Protokoll der Sitzung vom 27.05.2015

Im Rahmen dieses Folgetreffens werden zudem auch die Positionen verschiedener Bürgerinitiativen eingebracht und diskutiert werden können. In welcher Weise dies am sinnvollsten organisiert werden kann, wird im Rahmen der Vorbereitung des Folgetreffens mit den Beteiligten erörtert.

Frau Dorn, das ist Ihr Antrag – das ist doch verquast.

(Widerspruch der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Gremmels, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die Kollegen haben noch genug Redezeit. Ich bin gerne bereit, in der zweiten Runde darauf einzugehen. – Es ist doch ganz einfach: Wir haben einen Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink. Ich finde, Herr Guntram Ziepel ist ein sehr eloquenter Mensch, mit dem man diskutieren kann, auch sachlich diskutieren kann. Laden Sie ihn ein, Sie können auch den Vertreter der BI gegen Windkraft, Vernunftkraft, einladen und die mit an den Tisch holen.

(Florian Rentsch (FDP): Vernunftkraft darf nicht mitmachen? Sie entscheiden das am Ende?)

Nein, die können mit an den Tisch, sie sollen am Energiegipfel teilnehmen.

(Florian Rentsch (FDP): Dann unterstützen Sie doch unseren Antrag!)

Also, Herr Rentsch, wir haben einen eigenen Antrag auf den Weg gebracht, weil Sie in Ihrem Antrag gleich Auflagen machen, mit welchem Tenor diskutiert werden soll. Ich finde, wir sollten – das ist gute Tradition in diesem

Landtag – uns auf der Grundlage der Beschlüsse des Energiegipfels von 2011 bewegen. Das ist die Grundlage, auf die wir uns verständigt haben, und deswegen sollten wir den Weg gehen, hier für erneuerbare Energien zu werben, es aber auch den Menschen, die sich kritisch damit auseinandersetzen, ermöglichen, ihre Anmerkungen und ihre berechtigte Kritik vorzutragen, mit der wir uns dann inhaltlich auseinandersetzen können. So stelle ich mir das vor, so stellt sich die SPD-Fraktion das vor, dass wir mit den Menschen und nicht gegen die Menschen diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Alles in allem kann ich der Landesregierung nur den Rat geben, auch im bevorstehenden Kommunalwahlkampf nicht das Spiel zu spielen, hier im Landtag anderes zu sagen als vor Ort, auch dem Ministerpräsidenten – Herr Bouffier, jetzt sind Sie da, Sie können nachlesen, was ich gesagt habe, es lohnt sich.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Glück auf. Ich freue mich, Herrn Bouffier bei seinem Vortrag in der Kirche in Hofgeismar zu lauschen, wenn es um die Glaubwürdigkeit von Politik geht und er das am Beispiel SuedLink darlegt. Das wird ein spannender Abend für uns alle. In diesem Sinne: Glück auf.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Norbert Schmitt (SPD): Herr Bouffier, wie ist das denn jetzt mit der Märchenstunde?)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In der Wirtschaft waren die Positionen zum Thema Energiewende ja immer sehr unterschiedlich. In einem waren und sind sie sich jetzt immer einig: Wenn die Politik einmal entschieden hat – und das hat sie spätestens nach Fukushima –, dann muss sie auch verlässlich dazu stehen.

Jetzt betonen gerade die FDP und auch die CSU in Bayern immer wieder gerne, sie wären die natürlichen Wirtschaftsparteien. Dazu sollte aus meiner Sicht in erster Linie Verlässlichkeit gehören, Herr Rentsch. Bei der Energiewende zeigen Sie aber gerade alles andere als das. Wir spüren bei Ihnen Populismus, Sie vollziehen Dutzende von 180-GradWendungen. Was Sie da veranstalten, ist wirtschaftspolitischer Kamikaze.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie haben etwas gemeinsam mit Herrn Seehofer. Nach Fukushima konnten Sie gar nicht schnell genug aus der Atomkraft aussteigen. Ich weiß noch, es gab ein richtiges Wettrennen darum, wer als Erster in der Presse steht. Gerade einmal vier Jahre nach Fukushima stellen Sie alles infrage, was Sie einmal selbst mit auf den Weg gebracht haben, die Windkraft, den Netzausbau. Wissen Sie, ja, es gibt vor Ort verständlicherweise Diskussionen. Ja, auch wir stellen uns diesen Diskussionen tagtäglich. Wir wollen Fragen klären, wir wollen Anliegen aufnehmen.

