Bettina Wiesmann

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Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, lieber Herr Merz, ganz besonders für die Gelegenheit, heute noch einmal hier zu sprechen. Ich hatte gar nicht damit gerechnet. Insofern musste die heiße Nadel herhalten.
Sie haben Ihrer heutigen Aktuellen Stunde eine Überschrift gegeben. Mit ihr möchte ich mich auseinandersetzen. Sie lautet: „Schwarz-grüne Landesregierung gefährdet die Qualität in der Kita – Hessens Kommunen müssen entlastet und nicht belastet werden“. – Das ist Ihre Überschrift.
Sie haben dargelegt, was Sie damit meinen. Ich will jetzt einfach darauf antworten. Lieber Herr Merz, liebe SPD, ich habe mir vorgenommen, bei meiner heutigen letzten Rede das Positive, das Gemeinsame zu sehen. Das erste Positivum, das ich nennen möchte, lautet: Hessische Kinderbetreuung ist von guter Qualität, sonst müssten Sie ja nicht befürchten, dass sie in Gefahr sei.
Tatsächlich sehen wir das so und haben als CDU die Qualität der frühen Bildung schon vor Langem auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist lange vor meiner Zeit gewesen, aber einige damals handelnde Personen sind noch im Raum. Sie haben über lange Jahre viel dafür getan. Ich nenne jetzt nur stichwortartig den Bildungs- und Erziehungsplan, den Sie selbst auch oft genug gewürdigt haben, die Mindestverordnung als ersten Mindeststandard, die anspruchsvolleren Mindeststandards in der Kinderbetreuung durch das KiföG und die dazugehörige Anreizsystematik,
die ohne Zwang auskommt, aber doch sehr effektiv dafür gesorgt hat, dass der BEP heute Standard ist.
Die Landesregierung schreibt den BEP und die dazugehörigen Qualifikationsmodule übrigens gerade fort, um neuen Anforderungen, z. B. an inklusive Erziehung, an Sprachförderung von Anfang an und vieles mehr, Rechnung zu tragen.
Ich nenne die Förderung für besonderen Bedarf mithilfe der Schwerpunkt-Kitapauschale. Sie gilt übrigens analog zum Sozial- und Integrationsindex in der Lehrerzuweisung. Es hat also manches auch seinen Sinn und Zusammenhang. Ich nenne die nochmalige Anhebung der I-Pauschalen, die es uns erlaubt, nun den Kommunalen die nötigen Hinweise zu geben, dass sie ihren Anteil an der Rahmenvereinbarung „Integration“ auch tatsächlich erfüllen.
Schließlich nenne ich noch einmal einen ganz anderen Baustein, nämlich die Einführung der Tagespflege als ergänzendes, flexibles und familiennahes Angebot, die wir stets ermutigt, gefördert und ausgebaut haben, und der wir nun wiederum über das KiföG den notwendigen Qualifikationsstandard gegeben haben.
All das war und ist CDU-Qualitätspolitik mit unseren liberalen und grünen Partnern. Dass sie wirkt, kann man an vielem sehen, z. B. daran – viel Zeit ist gar nicht –, dass trotz des gigantischen Aufwuchses der Platzzahlen der rechnerische Betreuungsschlüssel bei den Null- bis Sechsjährigen aktuell bei 1 : 5,6 liegt. Das haben wir aus der Antwort auf die von Ihnen gestellte Große Anfrage gelernt. Das ist wirklich ein guter Wert, wenn man bedenkt, dass der Mindeststandard nur im U-3-Bereich bei 1 : 5 liegt.
Für all das werden wir – ich sage noch „wir“, aber Sie werden es sein – in den kommenden Jahren rund eine Dreiviertelmilliarde Euro per annum bereitstellen. Ich nehme nur die 100 Millionen € aus 2006. Dies ist auch mit den Anforderungen der Schuldenbremse vereinbar. Das ist eine Selbstverständlichkeit für eine stabilitätsorientierte CDUgeführte Landesregierung; denn auch Solidität ist eine Frage der Qualität im Sinne von Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit der Politik im Bereich der Kinderbetreuung. Bei alldem respektieren wir die originäre Zuständigkeit der Kommunen für die Kinderbetreuung nach dem jeweiligen Bedarf vor Ort. Das will ich auch nicht vergessen.
Ich halte dies für eine verantwortungsvolle Politik im Hinblick auf Plätze und auch auf Qualität.
Die zweite Gemeinsamkeit zu Ihrem Titel lautet: Kommunen sollen entlastet werden. – Ja, das tun wir; denn wir entlasten die Kommunen schon seit geraumer Zeit. Auch dazu nenne ich nur Stichworte: Kommunaler Schutzschirm, KIP I, KIP II, Hessenkasse mit Entschuldungshilfen von rund 6 Milliarden €, dazu ein reformierter KFA auf Rekordhöhe, der noch weiter wachsen wird, soweit man das heute sehen kann, sodass die Schlüsselzuweisungen eben nicht sinken, sondern voraussichtlich sogar steigen werden.
Eines habe ich schon mehrfach gesagt. Das ist ein sehr wichtiger Punkt für mich: Das Schwankungsrisiko trägt jetzt zu 90 % das Land – und eben nicht mehr die Kommu
nen –, sodass man davon ausgehen kann, dass alles auch eine gewisse Dauerhaftigkeit behält. Das sind alles aufwendige und gute Maßnahmen zur Unterstützung der Handlungsfähigkeit von Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer wichtigen Aufgaben.
Jetzt gibt es sogar noch einen kommunenfreundlichen Schwenk bei der Finanzierung der Freistellung der Eltern von den Kindergartenbeiträgen. Stammten die Mittel für das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr bislang ausschließlich aus dem KFA – Sie mögen es kritisieren –, so wird jetzt eine hälftige Finanzierung vorgesehen. Sie haben immer von der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gesprochen. In diesem Politikbereich kommt Mitverantwortung nun wirklich zum Ausdruck.
Ich will es jetzt würdigen. In Ihrem Setzpunktantrag vom Mai hatten Sie drei Punkte in der Überschrift.
Damals haben Sie noch gesagt: Eltern entlasten. – Das haben Sie dieses Mal in der Überschrift für diese Aktuelle Stunde weggelassen. Wir machen es nämlich jetzt, und zwar über eine Summe von 5.000 € je Kind über die gesamte Kindergartenzeit. Ich freue mich, dass Sie es gemerkt haben, Sie dürften es dann vielleicht auch einmal sagen.
Ein Letztes zum Schluss: Ich bedanke mich für viel Aufmerksamkeit für meine bescheidenen Beiträge von dieser Stelle aus zu dem Bereich Familienpolitik. Wir sind in Hessen auf einem guten Weg. Ich wünsche mir, dass Ihr Engagement für Familien und Kinder, die so zerbrechlich sind und gleichzeitig eine so starke Bank für die Zukunft unseres Landes darstellen, bleibt und nicht nachlässt.
Persönlich sage ich Ihnen nach fast neun Jahren der mehr als nur kollegialen Zusammenarbeit besten Dank. Ich war ausgesprochen gerne Abgeordnete dieses Hohen Hauses. Ich habe mich stets gerne an dieses Pult gestellt, mit Freude über Ihre und eigene Ideen debattiert. Bleiben Sie wohlauf, bleiben Sie munter, bleiben Sie ernsthaft engagiert. Das ist auch eine Qualität, die uns gut- und unserem Land nottut. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Merz, ich finde, das war ein krampfhafter Versuch, möglichst Verantwortung beim Land abzuladen oder dem Land anzuhängen, die das Land gar nicht hat.
Wir stehen dazu: Kinderbetreuung ist zuallererst kommunale Aufgabe im Rahmen der kommunalen Selbstverwal
tung. Das ist wichtig. Vor Ort ist die Fähigkeit gegeben, Bedarfe zu erkennen. Wir tun freiwillig viel auf Landesebene und auch auf Bundesebene, um das zu befördern. Wir verwechseln das aber nicht damit, dass das Land die Steuerung und Planung sowie die Verwirklichung zu übernehmen hätte.
Ich möchte mich trotzdem bei Ihnen für diese Große Anfrage bedanken; denn das Thema Kinderbetreuung verdient immer rege Aufmerksamkeit, zumal in einem Land mit Familiensinn, wie es Hessen ja ist.
Ich will mich auch gleich bei der Regierung für die ausführliche Beantwortung der Großen Anfrage im Rahmen dessen, was möglich war, bedanken.
Wenn ich eine Überschrift über die Ergebnisse finden müsste, dann wäre es folgende: Sehr vieles in der hessischen Kinderbetreuung ist gut, und wo es noch nicht gut genug ist, wird es mit großem Engagement und Vorausschau von denen, die die Verantwortung tragen, verbessert – und wir helfen ihnen dabei.
Erstens. Das Platzangebot ist mit enormen Anstrengungen der zuständigen Kommunen, aber auch mit massiver Hilfe – wie eben schon angedeutet – von Bund und Land hervorragend vorangekommen. Die Rechtsansprüche der Ü-3und U-3-Kinder werden landesweit erfüllt. Das hätte manch einer gar nicht gedacht. Im Vergleich zu vor zehn Jahren sind heute doppelt so viele Kinder in der U-3-Betreuung, und die Ü-3-Betreuungsquote bewegt sich um die 95 %.
Das Land hat die Investitionen im U-3-Bereich in den letzten Jahren mit insgesamt 300 Millionen € unterstützt. Da waren auch Bundesmittel dabei, die wir weitergeleitet haben. Das ist zutreffend. Dazu wurden die Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher seit 2009/2010 annähernd verdoppelt, während die Hochschulen die entsprechenden Studiengänge mit unserem Wohlwollen ausgebaut haben.
Dabei ist der Bedarf in den Gebietskörperschaften durchaus unterschiedlich, wie die Ergebnisse zeigen. Das überrascht uns nicht. Gerade das ist ja ein gutes Beispiel dafür, dass die kommunale Zuständigkeit richtig und angemessen ist, auch wenn auf der linken Seite dieses Hauses immer für mehr Einmischung und mehr Steuerung des Landes plädiert wird.
