Protokoll der Sitzung vom 26.11.2014

Es ist unglaublich, dass Sie hier solche Dinge vortragen. Wir alle hatten den Trick, der bei dieser Statistik angewendet worden ist, doch nach zwei Minuten durchschaut.

(Günter Schork (CDU): Welchen Trick denn?)

Sie haben die Bedarfe einfach nivelliert und hohe Bedarfe bei der Berechnung ausgeschlossen. Bei den Einnahmen haben Sie hingegen die finanzstarken Kommunen vollständig einberechnet. So kann man die Einnahmen erhöhen und die Bedarfe senken. Wenn man die Bedarfe in der Statistik nivelliert, dann kann man mit dieser Stellschraube das Ergebnis herausbekommen, das man haben will. So haben Sie es ja auch gemacht. Das, was Sie statistisch nivelliert haben, müsste sich in der Realität bewähren. Das tut es aber nicht. Darum ist das, was Sie vorgelegt haben, nicht praktikabel. Ich kann die GRÜNEN nur auffordern: Schauen Sie sich die Realität an, und klammern Sie sich nicht an die Statistik. Schauen Sie sich an, welchen Bedarf man vor Ort hat, und orientieren Sie daran die Entwicklung des KFA.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Norbert Schmitt zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rede der Kollegin Goldbach war nicht frei von Arroganz. Sie hat aber immer wieder die Sachlichkeit ihrer Ausführungen betont.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist arrogant von Ihnen!)

Das steht in einem Widerspruch zueinander. – Ich will es an einem Punkt deutlich machen; Sie sind hierfür der richtige Zwischenrufer. – Von Ihnen wird immer wieder betont, das Land könne nicht mehr Mittel in den Kommunalen Finanzausgleich geben, weil das Land kein Geld habe. Die Feststellung, dass das Land kein Geld hat, ist sicherlich richtig; über die Ursachen können wir gerne reden. Diese Tatsache aber gegen die Kommunen zu stellen und zu sagen, weil das Land kein Geld habe, könne es den Kommunen auch nicht mehr Mittel zur Verfügung stellen – wie Sie, Frau Goldbach, und auch Sie, Herr Wagner, es in Ihrem Interview gesagt haben –, ist unredlich.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war doch der zentrale Punkt der Auseinandersetzung, als wir den Art. 141 der Hessischen Verfassung geändert und eine Schuldenbremse eingeführt haben. In Abs. 1 heißt es: „Der Haushalt ist ungeachtet der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung des Landtags und der Landesregierung grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen.“ In Abs. 2 heißt es: „Art. 137 Abs. 5 bleibt unberührt.“ Es ist also festgehalten – das steht übrigens auch in dem Urteil –: Ganz egal, wie die Finanzlage des Landes ist, das Land hat die Pflichtaufgaben und ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben zu finanzieren. Frau Goldbach, daher können Sie sich doch nicht hierhin stellen und permanent sagen, das

Land habe kein Geld und könne daher die Kommunen nicht finanzieren.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die verfassungsmäßige Pflicht des Landes. Dieser Pflicht ist nichts gegenüberzustellen, weder an Aufgaben noch an Ausgaben des Landes. Das ist vielmehr ein Bereich, den das Land finanzieren muss. Das vermischen Sie immer wieder. Es muss endlich herausgearbeitet werden, dass das Land völlig unabhängig von seiner Finanzlage sicherstellen muss, dass die Kommunen ihre Aufgaben erledigen können.

(Günter Schork (CDU): Haben Sie mir nicht zugehört? – Weitere Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte Sie, das endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen, wenn Sie eine Fachdebatte führen wollen.

Zu den Rechentricks nur eine Anmerkung. Ich habe hier eine Aufstellung: Sie vermischen z. B. die Ausgaben für den Bereich Sozialhilfe – –

Herr Kollege Schmitt, bitte tragen Sie das Beispiel schnell vor.

Pro Kopf gibt Darmstadt in der Sozialhilfe sehr viel weniger Geld aus als die Stadt Offenbach. Pro Fall gerechnet ist, der Aufwand in der Stadt Offenbach aber niedriger als in Darmstadt. Trotzdem orientiert sich die Statistik an der Stadt Darmstadt. Das macht deutlich, mit welchen Tricks Sie die Bedarfe der hessischen Kommunen herunterrechnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Kollege Norbert Schmitt. – Es antwortet Frau Kollegin Goldbach.

Herr Vorsitzender, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu behaupten, das Finanzministerium arbeite mit Tricks,

(René Rock (FDP): Das würde uns nie in den Sinn kommen! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das würden wir nie behaupten!)

ist eine Behauptung, mit der wir wirklich nicht arbeiten können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Noch einmal: Von Anfang an lagen alle Berechnungsgrundlagen auf dem Tisch. Die Art der Ermittlung der Bedarfe ist bekannt. Jedem, der das wissen will, ist das vollständig bekannt. Es hat nichts mit Arroganz zu tun, wenn wir sagen: Das kann sich jeder ansehen, das ist völlig klar, transparent, offen und vor allen Dingen nachvollziehbar.

