Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

Das Alimentationsprinzip gibt nach meiner Einschätzung einen Verzicht auf eine Besoldungserhöhung her. Aber wir werden das im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erneut zu prüfen haben. Das ist doch gar keine Frage. Selbstverständlich, Herr Kollege Hahn, werden wir nur eine Besoldung vorlegen, die zuletzt auch den verfassungsmäßigen Vorgaben entsprechen wird. Es ist schon angedeutet worden, in den letzten zwei Jahren hat es jeweils eine Runde gegeben, in denen es 2,6 % mehr für die hessischen Beamtinnen und Beamten gegeben hat.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das waren 0,2 % weniger als das Tarifergebnis!)

2,6 % mehr bedeuten, das haben Kollege Heinz und Kollege Frömmrich schon dargestellt:

(Anhaltende Zurufe des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das ist von der Größenordnung her ungefähr die Hälfte des Defizits, das wir im aktuellen Haushalt noch enthalten haben. Kollege Hahn, das sind die Mengengerüste. Aufgabenkritik muss sein. Das ist in den einzelnen Ressorts stellenweise auch schwierig. Aber Sie können nicht daran vorbei, dass alleine die beiden Besoldungserhöhungen aus den letzten beiden Runden 2013 und 2014 die Hälfte des Defizits im Haushalt 2015 zumindest zahlenmäßig ausmachen. Deswegen müssen wir uns mit dieser Frage so engagiert auseinandersetzen, wie wir das tun.

Meine Damen und Herren, wir haben uns vorgenommen, bis zum Jahr 2019 einen generationengerechten Haushalt, nämlich ohne neue Defizite, vorzulegen. Das ist kein Selbstzweck, sondern es dient dazu – Kollege Frömmrich hat es angedeutet, mit den Schülerinnen und Schülern, die hier auf der Tribüne sitzen –, am Ende Generationengerechtigkeit herzustellen. Es ist nicht in Ordnung, egal, wofür wir heute Geld ausgeben, das am Ende auf die Rechnung derer zu buchen, die in den nächsten Jahren überhaupt erst Steuergelder bezahlen werden. Das ist nicht in Ordnung, und deswegen handeln wir so, wie wir handeln.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, ich weise einmal auf die Zeit hin.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Der Tarifvertrag, ein faires, ausgewogenes Ergebnis, kostet über die 24 Monate rund 120 Millionen €. Eine Übertragung auf das Jahr 2015 für Besoldung und Versorgung kostet alleine für das Jahr 2015 in dieser Größenordnung. Ich finde, Kollege Frömmrich hat recht: Wer hier fordert, dass wir diesen Tarifvertrag übernehmen, muss am Ende auch sagen, woher die 120 Millionen € kommen. In dem verabschiedeten Haushalt gibt es dafür keine Möglichkeit, die wir zumindest sehen. Insofern glaube ich, es ist klug und gerecht, dass wir die Besoldungserhöhung in diesem Jahr aussetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Das Wort hat der Kollege Dr. Wilken. Um zweieinhalb Minuten hat die Landesregierung die Zeit überschritten. Damit steht jeder Fraktion die gleiche Zeit noch einmal zu. Bitte sehr, Herr Dr. Wilken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, leider halten Ihre Aussagen, die Sie gerade hier getätigt haben, einem Faktencheck nicht stand. Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um Ihnen die wahren Beträge zu nennen, wie es aussieht, erhoben vom DGB-Bundesvorstand und veröffentlicht vom Bundesvorstand im März dieses Jahres. Dort sieht es bei der Beamtenbesoldung A 9 bei Annahme einer 40-Stunden-Woche so aus, dass Hessen auf Platz 14 von 16 Bundesländern liegt und dass wir ein Minus von 3.000 € im Jahr haben. Das sind die Fakten, und die können Sie hier nicht wegreden, auch wenn Sie anderes behaupten.

Meine Damen und Herren, auch der Hinweis darauf, dass es selbstverständlich in der Vergangenheit Besoldungserhöhungen gegeben hat, zwar immer unterhalb der Abschlüsse, die getätigt worden sind, kann doch nicht als Argument dafür herhalten, in der Zukunft auf Besoldungserhöhungen zu verzichten. Das ist absurd. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Das war Tagesordnungspunkt 63, Aktuelle Stunde.

Wir haben vereinbart, die Tagesordnungspunkte 39, 76 und 77, den Antrag der SPD-Fraktion, den Dringlichen Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE, an den Ausschuss zu überweisen. – Das ist einvernehmlich so geschehen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, darf ich Ihnen mitteilen: Wir haben einen weiteren Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP betreffend A 49 jetzt realisieren – Landesregierung muss Blockade beenden, Drucks. 19/1912.