Bestätigt wird ferner, dass es weiteren Ausbaubedarf gibt. Der Zuzug nach Hessen von überallher und die Zunahme der Geburtenrate bringen uns mehr Kinder, also auch mehr Kinder in die Kinderbetreuung – in allen Altersstufen. Das ist eine gute Nachricht, zumal wir vorbereitet sind und auch der Bund mit einer Investitionsförderung in Höhe von 86 Millionen € nochmals einen signifikanten Beitrag bereitstellt, der sinnvollerweise auch im Ü-3-Bereich eingesetzt werden kann.
Zweitens. Genauso wichtig ist die Qualität. Auch hier gibt es dank des KiföG – wer hätte es gedacht – eine sehr gute Entwicklung. Dies ergibt sich auch aus den Ergebnissen der Antwort auf die Große Anfrage. Wir haben nämlich tatsächlich einen guten Mindeststandard eingeführt, der landesweit gilt, und wir haben die Qualitätsorientierung mithilfe der BEP-Pauschale gestärkt, die sehr gut angenommen wird.
Darüber hinaus haben wir weitere Ressourcen für besondere Anforderungen, z. B. die Betreuung von sprachlich oder sozial benachteiligten Kindern – Sie wissen das alles –, über die Schwerpunktpauschale bereitgestellt.
Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt überdies – das fand ich wirklich interessant –, dass die Gruppengrößen im sensiblen U-3-Bereich deutlich unter der gesetzlich vorgegebenen Maximalgröße liegen. Wenn man sich klarmacht, was diese Durchschnittswerte bedeuten, dann sieht man: Werte zwischen 9,3 und etwas darüber, knapp über zehn, sind wirklich gute Werte. – Wenn man sich die Gesamtbetrachtung der Betreuung von Kindern zwischen 0 und 6 Jahren in Anlage 8 ansieht, kann man errechnen, dass die massive Personalaufstockung in den letzten Jahren in Verbindung mit dem Aufwuchs der Plätze rechnerisch zu einem Betreuungsschlüssel von 1 : 5,6 geführt hat. Das ist ein wirklich guter Wert, wenn man bedenkt, dass die Vorgabe im U-3-Bereich, die oft unterschritten wird, bei 1 : 5 liegt.
Drittens. Auffällig und beruhigend ist außerdem das hohe Qualifikationsniveau des Personals, wobei die gemeinnützigen und privaten Träger besser abschneiden als die öffentlichen. Auch die Altersstruktur erscheint ausgeglichen, sodass auf absehbare Zeit kein Loch durch eine Ruhestandswelle – oder Ähnliches – zu befürchten ist.
Noch eine gute Nachricht: Der Anteil der Männer in der Erzieherausbildung ist in den vergangenen zehn Jahren erheblich gestiegen: von 12 % in den Jahren 2005/2006 auf 18 % in den Jahren 2015/2016. Es könnten noch mehr Männer sein, aber das ist unzweifelhaft ein Fortschritt für die Betreuungs- und Bildungsqualität, da die Geschlechtervielfalt der kindlichen Bezugspersonen bekanntlich ein wichtiger Faktor ist.
Viertens. Besondere Erfordernisse erhalten in der hessischen Kinderbetreuung eine besondere Aufmerksamkeit. Ich will es an drei Beispielen kurz zeigen.
In der Tagespflege, einem aus unserer Sicht unverzichtbaren, weil besonders familiennahen und flexiblen Bestandteil des Betreuungsangebots, haben sich die nun auch im KiföG verankerten Qualifikationsstandards in vielen Kreisen durchgesetzt. Teilweise werden sie übertroffen. Das kann man in der Antwort nachlesen.
Die hessischen Kindertageseinrichtungen nehmen die Aufgabe der Inklusion flächendeckend an und sehr ernst. Auch das spricht aus den Zahlen. In über 90 % der Gemeinden werden Kinder mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen betreut. Es greifen die erheblichen Gruppengrößenreduzierungen – im Gegenzug zu den nochmals deutlich angehobenen Pauschalen des Landes. Es gibt viele Angaben in der Antwort auf die Große Anfrage, dass nicht bekannt sei, dass Kinder in einer solchen Situation – außer in ganz wenigen Einzelfällen – nicht betreut würden oder nicht hätten aufgenommen werden können.
Drittes Beispiel: die Flüchtlingskinder. Die Landesförderung behandelt Flüchtlingskinder zu Recht wie alle anderen Kinder im Land. Sie erhalten dieselben Bildungschancen in Kinderbetreuung und Schule. Wie alle anderen profitieren sie von der besonderen Förderung durch die Schwerpunktpauschale, die ich schon erwähnt habe. Zugleich weist die Antwort auf die Große Anfrage eine ganze Reihe eindrucksvoller Maßnahmen der Landesregierung
aus und teilt mit, welche Fachkräfte und Fachberatungen, Träger und Einrichtungen sie bei der besonders sensiblen Fürsorge für Flüchtlingskinder und ihre Familien unterstützen.
Fünftens. All das spricht für eine gute Kinderbetreuung in Hessen. Die Landesregierung trägt aber zudem Sorge für notwendige Weiterentwicklungen, mit denen auf Herausforderungen reagiert wird. Ich nenne hier nur die Anpassung der BEP-Fortbildungen an inklusive Pädagogik und die Behandlung von Kindern mit Fluchthintergrund.
Als Nächstes wird der Bildungs- und Erziehungsplan selbst aktualisiert. Die Kooperation von Tagespflegeeinrichtungen wird in einem schon andauernden, aber noch fortdauernden Projekt vorangebracht.
Zur Sprachförderung. Die Maßnahmen haben einen einheitlichen Rahmen erhalten, innerhalb dessen verschiedene Bestandteile ineinandergreifen und aufeinander aufbauen.
In Summe lässt sich sagen: Unsere Gesellschaft verändert sich. Die Bedarfe von Familien sind nicht statisch und wahrscheinlich nie abschließend zu erfüllen. Dennoch hat sich die Kinderbetreuung in Hessen mit der bewussten Unterstützung und Förderung durch diese Landesregierung – und ihrer Vorgängerin, die ich ausdrücklich erwähnen möchte – und durch die sie tragenden Fraktionen sehr gut entwickelt und ist in einem hervorragenden Zustand. Viele weitere Fortschritte sind angelegt oder bereits unterwegs.
Das kostet eine Menge Geld. Das ist es uns aber wert. Ich nenne noch einmal den finanziellen Aufwuchs: umgerechnet 70 Millionen € im Jahre 1999, 100 Millionen € im Jahre 2006 – das sage ich immer dazu, weil das fair ist – und 460 Millionen € im Jahr 2016. In diesem Jahr werden es über 500 Millionen € sein, und für die kommenden beiden Jahre stehen allein für weitere Qualitätsmaßnahmen nochmals jeweils 50 Millionen € bereit. Das ist einfach nur beeindruckend.
Jetzt habe ich noch etwas Zeit, um zum Schluss ein paar klärende Worte – es ist schade, dass Herr Degen nicht da ist – zum Familienbild meiner Partei zu sagen, das gestern, davor und auch heute mehrfach zur Sprache kam. Für uns von der CDU-Fraktion ist die Familienpolitik dazu da, die bedeutendste Verbindung von Menschen zu stärken, die wir in unserer Gesellschaft haben, damit sie ihre Aufgabe, Fürsorge, Schutz und Zusammenhalt zu stiften, erfüllen kann und damit aus der Familie Individuen hervorgehen, die zu eigenverantwortlichen, ihres Selbst gewissen und der Welt zugewandten Persönlichkeiten heranwachsen, die ihren Beitrag zu ihrem Land und zu dieser Gesellschaft leisten und diese Eigenschaften an die nächste Generation weitergeben.
Nach unserer Überzeugung und gestützt auf alle Erkenntnisse der Wissenschaft findet hier ein elementarer Teil des Bildens statt, auf den alle folgenden Bildungsstufen aufbauen. Bildung ist auch in diesem Hause immer wieder ein großes Thema – zu Recht. Deshalb sind wir froh, dass fast alle Eltern ihre Kinder in den Kindergarten bringen – gerne auch ganztags; denn wir fördern auch ganztägige Angebote im U-3-Bereich.
Wir sind gleichwohl nicht beruhigt, wenn sich schon bei den Einjährigen mehr als die Hälfte der Betreuungsverhältnisse auf 45 oder mehr Wochenstunden erstreckt. Wir
blenden nicht aus, dass sich die große Mehrheit der Eltern und übrigens auch der größere Teil der Kinder und Jugendlichen mehr Zeit für ihre Familie wünschen – nicht weniger. Ich bin sicher, eine Befragung der Kindergartenkinder würde kein anderes Ergebnis erbringen.
Lieber Herr Degen, das hat wahrlich nichts mit Mutterglück am Herd zu tun, sondern im Gegenteil mit dem notwendigen Respekt für die freien Entscheidungen freier Menschen.
Deshalb ist die gute alte Wahlfreiheit der Maßstab unserer Politik auf allen Ebenen. Hierfür haben wir auch auf der Bundesebene viel unternommen, wie Sie alle wissen. Leider kann ich diese Maßnahmen nicht noch vortragen. Wir werden aber nach der Bundestagswahl die zeitlichen und materiellen Spielräume der Eltern nochmals ausbauen, wenn wir dazu Gelegenheit bekommen; denn Wahlfreiheit setzt Entscheidungsspielräume voraus. Die CDU-Politik sorgt seit vielen Jahren im Bund, aber auch hier in Hessen für die Familien – für jede nach ihren Bedürfnissen, Notwendigkeiten und auch Wünschen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab: Sehr geehrter Herr Schäfer-Gümbel, eines kann ich hier nicht stehen lassen. Wir sind an einem von Ihnen zu Beginn vorgebrachten Punkt ganz anderer Auffassung als Sie. Wir finden es wichtig, dass frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung allen zur Verfügung stehen, die das in Anspruch nehmen wollen; wir glauben aber nicht, dass es ein zu verabsolutierendes Ziel sei, dass Kinder so früh wie möglich in die Kita gehen.
Der erste und wichtigste Bildungsort für Kinder – das haben Sie formuliert – ist die Familie. Sie ist auch deshalb so wichtig, weil Eltern sehr genau wissen, wie wichtig Betreuungsqualität ist. Deshalb ist nach unserer Wahrnehmung für die Eltern das Qualitätsthema in der Kinderbetreuung heute das weitaus Wichtigere gegenüber den von Ihnen angesprochenen Punkten.
