Protokoll der Sitzung vom 27.05.2015

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erster spricht Kollege Rock, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Energiewende in der Sackgasse. Die an einem grünen Tisch entworfene Energiewende trifft auf die physikalische, ökologische und ökonomische Realität. Was bedeutet das für die Energiewende? – Allein im Bereich der physikalischen Realitäten: Was haben wir uns vorgestellt, was wurde geplant, und was sollte passieren? – Die Frage, ob regenerative Energie durch Windräder und Fotovoltaikanlagen grundlastfähig ist, ist ganz klar mit Nein zu beantworten. Um die Grundlastfähigkeit herzustellen, hatte man überlegt, ob man Speicher, Smart Grid oder Elektromobilität, Millionen von Elektroautos, die als Pufferspeicher dienen könnten, braucht. Die physikalische Realität ist: Nichts von dem ist entstanden.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben heute in Deutschland 27.000 Windkraftanlagen. In diesem Zeitraum ist so gut wie überhaupt keine Speicherkapazität in Deutschland neu geschaffen worden, jedenfalls keine nennenswerte.

(Beifall bei der FDP)

Das bedeutet: Die physikalischen Voraussetzungen für die Energiewende sind nicht geschaffen worden. Man investiert immer weiter in den Ausbau von Windkraftanlagen. Jedes weitere Windrad macht das Problem größer und löst es nicht.

Was bedeutet es ökologisch? – Die ökologische Realität ist, wir konnten es mittlerweile in Hessen sehen: Die Wälder in Hessen werden zu Industriegebieten.

(Beifall bei der FDP – Timon Gremmels (SPD): Ach, Herr Rock! – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Planung und die Erklärungen für Hessen bedeuten vier- bis fünftausend Windkraftanlagen in den hessischen Wäldern. Wenn das passiert ist, werden Sie Hessen nicht wiedererkennen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hessen und vor allem seine Wälder werden ein einziges Industriegebiet sein.

(Stephan Grüger (SPD): Seit wann hat die FDP etwas gegen Industrie?)

Jetzt zur ökonomischen Realität. Die ökonomische Realität kann man tagtäglich in den Medien nachverfolgen. Man ist auch tagtäglich selbst davon betroffen. Für die Wirtschaft ist es mittlerweile für mehr als ein Unternehmen existenziell. Wir haben auch letztens in den Medien vernehmen können, dass Investitionsentscheidungen gerade auch in Hessen anders getroffen werden. Es wird nicht mehr in Hessen investiert. Als Grund werden die hohen Energiekosten ins Feld geführt.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben noch eine soziale Komponente der Energiewende. In der Sozialpolitik wurde extra für die Energiewende ein neuer Begriff geprägt: Der Begriff der Stromarmut.

(Stephan Grüger (SPD): Von wem, von der FDP?)

Vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, lieber Kollege von der SPD. – Stromarmut bedeutet, dass Familien mehr als 10 % des Netto-Familieneinkommens für Strom ausgeben müssen. Eine zweistellige Zahl von Haushalten ist in Deutschland davon betroffen.

(Beifall bei der FDP)

Allein letztes Jahr wurden 600.000 Haushalte vom Stromnetz abgeklemmt, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen konnten. Das sind Fakten, die Sie jederzeit überprüfen können. Wenn Sie glauben, dass das nicht bei den Menschen ankommt, dann kann ich Ihnen nur raten: Versuchen Sie einmal mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, und hören Sie sich an, was sie über die Energiewende sagen.

Als Letztes noch der Punkt der Umverteilung. Die Energiewende kennt nur zwei Sorten von Bürgern. Die einen sind die Gewinner, und die anderen sind die Verlierer. Ökonomisch gesehen, sind die Verlierer klar in der Mehrheit. Warum ist das so?

(Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie von der SPD)

Lassen Sie mich doch bitte ausreden, Sie haben doch selbst zehn Minuten Redezeit. Da können Sie doch Ihre Inhalte selbst vortragen.

(Beifall bei der FDP)

Die einen sind die Gewinner, sie haben Kapital, um in die Energiewende investieren zu können.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE)

Wenn man nicht gerade PROKON war, dann ist man jetzt auch Verlierer. Wenn man vielleicht Glück gehabt hat, zählt man zu den Gewinnern. Die Menschen, die kein Kapital zu investieren haben, sind die Zahler. Über die Menschen mit wenig Einkommen habe ich gerade gesprochen. Von daher: Die ökonomische Realität ist vernichtend.

(Beifall bei der FDP – Stephan Grüger (SPD): Bei RWE?)

So lässt sich das aus meiner Sicht zusammenfassen. Die Realität ist anders, als die Planung es vorhergesehen hat. Die Realität weicht von der Planung ab. Was passiert, wenn die Realität von der Planung abweicht? – Da gibt es die Bürger mit dem normalen Menschenverstand, die denken nach und überdenken ihre Planung.

Dann gibt es auch die Ideologen. Für die Ideologen ist die Realität in ihrem Denken kein Hindernis. Ideologen reagieren dann womöglich aggressiv, sie versuchen die Menschen, die gegenüber der Energiewende kritisch sind, zu diskreditieren, sie versuchen, mit der Brechstange Politik durchzusetzen, und sie erteilen Denk- und Redeverbote über Themen, die ihnen nicht in den Kram passen. Und wenn es ganz schwer weitergeht, dann ist natürlich der Atomenergieausstieg immer das Totschlagargument, um kritische Äußerungen zur Umsetzung der Energiewende mundtot zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt haben wir über die normalen Leute gesprochen, über die Ideologen. Dann gibt es auch noch die CDU. Was ist denn eigentlich mit der CDU? Da ist man doch sehr überrascht. Der erste Ansatz der CDU war wie immer: Man beschließt das eine und fährt in die Provinz und erzählt das andere.

