Protokoll der Sitzung vom 06.02.2014

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Natürlich will die Landesregierung eine Verbesserung der Wasserqualität. Dazu sind wir auch rechtlich aufgerufen. Klar ist für uns auch, dass das Unternehmen wegen der vielen Arbeitsplätze in der Region bedeutsam ist. Meine Vorrednerin hat darauf hingewiesen, dass dies durchaus ein Spagat ist und dass man für einen Ausgleich sorgen muss.

Es gibt das Vertragsverletzungsverfahren. Allerdings kann man diesem Vertragsverletzungsverfahren begegnen, weil nicht allein die Tatsache, dass es das gibt, für die Unsicherheit bei Arbeitsplätzen sorgt, sondern man kann dem mit entsprechenden wasserrechtlichen Schritten begegnen. Das muss man mit einem neuen Bewirtschaftungsplan tun.

Aber es liegt auch vorrangig am Unternehmen selbst, für die Voraussetzungen für die Wassergüte und auch für die eigene Existenzsicherung zu sorgen. Das kann die Landesregierung nicht stellvertretend für ein Unternehmen tun. Sie kann nur die Rahmenbedingungen dafür setzen, dass sich das Unternehmen daran hält. Ansonsten muss ein Unternehmen durchaus auch selbst dafür sorgen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist wichtig, dass es die Notwendigkeit gibt, die Versenkung in den Untergrund 2015 zu beenden. Es kann also danach nicht mehr in dem bisherigen Umfang mit der Versenkung gerechnet werden. Das geben die aktuellen wasserrechtlichen Erlaubnisse auch nicht her.

Dann steht leider nur noch ein Entsorgungsweg zur Verfügung, nämlich die Einleitung in die Werra. Die Einleitung würde bedeuten, dass die Salzbelastung nicht gesenkt wird. Aber der Landtag hat in den beiden vorangegangenen Wahlperioden gefordert, dass die Salzbelastung entscheidend verringert wird.

Wir wollen sie nicht erhöhen, nein, wir wollen sie senken. Genau das sieht die bis 2020 geltende wasserrechtliche Erlaubnis für die Einleitung in die Werra vor. Das ist unsere Zielsetzung. Etwas anderes ist nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht möglich. Es gilt nämlich das Verschlechterungsverbot. An diese Vorgabe wird sich die Landesregierung natürlich halten.

Das Unternehmen Kali + Salz ist seit 2010, als der Runde Tisch „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“ seine Empfehlung abgab, vor allem aber auch nach Erteilung der aktuellen Versenkungserlaubnis im November 2011, immer wieder darauf hingewiesen worden, dass seine bisherigen Anstrengungen nicht ausreichen, um 2015 einem Entsorgungsengpass zu entgehen.

Das Unternehmen weiß um die Problematik und muss sich entsprechend einrichten. Es ist die Anforderung der Landesregierung an das Unternehmen, dass es sich jetzt auch bewegt und in die Prüfung einsteigt, welche Maßnahmen ökonomisch und ökologisch am besten für das Unternehmen, aber auch für die Umwelt sind, um weitere wasserrechtliche Genehmigungen zu erhalten und damit die eigene Existenz zu sichern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider hat es das Unternehmen bislang versäumt, entsprechende tragfähige Konzepte auf den Tisch zu legen. Uns treibt aber nicht nur die Sorge um den 2015 entstehenden Engpass, sondern vor allen Dingen auch die Sorge um die Situation 2020. Wir sind von der Erreichung eines guten ökologischen Zustandes, zu der wir nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes grundsätzlich verpflichtet sind, noch weit entfernt.

Wir wissen, wir stehen unter der kritischen Beobachtung nicht nur der EU-Kommission, sondern auch der Öffentlichkeit. Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, das den Bewirtschaftungsplan der Flussgebietsgemeinschaft Weser zum Gegenstand hat.

(Allgemeine Unruhe)

Bitte ein wenig mehr Ruhe.

Die EU-Kommission hat erkennen lassen, dass sie das Verfahren vorläufig ruhen lassen könnte, wenn die Bundesrepublik verbindlich erklärt, wie die Mängel im zweiten Bewirtschaftungsplan geheilt werden können. Wir gehen davon aus – daran wird auch gearbeitet –, dass diese Bedingungen mit der Veröffentlichung des Entwurfs des zweiten Bewirtschaftungsplanes im Dezember 2014 erfüllt werden können.

