Protokoll der Sitzung vom 05.02.2015

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächster spricht Kollege Schwarz von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute Nachmittag über die Stärkung von Verbraucherberatung in Hessen reden können. Verbraucherschutz ist ein Querschnittsthema und umfasst ganz unterschiedliche Bereiche von Politik und Gesellschaft.

In all diesen Bereichen gilt es, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit den nötigen Informationen ausgestattet sind, andererseits aber auch mit den nötigen Rechten. Dazu gehört, als mündiger Bürger eigenverantwortlich entscheiden zu können, z. B. was ich esse, welche Daten ich weitergebe, wie ich mich informiere.

Meine Damen und Herren, für uns steht bei dieser Debatte die freie Entscheidung des freien Menschen im Mittelpunkt. Das möchte ich eingangs betonen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So ist es natürlich Aufgabe der Politik, dass diese Entscheidungen auf eine solide Grundlage gestellt werden, auf eine solide Informationsebene gestellt werden. Die Welt ist nicht größer geworden. Die Welt dreht sich auch nicht schneller. Gleichwohl ist es so, dass die Anzahl von Angeboten und die Informationsflut natürlich enorm zugenommen haben. Dem werden wir Rechnung tragen. Die Anforderungen an die hessischen Verbraucher sind in den letzten Jahren gestiegen, und wir wollen natürlich in unserem Bundesland eine moderne Verbraucherberatung, einen modernen Verbraucherschutz, der den wachsenden Anforderungen Rechnung trägt, gewährleisten.

Meine Damen und Herren, neben den Verbraucherschutzund Verbraucherberatungsklassikern wie Ernährung, Pro

duktberatung oder Finanzen nehmen die Anfragen im Umgang mit den Angeboten der digitalen Welt enorm zu. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wir begrüßen, dass die Landesregierung, dass Sie, verehrte Frau Staatsministerin Hinz, mit dem neuen Verbraucherschutzkonzept genau diese Themen aufgreifen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Koalitionsvertrag sieht eine Stärkung des Verbraucherschutzes vor: versprochen, gehalten. Meine Damen und Herren, was gibt es da zu kritisieren? Was gibt es da, um auf einmal so moralinsauer in die Debatte hineinzugehen? Es ist für mich völlig unklar, mit welcher Begründung Sie heute Nachmittag diesen Ton bei diesem positiven Schritt hineinbringen, den wir begehen.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Wir wollen gut informierte, mündige Konsumentinnen und Konsumenten. Dazu geben wir in Zukunft noch mehr Hilfestellung.

Meine Damen und Herren, das neue Konzept, das Frau Staatsministerin Hinz am 14. Januar in Wiesbaden vorgestellt hat, bringt 540.000 € mehr für Verbraucherberatung in Hessen. Wenn das nicht ein Pfund ist, wenn das nicht eine Sache ist, die man beklatschen kann, dann weiß ich es auch nicht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verehrte Kollegin Löber, das Konzept entfaltete seine Wirkung. Wir haben uns immer stark gemacht für das duale System, das es ansonsten nur in Bayern gibt. Die Bayern haben noch den Katholischen Deutschen Frauenbund dabei, und wir haben neben der Verbraucherzentrale Hessen noch DHB – Netzwerk Haushalt dabei.

Jetzt will ich Ihnen Folgendes sagen, damit Sie es auch verstehen, auch für Sie zum Mitschreiben:

(Timon Gremmels (SPD): Das ist ja wie in der Schule!)

Wenn Sie sich hierhin stellen und einen Ländervergleich machen und sagen, pro Kopf sei 1 € erforderlich, um Verbraucherberatung zu gewährleisten, dann schauen Sie bitte zu Ihren Freunden nach Hamburg. Da leben nach meinem Kenntnisstand 1,8 Millionen Menschen, und dort werden 800.000 € bereitgestellt. Wie passen Ihre Zahlen zusammen? Denken Sie vielleicht einmal mit Ihrem Parteivorsitzenden oder Fraktionsvorsitzenden, wem auch immer, zusammen, rechnen Sie, und überlegen Sie, ob möglicherweise eine gewisse Optimierung möglich ist.

(Zuruf der Abg. Angelika Löber (SPD) – Timon Gremmels (SPD): Zwischen Stadtstaaten und Flächenländern ist ein Unterschied!)

