Also das, was mir in den letzten Wochen und Monaten als modernste Ausspähmethode bekannt geworden ist, ist das, was die NSA tut und mit welchen Rechnern sie es tut. Meinen Sie, nur weil das technisch möglich ist, ist es gerechtfertigt, das zu tun?
Das müssen Sie uns schon beantworten. Ich habe heute Morgen gelernt, dass CDU und GRÜNE den Hessischen Landtag gerne auffordern, sich politisch hinter etwas zu stellen, was Gerichte für falsch und nicht rechtmäßig halten. Herr Frömmrich, ist das an dieser Stelle auch so?
Frau Präsidentin, das ist sehr freundlich von Ihnen. Vielen Dank an die Fragesteller. Das gibt doch noch einmal die Möglichkeit, das eine oder andere mit den Kolleginnen und Kollegen der FDP zu diskutieren.
Herr Kollege Greilich, ich wundere mich schon, wie schnell Sie von Regierung auf Opposition umstellen und nicht mehr das wissen, wie Sie es vorher gesagt haben.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Bei Ihnen geht es umgekehrt sehr schnell! – Weitere Zurufe von der SPD)
Ich habe Ihnen eben sehr deutlich gesagt, wie unsere Grundhaltung in der Frage ist. Ich habe Ihnen auch deutlich gesagt, dass wir als unterschiedliche Parteien in einer sehr speziellen Frage unterschiedliche Auffassung haben. Wir haben das in unseren Gesprächen mit der CDU sehr intensiv diskutiert. Weil wir dort zu keiner Einigung gekommen sind, haben wir das ausdrücklich als Dissens festgehalten. Das ist ein ganz normaler Vorgang, den hätten wir im Übrigen mit den Kollegen von der SPD auch so vereinbaren müssen.
Herr Kollege Greilich, das haben Sie doch in anderen Punkten in Ihrer Koalitionsvereinbarung mit der CDU auch so gemacht. In Ihrem Koalitionsvertrag mit der CDU haben Sie zur Quellen-TKÜ ausdrücklich festgestellt, dass in dieser Frage ein Dissens besteht. Warum haben Sie das mit der Vorratsdatenspeicherung nicht auch gemacht, wenn es
Sie wissen heute, dass Sie kein Thema mehr haben, bei dem Ihnen die Bürgerinnen und Bürger auch nur noch ein Minimum an Kompetenz zuweisen, noch nicht einmal mehr in der Wirtschaftspolitik. Jetzt sind Sie auf der Suche nach Ihren ehemaligen Wurzeln, nämlich den Bürgerrechten und den Freiheitsrechten. Das kann man Ihnen nicht verübeln. Aber man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass Sie in den vergangenen Jahren, in denen Sie im Bund und im Land die Regierungsverantwortung getragen haben, genau das nicht gemacht haben.
Herr Kollege Greilich, ich finde es sehr putzig, dass ausgerechnet Sie als Kollege der FDP Hessen das sagen. Der Anführer der Kohorten gegen Frau Leutheusser-Schnarrenberger in der Frage des großen Lauschangriffs auf Bundesebene war Ihr Landesvorsitzender Jörg-Uwe Hahn. Das hat am Ende dazu geführt, dass Frau Leutheusser-Schnarrenberger in der damaligen Koalition ihr Ministeramt aufgegeben hat. So viel zu Ihrer Liebe zu Frau LeutheusserSchnarrenberger.
Im Gegensatz zu Ihnen habe ich die Position von Frau Leutheusser-Schnarrenberger schon in der Vergangenheit geschätzt. Ich habe, im Gegensatz zu Ihnen, ihre Position zu Bürgerrechten und Freiheitsrechten und zu einem anderen Umgang von Staat und Gesellschaft schon immer geschätzt. Sie waren diejenigen, die die Kohorten gegen Frau Leutheusser-Schnarrenberger angeführt haben. Herr Kollege Greilich, das sollten Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen.
Vielleicht haben Sie eben nicht richtig zugehört, als ich das Zitat vorgetragen habe. Kollege Hahn, seinerzeit Justizminister, hatte damals in der Frage anlasslose Vorratsdatenspeicherung Folgendes angekündigt – Sie haben gerade gesagt, Sie hätten eine andere Position gehabt, aber es wäre mit der CDU schlecht umsetzbar gewesen. „Spiegel online“ vom 25. Dezember 2011 ist zu entnehmen:
Dabei deutete Hahn ein Entgegenkommen der FDP an: Er werde sich dafür einsetzen, dass es auch eine Datenspeicherung ohne Anlass gebe, …
Herr Kollege Greilich, dann zu behaupten, Sie wären auch in der Vergangenheit, also auch in der Zeit, in der Sie Verantwortung in der Landesregierung getragen haben, gegen eine anlasslose Datenspeicherung vorgegangen, das entspricht einfach nicht der Wahrheit.
