Protokoll der Sitzung vom 04.11.2014

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das wäre ja auch noch schöner!)

Wir lassen die Hochschulen mit ihren Finanzierungssorgen aber eben auch nicht allein, sondern sorgen für eine verlässliche Finanzausstattung, sodass der Ruf nach Studiengebühren auch gar keine Begründung hätte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bildung und Betreuung, Ausbildung und Studium sind Materialien für das Fundament eigenverantwortlicher Lebensgestaltung. Sie müssen deshalb von hochwertiger Qualität

sein, schließlich muss dieses Fundament auch ein Leben lang tragen.

Somit ist es richtig, dass wir in diesem Bereich die allererste Priorität setzen, aber natürlich nicht die einzige. Einen weiteren Schwerpunkt bildet deshalb eine verlässlich verankerte Sozialpolitik, wie wir sie im Nachtrag 2014 mit dem Sozialbudget manifestiert haben und für die wir nunmehr erhebliche zusätzliche Mittel – rund 18 Millionen € – bereitstellen.

Das Wesentliche am Sozialbudget ist auch hier wieder die Verlässlichkeit: die Verlässlichkeit der Finanzierung für die nächsten fünf Jahre. Die Träger und Initiativen, die Aufgaben übernommen haben, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu helfen, sollen finanzielle Planungssicherheit bekommen. Damit ist neben der unmittelbaren Förderung der sozialen Angebote der unterschiedlichsten Art auch verbunden, dass Weiterentwicklungen und Veränderungen dieser Angebote nicht unter dem Diktat der Kostenreduktion, sondern unter dem Aspekt qualitativer Verbesserungen erfolgen können, was für die Sicherstellung eines stets bedarfsadäquaten Angebots von hoher Bedeutung ist.

Mit dem Sozialbudget werden wichtige Förderschwerpunkte bei Frauenhäusern, Schuldnerberatung, Beratungsangeboten für Opfer sexueller Gewalt ebenso wie in den Bereichen der Gemeinwesenarbeit und der Antidiskriminierungspolitik gesetzt, um nur einige zu nennen. Das neue Sozialbudget ist allerdings keine einfache Revision früherer Kürzungen in diesem Bereich – manch einer hat es missverstanden und glaubte dies –, sondern es nimmt die zwischenzeitlichen Entwicklungen der sich im Laufe der Zeit verändernden Problemlagen sowie die Strukturen auf, die nicht mehr dieselben sind wie vor einem Jahrzehnt. Deswegen ist es klug, sich mit dem Sozialbudget an die aktuelle Situation anzupassen. Das Sozialbudget ist eine echte Weiterentwicklung, weshalb wir es auch einen Meilenstein der hessischen Sozialpolitik nennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Hui, hui, hui!)

Hessen wird damit ein gutes Stück sozialer und gerechter. Genau das gehört ebenso zum politischen Profil der Landesregierung aus CDU und GRÜNEN wie auch die Priorität bei der Haushaltskonsolidierung.

Selbstverständlich kann kein Redner in der ersten Lesung zum Haushaltsentwurf sämtliche inhaltlich interessanten Punkte dieses Zahlenwerks ansprechen und ausführlich erläutern. Dazu muss eine Auswahl getroffen werden, die allerdings auch ein bisschen Signalcharakter hat, weshalb ich besonders wichtige Bereiche natürlich nicht vergessen werde.

Aus grüner Sicht gibt es selbstverständlich Anmerkungen zu den Bereichen Umwelt und Energie zu machen. Auch wenn der Kollege Schmitt vielleicht noch nicht alles gefunden hat: Hier finden sich neue Budgets.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich nenne insbesondere die verschiedenen Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende, die Beachtung verdienen. Sie finden sich sowohl im Einzelplan 07 als auch im Einzelplan 09.

Darüber hinaus sind auch die Aktivitäten im Bereich des Naturschutzes zu erwähnen: Diese erstrecken sich von der

Förderung des Artenschutzes über die Fortführung der Nachhaltigkeitsstrategie bis hin zur Herausnahme von Staatswaldflächen aus der Nutzung, um sie der ungestörten natürlichen Entwicklung zu überlassen. Alle diese Aktivitäten schlagen sich auch finanziell nieder und finden sich deshalb logischerweise auch im Haushaltsentwurf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich komme zum Lieblingspunkt der Sozialdemokratie – ein weiterer Punkt, der oft in Konkurrenz zum Natur- und Umweltschutz gesehen werden muss –, nämlich dem Straßenbau. Mit dem Haushaltsentwurf 2015 bekommt er eine neue Akzentuierung schon im Titel: Anlage II zum Einzelplan 07 enthält jetzt das Straßenerhaltungs- und Bauprogramm, womit deutlich wird, dass die eindeutige Priorität bei den Erhaltungsmaßnahmen liegt. Zudem erhält er eine transparente Darstellung in der Zuordnung der Projekte. Daraus sehen wir, wie stark das Kommunalinteressenmodell der Vergangenheit als faktischer Schattenhaushalt aktuell Gegenwart und Zukunft der finanziellen Möglichkeiten beim Infrastrukturausbau belastet.