Aber es geht nicht, diese Fragen so aufzunehmen, dass Sie Ängste schüren, dass Sie weitere Verzerrungen des ganzen Bildes darstellen. Das ist fataler Populismus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir kennen das Schlüsselerlebnis der FDP. Wir können uns alle an die Wahlnacht erinnern. Der Rheingau-TaunusKreis war der letzte, der ausgezählt wurde. Durch die Windkraftgegner dort konnten Sie noch in den Landtag einziehen. Das ist sozusagen Ihr Schlüsselerlebnis. Jetzt haben Sie ein Mantra. Sie müssen diese Klientel bedienen. Das Problem ist aber: Sie sind nicht getrieben von Ihrem German Mut, den Sie überall beschreiben. Sie sind getrieben von German Angst.

(Beifall des Abg. Peter Stephan (CDU) – Florian Rentsch (FDP): Das sagen die Erfinder der German Angst! – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Populismus ist Gift für die Energiewende, Herr Rock. Populismus nimmt am Ende – das ist das größere Problem – die Menschen nicht ernst, sondern verkauft sie für dumm. Wir als Koalition in Hessen stehen zur Energiewende. Wir sind stringent, wir sind verlässlich. Wir stehen zu unserem Wort, und wir sind auch ehrlich zu den Menschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Ehrlichkeit gehört schlicht und einfach: Es wird keine unsichtbare Energiewende geben. Wir arbeiten tagtäglich an Lösungen für die Energiewende: Wie können wir sie möglichst verträglich für die Menschen, für die Natur machen? Wie können wir sie am besten koordinieren? An diesen Lösungen arbeiten wir; denn wir wissen, die Energiewende ist eine Riesenchance für die Menschen, für die Wirtschaft, für den Klimaschutz, für uns alle. Das ist German Mut, liebe FDP.

Wir werden es sicherlich nicht zulassen, dass sich jetzt andere aus Rücksichtslosigkeit und aus Populismus Vorteile erkaufen wollen. Das fängt an bei der CSU. Ich empfinde es als puren Egoismus, jetzt zu sagen: Wir nehmen die Trasse SuedLink, schieben sie ein bisschen weiter rüber. Sie kann durch Hessen und Baden-Württemberg gehen, um dann ganz plötzlich in Bayern zu enden. – Das ist abenteuerlich und an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Das werden wir sicherlich in dieser Koalition nicht zulassen.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt fordert die FDP in Hessen einen neuen Energiegipfel. Sie sagen ganz klar – das ist immerhin ehrlich –, Sie wollen die vereinbarten Ziele damit aufkündigen.

(Florian Rentsch (FDP): Vielen Dank, Frau Dorn! Jetzt geht es mir besser!)

Gerne. – Der Antrag ist eine Grußadresse an die BIs der Windkraftgegner. Sie wollen sich damit wahrscheinlich ein bisschen reinwaschen. Sie haben einen Malus: Sie haben die Energiewende mit auf den Weg gebracht.

Aber wir reden beim Energiegipfel nicht über die Ziele. Die haben wir miteinander bestimmt. Wir reden darüber, an welchen Schrauben wir noch weiter drehen müssen, welche Anpassungen wir vornehmen müssen. Aber die Ziele werden wir sicherlich nicht wegen Ihnen aufweichen.

