Sicher, ich führe ihn nur noch zu Ende. – Nehmen wir diese Aufgabe an. Wirken Sie weiterhin engagiert und kritisch mit. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Günter Rudolph (SPD) und Michael Boddenberg (CDU))
Vielen Dank, Frau Kollegin Wiesmann. – Als nächster Redner hat sich Kollege Greilich von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Liebe Frau Wiesmann, das war ein netter Versuch, das Scheitern dessen, was Sie angeleiert haben, in einen Erfolg umzudeuten. Ich will nur ein wenig die Fakten auflisten: Die Koalition hat verkündet, das Pilotverfahren mit sechs Schulträgern sei zum Schuljahresbeginn gestartet. Was ist denn gestartet? Nichts ist gestartet, außer dass die Koordinierung und der Abstimmungsprozess eingeleitet wurden. Was Sie tatsächlich vorgesehen haben, ist der eigentliche Beginn der Umsetzung dieses Pilotverfahrens im Pakt für den Nachmittag im September 2015.
Ob es dazu kommt, sind wir noch einmal sehr gespannt; denn angekündigt haben Sie auch die Unterzeichnung der Vereinbarungen zum Pakt für das Frühjahr 2015. Vielleicht hören wir heute einmal ein genaueres Datum, Herr Minister. Das würde mich sehr freuen; denn bislang ist die Auskunft nur, es sei alles noch in der Verhandlung. Da
Eines ist jedenfalls sicher: Bei den sechs Pilotregionen kann von dem, was Sie vollmundig angekündigt haben, nämlich ein flächendeckendes Angebot in Hessen zu schaffen, nicht die Rede sein. Das soll erst später kommen; ich bin einmal gespannt. Sie schaffen es nicht einmal in den Pilotregionen, flächendeckend etwas anzubieten.
Frau Kollegin Wiesmann, Sie haben das mit dem Fakt der Freiwilligkeit beschrieben. Freiwilligkeit ist eine tolle Sache, da haben Sie mich immer an Ihrer Seite. Nur muss man sich dann auch überlegen, warum die Schulen, denen Sie so beglückende Angebote machen, denn nicht mitmachen. Einer der Gründe ist natürlich, dass die Kostenübernahme ungeklärt ist. Es ist zwar klar, dass das schulische Angebot kostenlos ist; das wird vom Land Hessen so wie bisher finanziert; da kommt auch nicht mehr dazu. Aber die Kosten für das sonstige Angebot sind von den Eltern zu tragen, und diese wissen nach wie vor nicht so richtig, wie viel das denn sein wird.
Ich will dazu als Beispiel gerade Frankfurt aufgreifen; Frankfurt ist ein wesentlicher Faktor, wenn es um Ganztagsbetreuung und flächendeckende Angebote geht. Frankfurt hat seit Jahren einen Engpass an Hortplätzen; auch das ist allgemein bekannt. Seit Jahren ist das Betreuungsangebot dort äußerst knapp bemessen, und das Spannende ist, dass dies trotz Ihres glorreichen Angebots anscheinend nicht besser wird. Die Stadt Frankfurt investiert jedes Jahr 75 Millionen € in Betreuungsangebote, sei es in Horte oder Schulen – Wiesbaden bietet gerade mal 5 Millionen € für den ergänzenden Ausbau –, und dann erklärt Frau Sorge, unsere ehemalige Kollegin im Landtag, die nun die Schulen in Frankfurt verantwortet, man wolle Pilotregion werden, man wolle die beispielhafte Region überhaupt sein.
Das Problem daran ist, dass diejenigen, auf die man dabei angewiesen ist und auf die es ankommt, in überwiegender Zahl nicht mitmachen wollen. Vielleicht hören wir jetzt einmal eine neuere Zahl, aber bislang ist es ein großer Teil der 25 nominierten Schulen, die schlichtweg die Teilnahme verweigern, weil die Situation ungeklärt ist.
In kleineren Regionen ist es nicht anders. Nehmen Sie den Bereich der Bergstraße, das ist auch eine viel gelobte Pilotregion. Von insgesamt 48 Grundschulen an der Bergstraße wollen sich nach dem letzten mir bekannten Stand lediglich sieben Schulen beteiligen. Vielleicht sind es jetzt zwei oder drei Schulen mehr; wenn Sie mir noch mehr nennen können, Herr Minister, würde mich das natürlich sehr freuen, denn jede Schule mit einem Ganztagsangebot ist besser als eine ohne.