Was ebenfalls unbedingt zu erwähnen ist – es sei mir als finanzwirtschaftlicher Hinweis gestattet –: Erstmals wird durch die doppische Ausweisung deutlich, dass 2015 aus Haushaltsmitteln des Landes ein Gesamtinvestitionsrahmen für den Straßenbau in Hessen in Höhe von 145 Millionen € zur Verfügung steht; die aktivierbaren Eigenleistungen sollten wir keinesfalls vergessen. Ich sprach vorhin davon, dass wir im Rahmen der Doppik die Vermögenssituation und die verschiedenen Beiträge viel besser und eigentlich nur richtig erkennen können, was die Kameralistik uns so nicht präsentiert.

Wie allen präsent ist, diskutieren wir aktuell an vielen Stellen in ungezählten Gremien und Runden die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs; der Finanzminister hat es ebenfalls angesprochen. Diese Neuordnung ist aufgrund des Urteils des Staatsgerichtshofs notwendig, und wir werden uns damit sicherlich noch etliche Male auseinandersetzen. Ich will es hier und heute nicht vertiefen, weil wir zunächst die Präsentationen erwarten, um dann sicherlich während der kommenden Wochen und Monate eine breite Debatte zu führen.

Ich möchte heute aber über den Kommunalen Finanzausgleich im Jahr 2015 sprechen, wie er im Haushaltsplan dargestellt ist. Das darf bei einer Haushaltseinbringung, denke ich, nicht fehlen. Schließlich werden wir die Kommunalen Spitzenverbände in der Ausschussberatung wieder ausgiebig zu Wort kommen lassen und ihre Argumente danach zu bewerten haben.

Die Mittel für den Kommunalen Finanzausgleich erreichen auch im Jahr 2015 – das sollte unter all den Neuordnungsdebatten nicht untergehen – ein neues Rekordniveau. So viel Mittel hat das Land noch nie den Städten, Gemeinden und Kreisen zur Verfügung stellen können. Obwohl alle Abrechnungseventualitäten einschließlich derer von 2015 bereits berücksichtigt sind, wird die Schlüsselmasse um rund 108 Millionen € steigen und mit ihr natürlich auch die Summe der Schlüsselzuweisungen.

(Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Also unterstützt auch im letzten Jahr, welches nach dem bisherigen KFA-Verfahren geregelt wird, das Land seine

Kommunen in finanzieller Hinsicht sehr zugewandt und auskömmlich. Wenn man obendrein berücksichtigt, dass zusätzlich zu den Mitteln aus dem KFA noch fast 140 Millionen € zusätzliche Erstattungen für die Leistungen der Kommunen an Flüchtlinge geplant sind, dieser Betrag damit insgesamt verdoppelt wird gegenüber dem laufenden Jahr, so kann eigentlich niemand, selbst wenn er die Welt ausschließlich durch die Oppositionsbrille betrachtet, weiterhin behaupten, dass das Land Hessen und damit die Landesregierung aus CDU und GRÜNEN seine Kommunen verelenden ließe. Das entspricht nicht den Realitäten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und fasse zusammen, auch wenn es sicherlich noch vieles zum Haushaltsentwurf zu sagen gäbe. Einzelheiten lassen sich gewiss in der Ausschussberatung und den noch folgenden Lesungen im Plenum beraten.

Von hier sollten Sie heute aber bitte die Erkenntnis mitnehmen, dass die Koalition aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine klar profilierte Politik für diese Wahlperiode nicht nur verabredet hat, sondern auch konkret umsetzt, wofür der Haushaltsentwurf 2015 und der Finanzplan 2014 bis 2018 klare Belege sind.

Wir setzen unsere Vereinbarung konsequent um. Wir setzen dabei in vorbildlicher Weise politische Prioritäten, vor allem in den Bereichen Bildung und Soziales, und wir warten dabei ebenso geduldig wie selbstbewusst auf formulierte Alternativen der Opposition, wie man was besser machen sollte. Da wir nicht zu lange warten können, handeln wir zwischenzeitlich in der Koalition, indem wir Hessen verlässlich gestalten und Perspektiven eröffnen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Als nächster Redner spricht Kollege van Ooyen von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute passiert Historisches. Zum ersten Mal in der Geschichte bringen CDU und GRÜNE einen gemeinsamen Haushalt auf der Länderebene ein. Wer hätte das noch vor nicht allzu langer Zeit gedacht?

