Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Krisenherde in Afrika und im Nahen Osten beherrschen weiterhin die Schlagzeilen. Tagtäglich hören wir zudem von neuen Strömen von Flüchtlingen, die zu uns nach Europa, nach Deutschland, nach Hessen kommen wollen. Jeden Monat steigt die Zahl der Asylsuchenden, die nach Deutschland kommen. Schlepper und Schleuser verdienen prächtig am Leid der Flüchtlinge und schicken sie auf tödlichen Routen nach Europa.
Wir müssen uns vorbereiten, wir müssen bereit sein, politisch Verfolgten und Kriegsflüchtlingen Asyl zu gewähren. Wer Hilfe braucht, wie Flüchtlinge aus Syrien, aus dem Irak oder vom Horn von Afrika, die teilweise unvorstellbares Leid erlebt haben, dem müssen wir schnellstens Hilfe gewähren.
Aus diesem Grund begrüße ich es sehr, dass sowohl die Bundesregierung als auch unsere Landesregierung ein so großes Engagement zeigen, um Flüchtlingen zu helfen. Wir begrüßen es, dass der Bund den Ländern 1 Milliarde € zur Verfügung stellen wird. Hessen profitiert davon, wie gesagt, mit knapp 37 Millionen €.
Dies ist das Ergebnis der nationalen Asylkonferenz 2014. Hessen hat als erstes Bundesland eine nationale Asylkonferenz gefordert und den Bund um finanzielle Hilfe für die Länder und die Kommunen gebeten. Es zeigt sich, dass sich das hessische Engagement im Bund lohnt. Das Geld, das uns der Bund zur Verfügung stellen wird, kommt komplett den Flüchtlingen in Hessen zugute, lieber Herr Merz.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Wem denn sonst?)
(Marjana Schott (DIE LINKE): Das soll eine besondere Leistung sein? – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)
Wir haben außerdem die Pauschalen bereits erhöht. Die Pauschalen, die wir an die Kommunen zahlen, liegen weit
Die verfügbaren Gelder des Bundes werden im Rahmen des Entwurfs für ein Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern geregelt. Dieser Gesetzentwurf wurde am 8. Mai erstmals im Bundesrat und am 21. Mai im Deutschen Bundestag beraten; er befindet sich zurzeit im zweiten Durchgang im Bundesrat.
Ich möchte mich an dieser Stelle für das große Engagement der Landkreise, der Kommunen, der kreisfreien Städte sowie der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer bedanken, die für eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge sorgen.
Menschenrechte und Humanität stehen für uns immer im Mittelpunkt unserer Asyl- und Flüchtlingspolitik. Es ist daher besonders wichtig, die anstehenden Aufgaben gemeinsam mit den Kommunen zu diskutieren und mit ihnen in engem Austausch und frühzeitigem Dialog zu stehen. Wir senden ein klares Signal an die Kommunen, dass sie nicht alleingelassen werden; denn die Asyl- und Flüchtlingspolitik wird als gemeinschaftliche Herausforderung von Bund, Land und Kommunen verstanden.
Aus diesem Grund hat Hessen auch neue Erstaufnahmeeinrichtungen in Neustadt geschaffen, um den Anstrom abzufedern. Eine Einrichtung in Büdingen wird im Herbst folgen.
Wir müssen den Flüchtlingen, die zu uns nach Hessen kommen, helfen und ihnen die besten Chancen auf einen neuen Start ermöglichen. Daher entwickelt unsere Landesregierung ein Konzept zur Integration junger Flüchtlinge und Zuwanderer. Hier wollen wir vor allem die fehlenden Deutschkenntnisse in Kombination mit einer sozialpädagogisch orientierten Netzwerkarbeit beheben, um damit den Übergang zwischen Schule und Beruf zu optimieren. Dadurch bekommen Flüchtlinge in Zukunft eine passgenaue sprachliche Intensivförderung und eine Chance, sich bei uns in Hessen ein neues Leben aufzubauen.
Mit dem kürzlich vorgestellten Programm „Integration und Abschluss“ setzen wir einen weiteren Schwerpunkt bei der Unterstützung von Flüchtlingen. Das aufgesetzte Programm schließt die bestehenden Angebotslücken bei der Beschulung von Ausländern. Damit haben vor allem junge Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren die Chance, erfolgreich in unser Schulsystem einzusteigen. Nicht nur aus dem staatlichen Verständnis heraus müssen wir versuchen, diesen jungen Menschen bestmöglich zu helfen.
