Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Sagen Sie mal was zum Inhalt!)

Mehrere Tausend Gewalttäter – nicht einige Hundert, wie Sie immer schreiben – haben auf Einladung Ihrer Partei am Vormittag Frankfurt zerlegt, Angst und Schrecken verbreitet und massive Gewalttaten begangen. Das versuchen Sie mit der Rede, die Sie gerade gehalten haben, unter den Teppich zu kehren. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Kein Wort zu Ihrer Mitverantwortung. Sie haben auf die pazifistische Tradition hingewiesen. Wie passt denn zum Pazifismus, dass man die Leute einlädt, ans „Herz der Bestie“ zu kommen? Wie passt denn zum Pazifismus, dass man sagt: „Das Neue muss auf den Trümmern des Alten aufgebaut werden; wir fangen mit dem Abriss an“?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist angelehnt an ein Zitat von Rosa Luxemburg!)

Das ist doch keine Einladung zu Kaffee und Kuchen, sondern das ist eine Einladung zur Randale. Das haben wir am Mittwoch erlebt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Manfred Pentz (CDU): Rohe Gewalt!)

Aber auch das, was Sie inhaltlich vortragen, bringt einen zum Schütteln. Was für ein Bild malen Sie von der Europäischen Zentralbank? Das „Hassobjekt“, die „Bestie“ wird hier in den Raum gestellt. Nachher wundern Sie sich, dass Leute diese Worte ernst nehmen und sich so verhalten wie am Mittwochmorgen in Frankfurt. Warum denn eigentlich die EZB, ausgerechnet die Institution,

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Die guttut?)

die in den vergangenen Monaten die Liquidität Griechenlands sichergestellt hat? Verstehen muss man das nicht, Herr Kollege Schaus.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Die guttut, meinen Sie?)

Natürlich kann man Kritik an der Europäischen Zentralbank üben, aber das Bild, das Sie hier malen, ist absolut verzerrt und wird der Realität nicht gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich will es für unsere Fraktion – und, so glaube ich, auch für die Mehrheit in diesem Hause – noch einmal betonen: Wir sind froh, dass diese wichtige europäische Institution ihren Sitz in Frankfurt genommen hat. Darüber sind wir froh, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU, bei Abgeordneten der FDP sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das stärkt den Finanzplatz Frankfurt, das schafft Arbeitsplätze und ist gut für die Metropolregion – und das betonen wir hier zumindest in der Mehrheit, Ihren Besinnungsaufsatz mal beiseitegelassen.

Sie liegen noch immer in Ihrem Schützengraben. Herr Tsipras ist schon lange weg von dort, wo Sie noch liegen. Tsipras sagte bei seinem Besuch in Berlin, dass die Deutschen nicht schuld an den Übeln und Missständen in Griechenland seien. DIE LINKE aber sitzt noch immer im Schützengraben und zeigt mit dem Finger auf die Deutschen und die Euro-Gruppe. Das ist vollkommen daneben, da ist Herr Tsipras schon wesentlich weiter, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Tsipras räumt inzwischen selbst ein, dass viele Fehler hausgemacht sind. Er stellt ein Versagen griechischer Eliten fest. Reformen wurden nicht angepackt, auch mit Rücksicht auf diese Eliten. Für die Misere in Griechenland sind nicht die EZB und die Troika verantwortlich, auch nicht dafür, welche Reformen zuerst und wie angepackt werden.

(Manfred Pentz (CDU): Aha!)

Das haben seinerzeit Regierungen in Griechenland entschieden, die auch gewählt wurden. Das muss man doch einfach einmal zur Kenntnis nehmen, Herr van Ooyen. Das waren griechische Regierungen, gewählt von griechischen Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Im Übrigen muss man ja auch einmal sagen, dass auch die anderen Regierungen der Euro-Gruppe gewählt sind. Es ist

