Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme zur Kenntnis, dass sich die Abgeordneten der anderen Fraktionen zwar ereifern, aber in dieser Diskussion wenig mit Fakten und Daten argumentieren. Herr Kollege Frömmrich, ich kann nur sagen: Ich weiß aus eigener Erfahrung, die Lautstärke ersetzt keine Argumente.
(Lachen und demonstrativer Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Manfred Pentz (CDU): Das war die beste Rede, die ich von Ihnen gehört habe! – Michael Boddenberg (CDU): Herr Schaus, schreien Sie doch nicht so! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Schaus, Sie haben alles gesagt! – Weitere Zurufe)
(Lachen bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zurufe – Glocken- zeichen des Präsidenten)
Herr Ministerpräsident, ich erinnere mich an vieles, selbstverständlich auch an Tarifverhandlungen. Das ist ein gutes Stichwort; denn das ist zugleich auch der Einstieg.
Wir hatten jetzt zum ersten Mal unter schwarz-grüner Ägide Tarifverhandlungen zum TV-H. Ich muss sagen, ich bedauere es nach wie vor, dass die ursprüngliche Forderung nach der Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder – Hessen ist das einzige der 16 Bundesländer, das immer noch ausschert und einen besonderen Tarifvertrag abschließen muss – nicht erfüllt ist und dass sich dieses Thema auch mit keinem einzigen Wort im Koalitionsvertrag wiederfindet.
Ich finde es sehr schade, dass die GRÜNEN von der ursprünglichen Forderung weit abgerückt sind und den hessischen Sonderweg nach wie vor unterstützen, der sich eigentlich weder rechnet noch rechtfertigen lässt; denn wenn man die Tarifergebnisse der TdL mit denen des TV-H vergleicht, wenige Wochen später vereinbart, stellt man fest, sie sind nahezu identisch. Der Kollege Rudolph hat schon darauf hingewiesen.
Wir erleben hier, dass in Sonntagsreden, die im Hessischen Landtag werktags gehalten werden, immer die verantwortliche Arbeit der Beamtinnen und Beamten herausgestellt wird: an vielen Einzelpunkten und in vielen Diskussionen. Aber wie meine Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen immer sagen: Dann muss in der Tat Butter bei die Fische, und dann muss es sich auch konkret in einer Besoldungserhöhung niederschlagen.
Ich habe einen brandaktuellen Besoldungsreport vorliegen, den der DGB-Bundesvorstand Ende März dieses Jahres herausgegeben hat. Ich darf daraus zitieren:
Seit der Übertragung der beamtenrechtlichen Gesetzgebungskompetenz auf die Länder für die Sonderzahlungen im Jahr 2002 und für alle nicht unmittelbar den Beamtenstatus betreffenden beamtenrechtlichen Fragen 2006 hat es tiefe Einschnitte gegeben. Sie
nutzten und nutzen ihre einseitige Rechtssetzungskompetenz, um einen besonderen Beitrag der Beamtinnen und Beamten für die Haushaltskonsolidierung abzuschöpfen.
Dies wirkt sich insbesondere bei der Beamtenbesoldung aus. Während es bei dieser bis 2006 ausschließlich eine Differenzierung zwischen Ost- und Westdeutschland gab, unterscheiden sich mittlerweile die Bezüge von Dienstherr zu Dienstherr teils erheblich. … Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten hatte sich nach der Föderalismusreform I (2006) um bis zu 18,5 % auseinanderentwickelt.
Wohlgemerkt, das gilt für die gleiche Tätigkeit in verschiedenen Bundesländern. Jetzt will ich das konkret machen. Auf der Basis von drei Modellrechnungen hat der DGB unter Einbeziehung der 40-Stunden-Woche – man muss dazusagen, wir haben in Hessen mit der 42-Stunden-Woche die längste Arbeitszeit – –
Ach, das ist unredlich. Es ist interessant, dass Sie von den GRÜNEN sagen, das ist unredlich. Ich finde es redlich; denn in einem normalen Arbeitsverhältnis wird für jede Arbeitsstunde Geld bezahlt. Das kann bei Beamtinnen und Beamten nicht anders sein. Das ist nicht unredlich. Jetzt lassen Sie mich diese Argumente vortragen.
A-5-Besoldungen: In Hessen beträgt die Besoldung im Jahresdurchschnitt 27.300 €. In Bayern, dem Bundesland, in dem am meisten gezahlt wird, sind es 30.600 €. Ein bayerischer Beamter im mittleren Dienst erhält also 3.300 € mehr.
Bei A 9, im gehobenen Dienst, beträgt die Jahresbesoldung in Hessen 36.700 €. Das ist der Platz 14 unter 17. Am höchsten sind die Bayern mit 39.600 €. Das sind 3.000 € Differenz, die den hessischen Beamtinnen und Beamten vorenthalten werden.
Herr Kollege Schaus, wir haben schon ein bisschen dazugegeben. Wir denken ja ab und zu mit. Bitte kommen Sie langsam zum Schluss.
Herr Präsident, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Bei der Besoldung im höheren Dienst ist es genauso. Da ist die Differenz zwischen den Bundesländern sogar noch höher. Wir sagen, es muss eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses TV-H für die Beamtinnen und Beamten in Hessen geben. Dafür treten wir auch ein.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man könnte sagen, nach dem Wortbeitrag des Kollegen Frömmrich sind wir eigentlich mit der Debatte durch.
