Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

Selbst die Sozialdemokraten, die sich in den Kommunen notgedrungen auf den Schutzschirm eingelassen haben, werden mittlerweile verstanden haben, dass dieser Schutzschirm nicht nur der Knirps ist, unter dem man immer noch nass wird. Vielmehr wird man, wenn man versucht, sich mit 99 anderen unter einen Schirm zu stellen, sicherlich auch nass bleiben.

Wir meinen, dass dieser Schutzschirm ein Schlagstock ist, mit dem die Landesregierung auf die kommunale Selbstverwaltung einschlägt. Glauben Sie mir, ich kenne den Unterschied zwischen Schirmen und Schlagstöcken.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Ab- geordneten der SPD – Manfred Pentz (CDU): Das ist ein bisschen niveaulos! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das kommt wahrscheinlich noch aus Ihrer FDJ-Zeit! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): In der FDJ war die Frau Merkel! Das war nicht er! – Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Mann, Mann, so befasst ihr euch mit der Sache!)

Unterstreichen möchte ich aber den Punkt der SPD-Fraktion zur Flüchtlingsunterbringung. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung hatten wir während der Beratung des Nachtragshaushalts eine Debatte, in der sich bei allen sonst bestehenden Differenzen alle drei Oppositionsfraktionen der Forderung der Kommunen angeschlossen haben. Die Kommunen haben DIE LINKE, die SPD und die FDP überzeugt, und Sie schaffen es nicht, sich mit den Kommunen zu einigen oder Argumente vorzubringen, warum die Forderungen der Kommunen nicht gerechtfertigt sind.

Wir waren uns darüber einig, dass die Kommunen für die Asylbewerberbetreuung 60 Millionen € zusätzlich brauchen würden. Jetzt ziehen Sie allmählich nach. Das war erst im Juni. Damit will ich andeuten, wie schnell Ihre Zahlen und Ihre Vorstellungen im Grunde genommen obsolet werden.

Meine Damen und Herren von der CDU und auch von den GRÜNEN – die jetzt ganz neue Wege in der Flüchtlingspolitik gehen –, das ist ein Skandal. Da nützt es auch nichts, wenn Sie jetzt ankündigen, dass die Pauschalen für die Flüchtlingsunterbringung im nächsten Jahr steigen sollen. Die Menschen kommen jetzt zu uns, weil die Kriege jetzt stattfinden. Die Kommunen bemühen sich jetzt darum, sie hier menschenwürdig unterzubringen. Da hilft es nicht weiter, wenn man ihnen im nächsten Jahr mehr Geld verspricht, umso weniger, da, wie man weiß, die Kostenpauschalen seit Jahren nicht angepasst wurden. Das, was den Kommunen jetzt angeboten wird, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Auch beim Staatsziel Sport wird man sich aufseiten der Landesregierung noch bewegen müssen. Ich kann mir nämlich nur schwer vorstellen, wie man das Verfassungsziel, den Sport zu fördern, mit Leben erfüllen will, wenn dafür schlicht das Geld fehlt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehen Sie sich einmal die Gemeinde Calden an. Dort weiß man nicht mehr, wie man in Zukunft die Bedingungen für die Sportvereine aufrechterhalten kann. Man denkt dort sogar darüber nach, die Anteile am Flughafen Kassel-Calden zu reduzieren. Ich halte das auch nur für konsequent; denn in Hessen sind, anders als der Sport, Flughäfen kein Verfassungsziel – auch wenn man bei dieser Landesregierung immer wieder den Eindruck haben kann, das sei so. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön. – Als Nächster hat Kollege Hahn, FDP-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Regierungswechsel in Hessen war jeder einzelne Schritt der schwarz-grünen Landesregierung bei der Finanzausstattung der Kommunen ein Fehltritt. Die Landesregierung zaudert bei der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs. Sie agiert pomadig bei einer umfassenden Lösung des Problems des immer weiter anschwellenden Stroms von Flüchtlingen, und sie verschließt die Augen vor den finanziellen Schwierigkeiten, die für Landkreise und Kommen hieraus entstehen. Als Krönung beschneidet sie die kommunale Selbstverwaltung durch den Rosenmontagserlass. Das ist wahrlich kein guter Start der schwarz-grünen Landesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der einzige Lichtblick in der Arbeit für die Kommunen – da bin ich völlig anderer Auffassung als die Vorredner von der Opposition – ist der Kommunale Schutzschirm. Der Kommunale Schutzschirm war eine kluge Entscheidung der ehemaligen Landesregierung von CDU und FDP. Es ist kein Knirps, sondern es ist ein Schirm, der sogar bei heftigem Regen hält, wie die Beispiele in den letzten Tagen wieder deutlich gemacht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, er ist aber auch deshalb ein solch guter Schirm, weil er sich – das sage ich bewusst – ideologisch völlig von dem neuen Denken der schwarzgrünen Landesregierung unterscheidet. Der Kommunale Schutzschirm geht davon aus, dass sich die Bürgermeister und die Stadtverordneten vor Ort freiwillig entscheiden. Wir wollten die Selbstverwaltung der Kommunen nicht nur erhalten, sondern stärken. Das ist der liberale Ansatz.