(Günter Rudolph (SPD): Das Gegenteil!)

Das war der Grundsatz der CDU. Die Spitzenleistung hat der Ministerpräsident des Landes Hessen, Herr Bouffier, zu SuedLink vollbracht, der hier im Hessischen Landtag feststellen musste, dass man das vor Ort ganz anders verstanden hat, als er das hier erklärt hat. Genau das, liebe Freunde von der CDU, haben wir euch nicht durchgehen lassen, und zum Glück haben wir festgestellt, dass zumindest die Landtagsabgeordneten sich ein Stück weit so verhalten, wie sie hier abstimmen. Und wenn das nicht der Fall ist, dann bringen wir das hier zur namentlichen Abstimmung und überprüfen noch einmal, was Sie vor Ort gesagt haben. Aber das hat ganz gut funktioniert im Hessischen Landtag.

(Beifall bei der FDP)

Was allerdings bei der CDU nicht funktioniert, ist: Kreisund Ortsverbände der CDU sind immer noch mit gesundem Menschenverstand ausgestattet, zumindest teilweise.

(Florian Rentsch (FDP): Ah!)

Denn dort werden Beschlüsse in Kreistagsfraktionen gefasst, da schließen sich Ortsverbände geschlossen Bürgerinitiativen an oder gründen selbst welche. Da kann man immer noch erkennen, was einmal Inhalt in der Politik der CDU war. Man muss aber feststellen – und das kann ich immer noch nicht nachvollziehen –, dass man hier in Wiesbaden diesen Sachverstand, den man noch irgendwo vor Ort in der Partei hat, nicht zum Tragen kommen lässt.

Wenn ich gerade letzte Woche festgestellt habe, dass der hessische – Wirtschaftsminister haben wir ja nicht mehr – Windminister Tarek Al-Wazir ein Energiepapier mit anderen Windministern in Deutschland abgeschlossen hat und darin steht, das ist ein Länderpapier – da hat er als Minister des Landes Hessen unterschrieben –,

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und in diesem Länderpapier verlangt er den doppelt so hohen Windkraftausbau, wie er jetzt schon viel zu hoch ist, dann ist das eine Forderung, die die Hessische Landesregierung anscheinend mitträgt; denn Herrn Bouffier

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

habe ich dazu nicht gehört. Es ist ein massiver Ausbau, der jetzt schon ideologiegetriebene falsche Ziele verfolgt.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann Ihnen nur sagen, kommen Sie ab von dem Weg, kommen Sie zurück in den Diskurs, nehmen Sie die Argumente der Bürger wahr, und nehmen Sie sie vor allem ernst. Wir als FDP fordern, dass die Hessische Landesregierung einen Bürgerenergiegipfel veranstaltet – und dazu möchte ich Ihnen einmal eine Kleinigkeit vorlesen.

Einen der Schlüssel für mehr Akzeptanz [für die richtige Energiepolitik] sieht die Hessische Landesregierung darin, [die Menschen vor Ort] über Verfahren und Vorhaben früher zu informieren, Probleme und Konflikte offen, ehrlich und transparent anzusprechen, Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten zu stärken...

Das ist die Aufforderung, die Bürger am Energiegipfel zu beteiligen, und diese Aufforderung haben Sie in das alte Energiepapier hineingeschrieben. Im alten Energiegipfel steht genau diese Forderung, die hat Herr Bouffier unterschrieben, und zu der muss der Ministerpräsident Bouffier, der Erfinder des Energiegipfels, stehen, und er muss den Bürgern auch eine Plattform geben, ihre Bedenken vorzutragen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn ich vor wenigen Minuten einen Antrag der CDUFraktion auf den Tisch gelegt bekomme und in diesem Antrag der CDU-Fraktion ausgeführt wird, dass die Interessen und die Meinung der Bürger irgendwie in den Gipfel eingespeist werden sollen, dann frage ich: Was ist denn mit dem Bürger auf Augenhöhe, was ist denn mit der Dialogbereitschaft in der Union? Was ist denn mit dem Auf-denMenschen-Zugehen? Es gibt einen Dachverband der Bürgerinitiativen, die gegen Windkraft eintreten. Es gibt die „Vernunftkraft-Hessen“. Die können Sie jederzeit als gleichberechtigte Partner zum Energiegipfel einladen, und Sie müssten nicht die Bürger als Bittsteller vor der Tür stehen lassen. Nehmen Sie es ernst mit der Transparenz und der Bürgernähe. Geben Sie den Menschen eine Plattform, lassen Sie „Vernunftkraft“ am Bürgerenergiegipfel teilhaben, dann haben Sie unsere Unterstützung. Wenn Sie das nicht tun, legen Sie weiter die Axt an die Energiewende. Es ist Ihre Entscheidung, entscheiden Sie klug. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht der Kollege Gremmels von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war über Pfingsten wandern, und zwar im schönen Lahn-Dill-Bergland, und ich habe dort ganz viele Aufkleber gesehen, an Autos, an Mülltonnen, an Briefkästen, und da steht „Windpark Bad Endbach? Ja bitte!“. Es gibt also Bürgerinnen und Bürger, die das wollen.