Protokoll der Sitzung vom 26.11.2014

(Zurufe von der SPD: Hey!)

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Danke für die besondere Begrüßung. Das freut mich sehr.

Herr Schäfer-Gümbel, als Sie eben anfingen, habe ich gedacht: Vielleicht wäre es besser, sich mit den Berechnungsgrundlagen des KFA zu befassen als sich alte Aufzeichnungen von der „Muppet Show“ anzuschauen, auf der Suche nach verwertbaren Zitaten für diese Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Aber gut, lassen wir uns einmal darauf ein. Da gab es nicht nur Statler und Waldorf, da würde mir auch noch anderes einfallen, etwa: „Schweine im Weltall“ – und überhaupt war der Star dieser Show ein grüner Frosch: Kermit.

Aber die „Muppet Show“ war ein Quotenhit der Achtzigerjahre, genau wie die SPD.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Aber lassen Sie uns einmal ein bisschen über Fachliches reden. Ausdrücklich haben Sie Art. 137 Abs. 5 der Hessischen Verfassung erwähnt. Darin ist das Konnexitätsprinzip verankert. Ich möchte Ihnen einmal kurz aus einem Kommentar dazu vorlesen: dass die Mittel der Mindestaus

stattung für die Kommunen dazu dienen sollen – das ist völlig richtig –, ihre Funktion zu erfüllen für die pflichtigen und einen Teil der freiwilligen Aufgaben der Selbstverwaltung. Hierbei ist aber das Land nicht dazu verpflichtet, für jede Gemeinde eine individuelle Berechnung vorzunehmen. Vielmehr schuldet das Land eine für alle Kommunen in ihrer Gesamtheit auskömmliche Regelung. Ein individueller Anspruch jeder Gemeinde existiert hingegen nicht.

(Norbert Schmitt (SPD): Eine interessante Rechtsmeinung!)

Das ist nicht meine.

(Norbert Schmitt (SPD): Die muss deswegen noch lange nicht stimmen!)

Ein weiteres Strukturmerkmal ist die Finanzkraftabhängigkeit des Landes. Dazu kann man nur sagen: Die Finanzkraftabhängigkeit des Landes hängt an der Gesamteinnahmesituation in Deutschland. Das Land ist doch in der Situation – das wissen Sie ganz genau –,

(Norbert Schmitt (SPD): Ist das derselbe Kommentar, oder tragen Sie jetzt frei vor?)

dass wir einzig die Grunderwerbsteuer als eigene Steuer beeinflussen können. Das hat diese Landesregierung bereits getan und damit alles ausgeschöpft, was sie tun konnte.

Wir bräuchten mehr Steuern, die auf Bundesebene beschlossen werden. Wir GRÜNE haben immer gesagt: Wir wollen mehr Steuern einnehmen, um die staatlichen Aufgaben auf allen Ebenen besser erfüllen zu können.

(Zurufe der Abg. Gerhard Merz und Heike Hofmann (SPD))

Dazu haben wir vorgeschlagen, in manchen Bereichen die Steuern zu erhöhen und die Bemessungsgrundlagen zu verbreitern. Wenn ich mich richtig erinnere, war genau das eine Forderung der SPD im letzten Bundestagswahlkampf. Und was ist daraus geworden?

(Norbert Schmitt (SPD): Wo ist denn Ihre Bundesratsinitiative dazu?)

Nichts ist daraus geworden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn der Gesamtbetrag der Steuereinnahmen gleich bleibt, dann gibt es einfach nicht mehr zu verteilen, und dann müssen wir dafür sorgen, dass das, was da ist, gerecht verteilt wird.

Die Gemeinden, die Kommunen haben sehr wohl die Möglichkeit, ihre Einnahmen zu verändern, auch zu erhöhen. Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, tun sie das auch. Wie Herr Kollege Schork es vorhin schon richtig gesagt hat, haben sie ihre Realsteuerhebesätze schon zum 01.01.2014 angepasst, erhöht – weil es einfach notwendig war.

Heute reden wir zum dritten Mal über den KFA.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Bis heute hatte ich wirklich die Hoffnung, dass wir, zusammen mit der Opposition, eine fachlich fundierte, konstruktive Debatte über den KFA führen können. Ich habe mir Ihren Antrag vorgenommen und alle Punkte aufmerksam

durchgelesen – auf der Suche nach etwas, worüber wir reden könnten. Wir wollen Sie wirklich gerne in diesen Dialog einbeziehen, den das Finanzministerium gerade mit den Kommunen führt, den wir mit den Kommunen führen, mit den Kommunalen Spitzenverbänden. Aber wenn Sie das nicht wollen: Es ist enttäuschend, auf welchem Niveau Sie sich mit diesem Thema befassen. Denn für unsere Kommunen ist das ein elementar wichtiges Thema. Es wäre wirklich angemessen, das fachlich fundiert zu bearbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie fordern jetzt einfach, die komplette Berechnung zurückzuziehen und das gesamte Modell neu zu berechnen.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD))

Dazu kann man nur sagen: Wir haben auch eine zeitliche Vorgabe. Zum 01.01.2016 soll der neue KFA umgesetzt sein. Dann erklären Sie einmal, wie Sie alles neu berechnen wollen. Und überhaupt: Selbst wenn der Finanzminister das nochmals komplett neu berechnen würde, würden Sie es auch nicht besser verstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Weiterhin kritisieren Sie, es fehle an konkreten Berechnungsgrundlagen. Was verstehen Sie denn unter einer konkreten Berechnungsgrundlage? Reicht die Verarbeitung von 10 Millionen Datensätzen nicht? Das Finanzministerium hat es wirklich transparent gemacht und den Kommunalen Spitzenverbänden die Berechnungsgrundlagen zur Verfügung gestellt. Es erstellt eine Berechnung für jede einzelne Kommune: wie ihre Zahl zustande gekommen ist. Was ist für Sie eine Berechnungsgrundlage, wenn nicht genau das?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das ist das Ergebnis, aber nicht die Grundlage!)