(Beifall bei der FDP)

Kaum sind die GRÜNEN in der Landesregierung, vergessen sie erstens ihr Lamento, das sie in der letzten Legislaturperiode von diesem Pult aus immer wieder wie eine Monstranz vor sich hergetragen haben, nämlich dass die ehemalige Landesregierung den Kommunen einen Betrag X weggenommen habe. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede.

Zweitens. Das, was der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN ganz offensichtlich gesagt hat – das Zitat kann falsch sein; Journalisten schreiben nicht immer hundertprozentig alles richtig –, dass es auf keinen Fall mehr Geld gebe, ist

schon einmal ein Widerspruch zu dem, wie Sie sich noch vor einem Dreivierteljahr an diesem Pult verhalten haben.

(Beifall bei der FDP)

Das kann man noch abtun, weil das der Hessische Landtag letztlich sowieso nicht allein entscheidet, sondern die Frage, wie der KFA organisiert wird, entscheidet letztlich natürlich wieder der Staatsgerichtshof. Keiner wird hier von der Idee träumen, dass das, was beschlossen worden ist, nicht in irgendeiner Weise angegriffen werden wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe diese Angst bei der Frage des Bedarfs letztlich jedenfalls nicht, denn erstens schränkt die ideologische Vorgabe der GRÜNEN die Selbstverwaltung der kommunalen Verantwortlichen vor Ort ein. Zweitens gilt – das ist auch neu –: Erhöht die Steuern, wo ihr nur könnt. – Das ist nämlich der Erfolg des Rosenmontagserlasses.

(Beifall bei der FDP)

Herr Schork, ich kann das nicht verstehen, denn wenn Sie es ein bisschen lesen und verarbeiten würden – wir beide kennen uns aus den Verhandlungen der letzten Legislaturperiode sehr gut; Sie können das, und deshalb ist es schade, dass Sie es nicht machen oder gar nicht machen wollen –, würde deutlich, dass der Rosenmontagserlass die bisherige Rechtslage in einem Punkt nicht dargestellt hat, sondern im Zusammenhang mit der kommunalaufsichtlichen Genehmigung von kommunalen Haushalten neues Recht geschaffen hat. Es ist nämlich in diesen Erlass eine Erhöhung von Steuern in einem betimmten Prozentsatz pflichtgemäß hineingeschrieben worden. Da können die Kommunen machen, was sie wollen; ansonsten kriegen sie ihren Haushalt nicht genehmigt.

Das ist eine Gängelung der Kommunen. Das ist offensichtlich das Bild der GRÜNEN; denn die Schwarzen sind dieselben geblieben, und ich kann mich nicht daran erinnern, in der letzten Koalition von den Schwarzen gebeten worden zu sein, wir möchten doch bitte so eine Erhöhungssystematik einbauen. Welches Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung ist denn das, wenn die Kommunen jetzt gezwungen werden, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer um einen Prozentsatz zu erhöhen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Aufstellung der Kommunalwahllisten werden Sie schon merken, dass die Menschen durchschaut haben: Die neue schwarzgrüne Landesregierung und Mehrheit im Hessischen Landtag setzt auf Gängelung der Kommunen und darauf, dass diese nicht mehr selbst bestimmen können, wie sie ihren Haushalt ausgleichen wollen. Das lehnen wir strikt ab – auf allen Ebenen.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben Ihre Hausaufgaben formal ganz offensichtlich ein wenig gemacht. Verehrter Herr Finanzminister, ich bedanke mich auch ausdrücklich für die regelmäßigen Vorträge, die Sie uns im Haushaltsausschuss über den Fortgang der Entwicklung des neuen KFA geben.

(Abg. Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

Nur, verehrter Herr Kollege Schäfer, die Zeit drängt. Wir haben heute den 24. September 2014. Der Staatsgerichtshof hat aufgegeben, dass die kommunalen Haushalte ab dem Haushaltsjahr 2016 eine andere Finanzierung haben müssen. Ansonsten ist es verfassungswidrig.

