hat das sehr unverblümt gesagt.
Der Finanzminister macht es etwas geschickter, aber wenn man auf die Zwischentöne hört, wird man feststellen: Es soll nicht mehr geben. – Mathias Wagner hat es aber bei einer Veranstaltung im Werra-Meißner-Kreis sehr deutlich, klipp und klar, wie es seine Art ist, dargestellt. Nach einem Bericht der „Werra-Rundschau“ hat er gesagt, das Land habe kein Geld für die Kommunen, und im Zuge der Neuordnung des KFA könnten die Kommunen in der Summe nicht mit mehr Geld vom Land rechnen.
Die Katze ist aus dem Sack. Es werden große Rechnungen angestellt, aber die haben alle nur ein Ziel: Am Ende soll so gerechnet werden, dass das Land den Kommunen nicht mehr Geld geben will, weil es angeblich kein Geld hat. – Das hat Mathias Wagner sehr offen und deutlich gesagt.
Das heißt, es wird so sein. Ich finde, er hat das unverblümt gesagt. Man hört zwar die ganze Zeit davon, aber endlich gibt es jemanden aus den Koalitionsfraktionen, der das belegbar ausgesprochen hat, der den Mut hatte, das zu tun.
Damit steht die ganze Aktion, die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs, unter der Vorgabe des Finanzministers und der gesamten Regierung, dass am Ende so gerechnet werden muss, dass die hessischen Kommunen nicht mehr Geld bekommen. Die Folge wird sein, dass sich die Defizite weiter aufhäufen werden, dass die hessischen
Kommunen weiterhin die Kommunen in Deutschland sein werden, die die höchsten Defizite haben, die Kommunen in Deutschland sein werden, die die wenigsten Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringen, die Kommunen sein werden, die radikal sparen müssen, die Kommunen sein werden, die wichtige öffentliche Einrichtungen, z. B. Schwimmbäder und Sportanlagen, schließen müssen und weiterhin an der Gebührenschraube drehen werden. Das wird das Ergebnis der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs sein. Das finden wir unangemessen.
Wir können und werden eine solche Situation auf die Dauer und auch kurzfristig nicht weiter hinnehmen. Wir werden das jedes Mal mit Ihnen diskutieren, bis endlich ein verfassungsmäßiger Zustand in Hessen erreicht ist. So kann es nämlich in der Tat nicht weitergehen. Uns als Sozialdemokraten liegen die Kommunen am Herzen. Deshalb werden wir die Lage der Kommunen in diesem Hause weiterhin zum Thema machen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter verschiedenen Überschriften macht die SPD-Fraktion zum wiederholten Male die kommunalen Finanzen zum Setzpunkt – ohne neue Erkenntnisse, ohne neue Argumente und, wie immer, ohne Vorschläge.
Damit werden Sie den Kommunen und deren finanzieller Situation nicht gerecht. Den Kommunen im Lande Hessen helfen Sie damit schon gar nicht.
Ich denke – das gilt auch für die CDU-Fraktion und für unseren Koalitionspartner –, dass die Situation differenziert zu betrachten ist, um die richtigen Antworten zu finden. Das Mantra, dem Kommunalen Finanzausgleich seien 340 Millionen € entzogen worden, ist dabei wenig hilfreich und geht an der Sache vorbei.
Betrachten wir zunächst die Finanzsituation der Kommunen: Das kommunale Defizit im ersten Halbjahr 2013 betrug 774,6 Millionen €. Im ersten Halbjahr 2014 betrug dieses Defizit noch 217,6 Millionen €.
Dies zeigt, dass sich die Gesamtheit der hessischen Kommunen sehr wohl der finanziellen Verantwortung bewusst ist, Anstrengungen unternimmt
Zur finanziellen Situation gehört auch – da beziehe ich mich auf den Kommunalbericht 2013 des Hessischen Rechnungshofs –, dass die hessischen Kommunen im Vergleich der Flächenländer über die dritthöchsten Einnahmen verfügen. Sie haben nur vorgetragen, dass sie über die höchsten Ausgaben verfügen, nicht aber diesen ersten Punkt.
Die Höhe der von den hessischen Kommunen erzielten Einnahmen je Einwohner hätte in der Mehrzahl der anderen Flächenländer ausgereicht, die Ausgaben je Einwohner zu decken.
Es müssen doch die Fragen erlaubt sein, warum es die höchsten Ausgaben bei den dritthöchsten Einnahmen sind und warum Kommunen in anderen Ländern in der Lage sind, damit auszukommen.