Diese Regierungskoalition stellt sich ganz klar ihrer Verantwortung, die hessischen Kommunen auskömmlich zu finanzieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir stellen uns ganz klar unserer Verantwortung, den Kommunen die notwendigen Mittel zu geben, für die Finanzausstattung zu sorgen, die sie brauchen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Das möchte ich hier noch einmal betonen, denn das ist die Grundlage all dieser Berechnungen.

Jetzt gibt es Diskussionen über das Ergebnis. Natürlich ist keiner zufrieden. Verteilen Sie hier im Saal einmal Geld; da wird jeder sagen, er hätte gerne noch etwas mehr. So ist es eben.

(Timon Gremmels (SPD): Darum geht es doch gar nicht! Die Kommunen haben einen Anspruch! Das ist der Unterschied! Es ist doch keine mildtätige Gabe! Was haben Sie für ein Kommunalverständnis?)

So ist es immer. Die Frage ist doch: Finden wir eine faire Lösung, und kann die Gesamtheit der Kommunen ihre Aufgaben erfüllen? Genau das wird das neue System erfüllen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Beschäftigung mit der geplanten und notwendigen Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs steht im Moment ein Stück weit im Mittelpunkt meiner Tätigkeit. Ich bin im Moment relativ viel unterwegs. In jeder Bürgermeisterdienstversammlung, in der ich im Moment bin, gibt es eingehende Diskussionen, kritische Auseinandersetzungen – –

(Michael Siebel (SPD): Ärger!)

Zumindest bei mir führt das nicht zu Ärger.

(Michael Siebel (SPD): Sie haben ein dickes Fell!)

Ich ertrage ja auch Reden der Opposition ganz entspannt. Das ist also mit Gelassenheit zu betrachten.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich nehme aus jeder dieser Bürgermeisterdienstversammlungen aber Punkte mit, wo wir sagen: Das müssen wir uns noch einmal anschauen. – Das Verfahren wurde ja bewusst so angelegt, eine erste Modellrechnung vorzulegen. Ich habe noch nie erlebt, dass ein erstes Modell eine solche Aufregung auslöst. Anhand dieser ersten Modellrechnung wollen wir im Dialog mit den Beteiligten prüfen, an welcher Stelle man möglicherweise das eine oder andere nachjustieren muss. Das werden wir auch weiterhin tun.

Meine Damen und Herren, die Debatte, der Versuch des kritischen Diskurses in diesem Hause war – das sage ich Ihnen sehr offen – weniger ertragreich als die Bürgermeis

terdienstversammlungen. Beispielsweise hat der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion hier zehn Minuten lang Zitate aus Presseartikeln vorgetragen. Ich habe nicht ein einziges Sachargument gegen den vorgelegten Vorschlag gehört.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Herr Gremmels, an welchem Punkt stellen Sie einen Widerspruch zwischen dem Vorschlag und den Vorgaben der Hessischen Verfassung und insbesondere den Vorgaben des Staatsgerichtshofs fest? Das würde mich sehr interessieren, denn das gäbe mir die Möglichkeit, den einen oder anderen Punkt an der Stelle noch einmal zu reflektieren.

Es geht Ihnen aber offensichtlich gar nicht um eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Zahlen, Daten und Fakten. Vielmehr geht es um den Versuch, ein bisher den Sozialdemokraten nicht gelungenes Thema in irgendeiner Form kampagnenfähig zu machen. Darum geht es – nicht um eine sachliche Auseinandersetzung.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten, da haben Sie noch Optimierungspotenziale. Herr Kollege Beuth und ich waren am Samstag auf der Bürgermeisterdienstversammlung im Main-Kinzig-Kreis. Auf dem Weg dorthin habe ich in der Zeitung gelesen, dass die örtlichen Sozialdemokraten zu einer großen Protestkundgebung aufgerufen hatten. Als Kollege Beuth und ich um 9 Uhr dort erschienen, war jedenfalls noch kein Sozialdemokrat da.

(Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Wir haben uns gedacht: Na ja, das frühe Aufstehen könnte möglicherweise schwierig sein. – Als wir mittags um 12 Uhr dort wieder herauskamen, war immer noch keiner da. Wenn Sie demnächst wieder Demonstrationen planen, dann geben Sie uns die Plakate mit, damit Peter Beuth und ich sie hochhalten können, sodass es wenigstens irgendjemand macht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Lassen Sie uns einen Augenblick über die Sachfragen reden. Es ist beachtlich, dass der Teil des Hauses, der einen wesentlichen Teil der letzten Jahre mit Debatten über die Frage verbracht hat, wie man Menschen, die ein Vermögen haben, künftig höher besteuern kann,