Weiterhin kritisieren Sie, der Abschlag bei den Pflichtaufgaben sei nicht vertretbar. Es ist immer wieder dasselbe, auch darüber haben wir hier schon mehrmals gesprochen: Der Staatsgerichtshof hat ausdrücklich gesagt, eine wirtschaftliche Aufgabenerfüllung solle betrachtet werden. Genau das ist hier umgesetzt. Jeder einzelne Schritt orientiert sich ganz eng an den Vorgaben des Staatsgerichtshofs.

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

Sie sagen, es sei auch falsch, die Istausgaben als Maßstab bei der Bedarfsermittlung anzusetzen. Ja, was denn sonst? Stellen wir uns doch nur einmal vor, das Finanzministerium hätte zu den Kommunen gesagt: Schreiben Sie einmal auf, was Sie so an Geld gebrauchen könnten. – Tolle Idee, und wenn wir unendlich viel Geld hätten, dann könnte man das vielleicht tun.

Das ist aber doch keine vernünftige Datenbasis. Das ist nicht nachvollziehbar und auch nicht fair. Es ist völlig in Ordnung, zu sagen: Wir betrachten uns die Istausgaben; wir nehmen die statistischen Daten, denn die sind erhoben, die sind belegt und nachvollziehbar, jeweils auch für die anderen. Eine Erhebung fiktiver Bedarfsgrößen ist überhaupt nicht machbar und auch nicht nachvollziehbar. Das wäre ein guter Grund für andere Kommunen, die sich benachteiligt fühlen, zu klagen. Aber wir wollen den KFA

möglichst so gestalten, dass er dem Staatsgerichtshofurteil entspricht und am Ende nicht wieder geklagt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Lachen des Abg. Thorsten Schäfer-Güm- bel (SPD))

Sie sind der Meinung, es hätte von vornherein festgestanden, wie hoch das Gesamtvolumen des KFA aussieht. Sie sagen außerdem, es sei zu wenig Geld im KFA, im vertikalen Ausgleich.

Dazu kann ich nur sagen: Schauen Sie sich einmal die Entwicklung des KFA seit dem Jahr 2009 an. Selbst wenn man den Rückgang im Jahr 2010 – von 2009 3,3 Milliarden € auf 2010 2,9 Milliarden € – betrachtet, dann haben wir eine stetige Steigerung. Im Jahr 2015 sind wir mittlerweile im Haushaltsentwurf bei 4,02 Milliarden €, und laut Finanzplan steigt der Betrag bis zum Jahr 2018 weiter kontinuierlich an. Es ist einfach nicht wahr, dass der KFA immer weniger Geld bekäme, sondern wir haben eine stetige Verbesserung der Mittel im KFA, ständig mehr Geld, das an die hessischen Kommunen fließt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo ist denn dieses Geld? Ich behaupte das Gegenteil!)

Sie sagen, dieses Modell des KFA sei unausgewogen, weil unfair und unklar. Unklar ist es vielleicht nur Ihnen. Wir sind der Meinung, das ist ein sehr gutes Modell. Wir bleiben mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunen im Gespräch. Am Ende wird das eine sehr verlässliche Finanzierung unserer hessischen Kommunen ergeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Es gibt zwei Kurzinterventionen, zunächst die des Herrn Kollegen Rock, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Goldbach, Ihr Glaube an die Statistik und die wunderbaren Berechnungsmethoden des Finanzministeriums ist faszinierend. Zeigen Sie mir einen einzigen Stadtverordneten oder einen einzigen Kreistagsabgeordneten der GRÜNEN in Hessen, der glaubt, die hessischen Kommunen und die Landkreise würden durch das Land überfinanziert,

(Michael Boddenberg (CDU): Wer hat das denn behauptet?)

dann stimme ich Ihnen vielleicht zu. Einen solchen Stadtverordneten oder Kreistagsabgeordneten gibt es aber gar nicht. Alle kommunal Verantwortlichen, mit denen ich rede, sagen – vorneweg die der GRÜNEN –, das Land finanziere die Kommunen nicht ausreichend. Die Statistik, die hier vorgelegt wird, die ja nicht aussagt, die Kommunen seien ausreichend finanziert, sondern sogar behauptet, die Kommunen hätten über 150 Millionen € zu viel bekommen, zerschellt doch an jeder Betrachtung der Realität vor Ort. Die Realität vor Ort müssen Sie einfach einmal wahrnehmen. Das verlange ich von Ihnen. Das ist das Mindeste.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Ach du liebe Zeit!)

Es ist unglaublich, dass Sie hier solche Dinge vortragen. Wir alle hatten den Trick, der bei dieser Statistik angewendet worden ist, doch nach zwei Minuten durchschaut.