Meine Damen und Herren, auch die Tatsache, dass viele dieser Jugendlichen sehr ehrgeizig und wissbegierig sind, müssen wir nutzen;
(Norbert Schmitt (SPD): Auch wir sind wissbegierig! Wir wollen wissen, wie die Landesregierung mit den Kommunen umgeht!)
denn jeder junge Mensch in Deutschland kann eine zukünftige Fachkraft sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, ich betone, Bund, Länder und Kommunen müssen zusammenhalten und zusammenarbeiten, wenn es um eine menschenwürdige und verantwortungsvolle Unterbringung von Flüchtlingen geht. Die Landesregierung steht deshalb dauerhaft im Dialog mit den Kommunen. So wird es auch in Zukunft sein.
(Günter Rudolph (SPD): Jetzt wird schon jede unbedeutende Stadt hier erwähnt! – Heiterkeit und Zurufe)
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Flüchtlinge ist ein sehr wichtiges. Wir haben uns eigentlich in jeder Plenarwoche mit diesem Thema auseinandergesetzt. Leider ist bei der großen Zahl der Anträge und Initiativen, die wir hier besprochen haben, nicht auch die Intensität des Handelns der politisch Verantwortlichen in diesem Bereich gewachsen. Von daher gesehen, ist es gut, dass wir uns heute in einer Aktuellen Stunde wiederum mit diesem Thema auseinandersetzen.
Herr Kollege Tipi, ich schätze Sie für Ihr Engagement gegen Salafisten. Ich schätze Sie für Ihr Engagement, das Sie mit hohem persönlichem Einsatz fahren und mit dem Sie persönliche Risiken auf sich nehmen. Aber die Rede, die Sie heute hier gehalten haben, hätte man teilweise schon als Provokation empfinden können, wenn man sich intensiv mit dem Thema Flüchtlinge auseinandersetzt.
Wenn Sie sich hierhin stellen und sagen, die Hessische Landesregierung und die CDU-Fraktion setzten sich für die Chancen von jugendlichen Flüchtlingen ein, dann kann man das, was Sie gesagt haben, nur als Hohn empfinden, wenn man sich Ihren Beschluss betreffend die Beschulung jugendlicher Flüchtlinge ansieht, mit dem Sie die Altersgrenze nicht angehoben haben.
Damit treten Sie in die Fußstapfen wichtiger CDU-Bundespolitiker – von Angela Merkel über den Innenminister bis zum Finanzminister –, die zwar immer wieder gute und passende Worte zur Hilfe für Flüchtlinge finden, es allerdings an Handlungen unglaublich fehlen lassen.
Herr Tipi, an dieser Stelle möchte ich auf Folgendes hinweisen: Sie haben hier auch gesagt, die Bundesregierung engagiere sich mit 1 Milliarde €. Vielleicht kann es der Herr Sozialminister noch einmal besser sagen. Aber wenn ich mich nicht täusche, stammen die Mittel teilweise aus dem Fluthilfefonds. Teilweise sind es Liquiditätshilfen, die das Land Hessen zurückzahlen muss. Vielleicht kann der Herr Sozialminister es noch einmal genau erläutern.
Dass der Bund den Ländern tatsächlich mit 1 Milliarde € zur Hilfe kommt, kann ich jedenfalls nicht erkennen. Darum möchte ich Sie bitten, hier auch Forderungen zu formulieren, anstatt einfach nur die Politik zu verteidigen, die in Berlin gemacht wird. Bei Frau Nahles schaffen Sie es. Vielleicht schaffen Sie es auch einmal bei Ihren eigenen Ministern in der Großen Koalition.
Das Thema ist einfach zu wichtig für Sonntagsreden. Vielmehr ist das ein Thema, bei dem wir handeln müssen. Wir als Oppositionsfraktionen im Hessischen Landtag haben klargemacht, dass wir sehr wohl bereit sind, zu akzeptieren und zu loben, was die Landesregierung in vielen Bereichen, auch mit einem hohen Engagement ihrer Mitarbeiter, leistet. Das betrifft gerade die sehr schwierige Situation in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen. Wir haben deutlich gemacht, dass wir in vielen Bereichen bereit sind, zu akzeptieren, dass wir vor besonderen Herausforderungen stehen.
Aber es geht um Kleinigkeiten, die den Kommunen helfen würden. Wir haben in der letzten Sitzung des Sozialausschusses über die Frage gesprochen: Welche Ausnahmeregelungen gibt es, um in Gewerbegebieten Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, damit sie nicht in Turnhallen oder woanders, wo die Situation noch schwieriger ist, untergebracht werden müssen? Es sind viele Kleinigkeiten, bei denen etwas im Argen liegt und die nicht bearbeitet werden.
