Protokoll der Sitzung vom 05.03.2015

Nein? Okay. Ich hatte irgendwann einmal vernommen, die Beratungen seien noch nicht abgeschlossen. Das hatte sich gerade anders angehört. Dann machen wir im Ausschuss weiter. Damit habe ich kein Problem und freue mich auf die weiteren Beratungen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Wort hat Frau Abg. Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Energy-Produkte sind nachweislich ungesund und damit schlecht. Der Antrag der SPD ist kurz, präzise und gut. Die Regierungskoalition konnte es mal wieder nicht ertragen, dass eine Oppositionsfraktion einen guten Antrag eingebracht hat, und schreibt irgendetwas auf. Sie sind nicht einmal in der Lage, auf das zu hören, was Ihnen die Fachleute des Verbraucherschutzes sagen. Das ist schade, vor allem um den Baum, der dafür sein Leben lassen musste. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ging sehr schnell. – Jetzt hat Herr Kollege Rock für die FDP das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schott, Sie haben die Welt, wie oft bei den LINKEN, schön schwarz-weiß und relativ undifferenziert gemalt. Das eine ist gut, das andere ist schlecht. Da hebe ich die Hand, und alles ist gut. – Liebe Frau Schott, so ist die Realität nicht, sondern die Realität ist grau, und sie hat Abstufungen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Du musst das jetzt nicht verlängern! – Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Warnecke (SPD): Die Welt ist bunt!)

Die Realität hat nun einmal mehr zu bieten, als einfach: Mit dem Verbot ist ein Problem gelöst.

Gerade bei Kindern und Jugendlichen haben wir mittlerweile eine bedenkliche Entwicklung, was die körperliche Konstitution angeht. Eine Volkskrankheit breitet sich schon bei jungen Menschen aus: Immer früher stellen wir fest, dass Diabetes eine Rolle spielt. Das hat mit Ernährung und vielen anderen Dingen zu tun und nicht nur mit einem Getränk. Die Frage der Aufklärung, was die Ernährung, die Gesundheit angeht, ist ganz entscheidend. Darüber haben wir uns an verschiedenen anderen Stellen schon unterhalten.

Auf die Idee eines Verbots in solchen Bereichen kann oft nur ein Jurist kommen, der wirklich glaubt, wenn er etwas verbietet, ist es auch weg. Aber die Situation stellt sich oft anders dar. Verbote machen Dinge interessanter und motivieren junge Menschen eher, Dinge auszuprobieren. Im Kaffee ist auch Koffein, der ist nicht verboten. Ab 16 Jahren darf Alkohol, z. B. Wein, konsumiert werden. Wir haben eine Situation, in der ein solches Verbot sicherlich kaum Auswirkungen haben würde.

Ich bin der Meinung – das muss man immer wieder sagen –, wenn es zu Gesundheitsschädigungen kommt, dann liegt das meistens nicht an einem einmaligen exzessiven Konsumieren von Energy-Getränken, sondern es ist oftmals eine Kombination aus Fehlverhalten, Missbrauch, übermäßigem Konsum. Man sollte in die Prävention, in die Aufklärung investieren und die Menschen darauf hinweisen, was schädlich ist. Man sollte die jungen Menschen auch nicht unterschätzen. Sie wissen wahrscheinlich sehr genau, was in diesen Getränken enthalten ist und warum sie so durchmachen können, warum sie so einen Schub bekommen. Ich glaube, das ist den allermeisten schon bekannt.

Daher sage ich: Die SPD schießt mit dem Antrag über das Ziel hinaus. Wir können ihn nicht mittragen und lehnen ihn ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Freie Fahrt für Energy-Drinks!)

Die nächste Wortmeldung, Herr Abg. Schwarz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Normalerweise müsste der Kollege Peter Stephan hier stehen; er ist ja der energiepolitische Sprecher unserer Fraktion. Aber man traut mir, energiegeladen wie ich bin, auch dieses Thema zu. Deswegen herzlichen Dank, lieber Peter Stephan, dass ich hierzu sprechen darf.

(Beifall bei der CDU)

Gestern Lebensmittel im Allgemeinen, heute Getränke im Speziellen. Gestatten Sie mir eingangs bitte ein paar grundsätzliche Hinweise, die ein bisschen zur Versachlichung dienen, was das Thema der Verbraucherhinweise auf Energy-Produkten betrifft.