ja nicht nur so, dass eine neue griechische Regierung gewählt worden ist – auch andere Regierungen sind gewählt, auch diese müssen sich gegenüber dem Bürger verantworten, auch diese werden gefragt: Was macht ihr da eigentlich in Europa? – Man kann die Entscheidungen der EuroGruppe unterschiedlich bewerten. Man kann sie kritisieren. Aber man muss auch einmal feststellen: Auch da handelt es sich um gewählte Regierungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Europa ist natürlich solidarisch. Herr van Ooyen, was Sie hier erzählt haben, entspricht in keiner Weise den Realitäten. Es wurden enorme Bürgschaften übernommen, in Größenordnungen, die wir uns gar nicht vorstellen können – über 300 Milliarden € wurden abgesichert. Solidarität kam von Ländern, denen es nicht so gut geht. Es sind ja nicht alle auf der Sonnenseite Europas, es haben auch Regierungen und Länder gebürgt, die einen niedrigeren Lebensstandard und geringere Einkommen als die Griechen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie aber stellen sich hierhin und beschimpfen diese Regierungen, dass sie von dem wenigen, das sie haben, auch noch etwas abgeben. Das ist absurd, Herr Kollege. Das ist sehr absurd.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Auch das Bild, das Sie von Europa malen, kann doch nicht die Realität sein. Wir leben in einer langen Phase des Friedens in diesem Europa. Ehemalige Erzfeinde sind heute Freunde. Es werden gemeinsam Tote beklagt, wie es auch gestern im Zusammenhang mit dem Flugzeugabsturz der Fall war. Da werden untereinander Hände von früheren Erzfeinden gereicht, und Sie malen hier ein Bild von Europa, das nicht dem entspricht, was wir Europa nennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kollege Frömmrich, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Ich würde gerne noch etwas zu dem sagen, was gestern im Frankfurter Stadtparlament auch wieder seitens Ihrer Partei relativiert worden ist.

Herr Kollege Frömmrich, ich denke, dafür ist keine Zeit mehr.

(Zurufe von der CDU)

Ich komme gleich zum Ende. – Es wurden auch wieder Dinge gesagt, die das relativieren. Ich hätte gerne noch etwas dazu gesagt, dass Sie beklagen, wir müssten Angst haben – das teile ich im Übrigen –, dass Europa nach rechts

abrutscht. Aber ich hätte mir in Ihrem Antrag auch ein Wort dazu gewünscht, mit wem Herr Tsipras eigentlich in Griechenland regiert. Mit welchen Rechtsauslegern regiert er denn dort?

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU sowie des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich komme zum Schluss. Es ist hier schon erlaubt, Kritik zu üben. Aber so einfach, wie es sich die Linkspartei macht, so einfach, wie Sie es darzustellen versuchen, funktioniert die Welt leider nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Bauer für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag Drucks. 19/1748 der LINKEN, über den wir eigentlich reden, zeigt, dass auf einer einzigen DIN-A4-Seite ein ganzes verqueres Weltbild seinen Platz findet. Auch der nachgeschobene Dringliche Antrag Drucks. 19/1787 von Willi van Ooyen und seine Rede machen es nicht besser.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN)

Wer so denkt und wer so spricht, der muss sich dann mit Blick auf das erschreckende Ausmaß an krimineller Energie und linksautonomen Chaoten bei den Blockupy-Protesten auch einige kritische Nachfragen gefallen lassen, die wir ausdrücklich nachher in der Sondersitzung des Innenausschusses auch stellen werden.

Wenn Sie solche Thesen in den Raum stellen und solche Anträge vorlegen, wollen wir schon wissen, ob die Blockupy-Proteste und -Demonstrationen in der vergangenen Woche sowie die massiven Ausschreitungen von Gewaltexzessen auch in Räumen einer Gruppe der Linkspartei vorbereitet wurden. Wir wollen schon wissen, was in der Schönstraße in Frankfurt am Main geplant und besprochen worden ist. Und es ist allerhöchste Zeit, dass Sie reinen Tisch machen und aufklären, welche Verbindungen zur linksautonomen Szene und zu linken Gewalttätern bestehen, meine Damen und Herren von der Linkspartei. Dazu hätte ich mir etwas gewünscht, und keine Volkskammerrede von Herrn Willi van Ooyen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN)

Meine Damen und Herren, in diesem Antrag geht es ja nicht nur um die Auswirkungen der Eurorettungspolitik. Anträge wie diese von den LINKEN sind ja auch Texte der Selbstvergewisserung. Und so packen Sie z. B. in Ihren Antrag auch den Rechtsextremismus mit hinein. Das hätten Sie mal lieber bleiben lassen; denn Ihre Freunde, die neue Regierungspartei in Griechenland, gehen ja – es wurde schon erwähnt – mit einer rechtspopulistischen Partei ins Bett.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das sagt jemand mit Herrn Irmer in der Fraktion! – Zurufe – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Es ist schon so, wie „Die Welt“ zitiert hat. Von ihr wurde der amtierende griechische Verteidigungsminister als „antisemitischer Oligarch“ bezeichnet. Das ist der Koalitionspartner des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras, der neuen Lichtgestalt der LINKEN.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Zuwanderungspolitik packen Sie mit in Ihren Antrag hinein. Damit aber hat die EZB nun wirklich wenig zu tun. Wahrscheinlich wollen Sie wieder einmal die Phrase der „Festung Europa“ in den Raum stellen. – Meine Damen und Herren, im vergangenen Jahr sind mehr als eine halbe Million Flüchtlinge in Europa aufgenommen worden, 200.000 Menschen in unserem Land. Dieses Jahr werden es weitaus mehr – eine merkwürdige „Festung Europa“, von der Sie da reden.