Aber noch einmal von vorne: Sie legen heute einmal mehr einen Antrag zur Kinderbetreuung vor. Nach mehreren Gesetzentwürfen zum KiföG und der Gebührenfreiheit, die wir schon in der einen oder anderen Aktuellen Stunde besprochen haben, ist es heute ein Setzpunktantrag mit einem ganz großen Aufschlag – mit gleich drei Anliegen in der Überschrift. Sie haben das hier alles eben ausgeführt. „Frühe Bildung stärken – Kommunen und Eltern entlasten“, das klingt alles zusammen großartig. Es ist der integrierte Wunschzettel aller an Familienpolitik Beteiligten. Wer will da widersprechen?
Ich werde das jetzt tun. Ich möchte Ihnen heute gern noch einmal in aller Ruhe auseinandersetzen, dass Ihr vermeintliches Rundumsorglospaket für Kinder, Eltern und Kommunen in Wahrheit für die nachwachsende Generation mindestens mal eine riesige Hypothek ist.
Auch ist das für den Vorsitzenden der größten Oppositionsfraktion in diesem Land ein schwieriger Vorschlag; man könnte infrage stellen, wie verantwortungsvoll er ist. Aber der Reihe nach.
Zur Beitragsfreiheit, dem ersten Wunsch auf dem Zettel. Zu den grundsätzlichen Aspekten habe ich mich hier schon oft geäußert. Ich will heute insbesondere auf einen Punkt hinaus: Sie wollen in Schritten sämtliche Elternbeiträge für Leistungen der Kinderbetreuung und der frühkindlichen Bildung abschaffen – sogar auch die Beiträge für die Nachmittagsbetreuung von Grundschulkindern, wie ich vermute. Darüber hinaus wollen Sie die Qualität erhöhen – prima. Jeder Träger soll trotz des Entfallens der Elternbeiträge entlastet werden. In Summe soll das Land unter Anrech
nung der Bundesmittel zwei Drittel der Kosten der hessischen Kinderbetreuung übernehmen.
Was heißt das? – Ihr finanzpolitischer Sprecher hat kürzlich dargelegt, der erwünschte Landesbeitrag zur Kinderbetreuungsfinanzierung belaufe sich auf 1,4 Milliarden € pro Jahr. Ich möchte, obwohl Sie das alles wissen, doch noch einmal daran erinnern, dass wir 1999 in Hessen mit 60 Millionen € Landesbeitrag gestartet sind. Das war unter der Verantwortung der SPD; das haben wir von Ihnen übernommen. Aber das ist zum Glück schon lange her. 2006, das ist weniger lange her, aber ich sage es der Fairness halber dazu, waren es 100 Millionen €. Seither ist der Etat für frühe Bildung, Erziehung und Betreuung in Hessen auf 460 Millionen € jährlich angewachsen. Das ist fast eine Verfünffachung. Von Ihnen wird immer wieder angeführt – das muss hier auch einmal gesagt werden; es ist schade, dass Herr Merz es jetzt nicht hören kann, trotzdem bitte gute Besserung an ihn
ja, bitte –, die Zunahme der Landesleistung sei schlicht der Steigerung der Platzzahlen geschuldet. Das ist falsch.
Diese Landesregierung und ihre CDU-geführten Vorgängerinnen haben enorme Anstrengungen unternommen, um jedes Hessenkind nicht nur in gewünschtem Umfange betreut und gebildet zu wissen, sondern sie hat darüber hinaus noch einen wachsenden Beitrag je Kind und Jahr geleistet: von rund 440 € im Jahr 2006 auf rund 1.780 € je Kind und Jahr heute. Das nehmen Sie bei dieser Gelegenheit bitte einmal zur Kenntnis. Hier wird der Rechtsanspruch nicht nur irgendwie mit Geld erledigt, das gar nicht vom Land kommt, sondern es wird jedes Jahr pro Kind ein massiv steigender Landesbeitrag in die frühe Bildung eingebracht, und dies eben für immer mehr Kinder. Das ist eine tolle Leistung, für diese muss ich mich bei uns als Haushaltsgesetzgeber einmal bedanken und die Landesregierung loben.
Aber das verdreifachen Sie jetzt einfach mal so; das ist ja der Vorschlag der SPD. Das ist eine ziemlich wohlfeile Forderung; denn wenn man auf 460 Millionen € noch 900 Millionen € draufschlägt, dann verdreifacht man das. Dazu, woher das Geld kommen soll, sagen Sie eigentlich gar nichts. Ein mageres Sätzchen zum Schluss Ihres allumfassenden Antrags verweist auf „die verbesserten Einnahmen“, die „entstanden sind und … noch entstehen“. Hurra.
Ja, so ist im Antrag der SPD finanzielle Verantwortung nachzulesen.
In Wahrheit ist das ein gigantisches Programm, um einen gerade erst mühsam konsolidierten Landeshaushalt aus den Angeln zu heben. Sie heben noch etwas zweites Wichtiges aus den Angeln, nämlich die originäre Zuständigkeit der Kommunen für die Bereitstellung einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung. Wir von der CDU und unsere grünen Partner sind nicht der Auffassung, dass dies so richtig wäre. Wir wollen die insgesamt vernünftige Verteilung der Zuständigkeiten in diesem Bereich so belassen, wie sie ist. Damit es kein Missverständnis
gibt, sage ich das dazu: einschließlich der freiwilligen Mitverantwortung von Bund und Land für die Investitionen in neue Plätze, in möglichst gute Qualität im Sinne von Mindeststandards und in besondere Förderungsbedarfe. Das funktioniert vor Ort nämlich gut. Die Kommunen ermitteln den Bedarf und erfüllen ihn. Dabei soll es bleiben.
Zweiter Wunsch – jetzt muss ich etwas schneller werden –, die Entlastung der Kommunen. Diese Landesregierung – das ist hier schon vielfach gesagt worden; deshalb mache ich es nur ganz kurz – hat eine hohe Wertschätzung gegenüber den Kommunen als Kernelement unserer föderalen Ordnung.
Auch uns als die die Landesregierung tragenden Fraktionen sind die Zustände in den Kommunen nicht egal – im Gegenteil. Deshalb haben die Landesregierung und der Haushaltsgesetzgeber viel getan, um die Kommunen zu unterstützen. Das benenne ich nur stichwortartig: mit den beiden Kommunalinvestitionsprogrammen, überwiegend landesseitig finanziert, mit der Reform des KFA, mit der erfolgreichen Schutzschirmpolitik
ja – und eben mit dem Ausbau der Betriebskostenfinanzierung.
Übrigens ist durch die Leistungen des viel geschmähten KiföG der kommunale Finanzierungsanteil an den Gesamtbetriebskosten der Kinderbetreuung um 2,4 % gesunken. Das haben Sie auch nicht gesagt; man muss das aber wissen.
Dritter Wunsch, die Entlastung der Eltern. Ja, auch uns ist es eminent wichtig, dass die Eltern nicht über Gebühr belastet sind – im Gegenteil. Unsere Familienpolitik zielt grundsätzlich auf die Entlastung der Eltern ab. Warum? – Weil die Eltern in den Familien der Dreh- und Angelpunkt sind, weil ihre Kinder und manchmal sogar noch die eigenen Eltern, also die Großeltern, wenn man so will, auf ihre Fürsorge angewiesen sind. Deshalb reden wir übrigens auch nicht gern von Kinderarmut. Wir reden lieber von Familienarmut, und das ist Elternarmut. Die Eltern stehen daher im Zentrum.
Die Frage ist aber nun: Was entlastet Eltern? Unsere Antwort lautet: Eltern brauchen vieles. Sie brauchen, wie man seit Frau von der Leyen weiß, Zeit, Infrastruktur und Geld. Infrastruktur muss nicht nur vorhanden sein – das ist uns hier besonders wichtig –, sie muss auch gut sein; denn sonst sind Eltern eben nicht wirklich entlastet, und sonst ist außerfamiliäre Kinderbetreuung, gerade ganz früh, nicht wirklich zu verantworten. Das haben Eltern auch dieser Tage wieder betont, als man sie gefragt hat, was eigentlich ihre Prioritäten sind.
Spätestens seit der Enquetekommission Bildungsgerechtigkeit wissen wir außerdem: Es braucht ein außerordentliches, deshalb ist es auch ein teures, Qualitätsniveau, damit die Kita und der Kindergarten für Benachteiligte wirklich Bildungsbarrieren überwinden helfen. Der Weg dorthin ist noch weit. Auch deshalb hat für uns, neben der Erfüllung
des Betreuungsbedarfs, die Arbeit an weiteren Qualitätsfortschritten in der Kinderbetreuung so hohe Bedeutung.
Insgesamt verfolgen wir deshalb eine Familienpolitik, die in allen Dimensionen voranschreitet. Das haben wir in den letzten Jahren auch auf allen Ebenen so gemacht. Wir haben auf Bundesebene Rechtsansprüche eingeführt. In Hessen fördern wir nun die Bereitstellung dieser Plätze. Wir sorgen mit dem hessischen KiföG für gute Mindeststandards und setzen Qualitätsanreize. Wir haben im Bund die Freibeträge und das Kindergeld seit vielen Jahren immer wieder und insgesamt massiv erhöht. Wir haben Familienleistungen wie das Elterngeld eingeführt. Wir haben im Land schon 2007 das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt und es dabei belassen. All dies haben wir getan, um Eltern eben auch finanziell nicht unzumutbar zu belasten. Diesen Dreiklang behalten wir auch weiterhin im Blick. Das können Sie auch in unserem Antrag nachlesen.
Ein Letztes; auch das geht ganz schnell. Ich möchte Ihren Versuch zurückweisen, so ganz en passant noch schnell das KiföG schlechtzureden. Warum machen Sie das?
Das sagt Ihnen doch der Evaluationsbericht, und der Runde Tisch Kinderbetreuung hat es bestätigt, dass das Horrorszenario, das Sie befürchtet haben, nicht eingetreten ist. Sie rufen nach mehr Qualität, wollen aber die Qualitätspauschale abschaffen. Sie reden vom „Bürokratiemonster“ und haben in Ihrem früheren Gesetzentwurf den zweiten Stichtag vorgeschlagen.
