Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Ich bin sehr froh, dass wir mit diesem Gesetzentwurf zu einem effektiven Unterstützungssystem für unsere Schulen kommen und Abstand nehmen von einer unnötigen Bürokratie, wie sie das Landesschulamt darstellt. Mit dem Gesetzentwurf beseitigen wir diesen Spuk aus der FDP-Regierungsbeteiligung und kehren zurück zu einem vernünftigen Unterstützungssystem für unsere Schulen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin sehr froh – ich weiß, die Kolleginnen und Kollegen von der Union sind mit mir froh –, dass dies jetzt endlich möglich ist und dass wir sie von den Zwängen befreien konnten, die sie damals bewogen haben, der Einrichtung des Landesschulamts zuzustimmen. Jetzt, in der schwarzgrünen Koalition, können wir auch in diesem Bereich Sinnvolles auf den Weg bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Landesschulamt war und ist eine Behörde, die keiner will und keiner braucht. Deshalb ist es gut, dass wir mit

dem Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der hessischen Bildungsverwaltung nicht zu dem zurückkehren, wie es vorher war, sondern einen entscheidenden Schritt weitergehen in Richtung einer Neustrukturierung der Bildungsverwaltung.

Wir wollen die Arbeit der Staatlichen Schulämter künftig direkt im Hessischen Kultusministerium koordinieren und zusammenführen. Ich glaube, es ist ein ganz wichtiger Schritt, dass wir nicht neben dem Kultusministerium eine Monsterbehörde aufbauen, sondern dass wir die Arbeit des Ministeriums mit der der Staatlichen Schulämter im Interesse unserer Schulen direkt verzahnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist ein Fortschritt, dass wir nicht nur die Arbeit des Kultusministeriums und die Arbeit der Staatlichen Schulämter besser verzahnen, sondern dass wir auch die Zusammenarbeit der Staatlichen Schulämter selbst verbessern. In diesem Gesetzentwurf ist auch vorgesehen, dass die Zusammenarbeit intensiviert wird und dass nicht 15 Staatliche Schulämtern jede Frage neu erfinden müssen, sondern dass sie das besser untereinander abstimmen, dass einzelne Staatliche Schulämter für alle eine Aufgabe übernehmen. Das setzt Effizienz und Zeit frei, sodass sich die Staatlichen Schulämter besser auf die Unterstützung unserer Schulen konzentrieren können.

Mit diesem Gesetzentwurf schaffen wir auch – das ist völlig neu – die Lehrkräfteakademie. Auch diese Lehrkräfteakademie wird, was die Koordination betrifft, direkt im Hessischen Kultusministerium angesiedelt, weil es sinnvoll ist, dass die Lehrerbildung und die inhaltliche Konzeptionierung unter einem Dach zusammengefasst sind. Das ergibt einen regen Austausch zwischen neuen inhaltlichen Ansätzen aus dem Kultusministerium und dem, was in der Lehrerbildung stattfindet.

Ich sage auch, dass, umgekehrt, die Erkenntnisse aus der Lehrerbildung unmittelbar in die Arbeit des Kultusministeriums einfließen können und dass wir das nicht auf Behörden verteilen, die dann nur damit beschäftigt sind, ihre Arbeit zu koordinieren. Das ist doch einfach sinnvoll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben im Kultusministerium eine direkte Koordinierung der Arbeit, die in den Studienseminaren geleistet wird. Wir haben durch diese neue Konstruktion eine bessere Koordinierung der bestehenden Lehrerfort- und -weiterbildung, und wir haben insgesamt eine größere Wertschätzung für die Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer bei ihrer wichtigen Aufgabe.

Wir fügen in diese Lehrkräfteakademie den Bereich der externen und internen Evaluation und auch den der Schulinspektion ein; denn auch hier sind die kurzen Wege sinnvoll. Auch hier ist es gut, dass die Erkenntnisse, die wir aus der Schulinspektion sowie aus der externen und internen Evaluation unserer Schulen gewinnen, unmittelbar in die Arbeit des Kultusministeriums einfließen: Dann gibt es hier keine Reibungsverluste, die Informationen gehen nicht verloren, und es ziehen im Interesse unserer Schulen endlich alle an einem Strang.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will nicht verhehlen, dass sich die Fraktion der GRÜNEN in Bezug auf die Staatlichen Schulämter durchaus noch andere Perspektiven vorstellen kann. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass wir uns noch einmal stärker Gedanken darüber machen, ob man die Arbeit der kommunalen Schulämter und die der Staatlichen Schulämter enger aufeinander bezieht. Im Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN ist vorgesehen, das wir auch dieses Modell erproben und damit Erfahrungen sammeln.

Heute legen wir Ihnen den Gesetzentwurf vor, mit dem wir das Landesschulamt abschaffen, die Arbeit der Staatlichen Schulämter effektiver gestalten, die Lehrkräfteakademie neu schaffen und damit eine wesentliche Qualitätsverbesserung in der Lehrerbildung erreichen. Das ist ein guter Tag für unsere Schulen, weil endlich die Unterstützung der Schulen im Mittelpunkt steht, nicht aber irgendwelche bürokratischen Modelle einzelner Fraktionen oder – wie in diesem Fall sogar – einzelner Abgeordneter aus einzelnen Fraktionen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP hat es auch eingesehen!)