Meine Damen und Herren, nur noch kurz zu Ihrem Entschließungsantrag. Dieser ist meines Erachtens eine Lobhudelei sondergleichen einer Leistung, die fehlt. In Nr.1 erklären Sie, es sei eine fantastische Fortschreibung des bisherigen Stellenaufwuchses. Was machen Sie denn? – Sie setzen völlig unambitioniert fort, was wir in der letzten Koalition schon gemacht haben. Es kommt nichts zusätzlich hinzu. Es ist also kein Anlass für besondere Lobpreisungen. Die Auswahl der Pilotregionen durch die Landesregierung soll gelobt werden. Dazu, dass Sie die Auswahl machen, wenn Sie Bewerbungen haben, würde ich einmal
Zur angekündigten Wahlfreiheit der Eltern. Frau Kollegin Wiesmann, natürlich wollen wir die Wahlfreiheit. Das Problem ist, dass Sie als CDU Ganztagsangebote letztlich nicht wollen und dass Ihnen die Halbtagsangebote eigentlich lieber sind. Das ist die grundsätzliche ideologische Problematik. Wir wollen niemanden in Ganztagsschulen zwingen. Was wir aber wollen, ist – ich komme dann sofort zum Ende –: Wir wollen, dass es qualifizierte Angebote gibt, nicht nur Betreuungsangebote, sondern dass es auch einen rhythmisierten Ganztagsunterricht gibt. Das, was Sie hier bieten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, ist Lobhudelei für die Regierung.
Ich bin beim allerletzten Satz, Frau Präsidentin. – Auch der Titel dieses Theaterstücks der Regierung Bouffier ist wieder der altbekannte: „Viel Lärm um nichts“.
Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Wagner vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt die Politik seit Jahren und Jahrzehnten, und es gab auf diesem Politikfeld einige Meilensteine. Der erste Meilenstein war der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Drei- bis Sechsjährige.
Jetzt befinden wir uns in der Situation, dass es bei den unter Dreijährigen im Großen und Ganzen ganz gut klappt, dass es auch bei den Drei- bis Sechsjährigen im Großen und Ganzen gut klappt, aber Eltern mit Beginn der Grundschulzeit vor einem großen Betreuungsproblem stehen. All die gefundenen Betreuungsarrangements, all das, was bis zum Eintritt in die Grundschulzeit gut funktioniert hat, bricht dann oft zusammen, und Eltern stellen die einfache Frage: Warum ist das so, und muss das eigentlich so sein? – Diese Koalition von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gibt die klare Antwort: Nein, das muss nicht so sein. Wir wollen den nächsten, den epochalen weiteren Schritt gehen – –
Ja, es ist „epochal“, Herr Kollege Rudolph, wenn wir auch in der Grundschule für Eltern ein verlässliches Betreuungsangebot haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Das kann man erst im Nachhinein beurteilen!)
Herr Kollege Rudolph, wenn Sie mit diesen Familien über deren Lebenswirklichkeit reden, werden Sie feststellen: Für die ist es ein epochaler Schritt, wenn sie für ihre Kinder künftig, in fünf Jahren, auch im Grundschulbereich ein verlässliches Bildungs- und Betreuungsangebot von 7:30 bis 17 Uhr haben werden. Das ist ein epochaler Schritt in der Kinderbetreuung.
Herr Kollege Rudolph, diese Koalition geht damit das größte Betreuungsproblem an, das die Eltern in unserem Land haben,
und diese Koalition bringt den größten Ausbau des Ganztagsschulprogramms auf den Weg, den es in Hessen je gegeben hat. Wir verdoppeln zum nächsten Schuljahr die Stellen; 230 zusätzliche Stellen werden wir im Bereich des Ganztagsangebots schaffen. Herr Kollege Rudolph, da kann man einmal von epochalen Schritten reden – eigentlich auch als Opposition.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Warum gab es dann in Frankfurt Probleme?)