Da gibt es in Nr. 2 einen Schreibfehler. Dort muss es heißen: „in diesem Jahr“ statt „in dies Jahr“.

(Günter Rudolph (SPD): Sonst lest ihr auch nicht so gründlich!)

Herr Kollege Rudolph, doch, wir prüfen alles ganz genau, insbesondere bei Ihnen.

Die Dringlichkeit wird allseits bejaht. Dann wird dieser Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 78 und könnte nach Tagesordnungspunkt 66, nach der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen und direkt abgestimmt werden. – Das machen wir auch. Jawohl, dann ist das so beschlossen.

Jetzt rufe ich Tagesordnungspunkt 64 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Hessen braucht dezentrale Energiewende – SuedLink stoppen) – Drucks. 19/1889 –

Das Wort hat Frau Kollegin Schott, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Zeitpunkt, über den Sinn oder Unsinn von SuedLink zu diskutieren, könnte nicht besser sein. TenneT muss nacharbeiten, und der Bundestag beschäftigt sich aktuell mit dem Energieleitungsbau. Sowohl der Wirtschaftsminister als auch die Umweltministerin, vielleicht sogar der Gesundheitsminister, könnten, das nutzend, in Berlin darauf drängen, das Projekt SuedLink einzustampfen. Die Hessinnen und Hessen wollen diese Superstromleitung nicht, und zwar weder über- noch unterirdisch. Ich gehe davon aus, dass wir als Abgeordnete die Interessen eben dieser Menschen zu vertreten haben. Dafür sind wir gewählt worden. Es ist auch nicht so wie in vielen anderen Bereichen, dass ein Teil der Bevölkerung dafür und ein anderer dagegen sind. Nein, es herrscht Einigkeit. Es bringt die Menschen, egal, ob Männer oder Frauen, ob arm oder reich und welcher politischen Couleur, in den betroffenen Gebieten auf die Straßen, und die Veranstaltungssäle sind voll. Sie sollten einfach hingehen und die Einladungen nicht schlichtweg ignorieren, dann wüssten Sie vielleicht, was die Leute sagen.

(Beifall bei der LINKEN – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich ignoriere keine Einladungen!)

Gehen Sie doch zu den Veranstaltungen. Aber das tun Sie nicht. Erst letzte Woche haben Sie es nicht getan. Die Bürgerinitiativen sind nur noch entsetzt und sauer, weil die Regierungsfraktionen einfach die Einladungen ignorieren und nicht mehr kommen.

(Manfred Pentz (CDU): Aber über Ihren Besuch haben sie sich gefreut, oder? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Selbst die CDU-Kollegen, die Bürgermeister vor Ort, sprechen in der Zwischenzeit teilweise lieber mit uns als mit Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesnetzagentur hat bemängelt, dass bei dem TenneT-Antrag nicht erkennbar sei, auf welcher Grundlage Korridore vorgeschlagen werden, usw. Der Bundestag will jetzt mehr Leitungen unterirdisch zulassen. Das wäre eine Hilfe, wenn es nur darum ginge, die Optik und die Gesundheitsfrage zu behandeln. Tatsächlich geht es aber um viel mehr. Von SuedLink wird behauptet, es sei ein unverzichtbarer Beitrag für die Versorgungssicherheit. Tatsächlich dient SuedLink nicht der Energiewende. Im Gegenteil: Durch das Bauvorhaben wird sie behindert. Für die Energiewende müssten regenerative Energien konzernunabhängig und dezentral erzeugt und verwendet werden. Dazu müssen Speicherkapazitäten ausgebaut werden, neue Technologien wie Power to Gas gefördert und Erdgaskraftwerke als Deckungsreserven vorgehalten werden.

Ein intelligentes Stromnetz integriert sämtliche Akteure auf dem Strommarkt durch das Zusammenspiel von Erzeugung, Speicherung, Netzmanagement und Verbrauch in ein Gesamtsystem. Dazu müssen Stromleitungen sowohl für die Einspeisung von Energie als auch für die Verteilung von Strom genutzt werden können. Das ist das Gegenteil von: „Einer plant, einer baut, und einer betreibt ein überdimensionales Netz.“ Die großen Energieerzeuger in einem Radius von 75 km um die insgesamt neun geplanten Einspeisepunkte der 500-kV-Trasse sind keine regenerativen Energieerzeuger, sondern Kraftwerke, die mit herkömmlicher Braun- und Steinkohletechnologie betrieben werden. Mit dem geplanten Ausbau der Starkstromnetze wird die Anbindung der Braunkohlekraftwerke an das europäische Energiesystem noch weiter gestärkt. Das hat nichts mit Energiewende zu tun, meine Damen und Herren.

