Klage ist noch nicht erhoben. Aber RWE wird klagen müssen, weil sonst bei den Vorständen einer Aktiengesellschaft der Staatsanwalt vor der Tür steht. Das ist doch völlig klar.
Ich weiß ja, in Hintergrundgesprächen wird gesteckt: Ja, man muss mit RWE reden; RWE will vielleicht auch einmal etwas von der Bundes- und der Landesregierung. – Meine Damen und Herren, ich erkläre ganz eindeutig: Auf ein solches Spiel wird sich die Politik auf Bundesebene auf keinen Fall einlassen
und kann sich RWE gar nicht einlassen, weil der Staatsanwalt vor der Tür steht und die Aktionäre dann Klagemöglichkeiten gegen den Vorstand hätten.
Ein Weiteres kommt hinzu. Im CDU/GRÜNEN-Antrag wird gesagt, die Schadensersatzfrage sei noch gar nicht gestellt worden. Die Frage, ob es ein Feststellungsinteresse zur Klage auf Rechtswidrigkeit der Verfügung gibt, ist aber vom Gericht natürlich geprüft worden. Es ist mehrfach dargestellt worden, dass eine Klage vorbereitet wird und dass daran ganz viele Juristen bei RWE sitzen.
Meine Damen und Herren, diese Täuschung der Öffentlichkeit und die Hoffnung, RWE werde nicht klagen, halte ich für völlig unsolide. Das wird auch nicht so kommen. Es wird eine Klage kommen. Die muss sogar aus Sicht der Aktiengesellschaft kommen.
Meine Damen und Herren, der letzte Satz Ihres Antrages: „Die Verantwortung für die rechtswidrige Verfügung liegt damit beim Bund, da dieser die Sachhoheit an sich gezogen hat“, ist schlicht die Unwahrheit. Die Frage, wer anhört, ist ganz alleine Kompetenz des Landes Hessen.
Der Bund hat nicht angewiesen, auf die Anhörung zu verzichten. Es gibt dazu eine Anfrage beim Bund. Der Bund hat gesagt: Wir haben damit gar nichts zu tun. – Zu dieser Frage hat zum Glück das Bundesverwaltungsgericht etwas ausgeführt, und zwar in Randziffer 12:
Die Durchführung der Anhörung gehört deshalb ebenso zur unentziehbaren Wahrnehmungskompetenz des Landes wie der Erlass des Verwaltungsakts selbst. … Für die Durchführung der Anhörung nach § 28 HVwVfG bleibt jedoch allein die mit Außenwirkung handelnde Landesbehörde zuständig.
Wenn Sie von CDU und GRÜNEN diesen Antrag unterstützen, dann wird auch die Unwahrheit beschlossen. Ich kann Ihnen nur eines zum Zwischenruf „neuer Stil“ von Herrn Irmer sagen. Ich wäre froh, wenn es hier einen neuen Stil gibt und endlich einmal Konsequenzen aus unsäglichem Verhalten einer Ministerin gezogen werden. Das wäre neuer Stil in Hessen, und das wäre ein guter Anfang auch für diese Regierung. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Verfügung des Landes Hessen zur vorübergehenden Stilllegung des Kernkraftwerks Biblis im Frühjahr 2011 war formell rechtswidrig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. In einem Rechtsstaat haben wir das zu akzeptieren.
Man kann wie ich und viele andere auch anderer Meinung sein. Nichtsdestotrotz gilt der Spruch des Gerichts.
Doch – und das muss auch betont werden – war die Verfügung vom Inhalt her politisch richtig, und sie war auch zu diesem Zeitpunkt geboten. Kolleginnen und Kollegen, wir müssen an dieser Stelle nach vorne schauen. Die Entscheidung aus Leipzig trifft keine Vorentscheidung darüber, ob überhaupt Schadenersatzansprüche des Betreibers gegenüber dem Land Hessen bestehen.
Biblis B war zum Zeitpunkt und für die ganze Dauer des Moratoriums in Revision, und Biblis A stand vor einer Revision wegen der Weimar-Auflagen, die umgesetzt werden mussten. RWE hätte bereits zum 01.04.2011 das Kernkraftwerk Block A wieder in Betrieb nehmen können, zu einem Zeitpunkt, als dort die Klage gegen die Verfügung erhoben wurde. RWE hätte zum Zweiten am 18.06.2011 wieder in Betrieb gehen können, denn zu diesem Zeitpunkt ist das dreimonatige Moratorium ausgelaufen.
Das wäre rechtlich möglich gewesen. RWE hat es nicht unternommen. Von daher existieren derzeit keine Schadenersatzklage und keine Schadenersatzansprüche.