Sie behaupten – das steht im Antrag –, wer mehr als 35 Stunden anbiete, lege drauf. Das ist fast ein wörtliches Zitat Ihres Antrags. Dabei ist das Quatsch. Es gibt eine Ganztagspauschale, die Sie aber erst jenseits von 35 Stunden bekommen für das Kind, für das der Ganztag gebucht wurde. Auch die von Ihnen beklagte Abwesenheit des vierten Betreuungsmittelwerts ist eine finanzielle Entlastung. Das kann man kritisieren, weil man sagt: „Da muss nicht entsprechend Personal dazu“, aber das sorgt gerade dafür, dass Kindertageseinrichtungen länger aufhaben können und deshalb eben keine höheren Kosten haben. Da müssen Sie noch einmal etwas sortieren.
Ich komme zum Schluss, letzter Punkt. Wir halten drei Entwicklungsdimensionen in der Kinderbetreuung für wichtig: die Verfügbarkeit der Plätze, die Qualität von Bildung, Betreuung und Erziehung und die finanzielle Entlastung von Familien, sowohl heute als auch morgen sowie übermorgen. Wir stellen uns den mit diesen Zielen verbundenen Abwägungen, anstatt wie Sie auf den Weihnachtsmann zu warten. Er kommt nämlich nicht.
Letzter Satz. – Manchmal kommen unerwartete Steuereinnahmen und manchmal auch eine Reform des LFA. Der Weihnachtsmann, den Sie benötigen, um Ihren Rundum
schlag zu finanzieren, kommt garantiert nicht. Das ist nämlich ein Oppositionsweihnachtsmann. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über den Pakt für den Nachmittag, den die Landesregierung mit Volker Bouffier an der Spitze in dieser Legislaturperiode ins Leben gerufen hat. Mit diesem Programm soll die Nachmittagsbetreuung der Grundschulkinder in Hessen flächendeckend erweitert und verbessert werden.
Grundprinzip des Programms ist die Freiwilligkeit der Akteure. Das Land – Frau Faulhaber, das halte ich übrigens tatsächlich für neu – bietet materielle Unterstützung bei einer Kooperation zwischen Schulträger, Kommune und Umfeld, die es so bisher nicht gab und die auch, was die Zuständigkeiten betrifft, bisher nicht angelegt war. Wir halten dies grundsätzlich, aber auch im Lichte der Antworten auf die Fragen, die Sie in Ihrer Großen Anfrage gestellt haben, für den richtigen Weg und freuen uns darüber, dass bereits zwei Drittel der hessischen Schulträger am Pakt für den Nachmittag teilnehmen. Wir wissen aber auch, dass wir damit noch nicht am Ziel dieses Weges sind.
Was spricht grundsätzlich für den Pakt? Es geht um eine Zusammenführung von nachmittäglichen Bildungsangeboten, Betreuung und Freizeitgestaltung in ein dem jeweiligen Bedarf entsprechendes Angebot, wobei sich Schulträger und Kommunen – vor allem die Kinder- und Jugendhilfe mit den Horten –, aber auch nicht kommunale Anbieter, etwa Vereine, Kirchen, Musikschulen und freie Initiativen, auf ein gemeinsames Ziel verpflichten, nämlich den Kindern der jeweiligen Schule eine gute Mittags- und Nachmittagsbetreuung angedeihen zu lassen. Der Pakt ist damit ein wichtiger Baustein des hessischen Ganztagsangebots für – ich formuliere das bewusst – Kinder im
Grundschulalter, neben dem Ganztagsschulprogramm des Landes, bei dem die daran teilnehmenden Schulen drei unterschiedliche Profile aufweisen. Auch die gebundene Ganztagsschule gehört dazu. Die Diktion haben wir verändert; es sind aber drei Ausprägungen.
Das Besondere daran ist – das habe ich schon kurz erwähnt, weil ich auf die Neuerung an diesem Punkt, die mir sehr wichtig ist, hinweisen wollte –, dass sich Land und Kommune die Kosten für das Angebot teilen. Damit wird einerseits den Zuständigkeiten für die Nachmittagsbetreuung von Kindern, so, wie sie bei uns verankert sind, Rechnung getragen, andererseits aber auch der Verantwortung des Landes für eine gute Qualität der Bildung in Hessen.
Besonders und uns weiterhin wichtig ist, dass die Teilnahme am Pakt freiwillig ist. Darauf möchte ich einen Moment lang eingehen. Wir wollen nicht, dass sechs- oder auch neunjährige Kinder im Regelfall einen verpflichtenden Achtstundentag an der Schule verbringen.
Warum? Erstens. Grundschulkinder sind keine Erwachsenen. Sie sind auch keine Jugendlichen; sie sind weniger belastbar als diese. Schon ein langer täglicher Aufenthalt in einer Kindertagesstätte – der ist häufig unumgänglich; wir kritisieren ihn auch nicht – führt zu einem vervielfachten Ausstoß von Stresshormonen bei Kindern. Das sagen uns die Wissenschaftler, und das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Dieses Thema ist auch nicht zwingend mit dem sechsten Geburtstag oder mit der Einschulung beendet, obwohl es mit der Zeit natürlich weniger drängend wird. Deshalb halten wir offene, flexible und atmende Systeme für die richtigen, und deshalb setzt der Pakt für den Nachmittag auf Freiwilligkeit.
Zweitens. Neben den Betreuungsbedürfnissen der Eltern, die wir sehr ernst nehmen und die wir für sehr wichtig halten – das ist kein Lippenbekenntnis, dafür machen wir ausgesprochen viel in diesem Land –, gibt es wenige auf die Kinder bezogene Gründe für den zwingenden Ganztag. Seit mindestens 15 Jahren hören wir zahlreiche Plädoyers dafür und erfahren etwas über die damit zusammenhängenden Hoffnungen, die Ganztagsschule möge endlich alle Probleme lösen.
Nein. Sie können nachher nach vorne kommen, und wir können darüber reden. – Man sagt, die Ganztagsschule löse endlich alle Probleme von Kindern und Jugendlichen. Auch die SPD hat diese These immer wieder aufgestellt: Echte Ganztagsschulen – ich formuliere es so wie Sie – seien die wichtigste Voraussetzung für eine bessere und vor allem gerechtere Bildung.
Aber selbst die aufwendige deutsche Ganztagsschulstudie – „StEG“ heißt sie abgekürzt – hat ergeben, dass sogar Kinder mit Migrationshintergrund oder aus benachteiligen
den Verhältnissen, um die es uns wirklich gehen muss, durch einen Ganztagsschulbesuch nichts gewinnen. Nach einer im letzten Jahr vorgelegten Studie der großen Ganztagsschulverfechterin Bertelsmann Stiftung – ich sage das neutral; ich glaube, das kann man so sagen – sagt ein Viertel der Eltern von Schülern gebundener Ganztagsschulen, sie wünschten sich eigentlich, dass ihre Kinder etwas weniger Zeit in der Schule verbringen. Zugleich – das zitiere ich hier immer wieder – zeigen Kinder- und Jugendbarometer regelmäßig den Wunsch von Kindern und Jugendlichen an, neben der Schule mehr Zeit für ihre Freunde und, man glaubt es kaum, für ihre Familie zu haben.
Das könnten wir auch anführen. Aber alle Wünsche können wir nicht erfüllen. Deshalb gibt es eine Schulpflicht, und die ist ein Kompromiss. Es stellt sich die Frage, wie weit wir die Schulpflicht ausdehnen wollen.
Die Enquetekommission „Kein Kind zurücklassen“ zum hessischen Bildungssystem, die wir hier seit drei Jahren haben, hat sich ebenfalls mehrmals mit Ganztagsschulen befasst. Die Ergebnisse waren bemerkenswert, auch, wie ich glaube, für diejenigen, die denken, dass die verbindliche Ganztagsschule das Richtige ist. Zwei Sachverständige, Prof. Stecher von der Universität Gießen, Mitverfasser der hessischen Ganztagsschulstudie, für die SPD, aber auch Frau Prof. Rabenstein für DIE LINKE, haben nämlich sehr überzeugend vor einer Vermengung von Schule und Freizeit gewarnt. Sie befürchten, dass beide Bereiche zu sehr vermischt werden, wenn wir die Freiwilligkeit – genau darauf bezieht sich mein Plädoyer – nicht beachten.
Die Schulpflicht ist nämlich tatsächlich ein Kompromiss, durch den Kinder – zu Recht – für einen Teil ihrer Entwicklungsphase in eine Gemeinschaft gezwungen werden. Es gibt aber auch Kinder – das wissen Sie wahrscheinlich alle –, die sich besser entwickeln, wenn sie nicht ständig Gruppen angehören müssen.
Ich betone noch einmal – ich will nicht falsch verstanden werden –: Deshalb sind die Freiwilligkeit und die Atmungsfähigkeit des Systems jenseits der Schulpflicht wichtig. Kinder brauchen nämlich die Freiheit zum Rückzug und auch die Chance, einmal alleine, ohne Anleitung, etwas auszuprobieren. Manche brauchen ihr Zuhause oder zumindest einen personellen Tapetenwechsel, um sich vom Druck der Peergroup, den es auch gibt und den sie an unseren Grundschulen an zwei Dritteln des Tages erleben, erholen zu können.
Ich will als Letztes sagen: Die Anhörung der Enquetekommission hat auch gezeigt – das hat mich selbst überrascht –, dass nur ein kleiner Teil der Schulkinder Bildungsfortschritte im Ganztag wegen des Ganztags macht. Das mag uns ganz wichtig sein; aber bezeichnend war, dass es keine Belege dafür gibt. Frau Faulhaber, da bin ich, auch aufgrund dieser Anhörung, anderer Meinung als Sie. So, wie ich es verstanden habe und wie es auch besprochen worden ist, gibt es keine Belege dafür, dass die ganztägige Beschulung zu kognitiven Gewinnen führt. Die bundesweite Ganztagsschulstudie bewertet dies auch gar nicht; sie wollen das gar nicht herausfinden. Sie beurteilen soziales Lernen – das ist mir auch wichtig –, aber sie beurteilen
nicht die kognitiven Fortschritte. Das muss man einfach auch zur Kenntnis nehmen.