Ich will daran erinnern: Am 5. September 2012 jedenfalls dachten selbst die GRÜNEN nicht daran. Damals brachte Schwarz-Gelb einen Landeshaushalt in erster Lesung ein. Damals erklärte der Kollege Frank Kaufmann hier noch im Brustton der Überzeugung – lieber Frank Kaufmann, dieses Zitat ist sicher wichtig –:

Wir haben heute zum dritten Mal eine Einbringungsrede von Finanzminister Dr. Schäfer gehört. Da es sich wegen des Wahltermins um einen Doppelhaushalt handelt, bin ich zumindest sehr zuversichtlich, dass es zugleich das letzte Mal war, dass er dies als hessischer Finanzminister tun konnte.

Das ist schon deswegen gut so, weil Herr Minister Schäfer gern dadurch auf sich aufmerksam macht

das kann ich nur unterstreichen –

das hat er auch heute wieder getan –, dass zwischen den Inhalten seiner Präsentation des Haushalts und dessen wirklichen Inhalten in der Tat Welten liegen.

(René Rock (FDP): Hört, hört!)

Damit hat er sich längst auf das sehr bescheidene Wahrheitsniveau seiner Kabinettskollegen begeben.

(Beifall bei der LINKEN – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben den neuen Haushalt nicht verstanden!)

Nun, Herr Kollege Kaufmann, Sie und ich konnten heute zum vierten Mal eine Einbringungsrede von Finanzminister Dr. Schäfer hören. Sie haben aber einen deutlich höheren Anteil daran, dass dies so passiert ist.

Ich stelle fest, dass sowohl der Finanzminister des Landes der gleiche ist wie im September 2012, als auch dass sich seine Finanzpolitik nicht geändert hat. Lediglich der kleinere Mehrheitsbeschaffer der CDU hat die Farbe gewechselt – aus gelb wurde grün, sonst hat sich nichts verändert.

(Beifall bei der LINKEN)

Weiterhin gilt in Hessen, dass vier Fraktionen des Hessischen Landtags sich zumindest darin einig sind: Hessen soll keine Schulden mehr machen. Schulden, so meinen sie, sind schlecht und ungerecht. Als wäre es die wichtigste Aufgabe eines Staates, so zu handeln wie eine angeblich schwäbische Hausfrau.

Im Übrigen halte ich die schwäbische Hausfrau nicht für so einfach gestrickt, dass sie nie Schulden macht. Selbstverständlich würde auch eine schwäbische Hausfrau abwägen, ob es vielleicht sinnvoll wäre, eine Hypothek aufzunehmen, um das Dach zu reparieren, wenn es reinregnet. Aber für die Schuldenbremsenfraktionen ist ein undichtes Dach wohl doch die bessere Wahl.

Was für eine schwäbische Hausfrau vielleicht mit einem Wasserschaden bei Regen endet, heißt in Hessen, dass die Infrastruktur verkommt und die Investitionen sinken. So jedenfalls konkretisiert die schwarz-grüne Landesregierung das, was sie aus der Schuldenbremse ableitet.

In der mittelfristigen Finanzplanung weisen Sie aus, dass die Investitionsquote von 9,1 % in diesem Jahr bis 2018 auf 7,9 % sinken soll. Um ein Sechstel wollen Sie die Investitionen also reduzieren. Was, bitte, soll daran generationengerecht sein?

Halten Sie es etwa für sinnvoll, den nachfolgenden Generationen eine verfallene Infrastruktur zu hinterlassen? Halten Sie es für gerecht, wenn unsere Kinder und Enkel schon heute Schulen besuchen müssen, in denen die Toiletten seit Jahren nicht repariert wurden? Oder ist es aus Ihrer Sicht nachhaltig, wenn die Brücken hessischer Kommunen verfallen? All das wird aber eintreten, wenn Sie in den nächsten Jahren nicht mehr, sondern weniger investieren. Genau das will die Schuldenbremse.

Neu ist auch nicht die Unverfrorenheit, mit der die Landesregierung auf die Arbeitsbedingungen und Entlohnung im öffentlichen Dienst losgeht. Was einst, von den GRÜNEN selbst als „Operation düstere Zukunft“ bezeichnet, mit ei

ner Verlängerung der Arbeitszeit und der Streichung von Stellen begann, setzt Schwarz-Grün jetzt fort. Die „Operation düstere Zukunft Teil 2“ steht in diesem Landeshaushalt.

Die Ankündigung, die Beamtenbesoldung zu deckeln, ist die Fortsetzung der brutalstmöglichen Politik eines Roland Koch. Die Gewerkschaften haben es mit ihren Forderungen an den Landeshaushalt gestern schon deutlich gemacht: Wenn Schwarz-Grün es wahr macht, die Beamtenbesoldung zu deckeln, dann steht auch das Streikrecht für Beamte auf der Tagesordnung.