Die 190 Millionen €, die Herr Schmitt immer vor sich herträgt wie eine Monstranz, sind durch nichts hinterlegt.
(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Angela Dorn und Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn Sie nicht nur zum politischen Vorteil für Ihre Partei, sondern auch im Sinne des Landes Hessen handeln würden,
Erstens hat die SPD eine Aufgabe, zur Schadensminderung in diesem Fall beizutragen, genau wie andere. Genau das tun Sie nicht. Sie machen genau das Gegenteil.
Ich meine, wir sollten doch Folgendes auch gemeinsam tragen können. Wenn es denn zu der Zivilklage kommt, muss RWE zunächst erklären, welchen Schaden sie geltend machen. Ich habe gesagt, das Moratorium war zwölf Tage gültig. Es hatte auch keinen Sofortvollzug. RWE hätte die aufschiebende Wirkung durch die Klage vom 01.04.2011 in Anspruch nehmen können.
Ich sage Ihnen, warum RWE es nicht getan hat. Das ist ganz eindeutig. Wenn RWE dieses Kraftwerk am 1. April 2011 wieder angefahren hätte, dann hätte der Groll des deutschen Volkes, der deutschen Bürger dieses Unternehmen hinweggefegt. RWE wusste ganz genau, wie die Stimmung der Menschen ist. Aus diesem Grunde haben sie auch das gemacht, was wir mit der Verfügung erreichen wollten, und haben sich, obwohl sie es rechtlich hätten tun können, nicht dagegen aufgelehnt.
Zweitens. Die Aktenlage zeigt, dass man sich sehr wohl Gedanken gemacht hat, und zwar intensive Gedanken über die Frage einer Anhörung, über die Frage, wie man diese Verfügung abfasst. Die Verfügung ist entsprechend der Vorgabe des BMU vom 16.03.2011 abgefasst worden – wie immer: zwei Juristen, drei Meinungen. Genau das ergibt sich auch aus der Aktenlage.
Ich verweise auch auf das Mail aus dem Justizministerium, worin ausgeführt worden ist: Es kann auf die Anhörung verzichtet werden, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt. – Wenn ich mir noch einmal unsere Umweltausschusssitzung vom 18. März 2011 in Erinnerung rufe, dann stelle ich fest, es lag ein öffentliches Interesse vor; denn da waren alle Parteien einig, dass sofort und schnellstmöglich abzuschalten ist. Das solle man heute auch hier einmal weiterhin bedenken.
Drittens. Ich verstehe, dass Sie die Frage der Anhörung in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen stellen. Damals ist zügig entschieden worden. Damals wurde schnell reagiert. Die Menschen wollten damals, dass diese Sicherheitsüberprüfungen sehr schnell stattfinden. Genau so ist gehandelt worden. Im Übrigen ist das nicht anders als in den anderen Bundesländern.
Es war nur besser und klüger, weil begründet wurde, warum man nicht anhört. Das haben alle anderen nicht gemacht. Das zeigt, dass man sich sehr wohl Gedanken darüber gemacht hat, wie man handelt.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, für den Mut, den Ministerin Puttrich damals hatte, schnell und entschieden zu handeln und intensiv zu prüfen, gilt ihr weiterhin und auch heute unser Respekt.
Viertens. CDU und FDP haben im Jahr 2011 eine Sondersitzung des Umweltausschusses beantragt. Wir haben diese beantragt, damit dort öffentlich, intensiv und schnell informiert werden konnte. Ich möchte Ihnen vorlesen, was Frau Puttrich zu Beginn der Sitzung jedem, der dort war, vorgelesen hat. Ich zitiere einen Satz aus der Verfügung:
Von einer förmlichen Anhörung nach § 28 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz konnte abgesehen werden, weil sie vorliegend nicht geboten erscheint.
Herr Schmitt, dieser Satz wurde nachweislich des Protokolls auch Ihnen vorgelesen. Später haben Sie kommentiert, dass jeder Student im ersten Semester Jura hier hätte aufheulen müssen. Dann frage ich Sie: Warum haben Sie in dieser Sitzung während der vier Stunden nicht ein Wort zu diesem Thema gesagt?
Sie haben herumgestritten. Sie haben gesagt, die Regierung handele nicht, in Hessen sei man zu langsam, Hessen sei einen Tag später als alle anderen Bundesländer gewesen. Herr Schmitt, nicht einen Satz haben Sie zu dem Thema gesagt, bei dem es um den Studenten geht, der mindestens ein Semester Jura hinter sich hat.