Frau Präsidentin, vielen Dank für den Hinweis. Ich will noch einen Satz, wenn Sie mir den erlauben, zum Kollegen Wilken sagen. – Natürlich gibt es moderne Ermittlungsund Fahndungsmethoden. Vielleicht schauen Sie einmal ins Strafgesetzbuch. Da steht eine Fülle von modernen Fahndungs- und Ermittlungsmethoden. Da sind aber ganz bestimmte Voraussetzungen gefordert.
Das sind Dinge, die wir vereinbart haben. Die Polizei muss auf Augenhöhe mit denen sein, die die Straftaten in diesem Land begehen. Nichts anderes steht in diesem Absatz. – Vielen Dank.
Vielen Dank, das war ein sehr langer letzter Satz. – Für die Landesregierung spricht Staatsminister Beuth. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Faeser hatte recht, als sie sagte, wir sollten die Debatte nicht überhöhen. Die Vergleiche, die zwischen der NSA und der Vorratsdatenspeicherung vorgenommen worden sind, sind, ehrlich gesagt, völlig absurd.
Vom Umfang, vom Inhalt und auch von den rechtlichen Grundlagen her ist das nicht vergleichbar und wird im Grunde genommen einer sachlichen Debatte nicht gerecht. Das möchte ich eingangs gesagt haben.
Lassen Sie mich einen zweiten Punkt sagen. Herr Kollege Greilich, ich will auf die Kollegen der FDP nur insofern eingehen, als Sie die Vorratsdatenspeicherung als Bedrohung für die Bürgerinnen und Bürger bezeichnen. Darauf muss ich erwidern, dass das deutlich überhöht ist.
Herr Kollege Greilich, ich will Ihnen einmal sagen, was Bedrohung für die Sicherheit und die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land bedeutet. Lassen Sie mich dazu ein paar Beispiele vortragen. Im Bereich der Gewaltkriminalität ist es dem Landeskriminalamt gelungen, einen Auftragsmord an einem Taxifahrer in Offenbach aufzuklären. Nachdem umfangreich Funkzellendaten ausgewertet worden sind, konnte der Täter überführt werden. Das wäre ohne eine Vorratsdatenspeicherung nicht möglich gewesen.
Ich will Ihnen einen zweiten Fall, auch aus Hessen, schildern, in dem es um einen Doppelmord ging. Bei diesem Doppelmord konnte der Täter, der mittlerweile sogar verurteilt worden ist, nur ermittelt werden, weil man auf Kommunikationsdaten zurückgreifen konnte. Über den Nachweis des Besuchs von Internetseiten, in der Bauanleitungen für Schalldämpfer dargestellt worden sind, konnte der Täter überführt werden.
Lassen Sie mich einen anderen Punkt zum Thema Freiheit anführen. Herr Kollege Dr. Wilken, Sie haben das in einem ganz anderen Zusammenhang hier vorgetragen. Politisch motivierte Kriminalität beschäftigt uns in diesem Hause auch. Wenn wir rückwirkend erhobene Kommunikationsund Standortdaten zur Verfügung haben, dann gelingt uns die Identifizierung von Hinterleuten, Anstiftern oder bislang unbekannten Unterstützern oder Kontaktpersonen
Der Präsident des Bundeskriminalamts hat höchstselbst vorgetragen, dass bei der Zwickauer Zelle unter Rückgriff auf solche Kommunikationsdaten, die damals angefordert worden sind, aber nicht zur Verfügung gestanden haben, vielleicht frühzeitiger die entsprechenden Strukturen aufgedeckt worden wären.
Lassen Sie mich noch einen vierten Punkt ansprechen, den ich wichtig finde. Frau Kollegin Faeser hat es schon angedeutet, bei der Kinderpornografie haben wir nur eine Chance, wenn wir auf solche Ermittlungsmethoden zurückgreifen können. Nur dann werden wir dieser Täter habhaft. Meine Damen und Herren, wir sind klug beraten, wenn wir an dieser Stelle die Debatte nicht völlig überhöhen. Selbstverständlich gibt es gute Argumente für die Vorratsdatenspeicherung. Ich habe gerade vier Fälle aufgeführt. Ein Gutmeinender könnte darauf kommen, dass es nicht völlig absurd ist, den Polizeibeamtinnen und -beamten solche Methoden an die Hand zu geben.
Meine Damen und Herren, die FDP hat hier einen Antrag zu einem Thema eingebracht, das zumindest den Innenministern in Deutschland unter den Nägeln brennt. Die Vorratsdatenspeicherung, zuletzt im Frühjahr 2012 auf der Innenministerkonferenz erörtert, wird dort auf der Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts als dringend geboten angesehen.
Die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung war und ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Belange der inneren Sicherheit in Deutschland. Die Begehung schwerer Straftaten im Internet und tatrelevante Telekommunikation in Datennetzen stellen eine Herausforderung für unsere Sicherheitsbehörden da, die vom Gesetzgeber die erforderlichen rechtlichen Werkzeuge zur Aufgabenwahrnehmung erhalten müssen; ich habe das bereits dargestellt. Mir ist wichtig – und da sind sich alle Innenminister einig –: Das Internet und andere Datennetze dürfen keine rechtsfreien Räume werden.