Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich gehöre nicht zu denjenigen im Landtag, die sich dauernd an Stilfragen hochziehen. Aber ich finde Ihr Auftreten insbesondere heute Vormittag ziemlich unmöglich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und der FDP)

Der Opposition quasi vereinte Ahnungslosigkeit vorzuwerfen und so zu tun, als hätte jeder, der hier irgendetwas kritisiert, überhaupt keine Ahnung von der ganzen Materie, obwohl wir seit Jahren über den Flughafenausbau diskutieren und uns auch im Wirtschaftsausschuss immer wieder sehr intensiv damit auseinandersetzen, das ist eine solche Regierungsarroganz, dass ich Sie doch bitten würde, noch einmal darüber nachzudenken, ob das der richtige Umgang mit dem Parlament ist.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Ab- geordneten der SPD)

Ich will aber auch zu den Inhalten zurückkommen und noch einmal deutlich machen, dass wir Sie in der Frage Wirbelschleppen und Sicherung der Dächer nie dafür kritisiert haben, dass Sie die Zone ausgeweitet haben. Wir haben immer gesagt, lieber zu viel klammern als zu wenig. Deswegen haben wir keine Kritik an der Ausweitung der Zone gehabt. Worauf wir aber immer wieder hingewiesen haben, und ich denke, zu Recht, ist die Frage: Was ist mit den Dächern, die nicht klammerungsfähig sind, die erst einmal Kosten für die Hausbesitzer verursachen, dass sie überhaupt in einen Zustand versetzt werden können, dass sie dann geklammert werden können? Auf diese Frage haben wir hingewiesen. Das Problem ist, dass die Gefahr

durch Wirbelschleppenschäden immer noch nicht gebannt ist. Aber an der Ausweisung der Zone gibt es natürlich keine Kritik von uns.

(Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Bei der Frage der Lärmpausen will ich noch einmal deutlich machen, dass es in dem Lärmpausenprobebetrieb angelegt ist, dass es nicht jeden Tag eine Lärmpause gibt, weil die Lärmpausen überhaupt nur bei einer Betriebsrichtung erprobt werden. Daher ist der Vorwurf, die Lärmpausen fänden unregelmäßig und nicht planbar statt, natürlich begründet. Natürlich entstehen da neue Betroffenheiten. Meine Familie wohnt in Neu-Isenburg. Ich bekomme mit, dass Menschen jetzt anders betroffen und neu betroffen sind und dass eine Verlagerung von Lärm stattgefunden hat, was am Ende niemandem nützt. Ich finde, das ist einfach das große Problem.

(Beifall bei der LINKEN)

Das große Problem ist, ob wir über Lärmobergrenzen reden oder über Lärmpausen reden, oder über aktiven und passiven Lärmschutz reden: In dem Moment, wenn der Flughafen weiter ausgebaut wird, wenn die Kapazitäten erhöht werden und die Flugbewegungen über die jetzigen 470.000 jährlich signifikant hinausgehen, ist doch alles andere Makulatur. Es ist doch Kosmetik, was Sie hier machen. Es sind doch einfach Mogelpackungen, die Sie verkaufen: die Lärmpausen mit einem netten Filmchen; jetzt kommt die Lärmobergrenze.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn Ihre Idee?)

Frau Dorn, es ist schön, dass Sie fragen. Wissen Sie, was meine Idee ist? Meine Idee wäre: Setzen Sie das um, was Sie in Ihrem Wahlprogramm niedergeschrieben haben.

(Manfred Pentz (CDU): Ihre Idee!)

Das fände ich eine richtig gute Idee.

(Beifall bei der LINKEN)

Da stand drin: Nachtflugverbot acht Stunden, konsequentes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Das Wort Lärmpause habe ich im grünen Wahlprogramm nicht gefunden. Da steht drin, dass Sie Terminal 3 verhindern wollen. Da steht nicht drin: „Wir machen der Fraport Vorschläge, wie sie anderweitig die Kapazität erhöhen kann“, sondern da steht drin: „Wir wollen Terminal 3 verhindern.“ Sehr sinnvoller Vorschlag.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was würden Sie denn machen, Frau Wissler? Realisierbarer Vorschlag!)

Und da steht drin: „Reduzierung von Flugbewegungen“ und nicht irgendein diffuser Lärmdeckel unterhalb der Zahlen, die im Planfeststellungsbeschluss festgelegt worden sind, was immer noch bedeuten kann, dass es lauter wird.

Frau Dorn, wenn Sie nicht wissen, was Sie tun sollen: Ich empfehle den Blick ins eigene Wahlprogramm. Das finde ich eine gute Anleitung zum Handeln.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn Sie sich jetzt hinstellen und sagen: „Das, was die LINKEN fordern und was die Bürgerinitiative fordert, ist

unrealistisch“, dann, finde ich, müssen Sie sich wirklich noch einmal anschauen, was Sie im Wahlkampf den Menschen versprochen haben. Wir wissen noch, was Tarek AlWazir in die Haushalte verteilt hat

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

mit den drei Forderungen, und wofür er steht und warum er Wirtschafts- und Verkehrsminister werden will. Jetzt ist er Wirtschafts- und Verkehrsminister, und jetzt erwarten die Menschen, dass er das umsetzt, was er den Menschen versprochen hat. Mit dieser Erwartung haben sie auch vollkommen recht.

Deswegen werfen Sie uns nicht vor, dass unsere Forderungen, die auch einmal Ihre Forderungen waren, unrealistisch sind.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das waren nie unsere Forderungen!)

