Protokoll der Sitzung vom 05.02.2014

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe kein Wort von Ihnen gehört, dass Sie dieses Vorgehen schwierig fänden, Herr Bouffier. Jetzt schieben Sie die Verantwortung auf den Bund. Damals haben Sie kein Wort gesagt und sind einfach Schwarz-Gelb im Bund gefolgt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ihnen war die Warnung des Justizministeriums ebenso bekannt, Herr Ministerpräsident. Sie haben die Verfügung ja sogar noch geändert, aber nicht an den entscheidenden Stellen. Das ist es.

(Hermann Schaus (DIE LINKE), zu Ministerpräsident Volker Bouffier gewandt: „Pillepalle“ haben Sie gesagt!)

Anstatt damals Kritik zu äußern, versuchen Sie sich jetzt aus der Verantwortung zu stehlen. Ja, die Verantwortung liegt zum Teil auch beim Bund. Aber damals war kein Piep von Ihnen zu hören, dass Sie das kritisieren würden. Deswegen ist ganz klar: Schwarz-Gelb ist für das Versagen verantwortlich.

Wer das Land einem derartigen Risiko aussetzt, Frau Ministerin Puttrich, der muss sich dann schon fragen lassen, ob er für Ministerämter geeignet ist. Diese Frage stellen wir. Auch der Ministerpräsident täte gut daran, sich heute im Landtag zu der ganzen Sache zu erklären.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Dann will ich noch etwas zu dem Antrag sagen, den die Regierungsfraktionen eingereicht haben: Meine Damen und Herren, das ist wirklich abenteuerlich. Sie reichen einen Antrag ein, in dem steht: „Der Landtag bekennt sich unabhängig der Rechtsfolgen“ zu der Entscheidung, Biblis im Rahmen des Moratoriums stillzulegen. – Wir bekennen uns zu Entscheidungen unabhängig von Rechtsfolgen? Was sagt das über Ihr Rechtsstaatverständnis aus?

(Norbert Schmitt (SPD): Unabhängig vom Rechtsstaat!)

Ich überlege mir gerade, was passiert wäre, wenn wir das eingebracht hätten:

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Die Rechtsfolgen sind egal, wir wollen das halt mal machen.

(Norbert Schmitt (SPD): Zu Recht!)

Dann zu Punkt 4, der Bund hätte den „wörtlichen Inhalt der Verfügung“ vorgegeben: Das ist falsch, Frau Dorn. Wenn Sie in die Akten schauen, dann stellen Sie fest, dass das nachweislich falsch ist. Jeder, der die Akten gesehen hat, weiß das. Die Mitarbeiter im Ministerium haben sogar noch geschrieben, dass die Mitteilung des Bundesumweltministeriums sehr vage gehalten ist. Der neue Stil des Landtags ist es offensichtlich, dass hier Tatsachen, die nachweislich falsch sind, zur Abstimmung gestellt werden.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will noch ganz kurz etwas zu RWE sagen: Ich halte es schon für eine Frechheit, dass RWE jahrzehntelang von den Subventionen für die Atomenergie profitiert hat, Milliarden gescheffelt hat und sich jetzt noch den überfälligen Atomausstieg versilbern lassen will. Das halte ich für eine schamlose Bereicherung auf Kosten der Steuerzahler.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

RWE spricht von 190 Millionen € Schaden, der angeblich durch das Moratorium entstanden sei. Genauso wenig wie ich RWE die Lügen von der sicheren Atomkraft glaube, glaube ich diese Zahl. Wenn man überlegt, wie viel Geld Biblis pro Tag gemacht hat, dabei die dreimonatige Stilllegung berücksichtigt, und dass Biblis B zu der Zeit gar nicht am Netz war, sondern planmäßig in der Revision, komme ich nicht auf eine Summe von 190 Millionen €.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ah!)

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Noch zwei Sätze. – Das schmälert die Verantwortung der Landesregierung ausdrücklich nicht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war klar!)

Es ist ein reiner Zufall, dass Biblis B nicht am Netz war. Aber ich hoffe, das schmälert die Kosten, die auf die Steuerzahler zukommen, meine Damen und Herren. Ich denke, angesichts dieses finanziellen Risikos können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Hier müssen politische Konsequenzen gezogen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Es spricht Frau Kollegin Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt eine Menge Vorwürfe an Frau Ministerin Puttrich gehört. Am Anfang müssen wir eines festhalten:

(Sabine Waschke (SPD): Die Zeiten haben sich geändert!)