SuedLink schafft die Voraussetzungen dafür, dass der Kohlestrom auch weiterhin landesweit als Grundlaststrom angeboten werden kann. Aber der hohe CO2-Ausstoß der Kohlekraftwerke führt dazu, selbst wenn sie ganz modern gebaut sind, dass sich die CO2-Bilanz, trotz des Einsatzes der klimafreundlichen erneuerbaren Energien, verschlechtert. Eine klimafreundliche Energiewende sieht anders aus. Wir müssen weg vom Kohlestrom, und wir müssen erst recht weg vom Braunkohlestrom.

(Beifall bei der LINKEN – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stimmt, aber das machen wir anders!)

Auch das oft genannte Argument, dass der Windstrom der Küsten ansonsten nicht in die südlichen Bundesländer transportiert werden könnte, steht auf dünnen Füßen. Deutschland hat europaweit das am besten ausgebaute Stromnetz mit gewaltigen Netzüberkapazitäten. In den vergangenen fünf Jahren sind weitere 500 km dazugekommen. Schon heute reichen die Netze für den Transport vollkommen aus. Dies gilt erst recht, wenn die Energieerzeugung in Zukunft dezentral gestaltet wird – oder würde, muss man vielleicht in der Zwischenzeit schon sagen.

Während SuedLink also den Interessen der großen Konzerne dient, wird das Projekt, das mit geschätzten 22 Milliarden € an Baukosten veranschlagt wird, jedoch ausschließlich von den privaten Stromverbrauchern sowie den kleinen und mittleren Unternehmen bezahlt. Denn die energieintensiven Unternehmen sind vom Netzentgelt befreit. Dies führt zu einer weiteren Verteuerung der Energie, und das wird dann wieder den alternativen Energien angelastet, und damit wird wieder eine Stimmung dagegen erzeugt.

Die Menschen in den privaten Haushalten, diejenigen, die ihren Strom bezahlen müssen, Menschen, die von Transferleistungen leben, sind diejenigen, die am Ende wieder draufzahlen. Das kann nicht sein. Wir müssen darauf achten, dass eben genau das nicht passiert. Die 22 Milliarden € an geschätzten Baukosten – am Ende kostet so etwas immer mehr, das wissen wir doch aus allen Bauprojekten – würden besser dafür verwendet – –

Frau Kollegin Schott, es wird Zeit.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Ich appelliere an die Landesregierung, aber auch an die Sozialdemokraten: Nehmen Sie die Menschen in Hessen ernst. Machen Sie auf allen Ebenen Ihren Einfluss in Berlin geltend, und wirken Sie darauf hin, dieses teure und falsche Projekt zu beenden. Nutzen Sie Ihre Chancen; nutzen Sie die Gespräche, die Sie führen. Das ist im Interesse der Hessinnen und Hessen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat Frau Abg. Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schott, Sie müssen sich schon einmal die Frage gefallen lassen: Wollen Sie beim Netzausbau wirklich auf der Seite der FDP stehen, auf der Seite von Herrn Seehofer, auf der Seite der Populisten? Das sollten Sie sich wirklich einmal fragen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Schott, haben Sie sich einmal mit der Materie befasst? Haben Sie sich einmal gefragt, warum sich in der Vergangenheit gerade die vier großen Energieversorger – ich glaube, das ist nicht gerade Ihre Klientel – immer gegen den Netzausbau ausgesprochen haben? Haben Sie sich damit einmal befasst? Glauben Sie wirklich, dass es ein Zufall ist, dass der Netzentwicklungsplan, unter anderem Grundlage von SuedLink, an den Abschaltterminen der Atomkraftwerke ausgerichtet ist? Glauben Sie, dass das Zufall ist? Frau Schott, ich glaube Ihnen, dass Sie die Energiewende wollen. Ich glaube dies auch der ganzen Linksfraktion. Aber bei diesem Thema müssen Sie wirklich aufpassen, dass Sie nicht gerade die falsche Seite unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Energiewende hat viele Sonnenseiten. Wir können damit den Klimawandel verhindern. Wir haben eine immense wirtschaftliche Chance für unsere Exportnation. Wir können es schaffen, dass der Profit endlich verteilt wird, dass nicht mehr wenige große Akteure auf dem Markt sind, sondern viele kleine. Das Handwerk, die Unternehmen, Genossenschaften und die Kommunen können von der Energiewende profitieren. Es gibt eine Menge Sonnenseiten. Was aber nicht geht, ist, die Sonnenseiten zu genießen,

wenn aber die Schattenseiten kommen, sich ganz heimlich aus dem Staub zu machen.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Was dieses Generationenprojekt der Energiewende braucht, Frau Schott, ist Ehrlichkeit.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Ja!)