Oder ist das eine Wortmeldung, Frau Kollegin? – Bitte schön, Frau Cárdenas.

Danke, Frau Ministerin.

(Manfred Pentz (CDU): „Frau Ministerin“! Haben wir was verpasst? – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist ja fast wie Weihnachten! Zwei Monate vor Weihnachten!– Weitere Zurufe)

Ich bin so überrascht, dass ich als Erste hier reden darf; deshalb bin ich ganz geplättet. – Frau Präsidentin! Herr Kultusminister, Sie haben mit dem neuen Gesetzentwurf ein wichtiges Versprechen der neuen Landesregierung, nämlich das Landesschulamt wieder abzuschaffen, eingelöst, und das ist löblich. Wir haben schließlich von Anfang an gesagt, diese Monsterbehörde ist unsinnig, überflüssig und unerwünscht.

Ihr Gesetzentwurf wirft dennoch eine Reihe von Fragen auf, und es ist noch völlig unklar, wie sich dieses Gesetz tatsächlich auf jedes einzelne Staatliche Schulamt auswirken wird.

Als Erstes möchte ich aber deutlich dagegen protestieren, dass dieser Gesetzentwurf wieder einmal erst kurz vor seiner Behandlung im Plenum verteilt wurde. Dieses Verhalten kommt immer häufiger vor. Es erschwert eine adäquate Befassung – etwas, woran auch Sie selbst interessiert sein sollten.

(Günter Schork (CDU): Das ist ein Fraktionsentwurf!)

Zum Entwurf selbst. Er wirft an folgenden Stellen Fragen auf: Welchen Charakter wird die neue Hessische Lehrkräfteakademie haben? Welche Aufgaben zentraler Art sollen

einzelnen Staatlichen Schulämtern übertragen werden, und wie einvernehmlich wird das vor sich gehen? Auf welcher Grundlage und mit welchem Ziel planen Sie die avisierten Kooperationsverbünde? Welche Aufgaben sollen sie übernehmen, und wie ist der Zuschnitt zustande gekommen? Schließlich: Wo werden die 180 Stellen eingespart?

Nun möchte ich im Einzelnen darauf eingehen. Zur neuen Lehrkräfteakademie: Ich selbst habe seit Mitte der Neunzigerjahre diverse Lehrerfortbildungsveranstaltungen für die damaligen Fortbildungseinrichtungen HeLP und HILF durchgeführt: dezentral an den HeLPs für Frankfurt und für die Kreise Offenbach und Main-Kinzig, zentral in der Reinhardswaldschule. Ich kenne daher das damalige System recht gut. Damals gab es auch noch viele sogenannte SCHiLFs, also schulinterne Lehrerfortbildungen: ganztägige, vom Schulkollegium selbst angefragte Fortbildungen, die ich für besonders geeignet halte, wenn sich eine ganze Schulgemeinschaft auf einen neuen Weg machen will.

Dagegen hat der später eingeschlagene Weg der Akkreditierung der Anbieter von Fortbildungen, die jeweils von den Lehrerinnen und Lehrern gebucht werden konnten, zu einer stärkeren Privatisierung des Angebots sowie zu einer Vereinzelung der Angebote und Nutzer geführt. Der angestrebte Multiplikatoreneffekt, nämlich dass die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer die besprochenen Inhalte an ihr Kollegium weitergeben, hat meines Wissens nie irgendwo vernünftig funktioniert.

Unsere Befürchtung ist, dass auch in der neuen Lehrkräfteakademie die Lehrerfortbildung nicht wieder die Bedeutung bekommen wird, die sie beim alten HeLP und beim alten HILF hatte: dass sich die neue Akademie eben nicht an den Bedürfnissen der Kollegien und an den neuen Herausforderungen wie Inklusion und Seiteneinsteiger orientiert, sondern dass zunehmend die Qualifizierung von Schulleitungskräften in den Mittelpunkt rücken wird, die Lehrkräfteakademie also zu einer Führungsakademie mutiert.

Wie sonst sollen wir folgende Aussage in Ihrem Entwurf verstehen? „Unterrichtsentwicklung als Schulentwicklung wird Teil der Tätigkeit der Führungskräfte werden.“ Wir halten es für sinnvoll und notwendig, Unterrichts- und Schulentwicklung zuerst und zuvorderst an den Schulen selbst und in ihren Vertretungen stattfinden zu lassen. Eventuelle Führungskräfte sollen deren Intentionen aufgreifen, gegebenenfalls überprüfen und einarbeiten bzw. umsetzen. An dieser Stelle muss ich nochmals auf die generell steigende Belastung der Lehrerinnen und Lehrer hinweisen. Sie haben den Hilferuf aus Darmstadt sicherlich vernommen, Herr Minister. Es erscheint mir wirklich fraglich, ob die beschriebene Lehrkräfteakademie darauf die richtige Antwort ist.