Aus all diesen Gründen – ich bitte, mir noch einmal genau zuzuhören – sind wir nicht gegen den Ganztag. Aber wir setzen gerade im Grundschulbereich auf die Offenheit und Freiwilligkeit der Angebote. Denn das sollte unseres Erachtens der Staat tun: Er sollte Unterstützung für diejenigen anbieten, die sie brauchen oder wollen, z. B. für Kinder, die eine professionelle Betreuung und Förderung bei bestimmten Aktivitäten suchen – bzw. ihre Eltern für sie; für Kinder, welchen sonst eine Umgebung von Gleichaltrigen fehlt, vielleicht weil sie Einzelkinder sind; für Kinder von Eltern, die aus beruflichen Gründen nicht selbst betreuen können oder wollen. Ich beurteile das nicht. Das sind alles gute Gründe für die Wahl eines Ganztagsangebots. Es sollte aber nicht verpflichtend sein.
Ein zweiter Punkt ist uns sehr wichtig – Frau Faulhaber, auch das haben Sie vorhin in Ihrer Eingangsrede schon angesprochen, und das sehen wir anders als Sie –: Nicht nur die Freiwilligkeit, sondern auch die Angebotsvielfalt im Rahmen des Pakts für den Nachmittag sind uns ein besonderes Gut. Sie bezeichnen das kritisch als „Flickschusterei“. Wir glauben, dass es mit der Konstruktion des Pakts für den Nachmittag möglich wird, für das schulische Umfeld und die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder vor Ort aus bestehenden Initiativen, von welchen keine aufgegeben werden muss, sondern alle in diese Paktkonstruktion überführt werden können, ein passgenaues Angebot zu generieren.
Wo steht der Pakt heute? Wir sind auch der Meinung – jetzt muss ich mich kurz fassen, das habe ich eingangs schon gesagt –, dass wir noch nicht am Ende des Weges angelangt sind. Aber angesichts eines Angebots, das wir freiwillig machen und für das wir demnächst schon den Zuspruch von zwei Dritteln aller Schulträger haben, können wir zufrieden sein. Das spornt uns natürlich an, dafür vermehrt bei den übrigen Schulträgern zu werben und für die Vertiefung der Wahrnehmung in den Schulträgerbezirken zu werben.
Was uns neben den bereits genannten Punkten auch wichtig ist, ist, dass bestehende Angebote – das sagt uns die Antwort auf die Große Anfrage – tatsächlich nicht abgeschnitten werden mussten, dass alles überführt werden konnte und dass bestehende Kooperationen mit Anbietern, von diesem oder jenem Anbieter, allesamt fortgeführt werden konnten. Das haben uns jedenfalls die Schulträger zurückgemeldet. Sie wurden sogar mit zusätzlichen Ressourcen aufgewertet. Sie müssen sich auch neuen Qualitätsmaßstäben und -ansprüchen stellen; denn sie müssen jetzt beispielsweise auch den Qualitätsrahmen des Landes für sein reguläres Ganztagsschulprogramm erfüllen. Ich finde, das sind Fortschritte, die zeigen, dass man mit einem so gestrickten Angebot auf der Basis von Offenheit, Freiwilligkeit und lokalem Bezug zu qualitativen Fortschritten kommen kann.
Ich muss zum Schluss kommen. – Ich will noch erwähnen, dass wir in diesem Programm auch einen Qualifizierungsaspekt haben, weil die Lehrkräfte und das pädagogische Personal durch Fortbildungsangebote unterstützt werden. Eltern zahlen nicht mehr, sondern häufig sogar weniger. Wer kein Geld hat, kann trotzdem oder zu erheblich reduzierten Preisen teilnehmen.
Ich komme zu meinem letzten Satz: Wir glauben, dieses Konzept des Pakts für den Nachmittag überzeugt nicht nur durch seine neuartige und zweckmäßige Kofinanzierung zweier wichtiger Beteiligter, sondern es ist zu Recht auch freiwillig, offen, vielfältig sowie an den örtlichen Bedarfslagen und Ansprüchen ausgerichtet. Wir freuen uns auf den weiteren Ausbau und die weitere Verbreitung. – Herzlichen Dank.
Liebe Frau Schott, ich glaube, wir kommen insgesamt wahrscheinlich nicht zusammen. Aber ich möchte dazu, weil Sie das Stichwort Frankreich genannt haben, ein paar Punkte sagen. Ich habe selbst einen erheblichen Teil meiner Ausbildung in Frankreich genossen, und zwar die komplette Schulbildung und die Hälfte meiner Universitätsausbildung. Ich kann Ihnen berichten: Es gibt gute Gründe dafür, dass Frankreich heute so dasteht, was seine Jugendlichen angeht, und dass wir nicht so dastehen. Das hat sehr viel mit dem französischen Bildungssystem zu tun.
Da Sie sagten, wir sollten über die Grenzen schauen: Wenn ich über die Grenzen Europas schaue, stelle ich fest, dass Deutschland seine Jugendlichen so erfolgreich ausbildet und in ein eigenverantwortlich gestaltetes Leben führt wie sonst fast niemand um uns herum.
Das könnte auch mit Dingen zu tun haben, die wir richtig machen.
Was machen wir richtig? – Wir nehmen Kinder in ihren Entfaltungsbedingungen als Persönlichkeiten ernst. Wir fragen uns – –
Entschuldigung, unser Schulsystem macht sehr vieles richtig, was nicht heißt, dass wir es nicht noch besser machen können. – Aber vom französischen Schulsystem mit seinem großen Verbrauch an Lebenszeit von Kindern, mit
seiner Pädagogik, die Frontalunterricht sozusagen als Fetisch vor sich herträgt und zur freiheitlichen Entwicklung von Kindern wirklich wenig beiträgt – deshalb hat sie am Ende auch Schwierigkeiten, die Kinder nach der Schule zu einer eigenverantwortliche Gestaltung ihres eigenen Bildungsverlaufs zu bringen –, können wir, liebe Frau Schott, nicht sehr viel lernen. Ich würde wirklich empfehlen: Wir sollten hinschauen, und wir sollten die richtigen Schlüsse ziehen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Familienpolitik ist ein Herzstück der Politik der CDU. Sie steht seit 1999 im Zentrum unserer Anstrengungen in Hessen. Die lassen wir uns mittlerweile weit über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr kosten – zusätzlich zu den großen Aufwendungen auch auf anderen Ebenen. Das will ich nicht vergessen
Auch deshalb geht es den Familien in unserem Land ganz überwiegend gut.
Die Familienpolitik ist eine Schwerpunktaufgabe auch dieser schwarz-grünen Koalition. Deshalb ist es gut, wenn wir sie heute auf die Tagesordnung setzen und einmal aus unserem Blickwinkel betrachten.
Meine Damen und Herren, beginnen wir mit der Grundidee. Die FDP-Fraktion tut sich seit einiger Zeit mit der Auffassung hervor, der Staat müsse den Familien dafür dankbar sein, dass sie des Volkes künftige Arbeitskräfte hervorbrächten. Die FDP-Fraktion leitet daraus die Forderung ab: Alles, was diesen Prozess ermöglicht, z. B. die Kinderbetreuung – vielleicht aber auch andere Dinge –, müsse kostenfrei sein, weil die Refinanzierung dieses Gutes schon in seiner Gewährung angelegt sei.
Ich möchte dieser Haltung namens meiner Fraktion entgegenhalten: Familien sind nicht primär ein Wirtschaftsfaktor.
Sie stehen nicht im Dienst der Nation, auch nicht der Kommunen. Familie ist privat. Sie ist da, wo der Staat nur ausnahmsweise, z. B. in Sachen Kinderschutz, hinreicht. Familien sind die Urzellen unserer Gesellschaft, dem Staat vorgelagert. Sie sind Orte von Geborgenheit, Auseinandersetzung, Lebenlernen und Sinnerfahrung. – Diese Formulierung stammt nicht von mir.
Sie sind Ausdruck ureigenster individueller Freiheit, nämlich der freien Entscheidung zum Leben in Gemeinschaft. Sie sind Schulen für Freiheit, und sie sind Bollwerke zum Schutz der Freiheit gegenüber einem unter Umständen anmaßenden Staat und einer immer wieder unbescheiden herandrängenden Gesellschaft.
Unsere Familienpolitik erkennt dies an. Sie ermutigt, stärkt und unterstützt Familien, ohne ihnen Entscheidungen zu verordnen oder aufzuzwingen. Auf dieser Grundlage gestalten wir unsere familienfreundliche Politik in Hessen.
Ich will vier Bausteine dieser Politik nennen. Erstens. Familienfreundliche Politik stärkt die Familien in ihrer Eigenverantwortung und Wahlfreiheit – z. B. in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf – durch das Angebot einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur, deren Nutzung im vorschulischen Alter der Kinder aber den Familien überlassen bleibt.
In Hessen wird der Rechtsanspruch Ü 3 und U 3 erfüllt. Mit unserem Bildungs- und Erziehungsplan und mit dem KiföG wurden gute Qualitätsstandards etabliert, während sich die vielen Vorabbefürchtungen, gerade zum KiföG, nachweislich nicht bestätigt haben.
Dafür wenden wir aus vollster Überzeugung hohe und höchste Summen auf. Derzeit sind es 435,5 Millionen € pro Jahr aus dem Landeshaushalt – zum Vergleich: 1999 waren es 60 Millionen € – mit in aller Regel maßvollen Elternbeiträgen zu den Kosten dieser Angebote. In derselben Logik arbeiten wir mit steten Fortschritten an einem flächendeckenden Angebot, auch für Grundschulkinder, für das wir viele weitere Millionen Euro aufbringen.
Zweitens. Familienfreundliche Politik ermöglicht eine aktive Sorge für die Kinder, später auch für pflegebedürftige Altvordere, ohne die Sorgenden selbst auf Dauer in Abhängigkeit zu bringen; denn nicht wenige Familien entscheiden sich ganz bewusst dafür, in den frühen Kindesjahren einen Teil oder auch die volle Kinderbetreuung selbst zu leisten.
