befristet angestellt waren. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, und dazu muss man auch eine Position beziehen.
Als Verbraucher, der jeden Tag auch online einkauft, möchte ich natürlich bequem und günstig einkaufen. Aber wir alle – das unterstelle ich uns allen – wollen das nicht auf dem Rücken von dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wir wollen es nicht zu Dumpinglöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen tun. Das wollen wir nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nun geht es um einen Arbeitskampf. Es geht um die Frage, welcher Bereich zuständig sein wird, Frau Wissler. Deswegen lassen Sie mich noch einmal sagen: Unsere Haltung bzw. unsere politische Auffassung ist relativ eindeutig, wenn man sich Quelle, Neckermann oder Otto ansieht – wenn das Versandhandel ist, warum sollte Amazon kein Einzel- oder Versandhandel sein? Das ist in der Tat eine Haltung, und deswegen können wir nur Unverständnis darüber äußern. Deshalb steht es auch noch einmal in unserem Antrag.
Natürlich – und das ist gar nicht so witzig, Herr Lenders, Sie haben es gerade angesprochen – ist es auch ärgerlich für die Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn sie Opfer eines Arbeitskampfes werden, und deswegen kann man es durchaus einmal sagen. Wir haben Verständnis dafür, dass die Verbraucher den Kopf darüber schütteln und sagen, sie würden Opfer eines Streiks, ob er nun berechtigt ist oder nicht. Dafür kann man erst einmal Verständnis haben.
Wichtiger aber ist, dass Amazon sein Geschäftsgebaren dringend überprüft, dass es endlich dazu kommen muss, dass es dort faire, soziale Arbeitsbedingungen gibt, und dass es endlich an den Verhandlungstisch zurückkehrt bzw. sich überhaupt erst einmal an den Verhandlungstisch setzt, damit darüber verhandelt werden kann.
Das halten wir für selbstverständlich. Deswegen geht von uns auch diese Haltung aus, dass das, was im Moment seitens der Firma Amazon in Bad Hersfeld und anderswo passiert, nicht zu tolerieren ist. Wir finden, es braucht hier dringend Verhandlungen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Ich sage es noch einmal: Wir wollen alle gern günstig und bequem einkaufen, aber wir wollen es nicht auf dem Rücken der Beschäftigten tun. – Wenn Sie jetzt diesen Fall vortragen, Frau Wissler: Ihr Antrag zu dem, was das Regierungspräsidium gemacht hat, wird zum Schluss in den Ausschuss gehen. Wir müssen Ihre Aussagen schlicht und ergreifend prüfen, ich wusste davon bis zum heutigen Tage nichts. Sie können es uns gern schriftlich zukommen lassen. Wir werden uns dieser Sache annehmen und uns der Frage stellen.
Nur eines sollten wir nicht tun: Die Frage der Sonntagsund Feiertagsarbeit ist eine Sache, ob es Sondergenehmigungen gibt, das müssen wir auf einer Seite stehen lassen. Wir haben eine klare Haltung dazu. Wir wollen keine
Sonntagsarbeit. Es gibt einschlägige Gerichtsurteile, die dazu auffordern, die Sonntagsarbeit auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Dazu stehen wir eindeutig.
Was das aber nun mit dem Streik, dem Streikrecht und dem Streikbruch zu tun hat, ist eine ganz andere Geschichte.
Ich sage deshalb, weil es egal ist, wann die Firma arbeitet – morgens, mittags, abends, nachts oder sonntags –: Streik gilt dann immer. Selbstverständlich kann das nicht zum Sreikbrechen beitragen. Vielleicht wäre es eine politisch zu diskutierende Frage. Aber ob das eine mit dem anderen zusammenhängt, sehe ich im Moment so, als würde etwas in einen Topf geworfen, zusammen umgerührt und dann ein Streikbruch daraus interpretiert. Das finde ich etwas wagemutig.
Aber wir sagen zu, dieser Frage nachzugehen; denn wir haben ja einschlägige Urteile zum Thema Sonntagsarbeit. Wir wollen also gern überprüfen, worum es da geht. Wir werden dazu auch politisch Rede und Antwort stehen, das ist überhaupt kein Thema. Aber einen Streikbruch auszurufen über eine Frage, die erst einmal nichts damit zu tun hat, finde ich zunächst etwas bizarr.
Bevor wir schon „Skandal“ rufen, sollten wir uns deswegen dieser Sache annehmen, welche Rechtsgrundlagen zugrunde lagen, warum es passiert ist und was das eine mit dem anderen zu tun hat. Dem werden wir nachgehen und Rede und Antwort stehen.