Meine Damen und Herren, wir sind deutlich im oberen Mittelfeld. Aber eines unterscheidet uns, Herr Kollege: Wir haben zwei Verbraucherberatungen, die Hamburger haben nur eine. Wir haben das Doppelte, und das darf man auch einmal sagen. Wir haben eine wirtschaftlich leistungsfähige Verbraucherberatung. Das Erfolgsmodel aus einerseits Verbraucherzentrale und andererseits DHB – Netzwerk Haushalt bewährt sich seit Jahren. Auf beide Verbände zählen wir. Beide Verbände werden gestärkt. Genauso wie in der Schulpolitik – kurze Beine, kurze We

ge – breiten wir gerade im Bereich von DHB – Netzwerk die Beratung entsprechend aus. Aus 17 Beratungsstellen werden 23. Sechs Beratungsstellen kommen hinzu.

Das ist nicht von der Hand zu weisen. Das bedeutet, die Distanzen werden kürzer, das Angebot wird breiter. Diese Ausweitung in die Fläche, das ist das wichtige Projekt von DHB – Netzwerk Haushalt. Ich freue mich sehr darüber, dass sich diese Situation jetzt so darstellt, im Übrigen unter großer Zustimmung aller handelnden Akteure. Auch das ist ein Zeichen des guten Miteinanders zwischen Ministerium und den Verbänden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als verbraucherpolitischer Sprecher, aber auch als Wahlkreisabgeordneter rede ich da nicht ganz wie der Blinde von der Farbe, sondern ich habe beispielsweise in meinem Wahlkreis in Korbach DHB-Netzwerk-Beratung. Dort wird fantastische Arbeit geleistet. Das ist ein starkes Signal, eine Säule der Verbraucherberatung im ländlichen Raum. Dort wird gut beraten, dort wird qualifiziert beraten.

Ich weiß nicht, was daran so schlecht ist, wenn das, was dort geleistet wird, unter anderem auch mit Unterstützung von ehrenamtlich Tätigen – das darf man auch einmal sagen –, von Ihnen so kleingeredet wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es werden derzeit Gespräche mit den Bürgermeistern vor Ort geführt, um unabhängig von festen Standorten dezentral, beispielsweise in Dorfgemeinschaftshäusern, in Seniorenwohnheimen, Volkshochschulen etc., Beratung vorzunehmen. Das ist die Stärke von DHB – Netzwerk, primär im Norden.

Dann haben wir die Verbraucherzentrale Hessen. Die setzt mit dem neuen Konzept den Schwerpunkt beispielsweise auf digitale Angebote. Das hat bisher gefehlt. Ich finde es prima, dass Beratung jetzt auch via E-Mail erfolgen kann. Gerade die Generation Facebook, Twitter und Instagram wird dies zu nutzen wissen. Da zeigt sich, wie modern und wie zeitgemäß Verbraucherberatung in Hessen funktioniert.

Wir begrüßen auch die Neueinrichtung der Rechtsabteilung. Juristisches Know-how hilft der Beratungsqualität, da – da sind wir nicht völlig unbeteiligt – sich die Gesetzeslage gelegentlich verändert. Von daher ist es natürlich genau richtig, dass Gesetzeslagenveränderung und Beratung miteinander konform gehen und Schritt halten.

Ein weiterer Schwerpunkt ist das Mahnwesen. Das gehört auch dazu. Neben der engen und guten Zusammenarbeit zwischen den Verbänden und dem Ministerium ist die Unterstützung bei der Fortbildung der Beratungskräfte ebenfalls ein integraler Bestandteil des neuen Konzeptes. Das heißt, das Konzept ist nicht nur leistungsfähig und wirtschaftlich, sondern es ist auch nachhaltig.

Meine Damen und Herren, sowohl die Verbraucherzentrale als auch DHB – Netzwerk leisten einen wichtigen Beitrag. Aus knapp 1,7 Millionen € werden jetzt 2,2 Millionen €. Es gibt 500.000 € mehr für die Verbraucherzentrale Hessen, knapp 40.000 € mehr für DHB. Das ist in der Tat – ich habe es eben schon gesagt – ein finanzielles Pfund.

Das Konzept ist modern, es ist ausgewogen. Es gibt die entscheidenden Antworten auf die aktuellen Fragen und

Herausforderungen, ein schöner Dreiklang aus Aufklärung, Prävention und Erziehung. Transparenz und, Frau Kollegin Feldmeyer, die Beratung auf Augenhöhe ergänzen das in einer wunderbaren Form.

(Gerhard Merz (SPD): Was ist mit den kurzen Beinen?)