Wir respektieren und schätzen diese Bereitschaft, denn wir wissen um die Chancen zu Bindung und Bildung in der Familie selbst. Hessens Programm „Netzwerk Wiedereinstieg“ sorgt deshalb seit Jahren mit vielen Projekten und auch mit umfänglicher Förderung des Landes dafür, dass diese Entscheidungen Mütter oder Väter nicht in eine persönliche Sackgasse führen.
Ich wünsche mir dazu ein übergreifendes Lebensphasenmodell, um Erwerbs- und Sorgearbeit nach Bedarf dosieren zu können. Das müssen wir aber auf anderer Ebene in Angriff nehmen.
Drittens. Familienfreundliche Politik bietet Hilfe zur Selbsthilfe, und zwar wohnortnah und für alle zugänglich. Die hessischen Familienzentren sind unbestrittenermaßen ein Erfolg. Deshalb bauen wir sie stetig aus, wovon Sie,
lieber Herr Merz, nicht dauernd hören wollen. Warum eigentlich nicht? Wir wollen dieses Netz hessenweit knüpfen und intensivieren.
Viertens. Familienfreundliche Politik bleibt niemals stehen. Sie fragt die Betroffenen nach ihren Erfahrungen und Bedürfnissen und forscht nach weiteren Ideen, um Familien noch passgenauer in ihren jeweiligen Familiensituationen zu unterstützen. Die kürzlich einberufene Kommission „Hessen hat Familiensinn“ entspricht diesem Geist des Dialogs. Verbände, zivilgesellschaftliche Gruppen sowie Bürgerinnen und Bürger werden über den Weg noch zu mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit in Hessen debattieren und Handlungsempfehlungen an die Politik erarbeiten.
Ich komme zu meinem letzten Satz. – Ich komme zurück zum Anfang. Die Familien stehen nicht im Dienst ökonomischer oder gesellschaftlicher Ziele. Ihr Sinn ist die Entfaltung ihrer Mitglieder. Im Regelfall braucht es dafür Familiensinn, nämlich Wahlfreiheit, Hilfe zur Selbsthilfe, Anerkennung, Ermutigung und die Bereitschaft zum Dialog, sowie eine entsprechende Politik.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Merz, als am Montag der Titel Ihrer Aktuellen Stunde publik wurde, habe ich mich gefragt, was wir heute dazu diskutieren wollen. Die von Ihnen und der Linkspartei zu dieser Frage vorgelegten Gesetzentwürfe haben wir hier schon ausführlich diskutiert. Man kann zumindest nicht sagen, wir hätten sie hier nicht diskutiert. Wir haben sie zwar abgeräumt, aber das kann man unterschiedlich beurteilen.
Ich habe mich dann geistig mit mir selbst darauf geeinigt, dass Familienpolitik immer aktuell ist. Insofern habe ich mich gefreut, dass wir heute darüber sprechen können.
Jetzt verstehe ich, worauf Sie hinauswollen. Das habe ich jetzt nachvollzogen. Dennoch ist zu bemerken, dass in demselben Evaluationsbericht steht, dass die Elternbeiträge in den letzten Jahren tatsächlich erhöht worden sind. Es wurde aber auch ausdrücklich festgestellt, dass dies nicht in einem kausalen Zusammenhang gesehen wird mit der Einführung des KiföG. Insofern müssen wir da etwas intensiver einsteigen. Vielleicht legen Sie einmal einen Antrag dazu vor, damit wir das im Ausschuss einmal vertieft erörtern können. Zunächst einmal steht diese Aussage in einem erstaunlichen Gegensatz zu dem, was Sie hier gesagt haben.
Ich glaube, ich habe jetzt das Wort.
Sie haben einen Dreisatz vorgelegt, mit dem Dinge miteinander in Verbindung gebracht worden sind. Sie haben versucht, das jetzt hier zu erläutern. Diese Dinge stehen aber in überhaupt keinem Zusammenhang zueinander. Ich möchte Ihnen zu allen drei Bestandteilen Ihrer Aktuellen Stunde direkt antworten.
Erstens: Eltern entlasten. Ja, CDU und GRÜNE verfolgen auch dieses Ziel. Deswegen unternehmen wir in der Landesregierung und in den sie tragenden Fraktionen sehr viel, um dieses Ziel zu erreichen. Wir reden nicht nur davon. Wir tun etwas. Mehr als eine halbe Milliarde Euro investieren wir mittlerweile jährlich in Familienleistungen. Auch das bringt eine Entlastung der Eltern. Ich nenne noch einmal die Stichworte: Ausweitung der Zahl der Kinderbetreuungsplätze und deren Qualität, Familienzentren, Familienkarte und vieles mehr.
Damit wird tatsächlich Enormes für die Familien geleistet; denn die Eltern haben die Möglichkeit, durch eine inzwischen flächendeckend mögliche Einlösung der Rechtsansprüche ihren beruflichen Vorstellungen und Zielen nachzugehen. Sie bekommen zudem – das sagt uns übrigens auch die KiföG-Evaluation – allenthalben mehr Personal, an vielen Stellen eine stärkere Ausrichtung an Qualitätsstandards und eine intensivere Elternbeteiligung. Auch das sind Ergebnisse der Einführung des KiföG. Das heißt, die Eltern in Hessen haben heute nicht nur die Sicherheit, einen Betreuungsplatz zu finden, sondern die guten Mindeststandards geben ihnen darüber hinaus die Gewissheit, dass ihre Kinder nicht verwahrt, sondern systematisch gut betreut und in Zusammenarbeit mit den Eltern erzogen und gebildet werden. Wenn das keine erstklassige Entlastung der Eltern ist, dann weiß ich nicht, was wir sonst noch tun sollen.
Ich will ein Zweites hinzufügen. Wenn Sie als SPD nicht auf allen Ebenen blindwütig das Betreuungsgeld bekämpft hätten, dann hätten sogar die Eltern, die von ihrer Wahlfreiheit einen anderen Gebrauch machen und ihre Kinder erst etwas später in die außerfamiliäre Betreuung geben, ebenfalls ein Stück Entlastung erfahren. Das wollten Sie nicht, und so ist dieses Stück Entlastung am Ende auch an Ihnen gescheitert.
Zweitens. Die Forderung, die Kommunen spürbar zu unterstützen, unterschreiben wir, und das machen wir auch: 1 Milliarde € aus dem Kommunalinvestitionsprogramm. Davon sind zwei Drittel Landesmittel. Ich erspare mir die Details, weil Sie sie ja kennen. Demnächst gibt es eine zweite Tranche, um den Schulbau besonders zu unterstützen.
Kommunaler Schutzschirm und Kommunaler Finanzausgleich: Noch nie gab es so viel Geld für die Kommunen, und noch nie war – neben allen anderen Vorteilen – das Schwankungsrisiko so stark auf der Seite des Landes verankert.
Sogar das KiföG hat einen Beitrag zur kommunalen Entlastung geleistet. Auch das steht im Bericht: Rückgang des kommunalen Finanzierungsanteils an den Gesamtbetriebskosten um 2,4 %.
Drittens – jetzt komme ich zum Kern –: gebührenfreie Bildung von Anfang an. Das hört sich in Verbindung mit den schönen Zielen, die wir teilen, natürlich toll an.
Es ist aber der falsche Weg zum Glück. Es ist ein Subventionsprogramm für Gut- und Besserverdienende; denn die Schwachen, von denen auch Herr Laumann gesprochen hat, werden überwiegend von den Gebühren bereits befreit oder erfahren Gebührenreduzierungen.
Ihre Forderung mag einige Eltern entlasten. Die Rechnung zahlen aber die künftigen Generationen. Eine vollständige Übernahme des Elternanteils durch das Land würde den endlich ausgeglichenen Landeshaushalt mit hohen dreistelligen Millionenbeträgen belasten – unvereinbar mit der Schuldenbremse – oder zulasten imaginärer reicher Steuerzahler gehen, unter denen am Ende viele derer wären, die Sie zu entlasten vorgeben. Welchen Sinn macht das – außer vielleicht, es ist eine verfrühte Wahlkampfspekulation?
Letzter Punkt. Im Steuerrecht werden die Eltern, die Sie im Fokus haben, bereits heute signifikant entlastet. Sie haben die Möglichkeit, Kinderbetreuungskosten bis zu 6.000 € pro Kind und Jahr zu zwei Dritteln von der Einkommensteuer abzusetzen.
Wollen Sie den Bund um diesen Aufwand entlasten, um in der Folge den Landeshaushalt zu ruinieren? Welchen Sinn macht das?
Ich will die allgemeinen Argumente nicht wiederholen, die wir schon tausendmal ausgetauscht haben. Ich fasse zusammen: Wir entlasten die Eltern, wir unterstützen die Kommunen, und es ist keine gute Idee, die Elternbeiträge abzuschaffen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein neues Jahr hat begonnen, zu dem ich erst einmal Ihnen persönlich alles Gute wünschen möchte und uns gemeinsam frische Ideen, gute Argumente in den Beratungen und immer wieder kluge Entscheidungen. Ich gebe Ihnen gern auch meine Zusage, dass ich, soweit ich es kann, versuchen werde, einen kleinen Beitrag dazu zu leisten.
Frau Schott, ich finde aber, der heutige Debattenauftakt erschwert es etwas, diesen guten Vorsatz in die Tat umzusetzen. Wir beraten über einen Gesetzentwurf der LINKEN, den nicht einmal die Sozialdemokraten verstehen, die die Intention Ihrer Initiative vielleicht teilen. Lieber Herr Kollege, wenn ich mich richtig erinnere – Sie werden es gleich ausführen; vielleicht habe ich Sie auch falsch verstanden –, sagten Sie in der Ausschussberatung, die zwischenzeitlich stattgefunden hat, dass sich Ihnen trotz Ihres Bemühens die Vorschläge zur Neugestaltung der Pauschalen nicht erschließen konnten und dass Sie im Ausschuss keinen Aufschluss darüber erhielten. So steht es hier; ich brauche natürlich nicht Ihre Position vorzutragen. Das war für mich aber erhellend.
