Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Terminal 3 ist überflüssig – kein Einstieg in eine neue Wachstumsrunde – Drucks. 19/1525 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Bau von Terminal 3, Bedeutung des Flughafens als HUB – klares Bekenntnis zu Standortentwicklung und Investitionen am Standort – Drucks. 19/1553 –
Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Terminal 3 am Frankfurter Flughafen: Vorhaben kritisch prüfen – Drucks. 19/1559 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Als Erster hat Kollege Schaus, Fraktion DIE LINKE, das Wort.
Die aktuellen Zahlen des Flugverkehrs rechtfertigen auf keinen Fall den Bau des Terminals 3. So ist die Zahl der Flugbewegungen im ersten Quartal des Jahres um fast 6 % zurückgegangen. Spätestens jetzt muss Fraport die Reißleine ziehen und die weiteren Ausbaupläne, zu denen auch der Bau des Terminals 3 gehört, vollständig stoppen. Die Belastung der Region ist jetzt schon überschritten, ein weiterer Ausbau ist den Menschen rund um den Frankfurter Flughafen nicht zuzumuten.
Der Beifall kommt etwas früh, und ich will ihn auch nicht für mich in Anspruch nehmen; denn all das, was ich eben zitiert habe, ist einer Presseerklärung entnommen, die unser Kollege Frank-Peter Kaufmann von den GRÜNEN am 16. Mai 2013 abgegeben hat.
Ich finde es schon bemerkenswert, wie der Wandlungsprozess auch in dieser Frage vonstattengegangen ist. Wie wir alle wissen, sind diese Aussagen von Frank-Peter Kaufmann immer noch zutreffend. Es hat sich nur eines geändert: Die GRÜNEN regieren jetzt in Hessen mit. Sie haben sogar alle politischen Schlüsselpositionen in Sachen Flughafenausbau inne; denn neben dem Verkehrsminister kommen auch der für die Baugenehmigung des Terminals 3 zuständige Frankfurter Dezernent und Bürgermeister Cunitz und die für Genehmigungsverfahren zuständige Regierungspräsidentin in Darmstadt aus den Reihen der GRÜNEN. Aber geändert hat sich dadurch nichts.
Obwohl die schwarz-grüne Landesregierung als Hauptanteilseigner derzeit den Bedarf des Terminals 3 prüfen lässt, hat Fraport die Baugenehmigung bereits in der Tasche, von der schwarz-grünen Stadtregierung in Frankfurt ohne jegliche Einschränkung erteilt.
Baurecht sei schließlich keine Baupflicht, erklärte daraufhin beschwichtigend Verkehrsminister Al-Wazir. Aber das schert Fraport-Chef Schulte überhaupt nicht. So erklärte dieser vor gut zwei Wochen, mit den Bauarbeiten bereits diesen Sommer beginnen zu wollen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang sagen: Der Antrag, den Sie heute eingereicht haben, enthält wieder diese Formel. Ich weiß nicht, wer daran glauben soll. Ich glaube auch nicht, dass Sie daran glauben, sondern ich glaube, dass es sich weiterhin um nichts anderes als um Nebelkerzen und um eine Beschwichtigungspolitik handelt.
Wenn die Fraport AG sagt, dass sie baut, baut sie, und dann wird sie auch durch Ihre Resolution nicht daran gehindert werden. Selten ist nämlich eine Landesregierung, selten ist ein zuständiger Verkehrsminister, und selten sind die GRÜNEN so von einem Fraport-Chef öffentlich vorgeführt worden. Nicht einmal die Schamfrist bis zum Abschluss der Bedarfsprüfung durch das Ministerium wollte Fraport abwarten, um ihre Macht zu demonstrieren. Damit ist endgültig klar, wer in Sachen Flughafen stets das Sagen hatte und es auch weiterhin hat.
Nicht die Mehrheitsanteilseigner sind es – das Land Hessen und die Stadt Frankfurt –, sondern Fraport sagt Stadt und Land, wo es langgeht. Aber das wussten viele Menschen in der Region sowieso, und deshalb hat es sie auch nicht so sehr überrascht.
Überrascht von Schultes Vorpreschen war aber neben Verkehrsminister Al-Wazir offensichtlich auch der grüne Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner, der am 19.01.2015 erklärte:
Warum Herr Schulte da vorprescht und das in dieser Tonlage, die die Sorgen der lärmgeplagten Anwohner ziemlich ignoriert,
Warum wundert Sie das eigentlich, Herr Wagner? Uns wundert das nicht, dass sich Herr Schulte ganz sicher ist, dass Fraport bei Terminal 3 ebenso wie in der Vergangenheit bei jedem Ausbauprojekt niemand – weder die Landesregierung noch ein grüner Minister – in die Quere kommen wird. Deshalb sind sowohl Ihre Aussagen wie auch die Aussagen des Ministerpräsidenten Bouffier: „dass wir das gemeinsam erörtern werden“ – also mit Fraport –, nichts anderes als Ablenkungsmanöver.