Wir werden die Proteste ernst nehmen. Wir werden Diskussionen und Fragen aufnehmen. Aber wir werden diese Ziele nicht infrage stellen. Sie sind wichtig für den Klimaschutz. Sie sind wichtig, damit die Energiewende vorangeht. Alle, auch die Wirtschaft, haben sich darauf eingestellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir können uns einmal das Energiekonzept der FDP anschauen. Sie wollen keine Windräder, die verschandeln die Landschaft. Sie wollen keine Solaranlagen, die sind zu teuer. Sie wollen keinen Stromtrassenausbau.

(Timon Gremmels (SPD): Fracking wollen sie!)

Ich muss einmal überlegen, was da der Grund war, wahrscheinlich weil so viele dagegen sind. Speichertechnologien sind Ihnen mittlerweile zu teuer. Gaskraftwerke wären prinzipiell okay. Aber Sie haben uns noch nicht erzählt, welche Ideen Sie haben, dass man dort Anreize schaffen kann. Zur energetischen Sanierung fallen mir Pressemitteilungen ein, in denen Sie Ängste vor Brand und Schimmel geschürt haben. Zur Energieeffizienz kenne ich wenige Initiativen von Ihnen. Atomenergie nehmen Sie nicht mehr in den Mund, zumindest nicht öffentlich.

Was bleibt noch übrig? Fracking bleibt noch übrig. Da sind Sie so ehrlich und sagen ganz offen, dass man es probieren sollte. Außerdem bleibt Kohlekraft übrig. Kohlekraft ist für Sie gut, auch wenn sie klimaschädlich ist. Was Sie in Ihrem angeblichen Konzept verschweigen, ist, wie viele Kraftwerke wir bräuchten, um all das andere zu ersetzen. Was würden Sie eigentlich tun, um diesen maroden Kraftwerkspark zu modernisieren?

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Was Sie vorschlagen, ist teurer als die Energiewende. Sie müssten so ehrlich sein und das den Leuten draußen erzählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie müssen die Verantwortung tragen und auch Ideen entwickeln, wie wir in dieser Industrienation eine Versorgungssicherheit aufbauen können, wie wir günstige Energiepreise schaffen können. Was Sie vorschlagen, das ist kein Energiekonzept, das ist eine Populismus-Behelfskrücke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir haben eine Menge wichtiger konzeptioneller Fragen. Es wurden die Rahmenbedingungen angesprochen, die gerade durch Gabriel gestellt worden sind, Stichwort: Ausschreibungen. Das wird uns vor neue Herausforderungen stellen. Das Problem ist, dass die Rahmenbedingungen in unseren südlichen Ländern immer schwieriger werden. Dabei haben gerade die Windkraftstandorte im Süden von Deutschland ganz andere Vorteile. Sie haben eine höhere Beständigkeit.

Der Norden hat den Riesenvorteil: Der Wind weht kräftig, aber es sind dort Extreme. Es gibt auch mehr Flauten. – Wir haben Beständigkeit. Aus regionalem Interesse und aus einem systematischen Interesse heraus müssen wir dafür kämpfen, dass sich unsere Energiestandorte weiter loh

nen. Deswegen ist es so wichtig, dass Gabriel und die Bundesregierung hier umdenken.

Auch bei der Kraft-Wärme-Kopplung – ich danke der SPD für ihren Antrag – sehen wir Nachbesserungsbedarf. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für Energieeffizienz. Über ein paar Detailfragen können wir noch reden. Es würde mich freuen, wenn wir im Ausschuss einen gemeinsamen Antrag hinbekämen. Hier sind wir in der Zielrichtung ganz klar.

Wir reden über das EEG 3.0. Wie kann man Flexibilität, wie kann man Anreize schaffen? Es gibt aktuell eine Menge wichtiger Fragen. Aber die kann man nicht mit Populismus steuern.

Jetzt zum Energiegipfel. Sie merken, die Rahmenbedingungen auf Bundesebene sind ganz wesentlich für Hessen. Wenn sie klarer sind, dann lohnt es sich auch, über ein Folgetreffen des Energiegipfels nachzudenken. So war es auch die ganze Zeit vorgesehen.