Sie sind hier eingeknickt vor Fraport, und vor allem sind Sie eingeknickt vor Ihrem Koalitionspartner. Der hat sich durchgesetzt, und Sie meinen, dass Sie mit einem Gutachten hier und einer Lärmpause dort Ihre Mogelpackung verkaufen können. Das ist nicht das,

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Ende kommen.

was Sie den Menschen versprochen haben, und das kritisieren wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. Das war jetzt ganz schnell. – Als nächster Redner hat sich Kollege Weiß von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Al-Wazir, es hat sich mit dem Wechsel auf der Regierungsbank ja einiges geändert. Was sich allerdings nicht geändert hat, ist die Qualität der Beiträge. Was wir gerade eben wieder erlebt haben, war eine Art der Überheblichkeit und der Impertinenz gegenüber Kollegen, die nicht in Ordnung ist. Das muss man schlicht und einfach so sagen.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kann Ihnen Reden von Ihnen vorlesen!)

Wenn Sie das gegen mich persönlich machen, prallt das an mir ab, aber es spricht eindeutig gegen Sie, Herr Al-Wazir.

Ich will jetzt zwei Punkte zum Thema sagen, weil Sie meinten, mich hier widerlegen zu können, was die Lärmpausen angeht.

Swing-over: Selbstverständlich weiß ich, was ein Swingover ist. Das gibt es schon länger, auch schon länger als

Lärmpausen. Das wird nicht nur bei Westbetrieb praktiziert, sondern auch bei Ostbetrieb, und zwar immer stärker. Nur hat das Thema Swing-over bis jetzt überhaupt keine Rolle beim Thema Lärmpausen gespielt, sondern es ging immer nur um die Bahnbenutzung. Von Swing-over war überhaupt keine Rede. Das ist ein völlig neues Argument, das Sie hier gerade eingebracht haben. Und sich dann mit einem neuen Argument hierhin zu stellen und so zu tun, als ob die anderen Kollegen keine Ahnung hätten, ist eine ziemliche Unverschämtheit. Nicht anders kann man das bezeichnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Zweiter Punkt. Sie sagen, das war ein Vogelschlag, da kam dann keine Lärmpause. Es ist völlig egal, warum eine Lärmpause nicht funktioniert, ob das wegen Streik ist, wegen schlechtem Wetter oder wegen mangelnder Kapazität. Es geht darum, wie oft diese Lärmpause funktioniert oder nicht.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Wir haben vorher gesagt, dass es genug Punkte gibt, an denen sie nicht funktionieren kann. Es geht darum, ob sie etwas bringt oder nicht.

(Michael Boddenberg (CDU): Das wissen Sie schon nach einer Woche! Das ist ja unglaublich!)

Dann ist es egal, ob sie durch einen Streik oder durch einen Vogelschlag oder sonst etwas nicht funktioniert. Es gab gestern Abend keine Lärmpause, und fertig. Der Grund ist mir egal, und der Grund ist auch den Anwohnern egal, denen Sie übrigens versprochen haben, dass sie dadurch eine Entlastung bekommen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Nun zum Thema Lärmobergrenze. Ich finde es auch interessant, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen, dazu habe die Opposition noch nichts vorgelegt. Wir kennen ja auch das alte Motto: Opposition muss liefern, und Regierung wartet ab. – Da frage ich mich doch, was Sie hier gemacht haben. Sie sind doch seit über einem Jahr im Amt. Da hätten Sie doch hier einmal darstellen können, was beim Thema Lärmobergrenze schon erarbeitet wurde, was dabei schon alles gemacht wurde, mit wem z. B. gesprochen wurde, ob es erste Festlegungen gibt, ob man sich nach dem Frankfurter Fluglärmindex orientiert oder nach anderen Methoden, ob die Lärmobergrenze nur für die Nacht gelten soll oder auch für den Tag, ob es vor Ort lokale Lärmobergrenzen für Höchstbelastete geben soll oder sonst etwas. Nichts davon haben Sie gesagt, weil Sie seit über einem Jahr nichts davon gemacht haben. Ich finde, es ist eine ziemliche Ungehörigkeit, sich dann hierhin zu stellen und mit dem Finger auf die Opposition zu zeigen, wenn man selbst nichts zustande gebracht hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Clemens Reif (CDU): Ungehörig sind Sie! Es ist ungeheuerlich, was Sie hier erzählen!)

Danke, Herr Kollege Weiß. – Als nächster Redner spricht Kollege Wagner vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In dieser Debatte werden ja viele Nebelkerzen geworfen und wird viel von der Verantwortung der Ausbaubefürworter abgelenkt und werden viele Fragen gestellt. Ich will diese ganz einfach und unaufgeregt hier noch einmal thematisieren.

Für die FDP ist es ein ungeheuerlicher Vorgang, wenn der größte Anteilseigner der Fraport sich ein eigenes Bild darüber macht, ob eine Investition von 2 bis 3 Milliarden € sinnvoll ist oder nicht. Das ist die Frage, die die FDP hier stellte: Wie kann man bei einer Investition von 2 bis 3 Milliarden € als Anteilseigner auf die Idee kommen, sich ein eigenes Bild zu machen? Herr Kollege Rentsch, wie war das denn früher? Haben Sie sich kein eigenes Bild gemacht? Haben Sie einfach das gemacht, was die Fraport oder die Luftverkehrswirtschaft machen wollte? Was ist daran kritikwürdig, wenn man sich eine eigene Meinung bildet, statt das nachzuquatschen, was die Luftverkehrswirtschaft will, Herr Kollege Rentsch?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)