Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war über Pfingsten wandern, und zwar im schönen Lahn-Dill-Bergland, und ich habe dort ganz viele Aufkleber gesehen, an Autos, an Mülltonnen, an Briefkästen, und da steht „Windpark Bad Endbach? Ja bitte!“. Es gibt also Bürgerinnen und Bürger, die das wollen.
Bad Endbach ist ein Kurort, wo man gerade dabei ist, die Kurve zu kriegen, hin zum Tourismus. Für Therme und Windpark hat man eine gemeinsame Betreibergesellschaft gebildet, wo sozusagen die Überschüsse aus der Windkraft die Defizite der Therme decken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran sehen Sie, dass Bäderbetriebe und Windkraft Hand in Hand gehen können, dass sie sich ergänzen und dass Windkraft auch möglich ist und es Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen gibt, die das positiv zu schätzen wissen.
Für jedes Beispiel, das Herr Rock oder Herr Rentsch als Negativbeispiel hier aufzeigen, kann ich Ihnen mindestens zwei positive Beispiele in Hessen zeigen. Die Menschen sind sehr viel weiter und sehr viel differenzierter, als das die FDP wahrhaben will, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich bin auch sehr erfreut, dass der Kollege Stephan letzte Woche in Wolfhagen eine wunderbare Rede zur Eröffnung des dortigen Windparks – –
Ja, das fand ich gut, was mir zugetragen worden ist. – Eine sehr kluge Rede hat er zum Windpark Wolfhagen gehalten.
Herr Stephan hat dargelegt, dass es bei ihm auch einen Wandel gegeben hat. Ich erkenne das durchaus an, Herr Stephan, und ich würde mich freuen, wenn Sie sich nachher hier vorne hinstellen und in Richtung Eltville, wo am Sonntag ein Bürgerentscheid ist, ganz klar und deutlich das wiederholen würden, was Sie in Wolfhagen gesagt haben, und den Bürgerinnen und Bürgern empfehlen, für Windkraft zu werben. Wir als SPD tun das, und vielleicht ist auch Frau Müller-Klepper in der Lage, heute ein klares Bekenntnis für Windkraft abzugeben.
Lassen Sie mich aber noch einen Satz sagen. Als ich die „FAZ“ von vorletzter Woche Sonntag gelesen habe, dachte ich erst, es sei 1. April – „Atomkraft? Ja bitte!“ Es beginnt ein Rollback, und das ist leider so, wie es die FDP will. Die sagt, Atomkraft sei super, alles bestens, kein Flächen
verbrauch, im Vergleich zu Windkraft sei Atomkraft super, bei Fukushima habe es nie Tote durch die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe gegeben, und überhaupt könne man ja den Atommüll dank Transmutationstechnologie aufarbeiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe FDP: Wenn das eure Meinung ist, wenn ihr für Atomkraft seid, stellt euch hierhin und sagt es doch so deutlich. Gegen SuedLink, gegen Windkraft – da muss man auch sagen, woher die Energie kommen soll. Nach der Logik kann es nur sein, dass Sie für die Atomkraft sind. Dann haben Sie doch auch den Mumm und sagen es, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Aber lassen Sie mich auch noch einmal in Richtung Landesregierung schauen. Ich bin ja sehr erstaunt, dass ich den Ministerpräsidenten heute höchstens fünf Minuten im Plenum gesehen habe; ich weiß gar nicht, wo sich Herr Bouffier gerade wieder herumtreibt.
Ich finde, ein Ministerpräsident sollte bei solchen entscheidenden Debatten auch hier im Landtag sein, selbstverständlich.
(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP) – Zurufe von der CDU: Das ist ja das Allerletzte!)
(Holger Bellino (CDU): Das ist unerhört! Eine Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der CDU – Gegenrufe von der SPD – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Wenn Herr Bellino der Auffassung ist, dass der Ministerpräsident Regierungsgeschäfte zu leiten habe: Ich finde, wenn der Hessische Landtag tagt, gebietet es der Respekt gegenüber dem Parlament, hier anwesend zu sein – zumindest bei den zentralen Debatten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP – Holger Bellino (CDU): Das ist niveaulos! – Weitere Zurufe von der CDU)
Ich kann mir schon erklären, warum Herr Bouffier heute durch Abwesenheit glänzt: Weil er wohl gewusst hat, was wir ihm jetzt vorhalten werden.
Wir als SPD – das haben Sie ja gestern in der Fragestunde deutlich mitbekommen – haben deutlich gefragt und wissen wollen, welche Stellungnahme diese Landesregierung zur Fortschreibung des Netzentwicklungsplans 2024 abgegeben hat. Das haben wir abgefragt. Herr Minister Al-Wazir hat dankenswerterweise geantwortet und uns noch gestern Abend die Stellungnahme zukommen lassen. Ich war im ersten Moment etwas verdutzt; denn ich hatte nur eineinhalb Seiten erhalten.