Meine Damen und Herren, es geht uns mit diesem Pakt für den Nachmittag aber um mehr als um Betreuung. Uns geht es auch um Bildung, uns geht es um einen Bildungsfortschritt, nämlich um die Zusammenführung der beiden bislang im Grundschulbereich getrennten Bereiche von Schule und Betreuung. Die Kommunen, die damit schon erste Erfahrungen gemacht haben – schauen Sie beispielsweise nach Kassel; schauen Sie in den Landkreis Bergstraße oder auch nach Frankfurt –, sagen: Es ist eine substanzielle Verbesserung auch in pädagogischer Hinsicht, wenn die Bereiche zusammenarbeiten. Wenn Erzieherinnen und Erzieher sowie Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer zusammenwirken, entsteht aus der Summe der Teile mehr als die Teile an sich. Dann entsteht eine neue pädagogische Qualität. – Genau das wollen wir in Hessen verwirklichen.
Wir wollen – darauf warten Mütter und Väter in unserem Land – das jahrelange Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Land und Kommunen endlich beenden. Wie war es denn über Jahre, ja, fast über Jahrzehnte? – Die Kommunen haben gesagt: „Na ja, ob wir weitere Anstrengungen im Bereich der Horte machen sollen, wissen wir nicht. Wir warten auf das Land mit dem Ganztagsschulprogramm.“ Und das Land hat gesagt: „Na ja, warum sollen wir denn jetzt noch größere Anstrengungen im Ganztagsschulprogramm machen, wenn eigentlich die Kommunen den gesetzlichen Auftrag haben, die Hortbetreuung zu gewährleisten?“ Genau dieses Schwarzer-Peter-Spiel beenden wir jetzt, indem beide Ebenen im Interesse der Eltern und der Kinder endlich zusammenarbeiten.
Genau das ist der vernünftige Weg: keine theoretischen Debatten zu führen, sondern dies zusammenzuführen.
Frau Kollegin Wiesmann hat schon gesagt, welche erheblichen, auch finanziellen Kraftanstrengungen wir hier machen. Und das ist keine Entscheidung, um das auch sehr deutlich zu sagen, gegen Ganztagsschulen im Profil 2 oder im Profil 3, sondern es geht schlicht und ergreifend um die Frage: Machen wir jetzt den ersten Schritt, indem wir ein verlässliches Angebot für alle Grundschüler schaffen, oder setzen wir das Schwarzer-Peter-Spiel fort? Oder machen wir es so wie die Kolleginnen und Kollegen der SPD, die sagen: „Ja, wir machen 500 Ganztagsgrundschulen im Profil 2 oder im Profil 3 und geben für die 600 anderen Grundschulen keine Antwort“? – Das ist nicht die Politik dieser Regierung.
Die Politik dieser Regierung ist, dass wir ein Angebot für alle Kinder machen wollen. Das ist exakt das, was sie wollen.
Herr Kollege Rudolph, dann sehen wir uns in fünf Jahren wieder. Dann ziehen wir in fünf Jahren Bilanz. Ich sage Ihnen: Wenn wir es in fünf Jahren geschafft haben, für alle Grundschülerinnen und Grundschüler ein Bildungs- und Betreuungsangebot von 7:30 Uhr bis 17 Uhr einzurichten, dann werden die Eltern sagen: Danke für diesen epochalen Schritt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Warum klappt das in Frankfurt nicht, dieser epochale Weg?)
Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Hartmann von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Wagner, wenn das wirklich so ein epochaler Schritt ist, dann frage ich mich, warum die Schulen und die Schulträger in den sechs Modellregionen das noch nicht erkannt haben.
Drei der Modellregionen, Bergstraße, Darmstadt und Frankfurt, sind auch schwarz-grün regiert. Wenn das wirklich ein so epochaler Schritt ist, hätte ich mir wesentlich mehr Zustimmung erwartet, und Sie wahrscheinlich auch.
Ich stelle fest, dass der Pakt für den Nachmittag wieder einmal ein typisches schwarz-grünes Prestigeprojekt ist, das als Leuchtturm angekündigt war und sich jetzt als ein kleines, schwaches Lichtlein erweist.
Es ist kein pädagogisches Ganztagsangebot. Das haben Sie auch nicht gesagt. Es ist ein Ganztagsangebot, aber kein pädagogisches. Es ermöglicht bestenfalls eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für einige Grundschulen. Von der versprochenen Betreuungs- oder gar Bildungsgarantie sind Sie noch weit entfernt. Da könnte man sagen: Schön, wenigstens das, wenn die Landesregierung dafür das notwendige Geld in die Hand nähme. – Doch weit gefehlt.