Meine Damen und Herren, Hessen heißt die Chemie- und Pharmaindustrie willkommen. Wir werben um Neuansiedlungen und um den Ausbau der Standorte. Wir wollen Vernetzungsstrukturen mit der Forschung ausbauen. Wir wollen die Akzeptanz der Bevölkerung für Produktionen sichern. Wir wollen politisch Marktzugänge erweitern, und wir wollen die Herausforderungen der Zukunft zusammen mit der Chemie- und Pharmaindustrie bewältigen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, schönen guten Morgen! Wir haben jetzt eine flammende Rede und ein Bekenntnis zum Chemie- und Pharmastandort Hessen gehört.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), zur CDU gewandt: Da muss sich die FDP einmal anstrengen!)
Respekt, das war eine flammende Rede. Ich glaube, es ist nicht zu bestreiten, dass wir mit dem Chemie- und Pharmastandort in Hessen ein Pfund haben; mit über 58.000 Arbeitsplätzen ist es der wichtigste Industriebereich, den wir in Hessen haben.
Meine Damen und Herren, die alte Landesregierung hat die Initiative Gesundheitsindustrie Hessen auf den Weg gebracht. Die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass die Hessische Landesregierung das fortsetzt und die Saat, die dort gesät worden ist, nun aufgehen lässt. An der Stelle darf eine Opposition durchaus auch einmal loben.
Es gilt dabei, Arbeitsplätze zu sichern, vor allem aber auch neue und hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Das braucht allerdings vernünftige Rahmenbedingungen. Dazu gehört z. B. ein Standort. Wenn Sie über die Standortpolitik sprechen, wie es der Kollege gemacht hat, dann müssen Sie auch die Konfliktpotenziale beschreiben. Wenn ein Industrieproduktionsstandort heute in die Nähe von Wohngebieten kommt, führt das zu Konflikten. Dazu haben die Landesregierung und der Kollege von der CDU leider überhaupt nichts gesagt. In einem dicht besiedelten Gebiet wie dem Rhein-Main-Gebiet kommt es unweigerlich zu Konflikten. Dazu brauchen wir Antworten, aber dazu haben wir nichts gehört. Vielleicht sagt nachher jemand von der Landesregierung etwas dazu.
Sie haben das Thema Fachkräftesicherung angesprochen. Dabei sind Sie am Ende in der Beschreibung des Problems stecken geblieben. Was ist mit einem Einwanderungsgesetz? Was ist mit dem Thema, wie wir jungen Leuten aus dem europäischen Ausland eine Chance geben können? Gerade die Chemie bietet dazu hervorragende Rahmenbedingungen. Dazu haben Sie nichts gesagt.
Es wäre richtig, wenn Sie die „House of …“-Strategie weiterführen würden. Ich würde mich darüber sehr freuen. Allerdings müssen Sie uns auch eingestehen, dass wir Zweifel daran haben, ob das nicht am Ende ein Placebo bleibt und Konsequenzen aus der „House of …“-Strategie nicht abgeleitet werden, es nicht zu einem Technologietransfer kommt und auch der Pharmastandort keine besseren Produktionsbedingungen vorfindet.
Herr Reif, warten wir es ab. Wir sind gespannt und immer frohen Mutes und begleiten Sie. Immer wenn es positive Erfolge gibt, werde ich das natürlich auch beschreiben.
Meine Damen und Herren, ich habe schon etwas zu dem eigentlichen Produktionsstandort gesagt. Dazu gehört vor allen Dingen auch die Versorgung mit günstiger Energie. Der Weg, den wir nun in Deutschland mit der Energiewende eingeschlagen haben, ist zu allem geeignet, aber nicht dazu, dass die Industrie günstigen Strom bekommen kann, um den Wettbewerbsnachteil auszugleichen, den sie im Vergleich zum europäischen Ausland hat. Die EEG-Umlage gehört abgeschafft.
Dazu braucht man nicht viel anderes zu sagen. Sie können über Ausnahmebedingungen schwadronieren. Sie können darüber schwadronieren, dass die Ausnahmen für große energieintensive Betriebe dazu führen, dass die Verbraucher mehr bezahlen müssen. Das wird am Ende nicht weiterführen. An dieser Stelle brauchen wir einen echten Paradigmenwechsel und nichts anderes.