Aber so weit will und kann ich nicht gehen, weil ich hier gern für die Hessische Landesregierung Stellung nehmen möchte. Herr Kollege Rudolph, die Wirklichkeit im Verhältnis zwischen den Gewerkschaften und der Landesregierung drückt sich in dem aus, was wir vor wenigen Wochen gemeinsam in sehr fairen Verhandlungen ausgehandelt haben, nämlich ein ausgewogener und guter Tarifvertrag, der maßgeschneidert für die 45.000 hessischen Tarifangestellten ist. Insofern finde ich, man kann daran ablesen, dass die Wirklichkeit weit weg von dem ist, was Sie hier gerade eben dargestellt haben.
Sie erlauben mir den Hinweis, Herr Kollege Hahn, dass wir im Moment sehr wohl in allen Ressorts Aufgabenkritik betreiben,
und zwar – das will ich auch deutlich sagen, weil es sehr mühevoll ist – stellenweise wird das im Moment gemacht. Da Sie es besser wissen, will ich es hier noch einmal deutlich sagen. Wir kommen nicht daran vorbei, dass wir für alle Beamtinnen und Beamten eine maßvolle Gehalts- und Besoldungsentwicklung in dieser Wahlperiode vorsehen, weil die Mengengerüste – ich komme gleich darauf zurück – so sind, dass wir gar nicht anders können. Mit stellenweiser Aufgabenkritik werden wir diese Herausforderung, im Jahre 2019 einen generationengerechten Haushalt endgültig vorzulegen, nicht erreichen können.
Meine Damen und Herren, die Tarifverhandlungen, die wir geführt haben, sind zu einem guten und ordentlichen Ergebnis gekommen. Es ist schon deutlich geworden, dass es sehr wohl einen guten Grund gibt, warum wir nicht der Tarifgemeinschaft der Länder angehören, nicht nur weil wir in fairen Verhandlungen innerhalb weniger Wochen einen Tarifvertrag hinbekommen haben, sondern auch weil wir uns auf einer guten Basis geeinigt haben. Wir haben Schwerpunkte der Familienfreundlichkeit, die auf der Bundesebene keine Rolle spielen, bei uns in unserem Tarifvertrag verankert. Wir haben das Thema Ehrenamt. Ich bin dankbar dafür, dass das hier angesprochen worden ist und dass das auch entsprechend wertgeschätzt wird, dass wir diese Komponente mit in den Tarifvertrag aufgenommen haben. Wir haben darüber hinaus eine Problemlösung erreicht beim Thema Wachpolizei. Darüber haben wir hier in den letzten Wochen und Monaten hin und wieder sehr heftig diskutiert. Kein Wort davon, dass das gelungen ist, dass wir das jetzt erreicht haben. Ich bin darauf einigermaßen stolz, und ich glaube, am Ende können die Gewerkschaften auch auf das Ergebnis stolz sein.
Insofern haben wir hier ein gutes Ergebnis und ein gutes Verhältnis. Wenn ich mich bei den Beamtinnen und Beamten für ihre engagierte Arbeit bedanke, dann ist das keine Sonntagsrede, sondern dann ist das ehrlich gemeint, eine ehrlich empfundene Dankbarkeit, die ich für die Arbeit, die dort geleistet wird, habe. Das will ich hier deutlich machen.
Die Beamtinnen und Beamten im Lande Hessen werden ordentlich bezahlt und besoldet. Im Bundesländervergleich liegen wir sehr gut. Lieber Herr Kollege Schaus, wir haben das selbstverständlich ebenfalls berechnet.
Ich nehme den Polizeibeamten, ich nehme den Kommissar in der Besoldungsgruppe A 9. Dort liegen wir, wenn wir über alle Bundesländer vergleichen, an 3. Stelle, was das Jahresgehalt angeht, hinter dem Bund und hinter Bayern. Ich finde, auch in diesem horizontalen Vergleich können wir uns sehr gut sehen lassen.
Die Beamtinnen und Beamten haben an der Gehaltsentwicklung in den letzten Jahren teilgenommen. Die lineare Besoldungserhöhung liegt oberhalb der Inflationsrate. Es hat kein entsprechender Reallohnverzicht stattgefunden, der sozusagen immer in die Welt hinausgepustet wird. Auch das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. Wenn ich mir anschaue – ich nehme einmal die größten Bundesländer im Westen heraus –, wie sich die Besoldung in den letzten Jahren entwickelt hat: Von 2009 bis 2014 haben wir einen Vergleich angelegt.
Der müsste Ihnen ja einigermaßen entgegenkommen. Wenn wir die Prozentpunkte zusammenrechnen, liegen wir mit einer Erhöhung von 13,5 % vor Bayern, vor BadenWürttemberg, vor Niedersachsen, vor Nordrhein-Westfalen und vor Rheinland-Pfalz, und damit können wir uns verdammt gut sehen lassen.
Das Alimentationsprinzip gibt nach meiner Einschätzung einen Verzicht auf eine Besoldungserhöhung her. Aber wir werden das im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erneut zu prüfen haben. Das ist doch gar keine Frage. Selbstverständlich, Herr Kollege Hahn, werden wir nur eine Besoldung vorlegen, die zuletzt auch den verfassungsmäßigen Vorgaben entsprechen wird. Es ist schon angedeutet worden, in den letzten zwei Jahren hat es jeweils eine Runde gegeben, in denen es 2,6 % mehr für die hessischen Beamtinnen und Beamten gegeben hat.