Wichtiger finde ich aber, dass wir in dieser Stunde klarmachen, dass wir in diesem Bundesland nur Unternehmen wollen, die tatsächlich auch darauf achten, dass es arbeitsrechtlich gute Bedingungen gibt, dass es sozialpolitisch gute Bedingungen gibt und dass auch die Verbraucherinnen und Verbraucher günstig und bequem einkaufen wollen, aber sie wollen auch gute Arbeitsbedingungen für diejenigen, die die Produkte erarbeiten oder verschicken. Über diese Haltung gibt es wohl keinen Zweifel in diesem Raum, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich wiederhole es noch einmal: Wir wollen uns da nicht einmischen, aber wir wollen, dass es zu einer zügigen Einigung kommt. Eine zügige Einigung kann es immer nur geben, wenn sich alle zuständigen Partner an einen Tisch setzen, und dazu fordern wir dringend auf. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Als Nächster hat der Kollege Dr. Bartelt das Wort, CDU-Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich auf die Grundlagen hinweisen, aufgrund derer wir hier diskutieren und die hoffentlich Konsens dieses Hauses sein sollten.
Tarifautonomie ist ein hohes Gut. Tarifautonomie hat Verfassungsrang. Tarifautonomie ist vom Grundgesetz geschützt. Und ich bin sehr dankbar, dass fast alle Redner darauf hingewiesen haben. Dass die Linkspartei das nicht tut, überrascht mich nicht sehr, aber die anderen Parteien haben dies getan. Vielleicht hätte man an der einen oder anderen Stelle das Wort „leider“ streichen können, dass wir nichts dazu sagen sollen. Nein, die Tarifautonomie ist Bestandteil unseres Rechtsstaates, unserer sozialen Marktwirtschaft und daher darf sich Politik in Tarifauseinandersetzungen, einschließlich des Streiks, nicht einmischen, auch nicht anwaltsweise und auch nicht versteckt.
Wir sollten Forderungen und Abschlüsse nicht bewerten. Wir sollten nicht sagen, bestimmte Forderungen seien zu hoch oder zu niedrig. Das sollten wir als Politiker nicht tun. Damit sind wir in Deutschland auch immer ganz gut gefahren. Das ist auch ein Grund für unseren Erfolg, deshalb stehen wir auch besser da, als viele andere unserer europäischen Freunde.
Nun haben Sie von der Fraktion DIE LINKE noch einen Antrag eingebracht, betreffend Landesregierung darf nicht an Streikbruch mitwirken. Das, was Sie als Streikbruch bezeichnen, ist eine Nichtteilnahme an einem Streik, und das ist erlaubt. Man muss nicht streiken, das ist erlaubt.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Natürlich ist das erlaubt, aber deswegen muss man nicht noch einen zusätzlichen Arbeitstag schaffen! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie am Ende eine staatlich organisierte Aussperrung, meine Damen und Herren? Soll der Staat dafür sorgen, dass diejenigen, die arbeiten wollen, nicht arbeiten dürfen? Da machen wir eben auch nicht mit.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Es geht um genehmigte Sonntagsarbeit in einem Streikbetrieb!)
Beruhigen Sie sich wieder, ich weiß, Sie sind getroffen, weil das Thema Verbot der Aussperrung eines Ihrer zentralen Themen ist, und wollen, dass der Staat es selber organisiert.
Ein weiterer Punkt: Genehmigung der Sonntagsarbeit. Sie haben bei dem Vortrag des Genehmigungsbescheides auf das Datum der Genehmigung hingewiesen.
Sie wollten damit den Eindruck erwecken, als ob die Landesregierung bzw. der Regierungspräsident Partei für den Arbeitgeber ergreifen würde.
Das heißt ganz eindeutig: Antragstellung und Streik haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Das ist eine Luftblase, die hier zerplatzt.
Nun zum Sachverhalt. Bei Amazon streiken Arbeitnehmer in sechs der neun Standorte in Deutschland, so auch in Bad Hersfeld in Hessen. Ziel der ver.di-Betriebsgruppe ist es, einen Tarifvertrag abzuschließen und den Großteil der Arbeitnehmer dem Berufsbild Einzelhandelskauffrau/Einzelhandelskaufmann zuzuordnen. Der Arbeitgeber hat derzeit nicht die Absicht, einen Tarifvertrag abzuschließen. Er sieht sich als Bestandteil der Logistikbranche.
Es gibt sicherlich Argumente der Zuordnung in die eine oder in die andere Gruppe. Ich habe auch Verständnis dafür, dass diese Argumente gegeneinander abzuwägen sind – aber nicht jetzt vom Hessischen Landtag. Das wäre auch wieder ein Eingriff, eine Stellungnahme in ein aktuelles Streikgeschehen, in eine Tarifauseinandersetzung.