Der Kollege Lenders hatte im Wirtschaftsausschuss noch einmal nachgefragt, ob beim Versenden irgendwelche Seiten gefehlt haben. Herr Al-Wazir hat bestätigt: Nein, diese eineinhalb Seiten seien alles. – Ich bin darüber schon sehr überrascht; denn ich erinnere mich noch an Ministerpräsident Bouffier, der auf einer CDU-Veranstaltung, kurz vor der OB-Wahl in Fulda, Folgendes gesagt hat:
Wir werden es nicht mitmachen, eine ganze Region in Aufruhr zu bringen, solange nicht erwiesen ist, dass man diese Leitung überhaupt braucht. Falls der Nachweis geführt wird, dass die Trasse gebraucht wird, müssen zunächst Alternativen, wie z. B. die Trasse über Sachsen-Anhalt und Thüringen, geprüft werden. Die Argumentation von TenneT, dass die Trasse über Thüringen nicht in Betracht komme, weil sie 60 km länger sei, ist nicht akzeptabel.
Jetzt hätte er die Chance gehabt, seine Position auch in der Stellungnahme des Landes Hessen zum Netzentwicklungsplan festzuschreiben – aber nichts ist davon zu lesen.
Das ist ganz billig, den Menschen vor der OB-Wahl etwas zu versprechen, ihnen falsche Hoffnungen zu machen, und am Ende des Tages hier zu kneifen und die Position nicht einzubringen.
Das müssen Sie jetzt einmal in Fulda erklären, Herr Dr. Arnold. Was ist denn mit dem Versprechen Ihres Ministerpräsidenten gewesen? Warum steht denn in der Stellungnahme des Landes Hessen nichts drin? Da wurde wohl einfach nur Sand ins Auge gestreut. Das finde ich dann schon spannend, aber es passt ja auch.
Ich würde dem Ministerpräsidenten ja eine Empfehlung geben, wenn er denn hier wäre. Aber Sie können es ihm gerne zutragen, Herr Bellino: Im Terminkalender des Ministerpräsidenten zum Hessentag, den Sie immer herumschicken, habe ich festgestellt, dass er am 2. Juni eine Podiumsdiskussion führt, und zwar gemeinsam mit Bischof Dr. Hein zum Thema „Erzähl mir keine Märchen… !“, zu Glaubwürdigkeit und Vertrauen in Kirche und Politik.
Herr Ministerpräsident, ich gebe Ihnen den guten Rat: Sie können doch am Beispiel von SuedLink einmal darlegen, wie es so um die Glaubwürdigkeit und die Märchen steht, die Sie erzählen. Das wäre doch ein gutes Beispiel, um es zu veranschaulichen.
Ansonsten muss ich Ihnen sagen, dass ich schon wieder sehr erstaunt bin über Schwarz-Grün. Wir haben Ihren Antrag, Drucks. 19/1691, im Hessischen Landtag am 5. März 2015 mit Ihrer Mehrheit beschlossen, in dem Sie TenneT auffordern, doch mehr Bürgerdialog zu betreiben. Ich zitiere:
Der Landtag bittet die Landesregierung, beim Netzausbau ihr Engagement für ein transparentes Verfahren und eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger fortzusetzen.
Sie wollen die Bürgerinnen und Bürger beteiligen, beschließen dies hier am 5. März und kneifen jetzt, wenn es darum geht, die Bürgerinitiativen zum Energiegipfel einzuladen. Also, Sie widersprechen Ihren eigenen Beschlüssen, meine sehr verehrten Damen und Herren von SchwarzGrün.
Ich sage Ihnen noch einmal: Ja, die Argumente von Vernunftkraft gefallen mir auch nicht. Sie gefallen mir nicht, ich teile sie nicht. Aber ich finde, in einer Demokratie muss die Möglichkeit bestehen, auch die Menschen, die eine andere Position vertreten, zu hören, ihnen ein Podium zu geben und sich inhaltlich mit den Argumenten auseinanderzusetzen.
Nein, Frau Dorn, das tun Sie eben nicht. Sehen Sie sich doch einmal Ihren Antrag an, den Sie uns eben noch auf den Tisch gelegt haben. Darin sagen Sie nicht, dass Sie selbstverständlich die Bürgerinitiativen zum Energiegipfel einladen. Nein, Sie haben eine sehr verquaste Formulierung gefunden:
Im Rahmen dieses Folgetreffens werden zudem auch die Positionen verschiedener Bürgerinitiativen eingebracht und diskutiert werden können. In welcher Weise dies am sinnvollsten organisiert werden kann, wird im Rahmen der Vorbereitung des Folgetreffens mit den Beteiligten erörtert.