Aus der Perspektive meiner Fraktion kann ich hier nur die wichtigsten Argumente unserer Beurteilung wiederholen, die wir in der ersten Lesung im Dezember 2016 formuliert haben. Frau Schott, im Ausschuss – Herr Merz, diese Einschätzung teile ich – haben Sie nämlich leider nichts Erhellendes in Bezug auf unsere Bedenken gesagt.
In aller Kürze, denn das Leben ist kurz, und der eine oder andere hat heute noch etwas Wichtiges vor, wiederhole ich unsere drei wesentlichen Gründe, Ihren Gesetzentwurf auch in dieser Lesung abzulehnen.
Erstens. Sie wollen Kitabeiträge grundsätzlich verbieten, obwohl es heute im Wesentlichen die ganz gut Gestellten sind – das muss ich wiederholen –, die sie tragen. Außerdem wollen Sie die Förderpauschalen des Landes um ein Mehrfaches erhöhen, was nicht ersichtlich und auch nicht nachzuvollziehen ist.
Im Ergebnis bedeutet das vor allen Dingen: Sie wollen ein gewaltiges Entlastungsprogramm für diese relativ gut gestellte Gruppe von Menschen beschließen lassen, und es
soll im Endausbau den Steuerzahler fantastische zusätzliche 700 Millionen € pro Jahr kosten. Sie wollen damit den stattlichen und angemessenen Betrag von rund 460 Millionen € verzweieinhalbfachen, den das Land dank der Politik der CDU, erst gemeinsam mit der FDP, dann gemeinsam mit den GRÜNEN, pro Jahr für die Kinderbetreuung aufwendet – und das nach den großen Zuwächsen in den vergangenen zehn Jahren. Ich erinnere an die 100 Millionen € im Jahr 2006.
Wir finden, mit solchen Vorschlägen untergraben Sie die Zukunft nicht nur der Familien, sondern letztlich aller im Hessenland und schaden den Perspektiven künftiger Generationen, die dafür irgendwie aufkommen müssen.
Ja, aber die Generation muss es bezahlen.
Nix da, die Kinder müssen dafür ja aufkommen. Herr Schaus, gerade das ist verantwortungsvolle Politik: dass man bedenkt, dass zukünftige Generationen das einlösen müssen, was man heute verspricht.
Ich sage Ihnen, das sind unseriöse Vorschläge, und Sie präsentieren sie immer wieder von Neuem: nach dem Gießkannenprinzip, ohne Rücksicht darauf, was Ihnen dazu gesagt wird, und ohne die Berechnung offenzulegen und vernünftige Begründungen zu liefern. Das ist einfach nicht ernst zu nehmen.
Zweitens – jetzt kommen wir zu den Feinheiten – fordern Sie die Abschaffung jeglicher Differenzierung zwischen den Pauschalen. Nur noch eine einzige Differenzierung soll bleiben – die haben Sie jetzt wieder gebracht –, nämlich die zwischen Halbtags- und Ganztagsbetreuung. Um es grob zu sagen: Alles, was wirklich nach Qualität und Bedarf steuert – Sie haben eben gesagt, wir sollten endlich steuern –, schaffen Sie in Ihrem Vorschlag ab. Das gibt es im KiföG nämlich schon heute.
Seit der Evaluation wissen wir nämlich Folgendes – wir werden das noch ausführlich besprechen, aber zwei Dinge wissen wir schon –: Wir wissen zum einen, dass die Pauschale für den Bildungs- und Erziehungsplan hervorragend angenommen wird. Zum anderen wissen wir, dass auch die Schwerpunktpauschale grundsätzlich begrüßt und überwiegend in Anspruch genommen wird. Die kann bestimmt noch verbessert werden. Aber wir wissen, dass es ankommt. Sie hingegen wollen das eine plump vorschreiben, das andere abschaffen und insgesamt alle in jeder Beziehung über einen Leisten scheren. Begründen Sie das doch einmal.
Für uns ist das vollkommen unbegreiflich; es kann uns nicht überzeugen, weder unsere Fraktion noch, wie ich weiß, die Partner von den GRÜNEN. Wir stehen nämlich gemeinsam für die kontinuierliche Qualitätsentwicklung der Kinderbetreuung in Hessen, zu der das neue KiföG – es mag nicht perfekt sein, wir werden es weiterentwickeln – durch die deutlich erhöhten Pauschalen, durch den guten
Mindeststandard, durch die qualitätsbezogene Fortbildung und auch durch die Qualitätsorientierung bei den Pauschalen sehr viel beiträgt. Während Ihnen all dies im Endeffekt offensichtlich egal ist, werden wir uns auch zukünftig ins Zeug legen, um bei der Betreuungsqualität weitere Verbesserungen zu erreichen.
Drittens. Sie negieren die aus unserer Sicht sehr wichtigen – vielleicht die wichtigsten – Charakteristika der hessischen öffentlichen Kinderbetreuung: Trägerautonomie, Trägervielfalt sowie die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Einrichtungen. Eines finde ich interessant: Wir haben in der ersten Lesung ausführlich darüber debattiert. Auch der Herr Minister hat dazu wichtige Dinge gesagt. Sie haben diese Kritik aber nicht mit einem Wort erwähnt.
Sie streichen diese Punkte in Ihrem Gesetzentwurf. Es ist überhaupt nicht mehr die Rede davon, dass ein Träger aufgefordert ist, an diesem gemeinsamen Auftrag mitzuwirken und die Eltern dabei mitzunehmen: dass er das in seiner Verantwortung macht. Wir finden das wichtig. Sie haben nichts unternommen, um die grundsätzlichen Zweifel zu zerstreuen oder wenigstens abzumildern, die wir in der Ausschussberatung geäußert haben.
Das bringt mich zu dem wichtigsten Punkt: Sie wollen nämlich genau das. Sie wollen ein ausschließlich staatlich finanziertes Einheitssystem der Kinderbetreuung, dem sich aufgrund der Verbindung von legitimen Elternbedürfnissen nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – die ich nicht bestreite – und der Gratisverlockung keiner mehr entziehen mag oder kann. Das ist Ihr Kalkül. Sie räumen die Eltern aus dem Weg; Sie streben die Lufthoheit über den Kinderbetten an.
Bei der Mitsprache über die Erziehung und über das, was in den Einrichtungen geschieht – bei dieser Partnerschaft –, räumen Sie sie aus dem Weg.
Sie hätten es ja ändern können; Sie müssten es nicht so formulieren. – Deshalb konstatiere ich aus Sicht der CDUFraktion einen überflüssigen Gesetzentwurf, dessen einziger Vorzug ist, ganz unverblümt offenzulegen, was Sie in diesem Punkt im Sinn haben:
einen omnipräsenten Staat und eine in ihre Einzelteile zersprengte Familie. Beides wollen wir nicht. Wir wollen vielmehr die Fortsetzung unserer stets verfolgten Politik zugunsten einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung für alle die, die diesen Rechtsanspruch wahrnehmen wollen, für eine bessere Kinderbetreuung und für mehr Familiensinn in diesem Land. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab und versichern Sie unserer geduldigen Wachsamkeit bei allen zukünftigen Versuchen. – Vielen Dank.
Lieber Herr Kollege Merz, es ist mir doch ein Bedürfnis, zu einem Punkt Stellung zu nehmen. Sie haben mich kritisiert, auch nicht zum ersten Mal. Sie haben mich ein bisschen in die Ecke gestellt, nach dem Motto: Die Vertreterin der CDU ist rückwärtsgewandt und – das haben Sie
nicht gesagt, aber es ist neulich einmal angeklungen – fürchtet die Verstaatlichung der Kindheit. Das war Ihre Formulierung.
Ich möchte Sie gerne etwas fragen. Ich habe den Vorwurf an die Linkspartei – und nur an die Linkspartei, weil ich genau weiß, wo ich ihn loswerden muss und wo nicht – im Hinblick auf einen ganz spezifischen Punkt erhoben, zu dem Sie sich interessanterweise auch jetzt in dieser Rede nicht geäußert haben. Mich interessiert, was Sie davon halten.
Von Trägervielfalt ist im gesamten Gesetzentwurf der Linkspartei überhaupt nicht mehr die Rede. Der entsprechende Passus ist gestrichen, und die erhöhten Grundpauschalen – darauf haben Sie implizit hingewiesen – für nicht staatliche Träger fallen weg. Es gibt einen weiteren Passus, der ersatzlos gestrichen wurde. Ich will ihn noch einmal nennen. Darin heißt es, es bestehe eine Verantwortung des Trägers der Tageseinrichtungen „für die Ausgestaltung und Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrages unter Mitwirkung der Erziehungsberechtigten“. Die Linkspartei schlägt vor, dies ersatzlos zu streichen. Das ist mir erst beim dritten Lesen aufgefallen.
Das ist für mich ein ganz grundsätzlicher Punkt, und ich befürchte, er würde unabhängig davon wirken, ob man Beiträge erhebt oder nicht. Denn wenn so etwas in einem Gesetzentwurf nicht mehr steht, dann heißt das, dass Eltern in ihren Gestaltungs- und Entscheidungsrechten im Hinblick auf die Erziehung ihrer Kinder massiv beschnitten werden.
Denn sie haben als Ansprechpartner in dieser Partnerschaft nicht mehr den Träger, und sie haben auch nicht mehr die Auswahl. Das ist ein massiver Eingriff in Elternrechte, den ich dann in Verbindung mit der kompletten Gebührenfreiheit, die hier mit der Gießkanne und sofort mit allen Kritikpunkten, die Sie auch angesprochen haben, empfohlen wird, für in der Wirkung fatal halte, auch wenn es nicht so offensichtlich ist.
Ich komme zum Schluss. – Herr Merz, mich würde interessieren, wie das die SPD sieht, der ich an dieser Stelle ein differenzierteres Weltbild zutraue. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Zuhören haben wir es heute auf der linken Seite des Hauses nicht immer richtig gehandhabt. Aber ich will gern versprechen, dass ich auch in einer zweiten Anhörung zu einem sehr ähnlichen Gesetzentwurf, den Sie heute einbringen, wieder zuhören werde – zu gegebener Zeit und in angemessenem Rahmen.