Der Kollege hat den Bereich der Pharmaindustrie besonders hervorgehoben. Dazu möchte ich auch noch ein bisschen was sagen. Ja, es ist wichtig, dass wir die Entwicklung von Produkten vorantreiben. Wenn das sonst vielleicht immer nur eine Sprechblase ist, in Zeiten, in denen Ebolaviren in Afrika Menschen in einer Anzahl, die fast nicht mehr fassbar ist, vernichten, weiß man, dass wir unseren Anteil in Deutschland dazu nutzen müssen, in diesem Bereich zu forschen und Produkte schnell auf den Markt zu bringen. Es ist ein Stück weit eine Frage der Humanität, die Technologierahmenbedingungen, die Bedingungen für die Pharmaindustrie so weit zu verbessern, dass solche Katastrophen zukünftig schneller eingedämmt werden können. Wir müssen auch dazu beitragen, dass diese Produkte dann schneller auf den Markt kommen. Dabei steht auch – dazu habe ich leider auch nichts gehört – das EU-Recht an vielen Stellen im Weg.
Dabei geht es gar nicht darum, dass man die Kontrollen verniedlichen oder herunternehmen will. Es geht darum, dass im Wettbewerb der Pharmaindustrie mit europäischen Mitbewerbern nicht die Kontrollen das Problem sind, sondern die Kontrolleure. Wir haben klare Rahmenbedingungen und klare Vorgaben, wie kontrolliert wird. Wir haben im europäischen Wettbewerb keine Rahmenbedingungen dafür geschaffen, wer die Kontrolleure kontrolliert.
Das ist ein Problem der EU. Wir sollten dringend darauf achten, diese Probleme, die für die Pharmaindustrie sehr pragmatisch sind, zu beschreiben, um schnell dazu zu kommen, dass Produkte schnell auf den Markt kommen und bei solchen Katastrophen wie bei der in Afrika dann auch schnell helfen können.
Meine Damen und Herren, dazu gehört auch ein Bekenntnis zur grünen Gentechnologie. Das muss ein Bereich sein, in dem wir weiter forschen wollen. Mit der Politik in Deutschland haben wir es geschafft, die Technologie aus dem Land zu treiben. Sie haben es nicht geschafft, dass grüne Gentechnologie nicht mehr im Land ist, und zwar in Produkten. Die FDP tritt dafür ein, dass wir zu einer absoluten Kennzeichnungspflicht kommen. Dazu habe ich von Ihnen nichts gehört. Das ist aktiver Verbraucherschutz. Bitte lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten, dass alle Produkte, die gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe haben, auch als solche gekennzeichnet sind, damit der Verbraucher selbst entscheiden kann, ob er diese Produkte kaufen will oder nicht.
Dann gehört natürlich auch ein Produktionsbetrieb wie K+S in Hessen zum Chemiestandort. Es war schon sehr bemerkenswert, was wir gestern Abend im Umweltausschuss haben erleben dürfen. Grundlage war das Gutachten, das die Pipelines untersucht hat. Wer gestern Abend zu vorgerückter Stunde dabei sein durfte, konnte den Eindruck gewinnen, als hätte ein grüner Umweltminister gesagt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht anders, aber wir müssen wieder ein Atomkraftwerk anstellen.
Diesen Eindruck hätte man bei der Diskussion um Kali + Salz gewinnen können, nach dem Motto: Es ist eben unmöglich, eine Pipeline zu bauen, also werden wir Alternativen wie Versenkungen und eine kleine Pipeline prüfen müssen. Wir werden uns von dem Gedanken verabschieden müssen, ein naturreines Gewässer in der Werra zu ha
Es ist schon bemerkenswert, wie schnell die GRÜNEN in der Realität ankommen und sich von ihren Grundprinzipien verabschieden. Kali + Salz ist einer der wichtigsten Arbeitgeber in Hessen. Wir werden alles dafür tun, um vernünftige Rahmenbedingungen und Produktionsbedingungen zu schaffen. Dann wird das sehr konkret, was Sie eben als Rede gehalten haben. Es wird konkret, wie diese Landesregierung mit einem Produktionsstandort umgeht und welches Bekenntnis zu Arbeitsplätzen in der Praxis Bestand hat. An diesen Dingen werden Sie gemessen werden. In der Praxis beweist sich am Ende, wie viel Wert der Inhalt Ihrer Rede hat. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die hessische Wirtschaft zählt zu den stärksten in Deutschland. Dies liegt auch gerade daran, dass wir ein sehr starker Chemie- und Pharmastandort sind. Wir als Koalition wollen diese Leistungsfähigkeit erhalten, und wir wollen die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie wahren; denn Wirtschaft ist für uns kein Selbstzweck. Für diese Balance steht die Koalition von CDU und GRÜNEN.