Zum zweiten Punkt, der Zentralisierung der Aufgaben der Staatlichen Schulämter. Wie die Aufgaben verteilt werden, ist noch völlig unklar. Wir haben als LINKE nichts dagegen, wenn Randaufgaben zentralisiert werden. Aber dies darf nicht bei Kernaufgaben geschehen. Außerdem sollte dies von den Staatlichen Schulämtern selbst entschieden werden. Wie ich hörte, sind diese bisher aber nur sehr am Rande befragt worden und in die Entscheidungen kaum einbezogen worden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Falsch! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie sind gar nicht befragt worden!)

Herr Irmer, das ist meine Information.

Die nächste Frage stellt sich zu den vier Kooperationsverbünden, die geplant sind. Meine Fraktion hat beileibe nichts gegen Kooperationen, aber es sind doch einige Einwände zu erheben und Fragen zu stellen. Herr Kultusminister Lotz, aus Ihrem Hause hörte ich, dass diese vier Verbünde im Einvernehmen mit den Staatlichen Schulämtern entwickelt würden, quasi sogar auf Vorschlag der Staatlichen Schulämter zustande kämen. Vonseiten der Staatlichen Schulämter selbst hörte ich aber Gegenteiliges.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Oh!)

Dort wird gesagt, dass auch andere Zusammenlegungen denkbar gewesen seien und der jetzige Vorschlag eindeutig einer des Ministeriums sei. Gut, das ist geschenkt. Das sind wir so gewohnt. Gravierender ist aber, dass bei vielen die Befürchtung vorherrscht und schon fast zur Überzeugung geworden ist, dass die vier Kooperationsverbünde vor allem der Vorbereitung einer Zusammenlegung von Schulämtern dienen werden. Durch die Ausdünnung von Kompetenzen in den einzelnen Schulämtern und Zentralisierung dieser in einem Staatlichen Schulamt des Verbunds soll wohl eine Reduzierung der Staatlichen Schulämter vorgenommen werden und so ein Einsparen der 180 Stellen bis zum Ende der Legislaturperiode gelingen. So weit erst einmal unsere Befürchtungen. Das reale Ausmaß der Probleme wird man wohl erst ermessen können, wenn die Verordnung vorliegt.

Wir sind auf jeden Fall auf die Anhörung sehr gespannt. – Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Als nächster Redner spricht Kollege Degen von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Lehrerinnen und Lehrer unter Ihnen kennen das sicherlich. Sie korrigieren Klausuren und denken beim ersten Lesen eines Aufsatzes: Das ist gar nicht mal schlecht. Die Orthografie ist einwandfrei. Der Aufsatz ist handwerklich sauber aufgebaut, und die Aufgabenstellung scheint erfüllt zu sein. – Für die heutige Gesetzeslesung bedeutet das: Der Irrweg der Vorgängerregierung wird korrigiert. Das Landesschulamt soll aufgelöst werden. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass wir als Sozialdemokraten immer gegen diese Monsterbehörde waren.

(Beifall bei der SPD)

An dessen Stelle treten die selbstständigen Staatlichen Schulämter und ein Landesinstitut, auch wenn Sie es in Ihrem Aufsatz anders nennen.

Aber als korrigierender Lehrer haben Sie dabei ein ungutes Bauchgefühl, denn „das Ganze habe ich doch schon einmal gelesen“, denken Sie sich. Meine Damen und Herren, auch wenn das Gesetz zum 1. April in Kraft treten soll, ist es offenbar aber kein Aprilscherz, dass es sich so wenig vom SPD-Entwurf, der vor der Sommerpause vorgelegt wurde, unterscheidet.

(Michael Siebel (SPD): Hört, hört! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ja schlimm! Das ist auch nicht recht!)

Herr Wagner, dazu sage ich gleich noch etwas. – Als Sie noch im Juli eine Anhörung zum Gesetzentwurf der SPD – er heißt „Gesetzentwurf … zur Auflösung des Landesschulamts und zur Stärkung der dezentralen Schulverwaltung“ und befindet sich noch im Geschäftsgang – abgelehnt haben, dachte ich noch: „Meinetwegen, sie legen vermutlich etwas vollkommen anderes vor, warte erst einmal ab.“ Jetzt aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/Die Schwarzen, verstehe ich auch, warum Sie uns immer – in der vorherigen Debatte war es die FDP – nach Konzepten fragen. Es geht Ihnen gar nicht darum, Gutes tatsächlich umzusetzen, egal von wem es kommt. Sie wollen es besser machen als vorher Schwarz-Gelb und einfach bei uns abschreiben. Das haben Sie gemacht; in großen Teilen haben Sie einfach abgeschrieben.

(Beifall bei der SPD – Manfred Pentz (CDU): Wenn es nur um das Abschreiben geht!)

Unser Entwurf wäre eine gute Grundlage gewesen. Wenige Änderungsanträge hätten gereicht. Aber dafür hat es dann wohl nicht gereicht.