Was Fraport will, ist doch klar: den Ausbau des Flughafens gegen die Interessen eines Großteils der Menschen in der Region weiterhin ungebremst fortsetzen. Nach den derzeitigen Flugbewegungen ist das Terminal 3 nicht notwendig. Auch im vergangenen Jahr ist die Zahl der Flugbewegungen um 0,8 % auf 469.000 gesunken, und dies sogar bei Steigerung der Passagierzahlen um 2,6 % auf 59,6 Millionen pro Jahr.
Wie geht das? – Ganz einfach. Die Fluggesellschaften verwenden zunehmend größere Flugzeuge und lasten sie auch besser aus. Fraport kalkuliert aber weiterhin mit einem Zuwachs an Flugbewegungen von 2 bis 3 % pro Jahr. Und
Um allen Zweifeln an der Notwendigkeit des Baus des dritten Terminals entgegenzutreten, wird zudem frech behauptet, dass schon jetzt mehrere Gatepositionen für die vielen großen Flugzeuge in Frankfurt fehlten. Derzeit verfügt Fraport über 19 Gatepositionen für Großraumflugzeuge.
Experten haben hingegen errechnet, dass selbst bei der ungewöhnlichen Verdoppelung des Einsatzes von Großraumflugzeugen in den nächsten zehn bis 15 Jahren aber nur 14 Gatepositionen gebraucht würden. Es ist also ausreichend Platz für alle Passagiere vorhanden.
Die derzeitigen Abfertigungskapazitäten am Frankfurter Flughafen reichen also sogar selbst nach den Zahlen von Fraport für eine Steigerung der Fluggastzahlen auf knapp 70 Millionen Passagiere im Jahr aus. Einige Experten sprechen sogar von 74 Millionen Passagieren.
Warum wird dennoch der Bau des Terminals 3 weiterbetrieben? – Für die Bürgerinitiativen und für uns LINKE liegt ganz klar auf der Hand, dass sich dieser Bau für zweieinhalb Milliarden Euro langfristig nur rechnen wird, wenn wenige Jahre später eine weitere Start- und Landebahn gebaut wird.
(Lachen der Abg. Michael Boddenberg und Dr. Wal- ter Arnold (CDU) – Dr. Walter Arnold (CDU): Abenteuerlich!)
Die Strategie von Fraport ist seit Jahrzehnten dieselbe. Man baue eine Bahn und sage, um die Kapazitäten nutzen zu können, müsse man nun auch ein neues Terminal bauen. Dann hat unerwartet das Terminal Überkapazitäten, und man braucht eine weitere Start- und Landebahn.
Wie der Rückzug vom Flughafen Hahn, das Buhlen um die Billigflieger und das Rabattprogramm zeigen, geht es Fraport in erster Linie darum, das Passagieraufkommen immer mehr zu steigern. Meine Damen und Herren, das sind berechtigte Ängste der lärmgeplagten Menschen, die wir LINKE teilen. Sie haben es satt, von der Regierung weiter mit Scheinaktivitäten und Krokodilstränen hingehalten und vertröstet zu werden.
Sie befürchten zu Recht, dass die Lärmbelastung weiter steigen wird. Deshalb darf das Terminal 3 nicht gebaut werden,
weil es eine Voraussetzung für noch mehr Lärm ist und weil es die Wachstumsspirale am Frankfurter Flughafen weiterhin in Gang hält.
Die Flugbewegungen am Flughafen sind nach wie vor nicht gedeckelt, das Wachstum der flughafennahen Gemeinden aber sehr wohl. Inmitten eines dicht besiedelten Ballungsraums kann ein Flughafen nicht immer weiter wachsen.
Der Lärm und die Schadstoffe verschlechtern die Lebensqualität in der Region zunehmend. Die Grenzen des Wachstums sind überschritten. Das alles haben die GRÜNEN vor ihrer Regierungsbeteiligung auch so gesehen. Mit dem Bau des dritten Terminals am Frankfurter Flughafen geht die Wachstumsspirale aber in eine neue Runde.
Ob freiwillig oder unfreiwillig – die GRÜNEN in Hessen kurbeln nun am Wachstumsrad mit. Wenn aber das ungebremste Wachstum einer Firma anfängt, die Gesundheit der Menschen in der Region zu beeinträchtigen, sind Appelle viel zu wenig. Da ist Ordnungsrecht gefragt.
Meine Damen und Herren, was wir eigentlich bräuchten, das wäre ein europaweites Flughafenkonzept. Derzeit haben wir viel zu viele Flughäfen in Deutschland. Alle zusammen haben riesige Kapazitätsüberschüsse. Deshalb brauchen wir eine vernünftige Abstimmung zwischen den Flughäfen – zunächst in Deutschland, aber auch darüber hinaus.
Vorrangige Ziele sollten die Vermeidung unnötigen Fluglärms, die Verringerung der Belastung durch den Flugverkehr, die Abschaffung der Subventionierung des Flugverkehrs und die Beteiligung der Luftverkehrswirtschaft an den Folgekosten des Flugverkehrs sein.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir fordern die Landesregierung auf, den immer noch nicht rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss endlich zugunsten einer nachhaltigen und damit raumverträglichen Planung zu ändern. Die Baugenehmigung für das Terminal 3 muss und kann widerrufen werden.