Erstens. Für Energy-Drinks gelten in Deutschland spezifische rechtliche Regeln. Die Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung legt Höchstmengen bestimmter Stoffe

fest, die in Energy-Drinks vorkommen. Das betrifft beispielsweise Koffein und Taurin.

Zweitens. Für Verbraucher ist nach den lebensmittelrechtlichen Vorschriften außerdem EU-weit bei Getränken, die mehr als 150 mg Koffein pro Liter enthalten, die Angabe „Erhöhter Koffeingehalt“ anzubringen. Das ist also Pflicht, Thema „Hinweise“.

Drittens. Seit dem 13. Dezember 2014 – wir haben es gestern ausführlich besprochen – gilt die Lebensmittelinformationsverordnung, ohne näher auf die Details eingehen zu wollen. Auch hier ist ein Warnhinweis „Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen ungeeignet“ klar und deutlich zu lesen, respektive dort steht „nicht empfohlen“.

Viertens. Mit der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung ist diese Kennzeichnungspflicht auch auf lose Getränke übertragen. Im Klartext heißt dies: In Diskotheken oder Wirtshäusern wird auch entsprechend darauf hingewiesen.

Vor dem Hintergrund dieser Regelungen für Deutschland halten wir ein Abgabeverbot von Energy-Drinks an Minderjährige, wie beispielsweise in Litauen, derzeit für überflüssig.

Klar ist: Wir werden darauf achten, wie sich die Neuregelungen auswirken. Wir haben ein Gesamtpaket, Frau Staatssekretärin. Da ist die Lebensmittelinformationsverordnung, da ist die Neukonzeption für Verbraucherschutz mit einer deutlichen Stärkung des Verbraucherschutzes in Hessen – auch darüber haben wir vor Kurzem gesprochen –, da sind die Warnhinweise, die im Übrigen seit 2011 geregelt sind, und – darauf hat Frau Kollegin Feldmayer schon hingewiesen – wir bitten natürlich die Landesregierung, dass sie sich auf Bundesebene dafür einsetzen möge, diesen blödsinnigen Hinweis, Energy-Drinks würden zu besseren sportlichen Leistungen führen, zu verbieten. Hier besteht aus meiner Sicht in der Tat Handlungsbedarf.

Sie aber wollen ein Verkaufsverbot für hoch dosierte Produkte an Kinder und Jugendliche prüfen, also gegebenenfalls all das verbieten.

(Zuruf der Abg. Angelika Löber (SPD))

Wollen Sie auch Coca-Cola, Pepsi-Cola, River-Cola und Konsorten demnächst nur noch an über 18-Jährige verkaufen? Warum erweitern Sie Ihre Verbotsfantasien von Koffein und Taurin nicht auch noch auf Tein? Demnächst ist es auch noch verboten, wenn man ein Glas Tee trinken möchte.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sprechen Sie einmal mit den Verbraucherzentralen!)

Verehrte Kollegin Löber, mich persönlich erinnert das ein bisschen an die Prohibition in den 1920er-Jahren in den USA, die bekanntlich zu zwei Dingen geführt hat: erstens zu einer blühenden Handelskette – allerdings im Schwarzmarktbereich –, und zweitens zu wirklich mafiösen Strukturen. Genau das wollen wir nicht.

Ich ziehe einmal den Hut des bildungspolitischen Sprechers auf. Wir wollen Aufklärung, wir wollen Bildung. Die beginnt im Elternhaus und geht weiter in den Kindertagesstätten und dann in den Schulen. Das ist selbstverständlich und natürlich auch eine Frage der Vorbildfunktion.

Klar ist auch, dass Gift immer eine Frage der Dosis ist. Eigenverantwortung aber ist eine Fragestellung von Erziehung. Frau Kollegin Löber, ich selbst habe zwei Kinder in diesem Alter, die wohl genau dem Kundenkreis für diese Getränke zuzurechnen wären, 15 und 18 Jahre alt. Das ist in dem Alter möglicherweise attraktiv. Wir hatten da noch keinerlei Schwierigkeiten – man redet darüber und sagt, dass es auf die Dauer erstens nicht gesund ist und zweitens auch nicht schmeckt. Dann bekommt man das schon hin.