Wir gehen auf Weihnachten und den Jahreswechsel zu – so wollte ich eigentlich anfangen –, und die meisten von uns sind doch etwas milde und verständnisvoll gestimmt. In dieser Stimmung habe ich Ihren zweiten Versuch einer Neuregelung des KiföG tatsächlich vor einigen Tagen gelesen, und ich will die Sache auch nach der eben geführten
Diskussion mit gutem Willen und vielleicht auch etwas Humor angehen. Ich gehe darüber hinweg, dass Sie eben für unsere Politik, erheblich mehr Mittel und mehr Qualität in die Kinderbetreuung in diesem Lande zu bringen, den Begriff „makaber“ verwendet haben.
Es sind von Ihnen aber auch zum wiederholten Male viele Anmerkungen hier gefallen, sodass ich mich jetzt noch einmal ganz konkret mit Ihren Vorschlägen befassen möchte. Neu ist nicht sehr vieles davon.
Erstens. Sie schreiben – nicht wörtlich, aber dem Sinne nach –, Kitabeiträge sind des Teufels und werden verboten. Sie sind jedenfalls nicht mehr vorzusehen. – Die Grundposition meiner Fraktion dazu habe ich hier schon dargelegt, übrigens fast so oft, Herr Merz, wie meine Neugier zum Thema Familienzentren. Deshalb will ich es heute nicht noch einmal tun.
Ich will mich auf zwei Aspekte beschränken, die mir gerade angesichts Ihrer Autorenschaft von der Linkspartei besonders relevant erscheinen. Erstens. Wir sind der Auffassung, dieser Ihr Gesetzentwurf – auch der zweite – wäre faktisch ein gewaltiges Subventionsprogramm für Gutverdiener, die mit ihren Beiträgen von landesdurchschnittlich 15 % doch erheblich zu den großen und auch notwendigen Investitionen in gute Kinderbetreuung beitragen.
Sie können beitragen, sie sollten es, so denken wir, und viele wollen es sogar auch. Es kann eigentlich kaum Ihr Ernst sein, das, wie Sie es vorschlagen, zu ändern. Und es wirft die Frage auf, ob sich nicht hinter der Fassade des sozialen Gewissens, das Sie gerne für sich in Anspruch nehmen, doch auch ganz andere Beweggründe verbergen: dass es Ihnen vielleicht auch um etwas ganz anderes geht, nämlich darum, die Grenzen der Zuständigkeiten zu verschieben, zwischen Kommunen einerseits und Land andererseits in Fragen der Kinderbetreuung, aber auch zwischen Eltern einerseits und Staat andererseits in Sachen Erziehungsverantwortung. Ich will das nur fragen. Beantworten können Sie das vielleicht auch selbst.
Zweitens. Das Gesamtprogramm, das Sie hier mit diesem so harmlos erscheinenden Entlastungsgesetz vorschlagen, beläuft sich nach Berechnungen unserer Fachleute auf eine Größenordnung von rund 700 Millionen € jährlich, also auf die Kleinigkeit einer Verzweieinhalbfachung – ziemlich genau – unseres jährlichen Etats für Kinderbetreuung. Wer so etwas fordert, setzt nicht nur die wirklichen Prioritäten in diesem Feld aufs Spiel – so z. B. die weitere Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen und -tagespflege, an der wir mit Überzeugung und Nachdruck arbeiten. Wer so etwas ernsthaft vorschlägt, untergräbt auch unsere Handlungsfähigkeit insgesamt im Angesicht wirklicher Jahrhundertaufgaben. Da war heute schon von vielen die Rede. Ich will es gar nicht ausführen; jeder weiß, was gemeint ist.
Zweite Bemerkung. Weiterhin bleibt es auch diesseits der haushalterischen Folgen bei Ihrer Absage an Qualität. Ihr Gesetzentwurf ist, wie sein Vorgänger, bedarfsungerecht und qualitätsfeindlich.
Sie streichen nämlich weiterhin alle Sonderpauschalen, ob für die Arbeit nach dem BEP, für Kitas mit vielen benach
teiligten Kindern oder für eingruppige Einrichtungen. Stattdessen schießen Sie mit der Förderschrotflinte – könnte man sagen – unterschiedslos auf Träger und Einrichtungen und stellen sich die Frage erst gar nicht, wo welcher Bedarf herrscht und wen man wie zu intensiverer Zuwendung, geschickterer Förderung oder einfach nur engagierterem Umgang mit der Kinderseele animieren könnte.
Allerdings: Sie schreiben den Einsatz des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplans kategorisch vor. Da heißt es, in allen Einrichtungen soll das eine wesentliche Grundlage des Handels sein. Das ist tatsächlich etwas Neues, aber nichts gutes Neues.
Denn wenngleich wir dieses Ziel völlig mit Ihnen teilen – wir als CDU, nicht ich persönlich, haben ja diesen BEP entwickelt –, würden sich daraus weitere vermeidbare Kosten für das Land ergeben, und es ist nicht zielführend. Denn unsere bisherige kluge Strategie des Werbens, des Anbietens von Qualifizierungsmaßnahmen und des Belohnens durch die Pauschale ist erfolgreich, und die verlassen Sie mit Ihrem Vorschlag. Das ist völlig überflüssig.
Drittens. Was mir fehlt – das ist nicht das erste Mal; es ist eben wiederum so –, ist die Wertschätzung der hessischen Trägervielfalt in der Kinderbetreuung. Über Ihren ersten Gesetzentwurf hinaus räumen Sie mit dieser aus unserer Sicht unbedingt schützenswerten Trägervielfalt gründlich auf. Denn davon ist in Ihrem gesamten neuen Gesetzentwurf überhaupt keine Rede mehr. Der entsprechende Passus im bisherigen § 26, die Aufgaben beschreibend, ist gestrichen. Auch die erhöhten Grundpauschalen für nicht staatliche Träger fallen weg.
Auch § 26 Abs. 2 fällt einfach unter den Tisch. Ich will sagen, was da drinsteht. Man hätte es ja fast übersehen können. Das ist aber auch kein Zufall. Denn die dort formulierte Verantwortung des Trägers der Tageseinrichtung „für die Ausgestaltung und Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrages … unter Mitwirkung der Erziehungsberechtigten“ wird bei Ihnen ersatzlos gestrichen. Denn diese Verantwortung – das will ich hier einfach auch noch einmal vermuten; Sie können das Gegenteil antworten – passt nicht in Ihr Weltbild. Die wollen Sie nicht. Sie sind schließlich die Linkspartei. Sie wollen Erziehung gerade nicht mit Priorität bei den Eltern verankert wissen.
Sie wollen auch nicht vielfältige, von den Eltern jeweils nach Profil, Neigung oder Bekenntnis frei gewählte Träger, sondern Sie reklamieren die Letztverantwortung für diese Dinge en passant und ohne weitere Diskussion für den Staat – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Aber ich wollte es heute mit Fassung und vielleicht auch mit Humor nehmen. Bei dem Humor bin ich mir nicht mehr so sicher nach der Diskussion eben. – Ich will wenigstens auf das hinweisen, was ein Fortschritt von Ihrem ersten zu dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf ist. Sie unterscheiden bei dem jetzigen Anlauf immerhin in den Pauschalen zwischen Halbtags- und Ganztagsbetreuung. Das ist ganz klar ein Verständnisfortschritt. Eine staatliche Förderung sollte sich tatsächlich am Umfang der geförderten Leistung orientieren. Damit sind wir ausdrücklich einverstanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, es gibt leider nicht sehr viel richtig Gutes über diesen zweiten Versuch
zu sagen, Ihren sozial und bedarfsungerechten, qualitätsfeindlichen und der Trägervielfalt in Hessen abträglichen Ansatz durch noch mehr Nachdrücklichkeit ins Ziel zu bringen. Als Sie Ihren ersten Gesetzentwurf zurückzogen, hatte ich die Hoffnung auf eine vernünftige Korrektur. Jetzt stelle ich fest: Wunder geschehen eben immer erst in der Weihnachtsnacht. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich frage die Landesregierung:
Wie unterstützt sie Einrichtungen bei der Weiterentwicklung zum Familienzentrum?
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Fast hätte ich gesagt: alle Jahre wieder. Jedenfalls kommt auch dieses Jahr eine Große Anfrage zu den Privatschulen von der linken Seite des Hauses auf uns nieder.
Das gab es auch schon. Das steht jedem frei. Ich finde, das Thema ist wichtig. Deshalb wollte ich mich gerade dafür bedanken.
Heute liegt der Schwerpunkt auf dem Verbot der Benachteiligung, also dem Sonderungsverbot. Sie haben manches gesagt. Sie haben am Anfang ganz schön angefangen und die besonderen Beiträge der Ersatzschulen zu unserem Schulsystem gewürdigt. Ich fand das ermutigend.
Ich will mich bei dieser Gelegenheit übrigens auch für die vielen Auseinandersetzungen in der Vergangenheit bedanken, die doch überwiegend sachlich und für mich auch gewinnbringend waren. Ich glaube, das war eine Ihrer letzten Reden von hier vorne aus. Von meiner Seite aus möchte ich für die Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit gemacht habe, vielen Dank sagen. Alles Gute für Ihre Zukunft.
Zur Sache. Für die Mitglieder der CDU-Fraktion besteht kein Anlass zu Misstrauen gegenüber nicht staatlichen Bildungsträgern, das aus manchen dieser Anfragen herausge
lesen werden kann. Wir schätzen sie nämlich auf allen Ebenen. Sie haben Kindertagesstätten, Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen. Sie alle tragen zur Angebotsvielfalt bei. Die Menschen haben die Wahl, mit welchen Werthaltungen und pädagogischen Ansätzen sie ihre Kinder oder gar sich selbst bilden oder bilden lassen.
In Hessen ist die freie Schulwahl der Eltern im Rahmen der Eignung des Kindes heute ein doch weitgehend oder fast allseits akzeptiertes Prinzip. Die Vielfalt der Schulen und der Wettbewerb zwischen ihnen bringen bessere Qualität.
Privatschulen bereichern das Schulwesen in vielfältiger Weise. Dies geschieht nicht nur durch die besonderen – ich will sie explizit erwähnen – z. B. religiösen Prägungen, die uns wertvoll sind. Sie sind außerdem Experimentierfeld und Schrittmacher neuer Konzepte.