Wir haben gehört, das ist auch richtig, dass die Kommunen noch genügend Möglichkeiten zur Aufstellung des Haushalts 2016 haben müssen. Also ist die Zeit bis zur Sommerpause des nächsten Jahres begrenzt. Das ist, wenn man die Arbeit in den letzten Monaten bereits intensiv angelegt hätte, vielleicht auch machbar. Ich höre von der kommunalen Familie aber – wir haben in den letzten Wochen mit allen Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände und mit den verschiedensten Vertretern der politischen Parteien in den Kommunalen Spitzenverbänden gesprochen –, dass sie nicht der Auffassung ist, dass es zu dem Zeitpunkt eine gemeinsame Lösung geben wird, und ich setzte hinzu: offensichtlich auch gar nicht geben soll.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Ich habe die Befürchtung, dass Ihr Zeitplan ein anderer ist, als Sie bisher geäußert haben. Ich habe die Befürchtung, dass Sie irgendwann, vielleicht um die Jahreswende herum, im Januar oder Anfang Februar, vor den Haushaltsausschuss treten und sagen: Es wurde mit den Kommunen keine gemeinsame Lösung gefunden, und deshalb ignorieren wir die Entscheidung des Staatsgerichtshofs und verschieben die Neustrukturierung des KFA auf ein Datum nach der Kommunalwahl.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage das einmal bewusst ins Protokoll, damit nicht in einem halben Jahr, wenn es möglicherweise eintritt, gesagt wird: „Das hat uns vorher keiner gesagt“, da Sie es jetzt so anlegen – auch das Zeremoniell, das in der nächsten Woche organisiert wird. Dabei geht es doch nicht darum, dass die Konflikte gelöst werden, sondern es geht immer weiter darum, dass die Konflikte zusammengeschrieben werden. Das ist wichtig, um nachher eine Lösung vorzunehmen. Sie müssen nur bald mit den Lösungen beginnen; denn wenn Sie hier ein ordentliches Verfahren durchführen wollen, müssen Sie den Gesetzentwurf der Landesregierung spätestens Ende Januar oder Anfang Februar in den parlamentarischen Geschäftsgang einbringen. Okay, vielleicht machen Sie es, damit es schneller geht, über die Fraktionen – das haben wir auch gemacht; das ist überhaupt kein Vorwurf –, sodass eine Anhörung wegfällt, mit der Begründung: Wir haben ja schon mit den Kommunalen diskutiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will in dieser entspannten Situation nur einmal deutlich machen, dass auf dieses Haus etwas zukommt, was es jedenfalls in meiner 27-jährigen Anteilnahme und Teilnahme in diesem Hause so noch nie gegeben hat: eine Umstrukturierung eines gesamten Finanzausgleichs innerhalb von drei Monaten.

Herr Finanzminister, Herr Innenminister und Herr Ministerpräsident, deshalb lautet meine Forderung: Beteiligen Sie bereits jetzt die Opposition in diesem Hause an dem Entscheidungsprozess.

(Beifall bei der FDP)

Regierungen kommen, Regierungen gehen. Ich weiß ein bisschen, wovon ich spreche. Aber Sie können doch nicht glauben, dass es ausreicht, die Obleute sechs Tage vorher zu einem Informationsgespräch einzuladen. Ich werde extra nicht pünktlich an der Fraktionsklausur meiner Kollegen in Stuttgart teilnehmen, weil ich erst Ihrer Einladung Folge leisten werde. Aber so geht man doch nicht mit der Opposition um; wir sind doch nicht ausschließlich Empfänger von Informationen.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind doch irgendwann einmal in den Entscheidungsprozess einzubinden, und jetzt wäre der richtige Zeitpunkt. Deshalb meine ausdrückliche Forderung: Ja, die Information im Haushaltsausschuss ist richtig, auch die Information über das Zusenden von Vorträgen ist richtig; aber es ist jetzt an der Zeit, die Opposition in diesem Hause in den Entscheidungsprozess mit einzubinden. Regierungen kommen, Regierungen gehen, und es wäre ganz schlecht, wenn der KFA in der nächsten Legislaturperiode bereits geändert werden müsste, weil Sie dort Dinge notiert haben wie diese immerwährende Gängelung gegenüber den kommunalen Selbstverwaltungsorganen, den ehrenamtlich Tätigen, aber auch gegenüber den Bürgermeistern.

Deshalb vielen herzlichen Dank dafür, dass die Debatte noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt worden ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten, seien Sie aber nicht böse, dass wir Ihrem Antrag auch im Ausschuss nicht zustimmen werden, weil er sich zu depressiv, um nicht zu sagen, zu weltfremd, mit der finanziellen Lage der Kommunen auseinandersetzt.

Kolleginnen und Kollegen von CDU und GRÜNEN, seien Sie bitte nicht böse, dass wir Ihrem Antrag in keiner Weise zustimmen können. Die Punkte 1 und 2 loben die alte Regierung, natürlich könnte man da noch ein bisschen zupacken, das ist alles gut. Danach wird es aber unkonkret. Danach wird es blumig, und danach geht es gegen die kommunale Selbstverwaltung, und dem können wir nicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächste hat Frau Kollegin Goldbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren, liebe Frauen! Wir haben hier einen Antrag der SPD vorliegen, der vorsorglich Kritik übt an etwas, was überhaupt noch nicht bekannt ist. Ich denke, Ihr Antrag hat nur eines zum Ziel, nämlich von vornherein klarzustellen, dass Sie dagegen sein werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Egal, wie die ersten Berechnungen zum bedarfsgerechten KFA aussehen werden, die Finanzminister Schäfer in Kürze vorlegen wird, Sie sind dagegen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es reicht nicht, dass Sie schlechte Stimmung verbreiten. Herr Schmitt, Sie reisen auch noch durch die Kommunen. Ich zitiere aus dem „Gießener Anzeiger“ von vorgestern. Darin steht, dass Sie dem SPD-Bürgermeisterkandidaten erzählen:

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Dem rot-grünen! Für das Protokoll!)

„Gerade weil Pohlheim ordentlich gewirtschaftet und einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt hat, werden voraussichtlich die Schlüsselzuweisungen des Landes gekürzt.“ Dies hätte wiederum zur Kon