Ein abschließender Hinweis. Wussten Sie eigentlich – als Fragestellung an Frau Kollegin Löber –, dass ein Becher Kaffee dreimal so viel Koffein enthält wie eine Dose Red Bull? Ich glaube, das war Ihnen nicht ganz bewusst.

(Zuruf der Abg. Angelika Löber (SPD))

Ich schließe damit, dass wir zu diesem Zeitpunkt keinen weiteren Handlungsbedarf sehen, danke für die Aufmerksamkeit und wünsche einen energiegeladenen Feierabend. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Wort hat für die Landesregierung Frau Staatssekretärin Dr. Tappeser. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich hätte es, das gestehe ich hier offen und frei, mir nie träumen lassen, dass meine erste Rede im Landtag nun ausgerechnet von Energy-Drinks handeln wird; denn – auch das muss ich eingangs gestehen – ich habe noch nie einen getrunken. Das allerdings als bewusste Entscheidung.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Wie wahrscheinlich die meisten von Ihnen, gehöre auch ich natürlich nicht unbedingt zur Zielgruppe für derartige Produkte, die ja – wir haben es hier bereits erörtert – eher aus jungen Menschen besteht.

Genau hier wird das Thema schwierig; denn gerade für diese Konsumentinnen und Konsumenten im Kindes- und Jugendalter sind Energy-Produkte aufgrund ihrer gesundheitlichen Auswirkungen äußerst umstritten.

Wer zu viel davon trinkt – das kritische Maß kann bei Heranwachsenden wirklich schnell überschritten sein –, muss mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen. Dazu gehören Nervosität, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen, Wahrnehmungsstörungen und Verwirrtheitszustände, im schlimmsten Fall wirklich bis hin zu Vergiftungserscheinungen.

Kommt dann noch Alkohol hinzu – was auch häufiger der Fall ist, etwa, wenn sich Jugendliche für den spät startenden Diskothekenbesuch in größeren Mengen mit Koffein und Taurin enthaltenden Erzeugnissen, zusammen mit

Hochprozentigem „fit“ machen –, dann ist dieses gesundheitliche Risiko nochmals erhöht.

Doch nicht nur für Kinder und Jugendliche können diese Getränke gesundheitlich bedenklich werden: Auch für Schwangere und Stillende gehören sie keinesfalls zu den geeigneten Lebens- oder – besser – Genussmitteln.

Zuletzt hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, im Januar 2015 in ihrem Gutachtenentwurf über Energy-Drinks und deren Inhaltsstoffe insbesondere Koffein bestätigt und festgestellt, dass ein übermäßiger Konsum von Energy-Getränken zu gesundheitlichen Problemen führen kann.

Die gutachterlichen Aussagen dieses EFSA-Entwurfs machen nach Meinung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft allerdings derzeit noch keine regulatorischen Aktivitäten notwendig. Jedoch haben wir bei der Kennzeichnung seit Dezember 2014 eine Verschärfung, auf die bereits hingewiesen wurde. Seitdem muss der Hinweis auf erhöhten Koffeingehalt um den Wortlaut „Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“ erweitert werden. Insofern ist hier eine Forderung des Ursprungsantrags bereits erfüllt.

Wir gehen allerdings davon aus, dass die Diskussion um geeignete Verzehrsempfehlungen, Kennzeichnungspflichten oder sogar ein Verbot für den Verkauf an Kinder und Jugendliche weitergeführt wird, nicht erst, wenn die abschließende Stellungnahme der EFSA vorliegt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Erst in der zweiten Februarwoche war in den Medien zu lesen, dass die Bundesfamilienministerin Energy-Drinks für Jugendliche verbieten wolle. Hier darf man sicherlich gespannt sein, was auf bundespolitischer Ebene daraus gemacht wird; denn natürlich liegt die Regelungskompetenz für die hier diskutierte Themenstellung nicht beim Land, sondern in erster Linie auf der Bundesebene.

Diese Diskussion und den Austausch zu den weiteren politischen und wissenschaftlichen Fragen werden wir gemeinsam führen. Sobald sich daraus Handlungsoptionen auf Landesebene ergeben, werden wir das Thema sicherlich in geeigneter Weise wieder aufgreifen. – Vielen Dank.