Die Prüfung der einzelnen Schritte läuft bis dahin. Sie soll bis zum Sommer abgeschlossen sein. Dann können wir in die Entscheidungsphase eintreten, um diesen Entwurf zu erstellen.

Frau Ministerin, ich möchte Sie an die Redezeit erinnern.

Ja. – Auch deswegen ist der Antrag der LINKEN keine Option, weil wir jetzt nicht wieder in eine Prüfung einstei

gen können. Der runde Tisch prüft seit fünf Jahren, hat Ergebnisse gezeitigt. Technische Möglichkeiten, die Sie auch vorgeschlagen haben, stehen zum derzeitigen Zeitpunkt für eine Verbesserung der Gewässerqualität nicht zur Verfügung. Deswegen muss das Unternehmen jetzt die zwei Varianten der Pipeline prüfen, wobei wir klar sagen: Favorisiert wird die Nordsee-Pipeline.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Das Unternehmen muss jetzt in die Überprüfung einsteigen, denn aufseiten Niedersachsens hat es auch Bewegung gegeben.

(Timon Gremmels (SPD): Genau!)

Ich bin im Gespräch mit meinen Kollegen Umweltministern aus den Anrainerländern. Ich bin guten Mutes, dass wir zu Ergebnissen kommen. Insofern ist das jetzt auch eine Aufforderung an das Unternehmen, die ökonomische Prüfung für diese Leitung zu beginnen, damit wir politisch auch zu einem entsprechenden Ergebnis kommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Ich glaube, dass das im Sinne der Gewässerqualität ist. Ich glaube, dass das im Sinne des Unternehmens ist. Es ist vor allen Dingen im Sinne der Beschlüsse des Hessischen Landtags, die schon mehrfach gefallen sind.

Ich werde jedenfalls in den Gesprächen mit meinen Kollegen dazu beitragen, dass es zu diesem Ergebnis kommt. Insofern kann ich Ihnen ein fröhliches Glückauf zurufen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, vielen Dank. – Uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind deshalb am Ende der Debatte.

(Wortmeldung der Abg. Marjana Schott (DIE LIN- KE))

Frau Schott, Sie möchten noch einmal sprechen? – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, ich muss sagen: Respekt. Forscher, Wissenschaftler und Ingenieure streiten sich derzeit darüber, was in Bezug auf das Eindampfen machbar ist und was nicht machbar ist. Weltweit werden Eindampfanlagen gebaut. Aber Sie stellen nach ganz kurzer Zeit als Ministerin sachlich fest: Es gibt keine Alternative. – Respekt.

(Ministerin Priska Hinz: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben gesagt, es gebe keinen anderen Weg, als die Pipeline zu bauen.

(Ministerin Priska Hinz: Derzeit!)

„Derzeit“. – Man muss eine Pipeline planen und bauen. Selbst bei wenig Widerstand gehen alle Beteiligten davon aus, dass ein solches Projekt bis zu zehn Jahre dauern kann. In der Zeit kann man auch in aller Ruhe an einer Stelle eine Eindampfanlage bauen. Denn der Widerstand der Bevölkerung dürfte da deutlich geringer sein, als wenn

man etwas über Hunderte Kilometer quer durchs Land baut.

Sie vertreten allen Ernstes, dass man eine Pipeline zur Oberweser bauen könnte. Das sagen Sie als, ich glaube, grüne Ministerin. Eine Pipeline zur Oberweser würde nichts anderes bedeuten, als dass man die eine Hälfte vom Abwasser der Kaliproduktion verschont. Die andere Hälfte würde man dann genauso verdrecken, wie man es zuvor mit der einen gemacht hat.

Nach der derzeitigen Planung müsste man auf 80 ha ein Stapelbecken bauen. Können Sie sich vorstellen, was 80 ha stinkende Abwasserbrühe in einem Ökosystem bedeuten, bei dem die Menschen gerade darum kämpfen, dass es einigermaßen vernünftig so bleibt, wie es ist, indem wir uns in der Vergangenheit gegen alle möglichen Einschnitte in die Natur, wie z. B. Fracking und ähnliche Dinge, gewehrt haben? Ich erinnere an die Debatte, die wir zu Beberbeck und einem See geführt haben. Da ging es aber um einen Süßwassersee.