Ich bin mir sehr sicher, dass, wenn in den Achtzigerjahren eine grüne Umweltpolitikerin hier zu diesem Setzpunkt gesprochen hätte, ihre Rede anders ausgefallen wäre. Aber seitdem hat sich einiges gewandelt: Die Gesellschaft und die Wirtschaft sind grüner geworden. Die Chemie und die Pharmazie sind auch grüner geworden.
(Timon Gremmels (SPD): Und die GRÜNEN sind schwärzer geworden! – Heiterkeit bei der SPD – Gegenrufe von der CDU)
Die grüne Wirtschaftspolitik verfolgt übrigens schon seit Längerem genau diese Ziele: Ökologie und Ökonomie zu versöhnen und es als Chance zu betrachten, mit genau diesen großen Herausforderungen der Gesellschaft, der Umwelt und der Ökonomie konstruktiv umzugehen.
Wir sind uns ganz sicher, dass dies einen gegenseitigen Profit bietet. Eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklung funktioniert nur, wenn wir diese Versöhnung schaffen und uns diesen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Wir wollen mit dem heutigen Setzpunkt herausstreichen, dass wir die Bedeutung des Chemie- und Pharmastandorts kennen und wahren wollen, dass wir uns für seinen Bestand einsetzen, aber auch für eine nachhaltige Weiterentwicklung im Sinne dieser Balance.
Wir freuen uns sehr, dass wir in vielen Gesprächen, die wir mit der Chemie- und Pharmabranche führen, merken, dass
Chemie und Pharma sind sehr, sehr wichtige Problemlöser. Sie besitzen die Kompetenzen für die Herausforderungen der Zukunft. Aus meinem ganz eigenen Bereich, der Umweltpolitik und Energieeffizienz, sage ich: Ohne die Chemie gäbe es keine neuen Materialien und Oberflächenbeschichtungen. Das große Thema, das mindestens genauso wichtig ist, nämlich die Ressourceneffizienz, die Biotechnologie und die weiße Gentechnik, bieten unglaublich große Chancen für die Umwelt und die Ökonomie, Herr Kollege Lenders. Genau hier haben wir eine riesige Chance, im Klimaschutz weiterzukommen. Insofern möchten wir in genau diesen Bereichen möglichst viel Innovation fördern.
Das Gleiche gilt für die Pharmazie. Unsere Lebensqualität nimmt zu. Wir werden glücklicherweise immer älter, mit all den Herausforderungen, die es für die gesamte Gesellschaft bringt. Klar ist auch, dass eine alternde Gesellschaft neue Medikamente braucht, Medikamente gegen Diabetes, Demenz und Krebs. Auch in der alternden Gesellschaft steckt eine Riesenchance der Pharmaindustrie, und genau deswegen wollen wir diese Branche weiterhin als wichtigen Partner betrachten.
Nun ist Produktion aber kein Selbstzweck. Sicher, die Industrie muss Gewinn erwirtschaften und Arbeitsplätze sichern. Das ist eine sehr, sehr wichtige Funktion. Aber sie dient über diesen wirtschaftlichen Erfolg hinaus eben einem weiteren gesellschaftlichen Zweck: Es geht hier um Forschung, um Entwicklung, um Innovation und um neue Produkte, die dann gemeinsam die Lösung für gesellschaftliche Herausforderung schaffen können. Auf diesen Weg wollen wir uns gemeinsam machen.
Herr Kollege Lenders, Sie haben gesagt, wir würden zu wenig konkret. Ich nenne Ihnen einmal konkrete Punkte, die wir als Koalition verfolgen: Es geht um das Thema Fachkräfte, es geht um die Frage der Finanzierung, und es geht um die Förderung von Netzwerken, um genau diese Versöhnung und diese Chancen begreifen zu können.
Bei der Gewinnung von Fachkräften geht es insbesondere um den Bildungs- und Weiterbildungsbereich. Wir wollen eine Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte schaffen.
Beim Thema Finanzierung ist uns ein Punkt überaus wichtig: das Wagniskapital. Wir haben die großen Mammutbäume Sanofi, Merck, CSL Behring – sie haben einen unglaublich wichtigen Platz in Hessen, und das ist gut so.