Ich muss ehrlich sagen: Wenn die Landesregierung Geld zur Verfügung hat, aber noch kein Konzept vorlegen kann, wie dieses Geld kurzfristig sinnvoll zu verausgaben ist, muss sie doch denjenigen, die das zurzeit machen, ein deutliches Signal geben. Zumindest was die kurzfristige Verausgabung betrifft, bin ich ganz klar aufseiten der SPD und sage: Wenn man kein besseres und zielgerichteteres Konzept zur Verausgabung der Mittel vorlegt, sondern sogar deutlich macht, dass man nicht bereit ist, Geld für die Bildung von jugendlichen Flüchtlingen auszugeben, muss man wenigstens den Kommunen die Zusage geben, dass sie ihre Konzepte umsetzen können.
Aus Sicht der FDP-Fraktion möchte ich sagen: Auch wir haben uns überlegt, ob es an der Zeit ist, im Rahmen einer Aktuellen Stunde die Flüchtlingspolitik einmal auf Herz und Nieren zu prüfen. Für unsere Fraktion gilt immer noch, dass wir versuchen, die Flüchtlingspolitik gemeinsam zu schultern.
Ich kann nur an die Landesregierung appellieren, sich, über alle Ministerien hinweg, ein bisschen mehr daran zu orientieren, dass wir in einer Ausnahmesituation sind. Wir können nicht wieder 17 Vermerke abwarten, 17 Gutachten einholen und 25 Bedenkenträger abfragen. Wir brauchen Handlungen, wir brauchen Engagement, und wir brauchen an der Stelle ein bisschen Mut – ich sage einmal: German Mut –, um den Flüchtlingen zu helfen. Darum bitte ich Sie alle. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden in Hessen ist ein Thema, das dieses Haus und seine Ausschüsse in verlässlicher Regelmäßigkeit beschäftigt. Es geht hierbei zum einen um die unzureichende Finanzierung der Kommunen bei der Erledigung der Aufgaben, die ihnen das Land zugewiesen hat. Zum anderen beschäftigt uns die Art und Weise, wie Kommunen diese Aufgabe umsetzen. An vielen Orten machen sie es gut, mit großer Leidenschaft und mit tatkräftiger Unterstützung vieler Helferinnen und Helfer, denen unser aller Dank gilt.
Teilweise aber kommen die Kommunen ihrer Pflicht, Asylsuchende menschenwürdig und ohne Gesundheitsbeeinträchtigungen unterzubringen, nicht nach, wie uns Presseberichte über katastrophale Zustände in hessischen Gemeinschaftsunterkünften, etwa im Hochtaunuskreis oder im Kreis Kassel, verdeutlichen.
Man muss auch sagen: Oftmals können Kommunen diese Aufgaben nicht schultern, weil ihnen schlichtweg die Mittel fehlen, um jene notwendigen Investitionen zu tätigen, die angesichts steigender Zahlen erforderlich wären, um Menschen anständig unterzubringen und angemessen zu betreuen.
Die Antwort der Landesregierung ist – auch das hat sich in den letzten Monaten hier eingespielt – eine humanitär daherkommende Rhetorik bei gleichzeitiger Untätigkeit und Ignoranz. Statt jetzt die Schritte zu tun, die dringend erforderlich wären, lässt sie die Situation im Lande eskalieren und verteilt Versprechungen und Vertröstungen.
Anstatt nämlich die Kommunen bei Investitionen in den Wohnungsbau zu unterstützen – was übrigens nicht nur für Geflüchtete, sondern angesichts der dramatisch steigenden Mieten in den Ballungsräumen auch für weitere sozial bedürftige Gruppen erforderlich wäre –, schaut die Landesregierung zu, wie überall im Land Containerlager und andere Provisorien aus dem Boden gestampft werden. Statt den Kommunen ihre Kosten komplett zu erstatten, wie wir es gefordert haben und weiterhin fordern, wirft die Landesregierung völlig losgelöst vom tatsächlichen Finanzierungsbedarf den Kommunen Finanzierungshäppchen zu und hofft, damit den Stimmungspegel in der kommunalen Familie zumindest für eine Weile zu senken.
In diesem Zusammenhang ist es in der Tat ein großes Rätsel – da danke ich der SPD-Fraktion für die Themenwahl –, was aus dem hessischen Anteil der für die Kommunen gedachten Finanzierungshilfe des Bundes geworden ist. Die etwas nebulöse Formulierung des Sozialministers, diese Mittel würden „im Interesse der Kommunen“ verwendet werden, lässt befürchten, dass die Landesregierung nicht beabsichtigt, den Kommunen das Geld direkt zur Verfügung zu stellen.