Es gab einen einzigen Aspekt, den das Land Hessen anders als alle anderen Bundesländer gemacht hat, und das war der Verzicht auf die Anhörung. Dieser Aspekt ist völlig unerheblich für die Frage von Schadenersatzklagen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Nein!)

Natürlich. Das ist ein Nebenaspekt dieser Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Aber es ist leicht, immer auf die anderen zu schauen. Wie sehen denn Ihre Rollen aus? Ganz spannend finde ich das gerade bei der FDP. Als ehemalige Regierungsfraktion waren Sie an allem beteiligt, haben es genau mitbekommen. Nach Fukushima und vor allem nach der Kommunalwahl – das hat Sie ja ordentlich getroffen – konnten Sie gar nicht schnell genug aussteigen. Herr Hielscher war der Erste, der an die Presse gegangen ist.

(Günter Rudolph (SPD): Es gelten aber rechtsstaatliche Verfahren!)

Herr Rentsch hat gesagt: Wir müssen jetzt ganz schnell abschalten. – Ihre Krokodilstränen verstehe ich kein bisschen. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, über alle Vorgänge Bescheid zu wissen. Jetzt sind Sie die Ersten, die hier alles reduzieren, obwohl Sie damals mit an der Entscheidung beteiligt waren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Zur Rolle der LINKEN würde ich auch gerne noch etwas sagen: Frau Kollegin Wissler ist immer gut im Austeilen, sie ist auch besonders schlagfertig. Sie haben ein paar schöne Zitate für die Medien gehabt, Frau Wissler. Aber gerade die Linksfraktion müsste sich bei der Frage eines sicheren Atomausstiegs zurückhalten. Ich darf daran erinnern, wie oft wir GRÜNE und auch die SPD für den Atomkonsens kritisiert worden sind. Das war ein sehr rechtssicherer Ausstieg.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Der hat ja toll gehalten!)

Das Verfahren hätten wir beibehalten sollen, das war ein rechtssicherer Ausstieg. Sie haben immer gesagt, das dauere zu lange, das sei ja ein Deal mit den Atomkonzernen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist umkehrbar!)

Frau Wissler, genau das ist der Unterschied zwischen Regierung und Fundamentalopposition. Man muss auch mal schwierige Entscheidungen treffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie können hier nicht so tun, als ob Sie den rechtssicheren Atomausstieg gefordert hätten. Bei Ihren Vorschlägen wäre es zu horrenden Schadenersatzforderungen gekommen, Frau Wissler. Insofern können Sie sicherlich nicht Frau Puttrich oder andere Menschen kritisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Soll ich jetzt auch zurücktreten?)

Genau um den Punkt geht es: Wenn man Verantwortung übernimmt, muss man das auch für schwierige Punkte tun. Sie können mir glauben, es gibt schönere Dinge, als am Anfang einer Regierungszeit mit verlorenen Gerichtsprozessen der Vorgängerregierung umzugehen.

(Timon Gremmels (SPD): Mitgefangen, mitgehangen!)

Aber wir haben einen sehr konstruktiven Weg mit der CDU gefunden. Wir wollen die beste Lösung für das Land suchen. Wir wollen finanziellen Schaden vom Land abwenden. Das ist entscheidend. Dazu gehört es auch, dass man Verantwortung übernimmt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Ja, das machen Sie dann mal! Was heißt das? Wer übernimmt Verantwortung, die SPD?)

Ich möchte es einmal andersherum sagen. Wir wären sicherlich nicht in diese Konstellation eingetreten, wenn Biblis heute noch am Netz wäre. Auch das gehört zur Wahrheit. Es war eine Grundlage für uns, in die Regierungskonstellation mit der CDU einzutreten, dass Biblis nicht mehr am Netz ist. Es war die richtige Entscheidung, aus der Atomkraft auszusteigen. Dafür haben wir immer gekämpft.

Wir haben uns gemeinsam vorgenommen, in das Zeitalter der erneuerbaren Energien aufzubrechen. Sicherlich werden wir uns dabei jetzt nicht von den Problemen des alten Zeitalters aufhalten lassen. Wir werden da vorangehen.