Das heißt im Klartext, Herr Kollege Merz: Mehr Verbraucherberatung an mehr Orten zu mehr Zeiten zu mehr Themen mit neuer digitaler Beratung sowie der Sicherstellung der Beratungsqualität – ein kraftvolles Signal für eine gute Verbraucherberatung und eine gute Nachricht für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Hessen, mündige, starke, selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger. Richtige Zeit, richtiger Ort, richtiges Konzept – herzlichen Dank, Frau Ministerin.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsministerin Hinz. Bitte schön, Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle einig darüber, dass der Verbraucherschutz in Hessen gestärkt werden soll und dass das vorgelegte Konzept ein großer Schritt in diese Richtung ist, den Verbraucherschutz zu stärken.

(Vizepräsident Wolfgang Greilich übernimmt den Vorsitz.)

Natürlich ist klar, dass der Ausbau der Verbraucherberatungsstellen nicht das Alleinige ist, was Verbraucherschutz ausmacht. Das ist hier auch schon in den Reden zum Tragen gekommen. Natürlich ist es so, dass man auch Regulierungen braucht, wo es z. B. bei gesundheitsgefährdenden Stoffen um Grenzwerte geht. Natürlich muss es auch um Kontrollen gehen, um z. B. Lebensmittelsicherheit herzustellen. Das ist keine Frage. Solche Regulierungen müssen sein. Ich sage Ihnen deutlich, dass wir uns von Hessen aus auf der Bundesebene auch in dieser Richtung ganz klar einsetzen.

Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel. Die Frage der digitalen Einkäufe oder der digitalen Nutzung wird immer größer. Selbst Jugendliche kaufen inzwischen per App im Smartphone irgendwelche Dinge. Jetzt hat man aber das Problem, dass bestimmte Einkäufe nicht zurückgegeben werden können, wie das nach BGB sonst der Fall ist, wenn man in einen Laden geht. Wenn irgendwann nach drei Tagen etwas kaputt ist, wenn man es per Handy besorgt hat, weiß man nicht, wohin man sich wenden soll. Wir haben da eine echte Regelungslücke. Das ist ein Problem. Wir setzen uns dafür ein, dass dies entsprechend verändert wird, Frau Löber.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Natürlich setzen wir uns auch dafür ein, dass bei sozialen Netzwerken Voreinstellungen grundsätzlich die schärfste Stufe haben, damit man nicht erst mühsam nachschauen

muss, was eigentlich mit den eigenen Daten alles gemacht werden kann, um bestimmte Dinge auszuschalten. Manche Dinge kann man im Internet überhaupt nicht entscheiden. Auch dafür haben wir uns im letzten Jahr in der Verbraucherschutzministerkonferenz eingesetzt. Solche Regulierungen finden nicht auf Landesebene statt. Dafür brauchen wir eine aktive Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt einen Justizminister, der entsprechend tätig werden könnte. Ich vermisse leider, dass in dieser Richtung solche Regulierungen vorgeschlagen werden und dass man sich auch auf EU-Ebene – ich gebe zu, manches kann nur EUweit festgelegt werden – entsprechend dafür einsetzt. Wenn wir alle dieser Meinung sind, freut mich das umso mehr, weil ich dann Rückenwind verspüre, mich weiter in diese Richtung einzusetzen.

Es ist völlig klar, dass wir darüber hinaus die Marktmacht, die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher, stärken müssen. Nur wer gut informiert ist, kann auch die richtigen Fragen stellen und kann aus seiner Sicht die richtige Auswahl treffen. Ob er oder sie hinterher das kauft, was ich kaufen würde, das ist die Freiheit jedes Einzelnen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Aber die Information muss gegeben werden, damit ich die Wahl habe, mich so oder anders entscheiden zu können. Das gilt für den Kauf von Elektrogeräten. Das gilt für Möbel. Das gilt für Ernährung. Das gilt für alle Produkte, die man kaufen kann. Deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir neben dem Verbraucherschutzfenster – auch das haben wir von Landesseite aus – auch die Verbraucherberatung vor Ort stärken.

Das ist aus meiner Sicht wichtig, weil viele Menschen diese persönliche Beratung suchen und brauchen, und wir können sie künftig besser gewährleisten. Anstatt hier herumzunörgeln, dass man noch Geld ausgeben könnte und noch mehr bräuchte – mehr kann jeder immer fordern. Aber es geht doch darum, das, was wir jetzt machen können, auszufüllen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)