Das würde aber ein Salzwassersee werden. Das würde stinkende Abwasserlauge sein. Sie können einmal an so einem Stapelbecken vorbeigehen und feststellen, wie das riecht, wenn es warm ist. 80 ha sind eine erhebliche Größe.

Wir haben vorhin gehört, dass die kleine Pipeline 50 Millionen € gekostet hat. Rechnen Sie das einmal auf die große Pipeline hoch. Unser Antrag besagt, dass wir ernsthaft nebeneinanderstellen, was der Bau der großen Pipeline kosten würde und was es kosten würde, die Eindampfanlage zu bauen.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Wir wollen, dass ernsthaft nebeneinandergestellt wird, was es bedeutet, einen halb verseuchten Fluss zu haben, und, ich weiß es nicht so genau, was wir für eine Situation am Meer dann vorfinden würden, und die ökologischen Nachteile, die eine Eindampfanlage mit sich bringen würde. Die bringt auch welche mit sich, das streitet doch niemand ab.

Aber so lange, wie wir grundsätzlich sagen, wir wollen das Kalirevier erhalten, werden wir mit den Problemen arbeiten müssen. Wir bekennen uns eindeutig zu dem Kalirevier und zu den damit verbundenen Arbeitsplätzen, auch wenn Sie gerne versuchen, das ins Gegenteil zu verkehren. Aber dann muss man auch hinschauen und sich fragen, welches die wirklich gangbaren Lösungen sind. Man kann nicht einfach einen möglichen Teil Lösungen vom Tisch wischen, weil man sich auf eine eingeschossen hat.

Dazu muss man keine merkwürdigen Fantasien haben. Gehen Sie einmal zu einer Sitzung des runden Tisches. Erklären Sie mir bitte, weshalb die Sitzung der Fachleute unter Ausschluss der Mitglieder des öffentlichen runden Tisches stattgefunden hat. Ich bin explizit ausgeladen worden. Ich finde, das ist kein Umgang. So ging es auch anderen Abgeordneten aus anderen Bundesländern, die anderen Fraktionen angehört haben.

Es gab bisher Expertengespräche. Die funktionieren. Ich sage das, damit Sie sich das auch vorstellen können: Da reden die Experten, die anderen sitzen drum herum und hören zu. Selbstverständlich halten sie ihren Mund, während die Experten reden.

Wenn nicht einmal mehr das möglich ist, dann frage ich mich, was diese Experten hinter geschlossener Tür mit Kali + Salz zu reden hatten. Wo bleibt hier die Transparenz?

Warum moderiert man ein Verfahren so ab? Warum sind die Menschen, die eine andere Lösung bevorzugen, nicht zugelassen worden, dieses Modell am runden Tisch vorzustellen? Nicht einmal das war mehr möglich.

Der runde Tisch hat aber im letzten Jahr beschlossen, dass man genau dies prüfen soll. Das war ein Beschluss des runden Tisches, der dann von Herrn Prof. Brinckmann in einer anderen stillen Kammer abmoderiert wurde. Auch das gehört zur Wahrheit. Das muss man hier auch einmal aussprechen können.

Vor einem solchen Hintergrund fallen hier wesentliche und wichtige Entscheidungen für die Zukunft. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn man neutral und wissenschaftlich an die Angelegenheit herangehen würde, auch Ergebnisse bekommen würden, die wir dann bewerten könnten. Wenn man am Ende zu dem Ergebnis kommen sollte, die Pipeline ist der einzige Weg, dann wird das das Ergebnis sein. Ich habe gewisse Zweifel daran, dass das so sein wird. Aber im Moment haben wir nichts anderes als die Ansage von Kali + Salz: Der andere Weg geht nicht, weil wir beschlossen haben, dass er nicht geht, weil wir befunden haben, dass er zu teuer wäre, und weil wir ihn nicht wollen. – Das ist die Haltung des Unternehmens. Damit ist das abmoderiert worden. Damit hat es auch der runde Tisch abmoderiert.

Nichts anderes ist geschehen. Wer das nicht glaubt, mag das in den Protokollen nachlesen. Wer das nicht glaubt, mag nachfragen, wie das mit der Anhörung der Experten gewesen ist. Ich glaube, das ist ein Zustand, den wir nicht verantworten können, wenn wir ordentlich mit den Arbeitsplätzen und mit unserer Umwelt umgehen wollen. Genau darum geht es.